DER NEUBAU

DES DEUTSCHEN

KREDITSYSTEMS

Eine zentrale nationalpolitische Aufgabe

Von

Dr. HEINRICH RITTERSHAUSEN

Dozent an der Universität Frankfurt a. M.

 

 

1932

VERLAG VON GEORG STILKE / BERLIN

Alle Rechte vorbehalten

LIBERTARIAN MICROFICHE PUBLISHING

1981

 

c/o John Zube, 35 Oxly St. or P.O. Box 52, Berrima,

NSW 2577, Australia,

(2005 address)

 

jzube@acenet.com.au  www.acenet.com.au/~jzube

 

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Druck der Meyerschen Hofbuchdruckerei, Detmold

 

 

 

 

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Anmerkung von John Zube für diese digitisierte 2005 Ausgabe

 

Rittershausen machte viel Gebrauch vom Sperrdruck und Fettdruck. Der Fettdruck lässt sich hier leicht wiedergeben, auch grössere Buchstaben, aber der Sperrdruck würde viel extra Arbeit machen, durch Einschiebung einer leeren Spalte and würde auch zu falschen Wortabbrechungen am Ende einer Linie führen. So habe ich hier den Sperrdruck durch Italics ersetzt.             – J.Z., 24. 6. 05.

 


 

III

Motto:

 

"Alle öffenlichen and privaten Kreditinstitute müssen schnellstens zurückkehren

zu den absolut soliden Maximen der Vorkriegszeit"

(Dr. Brüning a, 5. XI. 31).

 

"Nur grundlegende Reformen des Geld- und Kreditwesens

können den Weg zur Gesundung ebnen."

(Institut für Konjunkturforschung,Vierteljahrsheft 1931,3).

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 

 

 

 

VI

INHALT

            Seite

Einleitung …………………………………………………………………………………………..............                 7

 

I. Teil: Die Fehler des deutschen Kreditsystems     ..................................................................................             17

 

1. Der Verlust der Fühlung mit dem Warenumsatz; der Übergang von der Banknote zum Papiergeld   ......                      19

            a) Die klassische Kredittheorie als Grundlage des modernen Kreditsystems ....................................                   19

            b) Die schrittweise Zerstörung des klassischen Systems von 1909 bis 1931 .....................................                  34

            c) Die erste Fehlergruppe:  Die Schwäche des Umsatzkredits und des Papiergeldes in Deutschland ..                 48

 

2. Die Überspannung des Depositenwesens und die Illiquidität und Überlastung der Banken  .......................                  58

 

II Teil: Der Neubau des deutschen Kreditsystems   ........................................................................................         79

 

1. Umriß und Aufgaben des neuen Kreditsystems  .............................................................................................           81

 

            a) Der Umsatzkredit und die Wiederherstellung des Güterkreislaufs ..................................................                 81

            b) Die Entlastung der Reichsbank durch die Einführung des Schecksystems ……………………….                  85

            c) Der Anlagekredit und die Kapitalbildung  ………………………………………………………...              96

 

2. Eine der heutigen Großfilialbanken als Scheckbank ..................................................................................                 109

 

3. Der Ausschluss von Mißbräuchen und die Sicherungen des neuen Systems   ............................................                  131

 

4. Das Sparkassen- und Trustsystem     ..............................................................................................................          150

 

Schluss: Auswirkungen  ...................................................................................................................................             170

 

Analytische Inhaltsangabe (formerly: 181) .....................................................................................................                VII

(Hier gleich folgend!)


 

VII (181)

 

ANALYTISCHE INHALTSANGABE

                                                                                                                                                                           Seite

Einleitung: 

Die deutsche Wirtschaftspolitik auf dem toten Punkt            .....................................................................................        7

Die gegenwärtigen Hauptaufgaben jeder möglichen Wirt­schaftspolitik. — Ableitung der zentralen

Bedeutung des Zinssatzes. — Zinssenkung durch Konsolidierung unmög­lich geworden. — Zwangskonversion unzureichend. — All­gemeine Ratlosigkeit. — Zielsetzung dieser Schrift. —

 

I. Teil: Die Fehler des deutschen Kreditsystems   ............................................................................................   17

 

1. Der Verlust der Fühlung mit dem Warenumsatz; der Übergang von der Banknote zum Papiergeld.

 

            a) Die klassische Kredittheorie als Grund­lage des modernen Kreditsystems ........................................ 19

 

Nachprüfung der Grundlagen der erschütterten Kredit­theorie notwendig. — Unabhängigkeit vom Auslande beim einfachen Tauschverkehr. — Der Wechselverkehr. — Der Übergang zum modernen Kreditverkehr. — Die schottische Banknote als Grundlage der klassischen Notenbanktheorie. — Der gestundete Verkaufserlös als Grundform des Um­satzkredits. — Der Umsatzkredit. — Das Umsatzkredit­geschäft der Banken. — Die Einlösung der ausgegebenen Banknoten. — Der Umsatzkredit als Umtausch- oder Um­wandlungskredit. — Die Quelle des Umsatzkredits. — Elastizität und Ausschluß von Mißbräuchen. — Die Einlösbarkeit. — Festigkeit gegen den Run. — Notenbank-und Kreditverkehr nichts als verfeinerter Handelswechsel­verkehr. — Der Giroverkehr als Vollendung des klassi­schen Systems. —

 

            b) Die schrittweise Zerstörung des klassi­schen Systems von 1909 bis 1931  ......................................   34

Vollendung und Abstieg des klassischen Systems. — Die Verdunkelung der klassischen Bankvorstellungen durch die Funktionstrennung   zwischen  Noten-   und  Depositenbankwesen.  — Die Zentralisation des   Notenbankwesens als Markstein beim Übergang von der Banknote zum Papier­geld. — Der Untergang des klassischen Systems durch die Aufgabe der Einlösbarkeit und die Einführung des Zwangskurses. — Die Aufgabe der Einlösungspflicht und ihre Folgen. — Identität von Zwangskursregime, Zentral­bankidee und Inflationismus. — Die gegenwärtige schäd­liche Übertreibung der Zentralbankidee auch hinderlich für die

Lösung der Reparationsfrage. — Nach dem Fall der Banken noch die Zerstörung des deutschen Geld­systems durch den Übergang vom Handelswechselgeld zum Finanzwechselgeld. — Verhängnisvolle Kompensation einer Inflation des Finanzwechselgeldes mit einer Deflation des Handelswechselgeldes. — 

 

            c) Die erste Fehlergruppe: Die Schwäche des Umsatzkredits und des Papiergel­des in  Deutschland    48

 

Schlußfolgerungen. — Stillhaltung und politische Zinsüber­höhung. — Errichtung eines gesunden Kreditsystems in­mitten der Krise. — Die Schwäche des gegenwärtigen deutschen Kreditsystems. — Welches hätte in den letzten Jahren die richtige Kredit- und Reparationspolitik sein müssen? — Der natürliche Transferschutz. — Die heutige Krise als Endzustand einer jahrzehntelangen krankhaften Entwicklung. —

 

2. Die Überspannung des Depositenwesens und die Illiquidität und Überlastung der Banken .................          58

 

Die zweite Fehlergruppe: Die Überspannung des Depo­sitenwesens. — Tiefgreifende Veränderung des Depositen­wesens seit der Vorkriegszeit. — Einzig gesunde Anlage­möglichkeit für kurze Gelder. — Nachweis der lange vorhandenen Illiquidität. — Unterentwicklung des Effek­tenwesens als Spiegelbild der Überent-wicklung des Depo­sitenwesens. — Das deutsche Bankwesen als verkapptes Hypothekenbanksystem. — Restriktive Folgen des Systems der unerfüllbaren Verträge. — Versuche, die irrtümliche Bankpolitik als normales und richtiges System hinzu­stellen. — Kritik dieser Irrlehren. — Das Rückversicherungsprinzip im Bankwesen. — Widerlegung der Recht­fertigungsversuche. — Das Vorbild des französischen Banksystems. — Beispielgebende Zins- und Depositen­politik der französischen Depositengroßbanken. — Un­gesunde Überspannung des Depositenwesens auch in der Krise von 1857. — Das Notenmonopol als letzte Ursache der Überentwicklung des Depositenwesens. — Nicht neue Eingriffe in den Geld- und Kapitalmarkt, sondern Locke­rungen der vorhandenen Zwangsregelungen und Monopole sind nötig. — Abkehr vom Zwangskurs-regime bedeutet Rückkehr zu absoluter Vertragstreue. —

 

II. Teil: Der Neubau des deutsehen Kreditsystems .....................................................................................    79

 

1. Umriss und Aufgaben des neuen Kreditsystems ...........................................................................................   81

            a) Der Umsatzkredit und die Wiederherstellung des Güterkreislaufs ..................................................    81

 

Die Schaffung einer gesunden Zahlungsgemeinschaft.  — Beispiel des Umsatzkredits in der gesunden Zahlungs­gemeinschaft. —

 

             b) Das Schecksystem als Mittel zur Entlastung der Reichsbank ............................................................ 85

 

Freie Banknotenausgabe oder Schecksystem?    Das Schecksystem. — Eine geschichtliche Erfahrung. — Die Urteile eines Bankiers und eines  Gelehrten. — Verfeine­rung des Scheckverkehrs zwecks Lockerung und Ent­lastung des Notenmonopols. —

 

            c) Der Anlagekredit und die Kapitalbildung ..........................................................................................  96

 

Beispiel des langfristigen Kredits und der Kapitalbildung in der gesunden Zahlungsgemeinschaft. — Das Wesen der Kapitalbildung. — Gegenüberstellung von Konsumgüter­kreislauf und Kapitalgüterkreislauf. — Arten der Kapital­bildung. — Bei gleichbleibender Sparrate  erst Spardepo­siten, dann daraus Übergangskredit, schließlich Anlage­kredit. — Bei steigender Sparrate erst Umtauschkredit, dann Spardepositen und daraus Anlagekredit. — Die Bank bringt die Kapitalbildung aus Kostendegression in Gang. — Längere Kreditfrist bei Anlagekrediten zulässig. — Inwieweit können Prolongationszusagen  gegeben werden?  Die  Grenzen für diese Anlagekreditgewährung. Abgrenzung gegen die schulmäßige und gegen die MacLeod-Hahnsche Kredittheorie. — Bedeutung des Filialsystems als eines Ersatzes für den Kapitalmarkt. — Die gesunde Zahlungsgemeinschaft ist der heute zu lösenden Aufgabe gewachsen.

 

2.) Eine der heutigen Großfilialbanken als Scheckbank ..................................................................................  109

 

Der Mangel einer Reservestellung hinter den Banken. — Welche der Großbanken soll ausgewählt werden? — Die Übertragung der illiquiden Debitoren auf eine Trust-Gross-bank. — Das Beispiel Mussolinis an der Banca Commerciale. — Wegweisende New Yorker Bankumschichtungen. — Die Danatbank als Trustgroßbank und Zentralanstalt für langfristigen industriellen Kredit. — Die Behandlung der Kreditoren. — Ein deutscher Credit Lyonnais. — Ab­stellung tiefsitzender  Organisationsfehler.    Keine Tan­tiemen mehr aus der Hand der Vertragsgegner. — Ein Brief des englischen Schatzkanzlers.    Eine Finanzstudienabteilung. — Ausschließ-lichkeitsverhältnis. — Besei­tigung des Sicherheitsprinzips, — Individualprinzip statt Pauschalprinzip im Kreditgeschäft. —

 

3.) Die Sicherungen des neuen Systems  ……………………………………………....................................... 131

 

Unbedingtes Festhalten am Goldstandard notwendig. — Das angebliche Fiasko der Goldwährung. — Die angeb­liche Änderung des Goldwertes. — Krise der Köpfe, nicht des Goldes. — Zentralbankleute gegen Goldwährung. — Die Begriffe "Währung" und "Zwangskurs". — Radikales Mittel gegen alle Inflations-gefahren. — Inflation ist nur bei Zwangskurs möglich. — Die Wissenschaft über die Unmöglichkeit der Inflation bei Einlösbarkeit. — Die Quantitätstheorie. — Wo liegt heute die Inflationsgefahr? — Deflation ist nur bei Notenmonopol möglich. — Die Siche­rungen der kanadischen freien Banknoten.

 

4.) Das Sparkassen- und Trustsystem   ………………………………………………....................................... 150

 

Immer wachsende Bedeutung des Anlagekredits. — Völ­lige Verschiedenheit des Anlagekredits vom Umsatzkredit. — Völlige Verschiedenheit der   Spardepositen von den Girodepositen. — Trotzdem

Bejahung der deutschen Ar­beitsvereinigung  im Bankwesen.  — Ursprünglicher Sinn der Arbeitsvereinigung. — Größtes Bankproblem dieser Generation. — Verzerrung des ursprünglichen Sinns der Arbeitsvereinigung. — Das gesunde Depositenwesen der Depositenbanken. — Das Depositenwesen der Sparkassen. — Pacta sunt servanda. — Wie hat man bisher kurz­fristige Depositen zurückgezahlt, die langfristig angelegt waren? — Das angelsächsische Prinzip als Vorbild. — Ein langbewährtes System. — Was sich hinter dem Schlag­wort "Erst Wiederherstellung des Vertrauens" verbirgt. — Entlastung der Staatskasse von Stüt-zungen. — Bejahung des Sparkassenwesens. — Neue Prinzipien der Effekten-" besteuerung. — Direkter Effektenbesitz des Publikums als die fehlende Rückversicherung des Banksystems. —

Schluß:

 

Gesamtüberblick und Auswirkungen des neuen Systems .................................................................................. 170

 

184 (X)

 

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EINLEITUNG

 

DIE DEUTSCHE WIRTSCHAFTSPOLITIK

AUF DEM TOTEN PUNKT

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            Die gegenwärtigen Hauptaufgaben der möglichen Wirtschaftspolitik. 

 

Zwei Dinge sind nötig, wenn die Wirtschaft von der tödlichen Gefahr einer weiteren Schrumpfung befreit und einer gesunden Zukunft wiedergegeben werden soll: Die Banken müssen entlastet und ein niedriges Landes-zinsniveau muß hergestellt werden, Beide Forderungen hängen zusammen, denn große schwebende Devi-senverpflichtungen der Banken bedeuten nicht nur die ständige Bedrohung der Währung und verhängnisvolles Abhängigwerden der gesamten auswärtigen Politik des Reiches, sondern auch die Abhängigkeit des Landes-zinsniveaus von ausländischen Finanzeinflüssen, die auf die gesamte Wirtschaft strangulierend wirkt.

 

            Ableitung der zentralen Bedeutung des Zinssatzes. — Die Wichtigkeit der beiden Forde­rungen ergibt sich, sobald man mit der der Wissenschaft eigentümlichen Methode der Vereinfachung vorgeht und sich die Arbeitskräfte des ganzen Volkes gleichsam auf zwei Kolonnen verteilt denkt. Die eine davon, die etwa zwei Drittel der Bevölkerung umfaßt, ist beschäftigt, die Lebensmittel und die Konsumgüter herzustellen, die laufend gleich wieder verzehrt werden. Ein armes Land wie Indien oder Sibirien, dessen Bevölkerung fast sschließlich dieser Kolonne zugeteilt ist, wird von

 

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einem hohen Landeszinsniveau fast gar nicht betroffen, denn der laufende Umsatz an Konsumgütern kann zur Not auch bei hohen Zinssätzen durchgeführt werden, da in solchen Waren nur sehr wenig Zins steckt. Ein sogenanntes kapitalistisches Land aber, d.h. ein Land, dessen Bevölkerung vielleicht zu einem Drittel, wie Deutschlaend, oder zu zwei Drittel, wie die Vereinigten Staaten, der Herstellung langlebiger Güter gewidmet ist, wird durch ein dauernd hohes Zinsniveau zum Stillstand und Untergang verurteilt.

 

            Die zweite Kolonne der Bevölkerung, von der jetzt zu reden ist, ist durch die Arbeit der ersten von der Sorge um Nahrungsmittel usw. befreit; sie kann daher für den Zukunftsbedarf arbeiten und die langlebigen Kapitalgüter, Wohnungen und Werkzeuge usw., herstellen, von deren Vorhandensein man sein Urteil über den Reichtum eines Volkes abhängig macht. Derartige langlebige Güter werden aber meist nicht bar bezahlt, son-dern durch Anleihe oder Hypothek finanziert, also auf Abzahlung verkauft bzw. vermietet. Bei der Berechnung dieser Abzahlungsrate (Annuität) spielt der Zins aber eine fast größere Rolle als die Herstellungskosten 1). Während für den Konsumgüterkreislauf, die Lohn- und Materialkosten über Aufrechterhaltung oder Stilllegung einer Produktion entscheiden, sind es bei Ka­pitalgütern die Zinskosten, von denen die Rentabilität abhängig ist. Die Rentabilität eines Dauergutes ist also keine feststehende Größe, sondern

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1)      Z. B. bei 100 000 M. Baukosten sind bei Annuitätentilgung innerhalb von 30 Jahren jährlich für Zins und Tilgung aufzuwenden:

                                                bei   3 ½  %   Zins  RM.    5 437,13
                                                  "   10 %          "       "      10 607,92.

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sie ist eine Art reziproken Werts des Zinsniveaus, sie ist also dann hoch, wenn das Zinsniveau niedrig, und sie ist gering, wenn das Zinsniveau hoch steht. Bei 8 -15 % Zinsen, wie wir sie in Deutschland seit Jahren für langfristige Gelder bezahlen, und bei 7 -10 %, die in den Vereinigten Staaten seit Jahren bezahlt werden müssen 1), sind fast gar keine langlebigen Güter rentabel. Schon bei 5 % Zinsen würden fast alle diejenigen An­lagen rentabel sein, die jetzt als Fehlinvestionen verschrien sind, deren Erstellung man der deutschen Wirtschaft und der öffentlichen Hand zum Vorwurf macht, und bei 2 % für langfristige Gelder würde eine Periode der Überkonjunktur, mit allen ihren Ausschreitungen eintreten 2).

 

            Man. hat nun mit Recht gesagt: Wenn man die Wirtschaft beleben will, muß man die Kosten senken.

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1)      Das Zinsniveau für langfristige Kredite war in USA. während der letzten fünf Jahre nicht etwa niedrig, wie es der Diskontsatz und die Rendite der Staatspapiere vermuten läßt, sondern außerordentlich hoch. Die Renditeindizes der Festverzinslichen lagen bei 6 %, und 1. Hypotheken waren unter 6 - 8 % kaum zu haben, im Westen nicht unter 10 %. Vgl. einen Aufsatz: "Die Politik niedriger Zinssätze und ihre scheinbare Erfolglosigkeit in den Ver. Staaten" in der "Bank" vom 27. 1. 1932, S. 126 ff.

2)      Der Reichsbankpräsident Luther hat es als aufklärungsbedürftig bezeichnet, ob nicht die Diskont-senkungspolitik in den Ver. Staaten und in Deutschland (1930) versagt habe. Demgegenüber kann man nachweisen, daß die Verhältnisse in in Ver. Staaten gänzlich anders sind, so daß sich dort Diskontsenkungen nicht durchzusetzen vermögen, und daß die deutschen Diskontsenkungen von 1930 belastet waren von einer unerträglichen schwebenden Auslandsverschuldung, die ihr Maß beschränkte. Die französischen Erfahrungen zeigen aber, daß sich die konsolidierende Wirkung von Diskontsenkungen erst durchsetzt, wenn der Diskont unter 3 ½  % heruntergeht (vgl. wegen der Einzelheiten meinen oben zitierten Aufsatz).

 

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Während nun aber alle Kostenfaktoren in dem Sinne beweglich sind, daß ihre Senkung einen entsprechenden Kaufkraftausfall zur Folge hat, daß volkswirtschaftlich keine Besserung der Gesamtlage eintritt, nimmt der Zins eine total verschiedene Stellung ein, in dem seine Senkung viel mehr bewirkt, als diese bloße Verschiebung von Kaufkraft von einer Bevölkerungsgruppe auf die andere. Der Zins ist nämlich das einzige volkswirtschaftliche Werkzeug, das auf die beiden Hauptkolonnen der Bevölkerung, die Konsumgüter- und die Kapitalgüter-produktion, in verschiedener Weise wirkt; das erlaubt, diese anzukurbeln, ohne die anderen gleichzeitig zu strangulieren 1). Mit der Senkung des Zinsniveaus stufenweise um je ein Prozent kann man jeweils ganze Industrien, die stillagen, wieder in Gang setzen und mit seiner Erhöhung sie wieder zum Stehen bringen, indem an ihre Rentabilität wiederherstellt bzw. vernichtet. Sind in einer Wirtschaft Arbeitskräfte und Konsumgüter überreichlich vorhanden, wie heute in allen großen Industriestaaten, und können beide nicht produktiv zusam-mengebracht werden, indem rentable Anlagemöglichkeiten fehlen, so braucht man keineswegs einen großen und zerstörenden Abbau ins Werk zu setzen, der uns in letzter Konsequenz zu indischen oder sibirischen Zu-ständen zurückbringen müßte 2), sondern

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1)      Diese Bedeutung des Zinses ist so wichtig, daß erst durch die volkswirtschaftliche Unterscheidung zwischen den Konsumgüter- und den Kapitalgüterindustrien ihre eigentliche Rechtfertigung erhält.

2)      Über die Wirtschaftspolitik des Reichskanzlers Brüning meinen Aufsatz in der Europäischen Revue, Nov. 1931.

 

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man muß vielmehr das Zinsniveau so einrichten, daß der natürliche Ausgleich wiederhergestellt wird, der durch die Abhängigkeit des Geld- und Kapitalmarkts vom Auslande gestört war, damit soviel Produktionen lang-lebiger Güter wieder rentabel werden, wie nötig sind, um die brachliegenden Arbeitskräfte und Konsumgüter wieder zusammenzubringen, deren scheinbare Unverwendbarkeit eine Schande für die abend­ländische Kultur darstellt. Hätten wir heute wieder ein Zinsniveau von 4 % für 1. Hypotheken, wie vor dem Kriege, so wären Häuser und andere Dauergüter mit einem Schlage rentabel. Sie würden wieder gebaut werden, und durch solche Arbeitsbeschaffung würden Mieter sich finden und der Absatz auch für die Konsumgüter wieder da sein, der heute fehlt. (jz1)

            Zinssenkung durch Konsolidierung unmöglich geworden. — In meiner Bröschüre "Am Tage nach dem Zusammenbruch", die schon im Juni, also vor dem 13. Juli 1931, geschrieben ist, habe ich den Vorschlag gemacht, diese not­wendige Entlastung des Banksystems und diese vordringliche Befreiung des deutschen Zinsniveaus durch eine große Konsolidierungsaktion zu erreichen. Es sollten auf den ausländischen Märkten deutsche Staats-, Städte- und Industrieanleihen auf­gelegt werden, an deren Absatz die ausländischen Banken interessiert sein mußten, da sie anders zu befürchten hatten, Milliardenverluste an ihren deut­schen Guthaben zu erleiden. Der Absatz dieser Papiere sollte von uns aus durch eine großzügige Lö­sung des Farmerproblems in den amerikanischen Weststaaten in Verbindung mit einer Umstellung unserer Agrarpolitik  psychologisch vor-bereitet werden

 

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und so frühzeitig geschehen, daß man der kreditzerstörenden Wirkung grosser deutscher Zahlungseinstellungen zuvorkam. Durch diese Umschuldungs- und Konsolidierungsaktion sollte zugleich eine solche Ent­lastung der Bankbilanzen und öffentlichen Haushalte herbeigeführt werden, daß die sonst unvermeidlichen Zahlungsein-stellungen noch in letzter Stunde vermieden wurden. Dieser letzte Ruf ist zu spät gekommen; sein Ertönen wurde schon beg­leitet von dem Krachen des deutschen Kreditsystems, das wir am 13. Juli dann wirklich erlebten.

 

            Inzwischen hat sich die Lage soweit verschlechtert, daß an eine Konsolidierungs- und Befreiungsaktion auf dem Wege der Umwandlung kurzfristiger Leihgelder in langfristige, unkündbare Anleihen im Ernst nicht mehr gedacht werden kann. Leider ist die Mehrzahl unserer politischen und wirtschaftlichen Führer so rück-ständig, daß man endlich von Oktober 1931 an (nachdem die damals skizzierten Gedanken Gemeingut gewor-den waren) von überall her diese Konsolidierung als neues und letztes Mittel vorgeschlagen hat, sei es nun in Form von Anleihen, von Goldzertifikaten und anderen Emissionen. Es kann gar nicht genug betont werden, daß Leute, die solchermaßen um Monate hinter den Ereignissen herlaufen, nicht als vorangehende "Führer" betrach-tet werden können. Es ist heute auf Jahre hinaus Zeitvergeudung, von derartigen Emissionen zu sprechen, die in Frankreich und in Amerika sicher keinen einzigen Käufer finden würden.

 

            Zwangskonversion unzureichend. Angesichts der Unmöglichkeit, im Auslande Konversions-

 

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anleihen unterzubringen, die unser Zinsniveau befreien könnten, hat man nun in Deutschland am 8. Dezember eine Zwangskonversion der Zinssätze gesetzlich durchgeführt. Dieser 4. Notverordnung kommt ein großer Wert deshalb zu, weil sie nicht weltfremd dekrediert, sondern das Volk in gesunder Weise in die Lage versetzt, seine wirtschaftspolitischen Erfahrungen zu machen. Sie nimmt eine populäre Verwirklichung des wichtigsten Hitler-schen Programmpunktes vorweg und bringt eine erhebliche Entlastung. Sie ermöglicht den praktischen und unwiderleglichen Beweis, daß so wohl Lasten richtiger verteilt, nie aber die Wirtschaft angekurbelt werden kann. Indem sie den Abschluß der Deflationspolitik darstellt, fordert sie selbst Maßnahmen, durch welche der automatisch weitergehende Schrumpfungsprozeß aufgefangen werden kann. Sie macht zu­gleich die Zeit reif für die weitergehende autonome Zinssenkung, von der nun in der Öffentlichkeit mehr und mehr gesprochen werden wird: die radikale Zinssenkung auch für neue Kredite durch Schaffung eines neuen, gesunden Kreditsystems, das keinem ausländischen Diktat und keinem Notenbankmonopol mehr unterliegt, sondern gezwungen ist, nach Maßgabe der gesunden Rentabilitäts- und Angebotsverhältnisse zu rechnen.

 

            Allgemeine Ratlosigkeit. — Die Befreiung der Banken und des Zinssatzes durch eine Konsolidierungs-aktion ist also nicht mehr möglich, und die Zwangskonversion ist unzulänglich, weil sie kein billiges Angebot an neuen Umsatz- und Anlagekrediten hervorzubringen vermag, solange die Lage er Reichsbank nicht besser wird.  Der Stand der

 

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Stillhalte- und Reparationsverhandlungen eröffnet aber keinerlei Aussichten auf eine wirksame und dauerhafte Entlastung der Reichsbank, ja sie kann derartige Aussichten für den Realpolitiker nicht eröffnen, weil die an-deren Länder einer ebenso schlechten Lage sind bzw. keine genügend altruistische Bevölkerung besitzen, die ihr Geld aufs Spiel setzen möchte, um den geschätzten Deutschen zu helfen. Daß man bei den heutigen außer-ordentlichen Zinssätzen das deutsche Wirtschaftsleben nicht wieder Gang setzen kann, steht für jedermann fest; daß man mit kranken und überlasteten Banken nicht gesund wirtschaften kann, ebenfalls. Die bisherigen Mittel zur Befreiung und Entlastung des Kreditsystems haben sich als unzulänglich erwiesen. Sonach ist es nicht zu verwundern, wenn die deutsche Wirtschaftspolitik nunmehr auf einen toten Punkt gekommen zu sein scheint. Weitere Mittel, die unbedingt notwendige Entlastung des Kreditsystems und Befreiung des Zinsniveaus zu erreichen, damit die hungernden Millionen von Menschen und die verderbenden Gütermassen nutzbringend zusammengebracht werden könnten, sind scheinbar nicht vorhanden. Alle Methoden sind erschöpft, Ratlosig-keit greift Platz. Nur grauer Pessimismus scheint für die verantwortlichen Persönlichkeiten übrig zu sein, nur dunkler Drang zum Extremismus und zu steinzeitlichen Wirt­schaftsformen dem Volke offenzustehen.

 

            Zielsetzung dieser Schrift. — In solcher Lage will diese kleine Schrift den Versuch machen, mit den letzten Mitteln der Kreditwissenschaft einen neuen und festen Weg anzugeben, der schon früher erprobt, gegen-wärtig in Vergessenheit geraten zu sein

 

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scheint, der dem Unsinn unserer Lage ein Ende macht, der die gefesselten ungeheuren Kräfte der Privatwirt-schaft freigibt, der mit den Mitteln des exakten Denkens zur befreienden Tat führen und zur Erlösung des politisch-wirtschaftlichen Geschehens aus einer untragbaren, unnationalen Zwangsläufig­keit beitragen soll.

 

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            (16: leer. 17: nur die folgende Überschrift. 18: leer.)


 

 

 

ERSTER TEIL

 

DIE FEHLER

 

DES DEUTSCHEN KREDITSYSTEMS

 

1. DER VERLUST DER FÜHLUNG MIT DEM WARENUMSATZ.

DER ÜBERGANG VON DER BANKNOTE ZUM PAPIERGELD

 

a) Die klassische Kredittheorie als Grundlage des modernen Kreditsystems

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            Nachprüfung der Grundlagen der erschütterten Kreditthorie notwendig. — Man kann einem großen Teile der herrschenden Wirt­chaftswissenschaft den Vorwurf nicht ersparen, daß sie zu sehr durch die Ideologie und zu wenig durch eine wahrhaft pragmatische Betrachtung der Wirkl­ichkeit bestimmt worden ist. Sonst hätte es nicht geschehen können, daß die heutige monetäre Krisentheorie fast ausnahmslos eine Erscheinungsform des Geldes zugrunde legt, die vor dem Kriege in fast allen Ländern als anormal und krankhaft galt, die zwar der ideologischen Gestaltungskraft einen fast unermeßlichen Spielraum gewährt, die wirtschaftliche Gestaltungs-kraft des Bankiers und Gesetzgebers aber zu Mißwirtschaft und Notmaßnahmen zwingt: Das mit gesetzlicher Zahlkraft ausgestattete, meist uneinlösbare Zwangskursgeld. Vielleicht wird diese Papiergeldtheorie wieder auf den geringen Raum zurückgeführt werden müssen, der ihr vor 1914 beigemessen wurde, und vielleicht wird die einlösbare Banknote, (? - J.Z.) die das Fundament des ruhmreichen deutschen Banksystems der Vorkriegszeit war, wieder rehabilitiert werden müssen, wenn nicht mehr Literaturen, sondern Güter abgesetzt werden sollen, wie das die Gegenwart erfordert.  Für diese (jz2)

 

 

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weitgehenden Voraussagen werden wir den Beweis anzutreten haben; wir werden verständlicherweise nicht mit begrifflichen Deduktionen, sondern mit der Entwicklung der modernen Großkreditwirtschaft aus den Prinzipien des einfachen Tauschverkehrs beginnen, die so kurz gefaßt sein soll, daß der Leser in die Behandlung der bren-nenden Fragen der Gegenwart nur um wenige Seiten verzögert eintreten wird.

 

            Unabhängigkeit vom Auslande beim einfachen Tauschverkehr. — Versuchen wir noch einmal, uns das wirtschaftliche Leben eines Landes an dem instruktiven Beispiel der Wirtschaft auf einer kleinen Insel zu verdeutlichen. Jedermann produziert und jedermann tauscht seine Güter gegen die Produkte der anderen Pro-duzenten aus, deren er jedarf. Der nötige Import wird durch den Export bezahlt. Als Tauschmittel im weitesten Sinne sind hierfür Transportmittel und Geld nötig. Es ist klar, daß bei der Abstraktion auf so einfache Verhält-nisse keinerlei ausländische Einflüsse diesen Transport- und Zahlungsvorgang stören können. Daß ausländi-sche Verkehrsstörungen den inländischen Eisenbahnfrachtverkehr behindern könnten, ist kaum vorzustellen; es ist z.B. nicht einzusehen, wieso Mißstände im Güterverkehr, etwa Englands, den Transport von Stückgut auf der Strecke Gotha - Leipzig behindern sollten. Sollte ein mangelhafter Wagenrücklauf aus dem Auslande daran schuld sein, so wüßte man jedenfalls sofort, wie man dem Übel beikommen könnte: Man müßte neue Wagen bauen. In der gegen­wärtigen Wirtschaftskrise sehen wir nun den eigen­artigen Vorgang, daß ausländische Einflüsse, z. B. die schwebende Devisenverschuldung und die damit ver-

 

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bundene Zinstreiberei, in stärkster Weise die inländischen Geld- und Kreditverhältnisse stören, ohne daß wir die Mittel zu haben scheinen, den Schwierigk­eiten beizukommen. Wie ist es möglich, dass der Frachtverkehr eines Landes sich ungestört vom Auslande abwickeln kann, daß aber der Geldverkehr so empfindlich ist? Meinem von Böhm-Bawerk beeinflußten Inselbeispiel in der Broschüre "Am Tage nach dem Zusammenbruch" hat man entgegengehalten, dass der moderne Kredit- und Zahlungsverkehr eben zu kompliziert sei, um so ein-fachen Grundsätzen noch zu gehorchen. Allerdings sehen wir auf allen Gebieten des Lebens mit wachs­ender Technik eine wachsende Komplizierung der Probleme; wir sehen aber nie, dass dadurch die Grundfragen verändert werden. Grundsätzlich müßte offenbar der Austausch ungehindert vom Auslande jederzeit möglich sein; wenn das nicht der Fall it, wird man viel eher vermuten müssen, daß das Geldwesen falsch organisiert ist, als annehmen, dass die rein quantitative Veränderung der Dinge, die heute nicht mehr selten und einfach, son-ern massenhaft und arbeitsteilig sind, einen so primitiven und unleugbaren Grundsatz außer Kraft gesetzt haben könnten.

 

            Der Wechselverkehr. — Wie kann man sich den Geld- und Kreditverkehr unter so einfachen Verhält-nissen am besten erklären?

Wir brauchen nur anzunehmen, daß man zuerst alles mit Wechseln zahlte: Durch den Verkauf meines Produkts erwarb ich eine Kaufpreisforderung, ein Guthaben in Geld. Dieses so erworbene Guthaben ist hier wie in der modernen Wirtschaft das natürliche Zahlungsmittel des Einzel-

 

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menschen, das grundsätzlich überall ausreicht: Wenn ich selbst meinen Bedarf bei verschiedenen Lieferanten einkaufe, so brauche ich den Lieferanten nur Wechsel zu geben, in denen ich ihnen diese Forderung abtrete. Diese Lieferanten wiederum können das nun ihnen gehörende Guthaben benutzen, um das zu bezahlen, was sie gekauft hatten. Stellte man diese Wechsel auf den wichtigsten jährlichen Messetag, so brauchte man bei Fällig-keit nur alle diese Wechsel zu kompensieren, genau so, wie dies heute an den Liquidationstagen an der Börse geschieht, um den ganzen Zahlungsverkehr bewältigt zu haben. Hatten einzelne Kaufleute mehr gekauft, als sie selbst für ihre eigenen Produkte erlöst hatten, so mußte dieser kleine Spitzenbetrag in bar, z.B. in Silbertalern, ausgeglichen werden, was meist keine Schwierigkeiten bereitete. Es ist klar, daß dieser Zahlungsverkehr, der jahrhundertelang bestanden hat, durch ausländische Einflüsse nicht gestört werden konnte, es sei denn, daß Mangel an Papier und Tinte eintrat, die etwa importiert wurden.

 

            Der Übergang zum modernen Kreditverkehr. — Diese Wirtschaftsform setzte voraus, daß jedermann, der dieser Zahlungsgemeinschaft angeschlossen war, den anderen Mitgliedern bekannt war und daher ein gewisses Maß von Kredit hatte. Diese Grundbedingung kam geschichtlich mit der Abschaffung der Zünfte ins Wanken. Ein namenloses Proletariat von Tage- und Wochenlohnempfängern entstand, das noch dazu nicht mehr den Hauptteil seines Einkommens in freier Station beim Meister und einer einmaligen Zahlung am Meß-tage im Jahre fand, sondern mehr und mehr wöchentlichen Barlohn erhielt, der damals

 

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nicht aufzutreiben war. Diesen Aufgaben war das alte System nicht mehr gewachsen: Die Wechsel lauteten meist über große und unrunde Beträge und waren unteilbar, sie waren für Lohnzahlungen also unverwendbar.

 

            Die schottische Banknote als Grund­ige der klassischen Notenbanktheorie. - Da waren es von 1695 an die schottischen Notenbanken, die die Banknote schufen und den modernen Geld- und Kreditverkehr begrün-deten: Sie tauschten die ungeraden und über zu große Beträge lautenden Wechsel in typisiert, sagen wir über 10, 20, 50, 100 M. lautende Stücke um und gaben ihre eigene Unterschrift dazu, um das Kreditrisiko auszu-schalten. Derartige Banknoten waren sozusagen "zerhackte Wechsel"; sie dürfen nicht verwechselt werden mit den Noten der Bank von England, die aus den Depotscheinen der Goldschmiede hervorgegangen sind und unter der Peelschen Bankakte bis heute noch den Charakter von Golddepotscheinen nicht ganz abgestreift haben. Wenn das Aufkommen des modernen Fabriksystems den Kreislauf der Zahlungsmittel (der Wechsel) an der Stelle unterbrochen hatte, wo er Fabrikant die vereinnahmten Zahlungsmittel an seine anonyme Arbeiterschaft als Lohn weitergeben wollte, so war der Kreislauf durch diese Erfindung wieder geschlossen: die Bank tauschte an dieser Stelle die unhandlichen Wechsel in handlichere und garantierte Stücke um, die dann den Kreislauf fortsetzten.

            Wir brauchen jetzt nur noch drei Komplik­ationen einzufügen: den Umsatzkredit, den Giroverkehr und die Monopolisierung des

 

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Notenbankwesens, um schon inmitten des modernen Geld- und Kreditsystems zu stehen, um endgültig beurtei-len zu können, wie der Auslandskredit es macht, daß er den inländischen Zahlungsverkehr, den Austausch der Güter in Deutsch­land lahmgelegt, wie es also möglich ist, daß die Arbeitlosen nicht das herstellen dür­fen, was sie verzehren möchten, und wa­rum die Arbeiter nicht in die Lage gesetzt werden können, das zu verzehren, was sie hergestellt haben, bloss weil im Ausland sich bestimmte Vorgänge abspielen.

 

            Der gestundete Verkaufserlös als Grundlage des Umsatzkredits. — Betrachten wir zuerst noch etwas näher, wie die schottischen Banknoten in Verkehr kommen, und, was beinahe noch wichtiger ist, wie sie wieder aus dem Verkehr zurückkommen. Der Fabri­kant, der das Wechselmaterial liefert, verkauft fast immer auf Ziel, der von ihm belieferte Großhändler gibt das Ziel weiter an den Detaillisten und ermöglicht dadurch die volks-wirtschaftlich unentbehrlich gewordene Lagerhaltung beim Einzelhandel, ohne die eine Auswahl der Kund-schaft unter den im Detail angebotenen Waren und eine kontinuierliche Belieferung nicht möglich wäre. Während der Fabri­kant also bei dem angenommenen Schema nur Wech­sel hereinbekommt, die etwa in zwei Monaten fällig werden, muß er die auf dieselben Produkte entfallenden Lohngelder an seine Arbeiter sofort auszahlen. Auch diese Zeitdifferenz überbrückt die schottische Notenbank: sie gibt an Stelle der später fälligen Wechsel sofort fällige und leistet mit dieser "Diskontierung" einen weiteren

 

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höchst wertvollen Dienst, der zu der "Typisierung" und "Versicherung" hinzutritt, von denen bereits die Rede war.

 

            Der Umsatzkredit. — Die Bank, die die Kundenwechsel des Fabrikanten diskontiert, die also ein unbequemes Zahlungsmittel in ein bequemes umtauscht, gibt Kredit, da sie zugleich diskontiert, d.h. für noch nicht fällige Papiere solche gibt, die sofort fällig sind. Sie gibt den Kredit nur in ihren eigenen Banknoten.

            Dieser Kredit ist reiner Waren- oder Umsatzkredit, indem er nicht der Spekulation oder sonstigen Zwecken, sondern allein dem Warenverkauf auf Ziel, also der Überbrückung der Verfrachtungs- und Ver-kaufzeit dient.

 

            Das Umsatzkreditgeschäft der Banken. — Im Umlauf stellen die so in Verkehr gekommenen Bank-noten den Gegenwert der vom Fabrikanten verkauften, aber noch nicht in die Hand des letzten Verbrauchers übergegangenen Produktion dar: Wenn der Fabrikant für 100 000 M. Ware verkaufte und dementsprechend für 100 000 M. Wechsel diskontierte und daraus Löhne im Betrage von 100 000 Mark bezahlte 1), so müssen diese 100 000 M. Lohngelder bis zu dem Tage im Verkehr bleiben, an dem sich die Lohnempfänger zu Einkäufen in den Läden entschließen. Ebensolange bleiben natürlich auch die Fabrikate ungekauft vom letzten Verbraucher. An diesem Tage endet der Weg der Ware und beginnt der Rückfluß der Noten: Die

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1)      Vereinfacht aus der klassischen Gleichung (vgl. in der neueren Literatur F. Schmidt und die Produktions-erlös-Einkommensgleichung in meinem Buche "Arbeitslosigkeit und Kapitalbildung", 1930).

 

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Ladenbesitzer verwenden die vereinnahmten Bank­toten am nächsten Tage, um die Grossisten zu bezahlen, von denen sie die Ware erhalten haben, und die Grossisten bezahlen aus diesen Eingängen die Fabrikanten, die damit ihren Kredit bei der Bank zurückzahlen. Die Umlaufsperiode der verkauf­en Güter beginnt also ungefähr dann, wenn die entsprechenden Löhne ausgezahlt werden, und sie endet durch Übergang der Güter in die Hand des letzten Verbrauchers gerade dann, wenn die in den Taschen der Lohnempfänger befindlichen Noten ver-ausgabt werden und ihren Rückfluß antreten. Umlaufsdauer der Waren, Dauer der Warenkredite bzw. Umlaufs-dauer der Warenwechsel und Umlaufsdauer der Banknoten muß demnach in dem klassischen Bankideal unge-fähr gleich gewesen sein. Durch diese Zusammenlegung des Entstehungsakts der Ware mit dem Entstehungsakt des Geldes, und des Endes der Ware mit dem Ende des Geldumlaufs, die in Deutschland seit Adam Müller besonders von Ben­ixen und Elster gefordert worden und durch die Praxis der Reichsbank bis 1914 verwirklicht gewesen ist, ist eine viel genauere quantitative Regelung des Geldumlaufs, aber auch ein viel sicherer Aus-schluß ungeeigneter Kreditbedürfnisse gewährleistet, als die Currency-Theorie und die Preisniveaupolitik, besonders nach den vernichtenden Erfahrungen der letzten Jahre, jemals bieten können 1).

            Aufgabe einer solchen Bank ist es daher, den Wechselkredit auf gerade soviel Tage

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1)      Leider hat insbesondere Bendixen diese Lehre mit dem Zwangskurs und mit einem Kampfe gegen die Quantitätstheorie verknüpft, obwohl doch nur eine Verfeinerung der Quantitätstheorie vorliegt; wodurch er eine so richtige Grundvorstellung unnötigerweise den schwersten Vorwürfen aussetzte.

 

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zu gewähren, als dieser Aufenthalt der Noten in den Taschen der Lohnempfänger (der durch die Verteilung der Haushaltsausgaben über die ganze Lohnperiode bedingt ist) zu dauern pflegt, verlängert um die Dauer des Rückflusses der Noten vom Ladenbesitzer bis zur Bank. Verspürt dann der Grossist oder eines der anderen Glieder der Kette die Neigung, das erhaltene Geld zwischendurch zu investieren, so wird er durch das Fällig-werden der Summen daran verhindert, den schnellen Rückfluß der Noten zu hemmen. Viele heutige Bankdirek-toren werden allerdings nicht zugeben wollen, daß auch heute die Tätigkeit einer Kreditbank kaum anders auszusehen hat, wie sich gleich erweisen wird, denn damit würden sie eingestehen, daß ihre eigene bisherige Betätigung im Aktienpakethandel, im Großkreditgeschäft und andern "Transaktionen" nicht die Bedeutung hat, die man ihr gern zuschreiben möchte.

 

            Die Einlösung der ausgegebenen Banknoten. — Mit welchen Mitteln löst diese ideale Umsatzkredit-bank also ihre Banknoten ein? Nicht durch Bereithaltung eines Goldschatzes, wie die Goldschmiedebank, die Golddepotscheine ausgibt, in der spekulativen Hoffnung, die Inhaber möchten die Noten recht lange behalten (Bank von England), — sondern einfach durch eine Art Einziehung unter Rückgabe der hereingenommenen Wechsel. Die Kredite sind auf diejenige Frist gewährt worden, die der Laufzeit der Waren vom Fabriktor bis in die Hand des letzten Verbrauchers enspricht. Sie werden fällig, die Fabrikanten sind zur Rückzahlung bereit und gezwungen (weil sie Eingänge  haben und die Diskontwechsel einlösen

 

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müssen), und die Bank tut nun nichts anderes, als daß sie den erst erfolgten Umtausch wieder rück­gängig macht: Gegen Rückreichung der Banknoten gibt sie die nun bezahlten Wechselformulare heraus, sie tauscht die Noten in Wechsel um, nachdem sie früher die Wechsel in Noten umgetauscht  hatte. (jz3)

 

            Der Notenkredit als Umtausch- oder Umwandlungskredit. — Nach dem bewunderungswürdigen klas-sischen Schema ist also der Umsatzkredit nur ein Umtausch- oder Umwandlungskredit, indem unbequeme Zahlungsmittel in bequeme, oder Kaufpreisforderungen in Forderungen gegen eine Bank umgewandelt werden. Alle die Störungen, unter denen unser heutiges Kreditsystem leidet, kön­nen dabei nicht auftreten, indem die Diskont- oder Umtauschkredite, um es noch einmal zu sagen, auf soviele Tage gewährt werden, als die Ware vom Verkauf ab Fabrik bis in die Hand des letzten Ver­brauchers läuft. Diese Frist stimmt überein mit der Anzahl der Tage, für die die Lohnempfänger die Banknoten bei sich behalten müssen, um die ganze Gehalts-periode hindurch Zahlungsmittel zu haben.

 

            Die Quelle des Umsatzkredits. — Es ist also die Gesamtheit der Noteninhaber, die den ganzen Waren-umsatz vom Erzeuger bis zum Ver­braucher finanziert. Die Gesamtheit der Noteninhaber hat stets soviel Kauf-kraft, wie auf der Achse und auf Engros- und Detaillagern an Ware vorhanden ist; durch das Halten der Noten geben die Notenbesitzer den Banken soviel Kredit, wie zur Finazierung eben dieser Durchgangsvorräte erfor-derlich ist; mit der Verausgabung von je 100 M. Noten durch die Inhaber in den Läden scheidet für je

 

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100 M. Ware als bezahlt aus der Finanzierung aus, wird entsprechend der Notenumlauf vermindert, wird schließlich der Kredit an die Bank und von der Bank um 100 M. gesenkt.

Man finanziert also den Güterumsatz aus einer in Betrag und Laufzeit adäquaten und hinsichtlich der Ergiebigkeit zwangsläufig korrelaten Quelle.

 

            Elastizität and Ausschluß von Mißbräuchen. — Stets wird soviel Geld geschaffen, wie Waren produ-ziert (1) werden, und stets wird soviel Geld aus dem Verkehr gezogen, wie Waren konsumiert werden. Nie kann hier Mangel oder Überfluß an Umsatzkredit herrschen, weil steigende Verkäufe der Fabriken auch zu-sätzliches Wechselmaterial und zusätzliche Banknotenbestände in den Taschen der zusätzlich eingestellten Arbeitskräfte während der Lohnperiode hervorbringen, und umgekehrt, solange keine schweren technischen Fehler gemacht werden.

Deflation ist bei diesem System nicht möglich, weil sich die Banken gegenseitig den Rang ablaufen werden, um die sehr beschränkt vorhandenen echten Warenwechselforderungen (2) zu bevorschussen, so dass die Zinssätze für gesunde Kredite die einfachen Manipulationskosten der Banken nicht erheblich übersteigen können. Eine

Übertreibung ist gleichfalls trotz Mangels der Metalldeckung nicht möglich, denn an dem Tage, an dem die Noten zurückkommen, geht auch der bevorschußte Erlös der Ware bei der Bank ein. Die Noten werden der Bank an diesem Tage von solchen Leuten zurückgebracht, die derartige gerade fällige Kredite zurückzahlen wollen. Die Noten werden zurückgetauscht, wie die Pfandbriefe der Hypothekenbanken auf Umlaufkonto belastet werden, die von Hypothekenschuldnern zu Tilgungszwecken in natura eingereicht werden. Nur

 

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Kreditumwandlung, keine Kreditschöp­fung liegt vor, wie ja auch die Hypothekenbanken zur Veranstaltung einer Inflation nicht fähig sind, wenn sie nichts weiter tun, als schwer fungible Hypotheken in leicht fungible Pfandbriefe umzuwandeln, also einer vorhandenen Forderung eine bessere Form zu geben. Jeder Mißbrauch, jeder Schritt weiter ist Inflation. Neben der Kreditumwandlung gibt es nur die Kreditschöpfung, die immer Inflation ist. Nur die abso­lute Beschränkung auf die Umwandlung schließt die Inflation aus.

 

            Der Ausschluß der Inflationsgefahr durch die Einlösbarkeit.— Diese Beschrän­kung auf die Kreditum-wandlung wäre nun in der Praxis eine ganz unzulängliche Sicherungsmaßnahme, wenn sie nur ein geistiges Prinzip wäre, dessen Befolgung der Gutwilligkeit der Bankiers anheimgestellt wäre. (jz4) Das klassische System des schottischen Notenbankwesens kennt die Gebrechlichkeit des menschlichen Willens sehr wohl und unterscheidet sich dadurch von allen andern Systemen, daß es die Inflation durch eine organi-satorische Maßnahme technisch ausschließt: durch die Einlösungspflicht der Bank. Eine In­flation dieser Zah-lungsmittel ist unmöglich, wie eine jahrhundertelange Erfahrung in allen Ländern be­wiesen hat, weil diese Art Banknoten niemals Zwangskurs haben, ja nicht einmal gesetzliches Zahlungsmittel mit Zwangskurs sein dürfen, denn mit dieser "Erhebung" oder vielmehr "Verböserung" hören sie auf, eigentliche Banknoten zu sein und werden zum uneinlösbaren Papiergeld. Inflation ist — diese wissenschaftliche Erkenntnis ist zwar in   Vergessenheit geraten, aber wohl

 

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noch nie ernstlich bestritten worden — überhaupt nur bei Zwangskurs möglich, nicht bei in Landeswährung einlösbaren Banknoten. Sobald die Bank zuviel echte (jz5) Banknoten ausgibt, d.h. sobald sie andere als Kaufpreisforderungen des Warenverkehrs bevorschußt oder längere Kredit­fristen gewährt, kann sie die Noten nicht mehr durch Rücktausch einlösen, sondern muß mit irgendwie beschafften Barmitteln, Gold, Devisen usw. auszahlen, wenn die Noten zurückkommen. Bei nennenswertem Umfange dieses Mißbrauchs erhal­ten die Noten Disagio, da keine genügenden Fälligkeiten mehr die erforderliche Nachfrage nach ihnen hervorrufen. Die Bank muß also infolge von Liquiditätsschwierigkeiten ihre Schalter schlie­ßen und in Konkurs gehen, sobald die Miß­bräuche größer werden, als es der geringe Barvorrat gestattet (vgl. S. 131 f., 138 f.).

 

            Festigkeit gegen den Run. — Auch ein Run auf das gesamte Banksystem ist hier nicht mög­lich, da nie mehr Banknoten ausstehen und nie mehr Depositen vorhanden sind, als zur Bewerkstelligung des unbedingt nötigen laufenden Zahlungsverkehrs gerade erforderlich sind. Ein Run pflegt niemals von den täglich umge-setzten Girodepositen, sondern immer von den Spardepositen auszugehen. Diese fehlen aber einer solchen Bank. Daß die Rückzahlung der ge­samten Kreditoren einer der vielen vorhandenen Banken dieser Art nicht an einem Tage, sondern nur etwa im Verlaufe von 4 Wochen möglich, ist, ist ein geringer Schönheitsfehler, der an der Tatsache der sehr schnellen Rückzahlungsmöglichkeit nichts ändert. Zur Erläuterung diene die Bilanz des Crédit Lyonnais per 30. November 1931, der heute gesündesten

 

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Großbank der Welt, deren 5,6 Milliarden Francs Depo­siten und 9 Milliarden passiven laufenden Rechnungen auf der Aktivseite nicht weniger als 12 Milliarden Fr. in bar, Wechseln und Schatzwechseln gegenüberstehen, neben 4 Milliarden Debitoren. Diese Bank ist gegen jeden Run sicher, da sie ziemlich alles in bar auszahlen kann, was verlangt werden kann; ihre Leitung be­weist, daß das praktisch möglich ist, was in Deutsch­land in bequemer Weise oft für unmöglich erklärt wird 1).

 

            Notenbank- und Kreditverkehr nichts als verfeinerter Handelwechselverkehr. — Dieses ursprünglich schottische Kredit- und Banknotenwesen unterscheidet sich prinzipiell in nichts von dem allereinfachsten Wechselverkehr, von dem wir ausgegangen sind. Auch dieser Umtausch und Rücktausch unbequemer in beque-me Zahlungsmittel kann in keiner Weise durch ausländische und poli­tische Einflüsse gestört werden; bis hier-her ist also der Mechanismus, der heute unser Kreditsystem lahm­legt, noch nicht erkennbar. Nichts spricht gegen die Möglichkeit eines unabhängigen nationalen Kredit­verkehrs, eines vernünftigen Tauschverkehrs mit Hilfe eines gesunden Notenbankwesens. (jz6)

 

            Der Giroverkehr als Vollendung des klassischen Systems. — Um uns den heutigen Zuständen zu nähern, haben wir zunächst noch den Giroverkehr einzuschieben 2). Wir waren im klassi­schen Schema zu-nächst davon ausgegangen, daß der gesamte Zahlungsverkehr nur mit den Banknoten abgewickelt wird. Heute sehen wir einen großen Teil

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1)      Über den Run vgl. weiter unten S. 150 f., 156.

2)      Ihm entspricht in den angelsächsischen Ländern der Scheckverkehr.

 

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der Zahlungsvorgänge auf die viel einfachere und billigere unbare Weise des Giroverkehrs sich ab­wickeln: Der Detaillist-, dem ja von den 45 Milliarden Lohn- und Gehaltseinkommen in Deutschland (1927) allein fast 40 Milliarden RM. zufliessen, macht sich nicht die Mühe, die Banknoten zu verpacken und per Wertbrief an seine meist auswärts wohnenden Lieferanten zu senden, sondern er zahlt die Tageslosung(den Erloes des Tages? – J.Z.) schon am nächsten Tage bei der nächsten Depositenkasse oder Girokasse ein und benutzt das so gewonnene Guthaben zu Überwei­sungen an seine Lieferanten. Während früher das Kreislaufschema für wohl 90 % des umlaufenden Bargeldes lautete: Erster Teil: Bank — Lohntüte der Fabrik — Lohnempfänger — Laden; zweiter Teil: Laden — Grossist — Fabrikant — zurück zur Bank, wird heute nur noch der erste Teil dieses Kreislaufs vom Bargeldumlauf besorgt, da bereits der Ladeninhaber die Noten zur Bank zurück­bringt und damit den Notenumlauf beendigt. Aller­dings zahlt der Ladeninhaber dieses Geld nicht auf das Konto des Fabrikanten ein, auf dem bei der ursprünglichen Emission die Belastung des Umtauschkredits stattfand, son-dern auf seines. Mit der Einzahlung ist also der Kreditvorgang keineswegs beendet, sondern nur umgeformt. Durch sie steigen die Girodepositen der Bank um genau den Betrag, um den sich am gleichen Tage der Noten-umlauf vermindert hatte. Mit diesen zusätzlichen Passivmitteln wird die aktive Kreditgewährung weitergeführt. Diese neuen Girodepositen, die an die Stelle des zweiten Teils des klassischen Kreislaufschemas treten, durch-wandern nun in Form von Überweisungen die lange Kette der Bankkonten der Lieferanten und Unterlieferan-ten, bis sie zuletzt auf

 

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dem Konto des ursprünglichen Fabrikanten landen, womit der Bankkredit zurückgezahlt ist, von dem der Notenumlauf seinen Ausgang nahm. Gleichzeitig sinken die Girodepositen auf den ursprünglichen Betrag zurück. Nähere Untersuchungen zeigen, daß der Bargeldkreis­lauf heute etwa 11 Tage und der anschließende Giro­kreislauf durch die verschiedenen Gironetze noch weitere 15 Tage dauert, so daß die Kreditfristen von den Banken bei derartigen Krediten im Durch­schnitt auf etwa 26 Tage gesetzt werden müßten. Nicht mehr die Gesamtheit der Banknoteninhaber allein ist es also heute, die durch ihren Notenbesitz, der eine Kreditgewäh-rung bedeutet, den Güterumlauf elastisch finanziert, sondern fast drei Fünftel des Kreditspielraums entfallen heute auf die Inhaber von tatsächlich dauernd umgeschlagenen Girokonten. Notenumlauf und Girodepositen zusammen aber sind ebenso elastisch geblieben, wie der Notenumlauf allein; beide entstehen durch den Umtauschkredit und vergehen durch seine Rückzahlung; beide sind unabhängig von der Höhe der Spareinlagen und der Kapitalbildung in einem Lande; sie bedeuten keinerlei prinzipielle Veränderung gegenüber dem an­fänglichen einfachen Wechselaustauschschema, son­dern nur eine Verfeinerung.

 

b) Die schrittweise Zerstörung des klassischen Systems von 1909 bis 1931.

 

            Vollendung und Abstieg des klassischen Systems. — Mit der Ausbildung des Giro- und Scheckver-kehrs, der allerdings noch einer starken Ausdehnung fähig ist, wie schon hier nach­drücklich zu betonen ist, konnte das klassische

 

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System im wesentlichen als vollendet gelten. Es hat mehr als ein Jahrhundert in Europa gearbeitet, ohne größere Inflationen und Mißstände zu zeigen, es hat Krisen überdauert, wie die von 1857, die der heutigen gleichstehen, es hat sich also unzweifelhaft bewährt. Wie der Abstieg und Untergang dieses ruhmreichen Systems zu erklären ist, mag hier unerörtert bleiben; es geschieht ja nicht selten, daß zu große Erfolge zur Erstarrung, zum Ersatz der leitenden Leute durch rein repräsentative Persönlichkeiten führen, bis es auch für den tüchtigsten Leiter fast zu spät ist, das Alte zu retten.

 

            Die Verdunkelung der klassischen Bankvorstellungen durch die Funktionstrennung zwischen Noten- und Depo­sitenbankwesen. — Wie beim Aufstieg, so kann auch beim Abstieg nur der große Zug der Ereignisse
geschildert werden, da hier nur die Lehren der großen hundertjährigen Entwicklung für die katastrophale Lage der Banken in der Gegenwart aufzuzeigen sind.

 

            Der erste Schritt abwärts ist sicherlich schon in der Trennung der Notenausgabe vom Depositenbank­geschäft zu erblicken, durch die sich unser heutiges Bankwesen schon äußerlich von dem schottischen Bank-schema unterscheidet. Hiermit kommen wir auf das heute in fast allen Ländern verbreitete System der Zentral-notenbanken zu sprechen, das heute als eine unantastbare Gipfelleistung des mensch­lichen Geistes dasteht, das aber vielleicht schon in 50 Jahren beiseitegelegt schwerverständlich in der Rüstkammer der Geschichte zu fin-den sein wird. Die Funktionstrennung hat sich im wesentlichen histo­risch entwickelt. Neben die Notenbanken, die

 

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Wechsel diskontierten und auch Depositen annah­men, traten in den meisten Ländern 1) grosse Ak­tienbanken, die das Depositengeschäft und als Gegengeschäft den Kontokorrentkredit (anfänglich eine offene Umsatz-finanzierung unter Verzicht auf die Wechselstrenge) pflegten und sich geradezu übermächtig entwickelten. Sie konnten na­türlich nur die letzten drei Fünftel des Umsatzes der Waren nach dem klassischen Schema finan-zieren, da sie nur den unbaren Teil des Zahlungsvorganges teilweise an sich reißen konnten. Bezüglich des Bar­geldes blieben sie auf die Notenbanken angewiesen. Hierdurch wurde der einfache Aufbau des klassischen Schemas zum ersten Male verdunkelt: Die Noten­banken sind so zur "Banken der Banken" geworden. Sie geben heute etwa 80 % ihrer Noten nicht mehr an Geschäftsleute, deren Rohstoffbeschaffung und Warenabsatz sie aus ihren Konten selbst klar erkennen können, sondern an Banken, die ihnen versichern, daß die Namen der Wech-selverpflichteten so guten Klang haben, daß sie selbst "unbesehen" durch ihr Giro für die Sicherheit geradeste-hen würden, — eine Behauptung, die fast gar nichts mehr mit dem beabsichtigten Umtauschvorgang, mit der Verwandlung von Verkaufserlösen in Zahlungsmittel zu tun hat, die schon den verhängnisvollen Ersatz des Umsatzprinzips durch das Sicherheitsprinzip in sich schließt. Die heutigen Depositengroßbanken geben auch nicht etwa alle Handelswechsel an die Bank.

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1)      außer Schottland und Canada, die das System freier Notenausgabe aller Banken nach Massgabe eines Normativ­gesetzes bis heute mit Erfolg beibehalten haben, leider seit dem Weltkriege ebenfalls verfälscht durch den Zwangskurs (die Noten sind gesetzliche Zahlungsmittel).

 

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sondern nur einen Teil und nur sporadisch, wenn bei ihnen Bargeldbedarf auftritt, so daß der Notenbank jede wirksame Kontrolle verlorengehen mußte. Sie bieten schließlich ihrer Kundschaft den bequemeren Konto-korrentkredit; die Kaufmannschaft hat es daher verlernt, Wechsel zu geben; während die Notenbanken auf dem alten Handelswechselprinzip beharrten. Da­her mußten die Notenbanken schließlich zufrieden sein, wenn sie offenbare Finanzwechsel bekamen, da das gute Wechselmaterial sehr rar wurde.

Die Notenbank mußte nun-mehr versuchen, die richtige Notenmenge "herauszu­fühlen" 1), da sie die direkte Verbindung mit den Umtauschvorgängen des Ge­schäftslebens verloren hatte; sie wurde zu einer Bargeldver-sorgungsstelle der Groß­banken. Nicht die Notenbank bestimmte, wieviel sie geben wollte, sondern die Groß-banken holten so­viel ab, wie sie gerade brauchten. Damit war man an der Grenze der bald uferlosen, bald restriktiven Emission angekommen, die dem nichtbankmäßigen Papiergeld 2) an­haftet; die dieser gefährlichen Zah­lungsmittelart mit Recht einen so üblen Ruf eingetragen hat.

 

            Die Zentralisation des Notenbank­wesens als Markstein beim Übergang von der Banknote zum Papiergeld. — Hand in Hand mit dieser Entwicklung ging die Zentralisation des Notenbankwesens. Der Staat trat in nahe Be­ziehung zu einer der Notenbanken, die er mit Vor­rechten ausstattete, der er seinen Geldverkehr über-

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1)      Ausdruck von Prof. Alb. Hahn.

2)      Strikter Gegensatz zu Banknote.

 

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trug, deren Noten er an seinen Kassen annahm. Die Noten einer solchen Bank mußten eine ungesunde Verbrei-tung gewinnen, die nicht mehr allein da­durch begründet war, daß das Institut die täglich entstehenden neuen Verkaufserlöse aus dem laufen­den Absatz der Gesamtproduktion bzw. die darauf basierten Wechsel in ein bequemeres Zahlungsmittel umtauschte, sondern auch etwas auf dem Kre­dit des Staates. (3) Diese Bank wurde die "Zentralnotenbank", dergegenüber die andern Noten­institute entweder verschwanden oder zur Bedeu­tungs-losigkeit herabsanken.

            Dieses monopolistische System, das auf keinem andern Gebiete in solcher Reinheit vorkommt, hätte sich nie halten können, wenn es nicht — zwar nicht dem Staat als einer Volksgemeinschaft — wohl aber dem Staat als Fiskus riesige Vorteile geboten hätte. Fr. Knapp schildert den immer wieder vorkommenden Fall, daß der Staat in seiner Not diese reiche Bank als Kreditquelle ausnutzt: Wenn die Bank halb gezwungen ihrem "Wächter", dem Staat, große Kredite einräumt, die mit dem Güterumsatz nichts zu tun haben, "wie soll sie dann die Banknoten fernerhin einlösen? Es ist unmöglich (Anm.: weil der Staat nicht an dem Tage

zurückzahlen kann, an dem die Noten zur Zahlung vorgelegt werden, also etwa nach 26 Tagen). Knapp fährt fort: "Das begreift auch der Staat sehr wohl. Er verfügt: Die Bank ist von der Verpflichtung zur Einlösung entbunden."

            "(Er) erklärt diese Noten zu valutarischem Gelde (gleich gesetzlichem Zah­lungsmittel) ; ... so erhalten die Noten Zwangs­kurs bei allen Zahlungen unter Privaten. Durch diesen höchst merkwürdigen Vorgang, den man meist nur als erschütternden Unfall würdigt, ist für den kaltblü-

 

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tigen Beobachter folgendes festgestellt: Der Geldverkehr . . . hört nicht auf, obgleich das valutarische Geld anders geworden ist; es besteht ja gar nicht mehr aus Metall, sondern aus Papier . . . Der Staat ist in 'Papierwirtschaft' versunken"1) 2).

 

Das Zwangskursgeld, das man in solchen mit Zwangs­kurs ausgestatteten "Banknoten" vor sich hat, gehorcht ganz andern Gesetzen, als das von uns dargestellte echte Umsatz-Bankgeld der privaten Zahlungsgemein­schaft, es ist insbesondere grenzenlos vermehrbar und daher äußerst inflationsgefährlich.

 

            Der Untergang des klassischen Systems durch die Aufgabe der Einlösbarkeit und die Einführung des Zwangskurses. — Hier­mit hat F. Knapp, der Altmeister der deutschen Geld­theorie auch für denjenigen, der seinen Ansichten nicht immer folgen kann, in einleuchtender, fast groß­artiger Weise schon in dem Jahrzehnt vor dem Kriege den bevorstehenden Untergang des klassischen Kre­ditsystems geschildert, der gar nicht lange danach in Deutschland und in fast allen Ländern außer Frank­reich auch wirklich eintrat. Deutschland bestimmte 1909 durch Gesetz die Reichsbanknoten zum gesetzlichen Zahlungsmittel, deren Auf­drängung zu 100 % sich fortan jedermann gefallen lassen mußte, auch wenn sie weniger wert waren, als der Goldwert der Forderung,   die er zu erhalten

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1)      4. Auflage, s. 128. 129. Knapp ist im übrigen durchaus kein Feind des Zwangskurses, der ja heute merkwürdigerweise als ebenso selbstverständlich gilt, wie er bis 1909 einhellig ver­dammt wurde. Sperrungen vom Verfasser.

2)      Mit Recht erklärt daher Carl Rosch in seinem Buche über Kreditinflation (Jena 1927), daß Bank-noten, die an öffentlichen Kassen genommen werden und gesetzliches Zahlungsmittel sind, keine Banknoten, sondern Staatspapier­geld sind (S. 24).        

 

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hatte. Die Einlösungspflicht, die letzte schwache Schranke, fiel dann 1914. Nach dem Kriege, in der Zeit des Wiederaufbaues der deutschen Wirt­schaft, in der gerade hier die Rückkehr zu den ge­sunden Vorkriegsmaximen geboten gewesen wäre, um den Wiederaufbau zu fördern und zu gesunden und mißbräuchliche Kredite und untransferierbare Reparationszahlungen zu vermeiden, hat man nicht einmal das Ziel erkannt, vom Zwangskurs wieder ab­zukommen; ist dem Verfasser doch nicht bekannt ge­worden, daß eine derartige Forderung überhaupt er­hoben worden wäre. (jz7) Und die weniger wichtige Ein­lösungspflicht hat nur wenig mehr als 1 ½  Jahre von Ende 1929 bis Mitte 1931 bestanden, zu einer Zeit, als Dr. Luther die schwere Erbschaft des Schachtschen Systems übernehmen mußte, als das deutsche Kreditsystem unter der Last der untrag­baren kurzfristigen Auslandsverschuldung bereits zu zerbrechen drohte, ohne daß sie in einer so verzwei­felten Situation ihre heilende Kraft hätte entfalten können.

 

            Die Aufgabe der Einlösungspflicht und ihre Folgen. — Solange die Einlösungspflicht be­stand, oder, um wieder Knapp zu zitieren, "solange die Bank verpflichtet ist, ihre Noten in staatlich emittiertem Gelde ein-zulösen, brauchte der Staat keine weiteren Schritte zu tun, um die Banknoten in ihrer akzessorischen Stellung zu halten" 1), waren also andere Vorsichtsmaßregeln gegen die Inflations­gefahr überflüssig, weil Inflation nur unter dem Regime des Zwangskurses möglich ist. Jetzt, nach Aufgabe der Einlösbarkeit der Noten, wur­den besondere Bremsen nötig: die goldene

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            *) Knapp S. 125. Vgl. auch unten S. 138 ff.

 

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Bremse, die Golddeckung, und die unzuverlässige und den Ereignissen immer nachhinkende Preisstati­stik; schließlich nach dem Untauglichwerden beider die Devisenbremse. Hiermit ist der klassische Gedanke, dessen Wiederverwirklichung uns heute so nottut, der im Geld- und Kreditwesen ein Hilfsmittel des Güterabsatzes sieht, verlassen und eine ganz andere Geldart auf den Thron erhoben, das Pa­piergeld im Gegensatz zur Banknote, dessen Eigen­schaft es ist, unstabil zwischen Inflation und Deflation hin und her zu schwanken; das allein von den Aus­artungen betroffen werden kann, die wir im Jahre 1923 kennengelernt haben, und das die Umsatzfinanzierung nur sozusagen "nebenbei" miterledigt, ohne hier etwas Wirkliches zu leisten.

 

            Identität  im Zwangskursregime, Zen­tralbankidee und Inflationismus. — Man hätte sich zu diesem gefährlichen und volkswirt­schaftlich verdammungswürdigen Zwangskursregime 1) nie entschlossen, wenn es nicht außer seiner Vorteilhaftigkeit für den Fiskus noch eine Eigenschaft besessen hätte, der gegenüber alle sachlichen Bedenken zurückzutreten hatten: Ohne eine "starke Zentralnotenbank" war nach herrschender Ansicht die Kriegsfinanzierung (4) unmöglich. So wurden denn i.J. 1909 in Deutschland, nachdem andere Länder vorangegan­gen waren, als Vorbereitungsmaßnahme für den mög­lichen Krieg die Reichsbanknoten zum ge­setzlichen Zahlungsmittel erklärt. Immer wieder wurde in allen Ländern bei der Erörterung des Zentralbank-problems betont, wie wichtig im Kriegsfall eine starke Zentralnotenbank sei. Mit

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1)      Die Klassiker bis Ad. Wagner and Knapp stimmten darin überein, vgl. S. 189 ff.    

 

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diesem Argument wurden die rein wirtschaftlichen Argumente, die zumeist für die Dezentralisation sprachen, totgeschlagen 1). In Wahrheit waren freie Notenbanken im Kriegsfalle nur deswegen, nicht "stark", weil sie keine Inflation machen konnten. Sie konnten dem Staat keine Kriegskredite geben, weil sie selbst vier Wochen später an den Folgen dieses inflationistischen Miß­griffs in Konkurs gegangen wären. Hinter dem Streben zur "starken Zentralbank" ver­barg sich also der Wille, irgend einmal Inflation zu machen, was nur mit der Auf­hebung der Einlösungspflicht und der Einführung des Zwangskurses vorstellbar ist. Zentral­bankidee und Inflationismus sind ideo­logisch und historisch untrennbar 2); es ist da-

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1)      Vgl. hierüber insbesondere die Bankenquete von 1908, so­wie Plenge, Rießer usw. — Charles Rist (Les Finances de Guerre de l'Allemagne) übergeht diesen Punkt, da ja die Noten der Banque de France seit d. J. 1870 den Legalkurs gehabt hat­ten; waren es doch die "guten Erfahrungen" der Banque de France bei der Finanzierung des Krieges von 1870 mit dem Zwangskurs, die man sich in Deutschland hatte zunutze machen wollen (nach der deutschen Terminologie [Ad. Wagner] ist Zwangskurs = cours legal; dem französischen Ausdruck cours forcé entspricht unser Begriff "Uneinlösbarkeit"). (jz8)

2)      Auch Mises äußert sich in gleichem Sinne (Theorie, 2. Aufl., 1924, S. 408):

"Die Gründe, die, abgesehen von dem Moment der finanziellen Kriegsbereitschaft, zugunsten der Zentralisie­rung, Monopolisierung und staatlichen Beaufsichtigung der Notenbanken im besonderen und der Umlaufsmittelbanken im allgemeinen angeführt werden, sind durchaus unstichhaltig. In den letzten Jahren hat sich die Bankliteratur so stark in han­delstechnische Einzelheiten verloren, sich so weit von allen national-ökonomischen Erwägungen entfernt und sich so ganz unter den Einfluß plattester etatistischer Argumentation begeben, daß man auf die Ideen ... von vor zwei und drei Menschenaltern zurückgreifen muß.  ...   Die Reglementierung des Notenbankwesens sollte den armen und unwissenden Mann aus dem Volke ... davor schützen, durch Bankenzusammenbrüche Verluste zu erleiden. Es genügt, dieses Argument nur anzu­führen, um zu zeigen, daß es ganz kraftlos ist. Keine Bankpolitik hatte dem kleinen Mann mehr Schaden zufügen können, als die etatistische der letzten Jahre."

 

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her nicht verwunderlich, wenn Cassel und immer weitere Vertreter des Zentralbanksystems heute die Aufgabe des Goldstandards empfehlen, sich damit also öffentlich als Inflationisten erweisen. Jeder Gegner der Inflation muß in letzter Konsequenz Gegner der "starken Zentralbank" sein, weil diese immer wieder zum Zwangskurs-regime und damit zur Inflation verleitet, und die Wiederherstellung der Zu­stände von vor 1909 (J.Z.: 1910 – Erst am 1.1.1910 kam das Gesetz vom 1.6.1909 in Kraft. - J.Z.) wünschen, in denen die deutsche Wirtschaft nicht ohne Grund einen beispiellosen Auf­schwung erlebte, ohne von Inflation bedroht gewesen zu sein.

 

            Die gegenwärtige schädliche Übertrei­bung der Zentralbankidee auch hinder­lich für die Lösung der Reparations­frage. — Die Übertreibung des Begriffs der "star­ken Zentralbank" ist heute umso überflüssiger, als wir Deutschen überhaupt keinen Krieg mehr führen können. (jz9) Nützlich ist sie höchstens in der Hand der Reparationsgläubiger (jz10); die daher auch die Zentralbankidee uns gegenüber stärkstens bejaht haben und das Bank-gesetz mit Absicht im Dawes- und Youngplan international gebunden haben. Da man aber auf Seiten der Reparationsempfänger seit 1924 auf das Hilfsmittel der Inflation zur Ermöglichung von Reparationszahlungen für alle Zeiten mit Überzeugung verzichtet hat, und da die kriegsfinanzielle Stärke der Zentralbank nur in der Inflation liegt und  die reparationspolitische Stärke

           

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der Zentralbank in nichts anderm bestehen kann, so können die Reparationsgläubiger vernünftigerweise heute kein wirkliches Interesse mehr an der Zentral­bankidee in Deutschland haben.

 

            Nach dem Fall der Banken noch die Zer­störung des deutschen Geldsystems durch den Übergang vom Handelswech­selgeld zum Finanzwechselgeld.      An diesen lange vorbereiteten Niedergang schließt sich ein katastrophaler Bruch an, der nun darzustellen ist. Bis zum Sommer 1931 hatte die Reichsbank die §§ 28 und 21 des Bankgesetzes befolgt, die die Tätigkeit der Reichsbank in ganz bestimmter Weise begrenzen, nämlich im wesentlichen auf den Diskont von Wech­seln mit einer Laufzeit von höchstens 3 Monaten, die neben Gold und den durchlaufenden Schecks allein als Notendeckung zugelas­sen sind (§ 28: a. Golddeckung von 40 %;  "b. Für den Restbetrag diskontierte Wechsel oder Schecks, welche den in § 21 aufgestellten Erfordernissen genügen"). Nun lautet § 21 Abs. 2 Ende: "Die von der Bank diskontierten Wechsel sollen nur gute Handels-wechsel sein", und Dr. Hjalmar Schacht kommentiert diese wichtige Bestimmung in seinem Kommentar auf S. 142 wie folgt:

 

"Im Hinblick auf die Zweckbestimmung der No­tenbanken wird der bereits früher angewandte Grundsatz, daß die von der Bank diskontierten Wechsel nur gute Handelswechsel sein sollen, im neuen Bankgesetz ausdrücklich festgelegt. Damit wird der Bank die Diskontierung anderer Wechsel, z.B. sogenannter Finanz- und Kreditwech­sel oder von Wechseln, die zu spekulativen Zwecken ausgestellt sind, untersagt."

 

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Auch die Strafbestimmungen beziehen sich auf diese beiden Paragraphen, deren Wichtigkeit dadurch noch besonders hervorgehoben wird.

 

            Das Notenbankgesetz erlaubt also nur zwei Sor­ten von Banknoten, die wir mit Ramin 1) als Goldgeld und als Handelswechselgeld bezeichnen können, um die Sache recht deutlich zu machen, was übrigens der Terminologie des § 28 entspricht.

 

            Entgegen diesen Bestimmungen (5) hat die Reichsbank nun aber seit der Kreditkrise des Juli 1931 in einem Umfange von etwa zwei Milliarden RM. Finanzwechsel diskontiert, wie allgemein bekannt und durch die Gründung der Akzept- und Garantiebank dokumentiert ist. Diese Finanzwechsel wurden hereingenommen, um die Zahlungsfähigkeit der illiquiden Kreditbanken zu erhalten, die das Depo­sitensystem übertrieben hatten, wovon im nächsten Teil (S. 58 f.) zu sprechen sein wird; die Reichsbank bevorschußte hier nicht Verkaufs-erlöse, sondern sie übernahm illiquide Aktiva der Großbanken und der Sparkassen, die sich nicht selbst liqui-dieren, sondern fortgesetzter Prolongationen bedürfen (entgegen dem Dreimonats-Prinzip). Sie wäre hierzu wahrscheinlich berechtigt gewesen, weil unserm Banksystem eine Re­servestellung gesunder Mittelbanken hinter den er­krankten Großbanken fehlte, so daß bei Schalterschluß fast aller Banken das Wirtschaftsleben zum Stillstand gekommen wäre; aber sie hätte sofort alles tun müs­sen, um eine solche Reservestellung aufzubauen und das ungesetzliche Finanzwechselgeld wieder zum Ver­schwinden zu bringen.

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*) Vgl. den ausgezeichneten Bericht der Deutschen Festmarkbank in Berlin vom Januar 1932, der mir während des Drucks zugeht. Ebenso François-Marsal, Encyclopédie, 1928, I. S. 33.

 

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            Indem die Reichsbank sich über die Bestimmungen des Bankgesetzes hinwegsetzte und im Umfange von fast der Hälfte ihres Notenumlaufs Finanzwechselgeld emittierte, vermied man zwar ein Moratorium für die Banken, besserte aber die Lage der Kreditinstitute nicht. An Stelle der verschwundenen Einlagen ist die

Ver­pflichtung gegenüber der Reichsbank getreten. Die Zen­tralbank wurde so gewissermaßen der größte Einle-ger bei allen Kreditinstituten, dessen Gläubigerschaft nur deswegen angenehmer ist, weil sie nolens volens zum Stillhalten gezwungen ist. Die Reichsbank wurde also abhängig von den Kreditbanken.

 

"Nach wie vor hängt die Lage der Kreditinstitute im wesentlichen davon ab, ob ihre eigenen Schuldner bezahlen. Und das wird immer unwahrscheinlicher. Denn die Schuldner können nur bezahlen, wenn sie einen entsprechenden Umsatz haben. Geht der Umsatz zurück, weil die Umsatz­kredite nicht ausreichend finanziert werden können, so bleibt nur die Zwangsexekution der Produktionsmittel selbst, also der Fabriken, des Grund und Bodens usw. Wie fragwürdig solche Maßnahmen heute sind, braucht nicht auseinandergesetzt zu werden. Hieraus geht auch hervor, daß die als Finanzwechselgeld aus­gegebenen Noten der Reichsbank in Wirklichkeit verkappte Pfandbriefe sind ... Man hat diesen Zustand der Reichsbank nicht unrichtig so ausgedrückt, daß die Reichsbank hierdurch die größte Hypothekenbank Deutschlands  geworden ist 1)."

 

            Verhängnisvolle Kompensation einer Inflation des Finanzwechselgeldes mit einer Deflation des Handelswechselgeldes. — Hätte man in normalen Zeiten so viel

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            1) Dr. Ramin im Januar-Bericht der Deutschen Festmark­bank, 1932.

 

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Finanzwechselgeld ausgegeben, so wäre eine Inflation eingetreten. Daß heute keine Inflation vorhanden ist, erklärt sich daraus, daß ein entsprechender Betrag ge­sunden Handelswechselgeldes verdrängt wurde. Man hat, um die vielen faulen Kredite durchhalten zu können, eine abnorme deflationistische Verknappung des Handels-wechselgeldes durchgeführt. Da der Umsatzkredit für den Güterab­satz genau so unentbehrlich ist, wie die Ver-frachtung durch Eisenbahn und Kraftwagen, ist hierdurch der Güterumsatz der Wirtschaft aufs schwerste gestört worden. Man hat ungefähr ein Drittel des gesamten volkswirtschaftlichen Güter­umschlages stillgelegt, um die kategorischen Wünsche fauler Institute, die abseits von den Inter­essen der Gesamtheit standen, erfüllen zu können, und deren Leiter zu retten, deren Schuldkonto man nicht übersehen konnte, weil sich einzelne dieser Persönlich­keiten selbst als Sachverständige bezeichneten und sogar wissenschaftliche Argumente heranzogen. Durch die so herbeigezwungene Unverkäuflichkeit der Waren bei größter Arbeitslosigkeit sind nun aber so gute Unternehmungen in größter Zahl an den Rand des Ab­grundes gebracht worden, daß die gesamten Aktiven der Banken bedroht sind. Das von egoistischen, naiven und wissenschaftlich ungeschulten "Fachleuten" ge­meinsam empfohlene Rettungsmittel hat sich also als ein Zerstörungsmittel ersten Ranges für die Banken erwiesen, das nicht einmal die Privatvermögen der Bankleiter zu sichern vermochte, da das Unheil einen unerwarteten Um-fang annahm und rei­ßend um sich greift.

 

            Man ging bei der Ausgabe des Finanzwechselgeldes nämlich von der Annahme aus, ein hoher Zinssatz werde es zum raschen Rückströmen bringen. So wurde

 

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die Erhöhung des Diskontsatzes auf 30 % gefordert. Dabei vergaß man, daß bei Finanzwechselgeld, das die Entstehungsursache aller bisher dagewesenen Inflationen gewesen ist, überhaupt die wirksame Rück­strömung des Handelswechselgeldes fehlt, weil die zugrunde liegenden Kredite wirtschaftlich langfristig sind.

Die schlimme Folge dieser falschen Theorie vom Nutzen eines hohen Zinssatzes war, daß dieser enorme Dis-kontsatz von zeitweise 15 %, heute noch 7 %, auch auf das Handelswechselgeld angewandt wurde, wodurch die deflationistische Zerstörung des Güteraustauschs herbeigeführt wurde.

So sind wir heute vor die Alternative eines negermässgen Austauschs von Naturalien unter den Arbeits-losen unter Führung der Reichsregierung (Vorschlag im Reichtagspräsidenten Löbe, Breslauer Rede am 20. Januar 1932, "Gegenseitigkeitshilfe der Arbeitslosen"), der bald für das ganze Volk aktuell werden wird, oder eines radikalen Bruchs mit dem bisherigen Sy­stem unter Rückkehr zu den bewährten deutschen Kreditgrundsätzen gestellt.

 

 

 

 

c) Die erste Fehlergruppe:

 

Die Schwäche des Umsatzkredits und des

Papiergeldes in Deutschland.

 

            Schlußfolgerungen. — In größter Verein­fachung, die für den Verfasser einen Wesenszug der Wissen-schaft darstellt, denn nicht neue geistreiche Formulierungen, sondern die Aufdeckung der letzten und stets einfachen Prinzipien streben wir an — ist dieses das Währungs- und Umsatzkreditsystem, das wir  heute vor  uns sehen 1).  Entstanden aus dem

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1)      Über das Wesen der "Währung" vgl. den gleichlautenden Abschnitt unten S. 135.

 

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reinen Kompensationsprinzip des Wechsels, hatte das moderne Notenbankwesen in der einlösbaren akzesso-rischen Banknote und dem gleichfalls akzessorischen Giroverkehr ein rein umsatz- und absatz-orientiertes Kreditsystem entwickelt, das nicht nur den volkswirtschaftlichen Güterabsatz tatsächlich leistete, sondern auch von ausländischen Krediteinflüssen ungestört arbeitete, jede Unterstützung fauler Kreditbedürfnisse vermied und jede Inflation un­möglich machte.

Erst die Erklärung der Reichsbanknoten zum gesetzlichen Zahungsmittel (Einführung des Zwangskurses) und die Beseitigung der Einlösbarkeit haben aus dem umsatzorientierten Notenbanken eine Art von Papier­geld-banken gemacht. Die Einführung des uneinlösbaren Papiergeldes — das sind die heutigen Reichsbanknoten — hat das Girosystem ebenfalls seiner Leistungsfähig­keit und Selbstbegrenzung beraubt. So wurde das deutsche Kreditsystem ab­hängig von der Leistungsfähigkeit der Gold- und Devisenbremse, und mit deren Überhitzung geriet es in die Abhängig­keit vom Ausland.

Durch die erzwungene, aber dann allzu lange fortgesetzte Unterstützung von falsch disponierten Kreditanstalten ist dann die Emission von pfandbriefähnlichem Finanzwechselgeld so sehr die Hauptaufgabe der Reichsbank geworden, daß die Kreditmittel des gesamten deutschen Banksytems prinzipiell auf die Hypothezierung und Lombardierung unbeweglichen und beweglichen Vermögens gerichtet sind, was mit dem eigentlichen Bankgeschäft

 

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überhaupt nichts mehr zu tun hat, so dass für die Umsatzfinanzierung im Diskont­wege nur noch wenig übrig bleibt. Gleichzeitig hat diese Zerstörung des Güterumlaufs die ge­samte Wirtschaft unrentabel gemacht, so dass die hypothezierten Betriebe und die lombar­dierten Waren entwertet worden sind, was einer Entwertung aller Kreditunterlagen gleichkommt.

Da somit ein wirklicher innerer Kreditverkehr nicht mehr besteht, sind die Zinssätze, die das Ausland uns auf-zwingt, maßgebend für unser Zinsniveau ge­worden. Nicht mehr der legale Umtauschbedarf eines gesunden Geschäftsmannes entscheidet heute über die Kreditpolitik der Notenbank, sondern die Höhe des von auslän-dischem Wollen abhängigen Devisenpolsters.

 

            Stillhaltung und politische Zinsüberhöhung. — Da die ausländischen Banken diese überhohen Devisenkredite längst zurückgerufen ha­ben, die Rückzahlung aber unmöglich war, mußte in der Stillhaltung ein privates Moratorium gesucht werden, das von den Gegnern akzeptiert wurde, da sonst ein gesetzliches Zahlungsverbot, also ein offener Rechtsbruch erfolgt wäre. Die Macht der Vertrags­gegner bleibt nichtsdesto-weniger diktatorisch: durch die Lücken der Stillhaltung fließen soviel De­visen ab, daß die Bedrohung der Währung permanent bleibt (jz11) und daß von einer restrik­tiven Kreditpolitik im Innern nicht ab­gegangen werden kann. (jz12) Gerade gesunde Firmen müssen phantastische Diskontsätze bezahlen, um mit Schwierigkeiten beste Handels-wechsel in Lohngelder umgetauscht zu bekommen 1). Und das Zinsdiktat

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1)      Insofern dürfte der frühere Reichsbankpräsident Schacht mit seiner Kritik keinesfalls unrecht gehabt haben; als er er klärte:

"Die Mittel der Reichsbank (werden) derart beansprucht, daß für den regulären Warenverkehr, dessen Ausdehnung wir doch alle anstreben, nichts mehr übrig bleibt."

    Vgl. den Brief an den Fraktionsvorsitzenden Dr. Oberfohren nach der Harzburger Tagung.

 

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der ausländischen Geldgeber und der bedrängten Reichsbank hält den Landeszinssatz in Deutsch­end auf einer so exorbitanten Höhe, daß die Millionen von Arbeitskräften, die müßig sind, und die gewaltigen Produktions-kapazitäten für Konsumgüter, die in un­serer leerlaufenden Industrie und Landwirtschaft stecken, nicht zusam-mengebracht werden können. Findet man doch heute nicht deshalb keine rentablen Kapitalanlagen, weil wir alle überreich­lich mit Gütern versorgt sind, sondern weil die Rentabitität nur der reziproke Wert des Zinsni-veaus ist, dieses aber zu hoch liegt. (6)

 

            Einrichtung eines gesunden Kredit­systems inmitten der Krise. — Wäre es heute möglich, inmitten aller Schwierigkeiten ein Kreditsystem mit einlösbaren privaten Zahlungs- und Giromitteln zu schaffen, das dann, um nicht durch Konkurs der Todesstrafe zu verfallen, sich sorgfältig am echten Warenumsatz orientieren müßte und dadurch in Kampf­tellung zu jedem Inflationismus und zu jeder Kreditkorruption treten würde, so wäre auch heute ein Diskontsatz von 2 %  für echte Umsatzkredite an ganz gesunde Firmen möglich. Eine der-artige gesunde private Zahlungsgemeinschaft könnte kurz, aber billig diskontieren. Sie wäre unabhängig von den Devisenkalamitäten des bisherigen Banksystems, denn sie würde alle Zahlungen an Nichtmitglieder, darunter auch die ausländischen Banken, prompt leisten

           

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können, da sie sich auch hinsichtlich der Devisen auf den Umtausch beschränken würde. Die Kürze der Zah-lungsfristen, die sie auch in der Exportfinanzie­rung der Industrie einhalten würde, würden für alle Kredite einer solchen Bank durch häufige Fäl­ligkeiten derartige Rückflüsse erzwingen, daß Eingänge und Ausgänge, sei es in Reichsbanknoten (immer noch dem gesetzlichen Zahlungsmittel), sei es in Devisen oder sei es in eigenen Emissionen, sich stets die Waage halten müßten.

 

            Eine "passive Zahlungsbilanz" kann bei einer derartigen Bank, deren Kundschaft eine "pri­vate Zahlungsgemeinschaft" 1) bildet, nur dann eintreten, wenn an die "Außenwelt", also an die in- und ausländi-schen Nichtmitglieder, langfristige Kredite gegeben werden. Dann wird geliefert und erst nach Monaten oder Jahren bezahlt, während die bei der Fabrikation und Löhnung aas­gegebenen Noten schon nach zehn Tagen zurückkom­men und im Girowege nach weiteren zwei bis drei Wochen spätestens Überweisungsmittel, wie Reichs­bank- oder Postscheckguthaben, abdisponiert werden, wodurch die Liquidität des Instituts sich drohend ver­schlechtert. Nur bei langfristiger Kredit­gewährung ans Ausland können also mehr Devisen abfließen als eingehen, und nur bei langfristiger Kreditgewährung an in­ländische Nichtmitglieder können von einem, derar-tig selbständig arbeitenden Institut mehr Reichs­bank- und Postscheckmittel abfließen, als eingehen. Dabei ist angenommen, daß die Schecks oder Noten

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1)      Fr. Knapp, a. a. O., S. 120: "Die Kunden der Bank bilden sozusagen eine private Zahlgemeinschaft", und S. 121: "Bank­noten (einlösbare) sind Geld einer privaten Gemeinschaft."

 

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eines solchen selbständigen Emissionsinstituts wie alle Schecks durch den Abrechnungsverkehr laufen, wie die schottischen und kanadischen Bank­noten noch heute durch das Clearing, worauf die nicht kompensierte Spitze im Girowege bereitgestellt werden muß.

            Die Schwäche des gegenwärtigen deutschen Kreditsystems. — Die gegenwärtige Lage ist also zu-nächst durch die schwierige Position entstanden, in die die Reichsbank durch die Funktions­trennung zwischen Notenausgabe und Großbank­geschäft geraten ist, und die sich besonders bei dem heldenmütigen, aber unglei-chen Kampfe der Reichs­bank gegen die Devisenhamsterer und nicht abliefern­den Exporteure mit Auslands-filialen gezeigt hat. Diese Situation ist erschwert worden durch die monopoli­stische halbstaatliche Stellung der Reichsbank und die Erklärung der Reichsbanknoten zum gesetzlichen Zahlungsmittel, wodurch sie aufhörten, Banknoten zu sein und anfingen, Bankpapiergeld zu werden. Die Situation ist auf die Spitze getrieben worden, seitdem vermöge der Devisenbewirtschaftung die Einlösungs­pflicht aufgehoben ist, womit die Reichbanknoten den Charakter als Banknoten völlig verloren haben und das deutsche Geldsystem ein anderes geworden ist, obwohl es auf Goldparität steht.

 

            Welches hätte in den letzten Jahren die richtige Kredit- und Reparationspolitik sein müssen? — Die Situation hätte bis 1928, vielleicht noch bis 1931, noch gerettet wer­den können, wenn man sich entschlossen hätte, den bis 1927 verfolgten Weg der Konsolidierung der schwebenden Auslandsverschuldung fortzusetzen, die man mißbräuchlich kontrahiert hatte. Diese

 

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schwebende Auslandsverschuldung war deswegen ein Mißgriff, weil man diese kurzen Gelder, die fast der Notenausgabe entsprechen, nicht kurzfristig auslieh, sondern in wirtschaftlich langfristigen Anlagen (wie­wohl in juristisch kurzfristiger Form) festlegte. Durch diese fristwidrige Anlage, die dem Grundprinzip des Bank-geschäfts strikt widersprach, hat man dem Markt die Devisenüberschüsse zugeführt (es handelt sich um unge-fähr 10 Milliarden Mark), aus denen die Reparationen ohne Exportüberschüsse bezahlt wur­den. Das alles war nur bei Vorhandensein von Bank­noten möglich, die gesetzliches Zahlungsmittel waren, die also kein Disagio bekommen konnten. Hätte man selbständige freie Notenbanken gehabt, die ihr Geschäft verstanden hätten, so hätten diese die angebotenen Auslandsgelder mit Rücksicht auf die Unmöglichkeit einer fristgerechten Anlage abge­lehnt. Hierauf wäre der Diskontsatz wahrscheinlich auf weniger als 2 ½  % gesunken. Die 6 Milliarden neue Kreditoren und Depositen, die den Großbanken seit 1927 überflüssigerweise zugeflossen sind, wären von den Deponenten in Effekten, hauptsächlich fest­verzinsliche, umgewandelt worden, und die Auslands­gelder hätten nur den einen gesunden Weg gehabt, direkt in Form von Anleihen usw. unkündbar der Industrie zuzu-fließen. Die inländischen Einleger der Banken hätten einen starken Anreiz empfunden, Effekten zu kaufen, weil sich die Banken bei einem so niedrigen Diskontsatz geweigert hätten, irgend­welche Zinsen auf Depositen zu vergüten. Die Indu­strie wäre also durch unkündbare Effektenkapitalien finanziert worden und nicht durch Bankdepositen, wie es im größten Masse in Deutschland, England und den Vereinigten Staaten erfolgt ist. Die eingefrorenen

 

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Großbankdebitoren könnten nicht vorhanden sein; die Großbanken, ob mit oder ohne Notenrecht, wären liquide.

 

            Der natürliche Transferschutz. — Das Reich endlich hätte die zur Bezahlung der Reparationen erfor-derlichen Devisen dann am Markt überhaupt nur insoweit erwerben können, als aus den Anleiheerlö­sen Devi-sen angeboten worden wären; darüber hinaus hätte es Reparationsdevisen nicht bekommen kön­nen, denn Einlösbarkeit und private Zah­lungsmittel sind der natürliche Trans­ferschutz, der bei Zwangskurs erst durch inter­nationale Verträge künstlich hergestellt werden muß, bei denen der Schwächere doch immer den Kürzeren zieht. Die Banknoten jeder Bank, einschließlich der Reichsbank, an die sich das Reich etwa mit Erfolg gewandt hätte, wären bei so riesigen Devisenkäufen an Disagio zugrunde gegangen, während die Gold­währung und die privaten Zahlungsmittel aller übrigen Banken gesund und stabil geblieben wären. Bald hätte sich daher keine Bank mehr dazu bereit gefunden, und das Reich hätte objektiv die Reparationszahlungen einstellen müssen, genau analog den Prinzipien des von den Vertragskontrahenten gewoll­ten Dawesplans, während das Wirt-schafts­leben bei niedrigen Zinssätzen und ge­sundem Kreditverkehr weitergegangen wäre. Höchstwahrscheinlich hätte sich ein günsti­gerer Ausweg geboten, da die Reparationszahlungen im Verhältnis zum Volkseinkommen nicht allzu über­höht erscheinen, sofern die nur formal nach Geld strebenden Repara-tionsgläubiger auch bereit gewesen wären, die Zahlung in Form von Waren an­zunehmen und das durch Zoll-senkungen zu be-

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weisen. Denn das niedrige Zinsniveau hätte es er­möglicht, die Arbeitslosigkeit und Krise zu vermeiden, wie man das in Frankreich bis 1931 vorbildlich be­werkstelligt hat. Bei einem niedrigen Zinsniveau hätte man Arbeitsgelegenheit und Konsum durch Arbeiter­beschäftigung gefunden und so das groteske Bild einer Not des Überflusses vermieden. Eine derartige voll­beschäftigte Volkswirtschaft hätte aus Kostendegression so gewal-tige Überschüsse an Kapitalbildung ab­geworfen, daß sich voraussichtlich vermöge eines großen Exportes eines kapitalreichen Landes bei niedrigen fixen Kosten auch die Zahlung der Repa­rationen hätte ermöglichen lassen.

 

            Auch ohne freie Notenbanken hätte man mit Hilfe unseres monopolistischen Systems eine gleiche ge­sunde Kreditpolitik erreichen können, wenn man wenigstens die kurzfristigen Auslandskredite in lang­fristige konsolidiert und dadurch dasselbe niedrige Zinsniveau hergestellt hätte, dem wir schon sehr nahe waren. Aber der damalige Reichsbankpräsident Schacht hat bekanntlich die ungefährlichen un­kündbaren Auslandsanleihen verbieten lassen, wodurch die um so gefährlicheren kurzfristigen Auslandskredite, die eine stete Bedrohung des deut­schen Kredits bildeten, von 2 auf 8 Milliarden in drei Jahren anwuchsen, worauf die unvermeidliche Katastrophe, durch irgendeinen Funken ausgelöst, ausbrach.

 

            Die heutige Krise als Endzustand einer jahrzehntelangen krankhaften Entwick­lung. — Aber diesen ephemeren Irrtum als Ursache der gesamten Kreditschwierigkeiten hinzustellen, hieße den Dingen nicht genü-gend auf den Grund gehen. Nur auf der  Grundlage einer infolge von

 

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Funktionstrennung ihrer Machtmittel beraubten und durch Monopolisierung und Zwangskurs mit Verant­wor-tung für fremdes Tun überlasteten Reichsbank, nur mit Hilfe von Bankpapiergeld, das nicht mehr rein umsatz-orientiert war, konnten einzelne Fehler so ungeheure Ausdehnung und Folgewirkungen erreichen. Nicht allein die akzentuierte Abwendung vom fristgerechten Bankgeschäft, vom Umsatzprinzip, die Schacht i.J. 1927 er-zwang, sondern die durch Zwangskurs und Monopol schon viel länger und tiefer vorberei­tete Abkehr vom Prinzip des Umtauschs un­bequemer in bequeme Zahlungsmittel, m. a. W. die Verschiebung einer volkswirt­schaftlichen Absatzfrage auf das der Phantasie allzuviel Spielraum lassende "Kredit"gebiet im mo­dernen miß-verständlichen Sinne der "Schöpfung" ist als der erste Grundfehler des gegenwärtigen deut­schen Kreditsys-

tems zu bezeichnen 1). Seine verhäng­nisvollste Auswirkung ist die Strangulierung des regu­lären Warenver-kehrs, die die Entwertung aller nun unverkäuflichen Kreditunterlagen nach sich zog, und die Abhängigkeit vom Auslande, die die Lösung der deutschen Bankfrage zu einer nationalpolitischen Aufgabe ersten Ranges gemacht hat.

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1)      Vgl. S. 105—106.

 

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2. ÜBERSPANNUNG DES DEPOSITEN­WESENS UND DIE ILLIQUIDITÄT

UND ÜBERLASTUNG DER BANKEN

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            Die  zweite  Fehlergruppe: Die Über­spannung des Depositenwesens. —  Auf dieser Grundlage konnte sich eine zweite Gruppe von Mißständen entwickeln: Die Übertreibung des Depositenwesens und die Illiquidi-tät der deut­schen Banken. Ich habe schon im September 1930 in meinem Buche "Arbeitslosigkeit und Kapi­tal-bildung, zugleich ein bankpolitisches Programm zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise", lange vor Aus­bruch der akuten Schwierigkeiten des 13. Juli 1931, die mangelnde Liquidität des deutschen Bankwesens ziffern-mäßig nachgewiesen und diese schwere Erkrankung des Banksystems als eine der Haupt­ursachen der großen Wirtschaftskrise hingestellt, eine Ansicht, die, damals verlacht, heute Allgemeingut ist, waren doch damals alle Blätter voll von den günstigen, leider nur formalen Liquiditäts­ziffern der deutschen Banken 1) 2).

 

            Tiefgreifende Veränderung des Depo­sitenwesens seit der Vorkriegszeit. — Vor dem Kriege hatten die deutschen Großbanken einen

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1)      Sogar F. Somary, der Verfasser der in Deutschland meistgebrauchten "Bankpolitik", erwähnt in seinem Ende 1930 in zweiter Auflage erschienenen Buch mit keinem Worte diese fundamentale Veränderung des Systems, rühmt dieses vielmehr noch (November 1930 datiert).

2)      Wie könnte man sonst eine zureichende Erklärung dafür finden, daß gerade die Länder von der Krise relativ verschont blieben, die ihr Kreditsystem in Ordnung zu halten verstanden!

 

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Depositen- und Kreditorenbestand von etwa 6 Milliarden 1), im Jahre 1930 von etwa 12 Milliarden. Nach Prion betrugen die Bilanzpositionen Kontokorrent-Debitoren, Wechsel, Lombards und Warenvorschüsse, die vor dem Kriege 8 - 9 Milliarden ausgemacht haben mögen, am 30. Juni 1928 19,4 Milliarden, und 1930 über 22 Milliar-den Reichsmark. Auch unter Berück­sichtigung der Geldentwertung ergibt sich also eine reichliche Verdoppe-lung 2). Daß dies kein Zei­chen des Aufschwunges und des Wohlstandes war, wie man vielfach glaubte, sondern ein Gefahren­symptom, lehrt die Betrachtung der französischen Banken: Hier sind die Ziffern vor dem Kriege und nach 1927 dieselben geblieben; eine Steigerung ist nicht eingetreten 3). — Auf der Passivseite war dieses ganze System auf Kurzfristigkeit aufgebaut; fast die gesamten Gelder konnten ohne Kündigungsfrist oder nach wenigen Tagen oder Wochen zurückgefordert werden. So geartete Gelder hätten eine Anlagepolitik

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1)      Einschließlich auch damals der inzwischen fusionierten Institute, vgl. die Ziffernangaben in meinem erwähnten Buche,

2)      Dasselbe ergibt sich aus den inzwischen veröffentlichten Ziffern des Konjunkturinstituts (2. Beilage zum Wochenbericht vom 23. 9. 31); hier sind die Wechselkredite und die Schatz­wechsel einbezogen, die jedoch an dem Gesamtbild nichts ändern. Es betrugen in Milliarden Mark die

                                                1913    1930

Wechselkredite                         7,2         8,7

Schatzwechsel                          0,4         1,6

Bankkredite                              10,0     18,9

Auslandskredite (nur direkte)    —,—     2,0

17,6     31,2

3)      Erst in der letzten Zeit, seitdem die Bank von Frank­reich von ihrer traditionellen Politik niedriger Zinssätze ab­gewichen ist. beobachtet man eine Erhöhung der Depositen, aber nicht der Ausleihungen; man wird sich in Frankreich zu hüten haben, ebenfalls der Depositenkrankheit zu verfallen.

 

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erfordert, die die Rückrufung  der Außenstände in wenigen Tagen oder Wochen ermöglicht hätte.

 

            Einzig gesunde Anlagemögliehkeit für kurze Gelder. — Nun gibt es in der Wirtschaft nur einen Weg, Gelder in wirklich kurz­fristiger, sich selbst liquidierender Weise anzulegen: das ist der echte Wa­ren-Umschlagskredit, die Finanzierung von Waren, die zwar vom Fabrikanten bereits verkauft sind (sonst würde es sich um den spekulativen Waren­lombard handeln), die aber noch nicht in die Hand des letzten Verbrauchers übergegangen sind, weil erst noch die Zeit der Verfrachtung und des Absatzes über­brückt werden soll. Der Umfang dieser einzig ge­sunden Anlagemöglichkeit für kurzfristige Gelder hängt nun aber nicht von dem Willen der Bankiers ab, sondern allein von dem tatsäch­lichen Güterumschlag; nur soviele Gelder kurzfristiger Natur kann man also fristgerecht an­legen, als der Güterumschlag erlaubt; darüber hinaus bleibt nur die illiquide Anlage in Bauten, Fabriken usw. (jz13)

 

            Wie groß war nun dieser Finanzierungsbedarf des einfachen Güterumschlages? Bestimmt nicht größer als vor dem Kriege, hatte sich doch der Gebietsumfang verkleinert und war dazu noch eine erhebliche Ratio­nalisierung der Lagerhaltung und der Verkehrsmittel eingetreten. Vor dem Kriege hatten aber etwa acht Milliar-den Mark in Deutschland (im Vergleich zu etwa 6 Milliarden in Frankreich) ausgereicht, um die­sen Umsatz zu finanzieren. Nach dem Kriege konnte der Güterumschlag also kaum einen höheren Gesamtkredit, als (unter Berücksichtigung der Geldentwertung) von 10 Milliarden R M, zu-

 

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lassen, wovon etwa 5 Milliarden auf die Großbanken entfallen konnten. Alles, was darüber hinausging, mußte also illiquide angelegt sein.

 

            Nachweis der lange vorhandenen Illiquidität. — Schon aus diesem Indizienbeweis, zu dem man ge-zwungen ist, weil es direkte Ziffern über die Zusammensetzung der Debitoren nicht gibt, ergibt sich also, daß die Hälfte der Großbankkredite und auch die Hälfte der als kurzfristige Vor­schüsse in den Bilanzen der übrigen Kreditanstalten aufgeführten Kredite, zusammen über 10 Mil­liarden RM., in illiquiden, wesentlich langfristigen Industrieanlagen festge­legt sein mußten. Diese Berechnung hat inzwi­schen eine ebenso völlige wie traurige Rechtfertigung durch die Tatsachen erfahren.

 

            Unterentwicklung des Effektenwesens als Spiegelbild der Überentwieklung des Depositenwesens. — Die langfristige Festlegung täglich fälliger Depositen geschah auf Kosten der­jenigen Finanzierungsmittel, de-nen eigentlich die langfristige Finanzierung allein zukommt. Das Institut für Konjunkturforschung (2. Beilage zum Wochenbericht vom 23. September 1931) hat darüber eindrucksvolle Ziffern veröffentlicht. Während die Gesamtverschuldung in Deutschland 1913  117,5 Milliarden M. betrug, von denen 99,9 langfristig und nur 17,6 Milliarden kurzfristi­ger Natur waren, standen 1930  58,6 Milliarden Reichsmark Langkrediten nicht weniger als 31,2 Mil­liarden Kurzkredite gegenüber. Das Verhältnis der kurzfristigen Kredite zu den lang­fristigen ist also von 17 % auf über 54 % gestiegen. Die gewaltige Überentwicklung des De-

 

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positenwesens, die sich darin unwiderleglich offen­bart, findet ihre Parallele in der Unterentwicklung des Effektenwesens, indem die Effektenfinan­zierung von 85 % der Gesamtfinanzie­rung auf etwa 65 % zurück-gegangen ist. Eines schlagenderen Beweises für die Mängel unse­res heutigen Depositensystems bedarf es nicht; wir werden daher nicht davon ablassen, die so oft übersehene fundamentale Veränderung unseres Kredit­wesens im Vergleich zur Vorkriegszeit zu der zweiten Grundlage unserer Kritik zu machen.

 

            Das deutsche Bankwesen als verkapp­tes Hypothekenbanksystem. — Das deutsche Bankwesen ist also, von der Öffentlichkeit unbemerkt, im Verlaufe der letzten fünf Jahre zu einem ver­kappten Hypothekenbank-system geworden. Was wir seit Jahren in Polen und in den Balkanstaaten mit Erstaunen und Entsetzen beob-achten konnten, was ich schon 1930 als warnendes Beispiel aufgezeigt hatte, ist nun auch in Deutschland zur Tatsache ge­worden:

 

"Ein drastisches Beispiel von der Wichtig­keit des Umsatzkredits liefern die gegenwärtigen Zu­stände in Polen. Hier ist es immer noch gang und gäbe, mit Wechseln bis herunter zu zwei Zloty (etwa 1,50 M.) im Detailhandel zu zahlen. Die Zinssätze für Wechseldiskont betragen 24 bis 48 %, da die Bank Polski mit illiquidem Wechselmaterial übersättigt ist. Sie kann kaum noch diskontieren, weil sie ihre ge­samten Mittel für Prolongationen braucht. Lohngel­der sind schwer erhältlich, der reibungslose Aus­tausch der Güter vermittels des Geldes ist stellenweise zur Unmöglichkeit geworden. Hier ist das Ex­trem erreicht: Die Notenbank ist sozu­sagen zur Hypothekenbank geworden,

 

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die langfristig ausgeliehen hat; es fehlt also eine eigentliche Notenbank im schottischen Sinne, die den Austausch organisieren könnte 1)."

 

            Wenn die Depositengroßbanken eine Art verkapp­ter Hypothekenbanken geworden sind, indem sie vor­wiegend langfristige Kredite verwalten, so treiben sie zugleich eine Art unlauteren Wettbewerbs gegen die eigentlichen Hypothekenbanken. Sie wollen die Vor­teile des langfristigen Kredits einheimsen, ohne sich der Lasten dieses Geschäfts zu unterziehen, ohne sich all den Beschränkungen zu unterwerfen, die etwa das Hypothekenbankgesetz für langfristige Kreditgewährungen vorgeschrieben hat: Fristengleichheit zwischen Aktiv- und Passivgeschäft, Mittelbeschaffung durch unkündbare Pfand­briefe, nicht aber durch jederzeit fällige Depo­siten usw. —

 

            Restriktive Folgen des Systems der un­erfüllbaren Verträge. — Diese langfristige Be­tätigung der deutschen Großbanken (wiewohl in der Rechtsform kurzfristiger Vorschüsse) hat einem Sy­stem der Vertrags-brüche Tür und Tor geöffnet, indem man im Notfall niemals erfüllen konnte. Rechts­formen und Anstalten (eben das Effektenwesen und die Pfandbriefinstitute) standen zur Verfügung, die dasselbe langfristige Geschäft in voller Vertragstreue bis heute verwalten konnten, weil sie nie mehr ver­sprochen haben, als sie halten konn-ten: Wohl laufende Zinszahlung, aber Rückzah­lung erst bei Fälligkeit. Aber sie wurden viel zu wenig benutzt. (jz14)

 

            Die unhaltbare und verlustbringende

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1)      Vgl. meine (Arbeit? Oder: Mein Buch? – J.Z.) "Arbeitslosigkeit und Kapitalbildung, zugleich ein bankpolitisches Programm...", S. 144.

 

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Situation, in die dieses "verkappte Hypotheken­banksystem" geraten ist, hat aber noch viel weiter­gehende Folgen: Sie zwingt die Banken, sich fast ausschließlich mit ihren alten Krediten zu beschäf­tigen. Die Bank-direktoren sind durch soviel Sorgen vor Verlust und Regreß mit diesen alten Posten ver­bunden, müssen fort-gesetzt mit ihren Schuldnern kon­ferieren, eilen von einer Sitzung zur Rettung des Kre­dits A in weitere Sitzungen zur Rettung der Kredite B, C, D usw., daß ihnen für neue Geschäfte weder Zeit noch Neigung verbleibt.

            "Sie sind daher bemüht, alle neuen Geschäfte, und seien sie auch noch so gesund, zu vermeiden; ebenso wie ein Kranker nicht gewillt ist, Spaziergänge zu machen. Die normale Funktion der täglich neuen Kre­ditgewährung zu Zwecken des täglich laufenden Güterumsatzes der Wirtschaft wird daher nur unzulänglich oder gar nicht wahrgenommen. Es fehlt also eigentlich ein Umsatzkredit- und Notenbanksystem, das immer neben dem Hypothekenbank­system vorhanden sein muß. Dieser Mangel dokumentiert sich heute durch die überhöhten Zins­sätze, die zu der wirklichen Rentabilität der Wirt­schaft in keinem Verhältnis stehen 1) 2)."

 

            Versuche, die irrtümliche Bankpolitik als normales und richtiges System hin-

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1)      Vgl. meinen Aufsatz "Wege der deutschen Wirtschafts­politik", in der Europ. Revue, November 1931.

2)      Man beachte auch die überaus bedenkliche Ziffer: Sen­kung der Großbank-Kreditoren von fast 12 auf 7 ½ Milliarden im Jahre 1931, die beweist, daß der echte Umsatzkredit heute sehr vernachlässigt wird, denn er allein konnte eingeschränkt bzw. auf die Reichsbank übertragen werden, während die illi­quiden Ausleihungen unverminderbar sind (die Debitoren blieben gleichzeitig fast unverändert). Vgl. auch S. 154. Die Großbanken sind also auch danach weitgehend Trusts geworden.

 

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zustellen. — Die Ungesundheit dieses Zustandes einzugestehen, würde ein hohes Mass von Selbst­erkenntnis und Bekennermut auf seiten Derer vor­aussetzen, die diese Lage herbeigeführt haben. Da dieser Mut fehlt und man nicht gewillt ist, die per­sönlichen Konsequenzen zu ziehen, hat man nicht ohne Erfolg versucht, diese verfehlte Bank­politik als richtig, normal und selbst­verständlich hinzustellen und diejenigen als Utopisten zu bezeichnen, die eine andere Führung der Bankgeschäfte überhaupt für möglich, geschweige denn für notwendig erklären. Diese von Interessenten warm unterstützte bankpolitische Irrlehre tritt in einer extremen und in einer maßvollen Fassung auf; wir werden uns darauf beschränken, die maßvolle Fassung an Hand des Berichts der National City Bank of New York vom November 1931 kurz zu streifen. Diese zweitgrößte Bank der Welt gibt er­freulicherweise die tiefgreifende Veränderung im Bankgeschäft schon in der Überschrift zu: "Changed Trends in Banking" (S. 167). Wir lesen da:

 

"Von besonderer Bedeutung ist in den letzten Jahren die Tendenz des Bankkredits gewesen, die Form von Krediten und Effektenanlagen anzunehmen, die nicht rediskontierbar sind. ... Der Prozentsatz des rediskontfähigen Wechselmaterials im Verhältnis zu den gesamten Aktiven bei den National-Banken ist vom 30. Juni 1923 bis zum 30. Juni 1931 von 16,5 auf 7,8 % gefallen ... Die Veränderun­gen in den Effektenanlagen waren ähnlich fern von Liquidität ..."

 

Nun folgt aber der Versuch, diese Politik zu verteidigen:

 

"Zum grossen Teile stand es nicht in der Macht der Banken, diese Verminderung des rediskontfähigen Materials zu verhindern (has been outside of their control). Die

 

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verfügbare Menge solcher sich selbst liquidierenden Wechsel, die auf Warenumsätzen beruhen, sank in dem Maße, wie die Firmen mehr zur Finanzierung durch Obligationenausgabe übergingen und damit Bankkredite zurückzahlten, und sank weiter in Ver­folg der Depression. ... Aus solchen Gründen bilden die letzten Jahre eine Periode sinkender Liquidität. ... Unzweifelhaft war der einzige Grund, warum die Provinzbanken nichts gegen diese Lage getan haben, der, daß sie nichts tun konnten, denn der Preissturz der Baumwolle auf 5 Cts. und des Weizens auf 30 Cts. war ein unlösbares Problem für sie. ... So besteht an vielen Plätzen ein eingefrorener Zustand des Bankkredits, womit lediglich (!) gesagt sein soll, daß ein übergroßer Teil ihrer an sich gesunden Aktiven nicht über Nacht in Kasse verwan­delt werden kann. ... Die Schwäche der Situation infolge des Mangels an Liquidität ist be­sonders offenkundig geworden durch die Unfähigkeit auch der solventen Banken, gesunde Kreditnachfrage ausreichend zu befriedigen, da sie sich auf ihre Aktiva nicht genügend flüssige Mittel beschaffen konnten, und durch die Effektenverkäufe der Banken, die zu immer weiteren Entwertungen und Verlusten führten..."

 

            Kritik dieser Irrlehren. — Hiergegen ist zu sagen, daß eine richtig geleitete Bank in dem Augen­blick, in dem sie selbstliquidierende Anlagen in Um­satzvorschüssen nicht mehr finden kann, ihren Ein­legern erklären muß, daß sie keine liquide Verwen­dung mehr für Gelder hat. Sie tut das, indem sie ihren Depositenzinssatz soweit herabsetzt, bis der Zu­strom weiterer Depositen unterbleibt. Sie macht dann scheinbar den "gewaltigen Aufschwung" nicht mit,

 

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den die falsch geleiteten Banken um sie herum er­leben, aber sie bleibt inmitten der folgenden Krise gesund und erwirbt ein Vertrauen durch ihre Vor­sicht, dessen Vorteile diese scheinbaren Nachteile weit überwiegen werden.

Man wird mir entgegen­halten, daß damit das Problem ja nicht gelöst sei, in­dem diese Gelder doch irgendwie Anlage finden müs­sen. Das ist richtig; die Deponenten der Banken wer­den sich dann eben zu entscheiden haben, ob sie ihr Geld zinslos bei der Bank stehen lassen wollen, oder ob sie Effekten kaufen, auf die jeder-zeitige Abruf­barkeit also verzichten, dafür aber eine gute Verzin­sung haben wollen.

Die Erfahrung hat gezeigt, daß sie für alle entbehrlichen Beträge den letzteren Weg vorziehen werden. Volkswirtschaftlich bleibt dann alles beim alten, nur kaufen nicht die Banken die Effekten 1), sondern die Bankkunden; oder für deutsche Verhältnisse abgewandelt: es sind nicht die Banken, die industrielle Anlage-Kapitalien aus kurzfristigen Mitteln finanzieren, sondern es ist das breite Publikum, das diese Kapita­lien durch seinen unmittelbaren Wert­papierbesitz  finanziert. (jz15)

 

            Das Rückversicherungsprinzip im Bank­wesen. — Die Folgen dieser andern Bankpolitik sind sehr weitreichende: Der direkte Effektenbesitz der Bankkunden bedeutet dasselbe für die Banken, was die Rück-versicherung für das Versicherungsgewerbe bedeutet 2): Alle großen Delkredere- und Liquiditäts-

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1)      Die Mittel der amerikanischen Banken sind zu 67 % in Effekten und Effektenbeleihungen festgelegt, vgl. op. cit. S. 135.

2)      Vgl. mein demnächst erscheinendes Buch "Bankpolitik", Jena, Gustav Fischer.(J.Z.: Erschien dieses Buch wirklich damals noch oder erst nach dem 2. Weltkriege? – J.Z., 28.6.05.)

 

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Risiken, die für Banken und Versicherungsgesellschaften gleichermaßen untragbar sind, werden den Kunden direkt aufgeladen; keine unerfüllbaren Terminverpflichtungen brauchen übernommen zu werden, niemand braucht zu er- klären, er wolle täglich zurückzahlen, er könne es aber nicht, da er die Gelder langfristig angelegt habe; und, was das wichtigste ist, eine durchgreifend Zinssenkung resultiert aus einer solchen Ablehnung nicht fristgerecht anleg-barer Gelder: Die Banken haben nur begrenzte Anlagemöglichkeit; sie werden durch die Konkurrenz gezwungen, zu zwei oder drei Prozent zu diskontieren, und sie können das, weil sie Passivzinsen überhaupt nicht bezahlen; ihr Diskont sinkt also zu einer Manipulationsgebühr herab für den so sehr wichtigen Umtauschakt, von dem die Rede war. (jz16) Dieses niedrige Diskontniveau senkt aber zwangsläufig den Landeszinssatz für langfristig Gelder auf 5 - 4 %, ja auf 3 ½ %, so daß dann Hypotheken und langfristige Anleihen zu billigen Sätzen erhältlich sind. Damit ist aber das Problem der Zusammenbringung der arbeitslosen Menschenmassen und der unverkäuflichen Konsumgütermassen gelöst denn dies ist, wie wir feststellten, in weitem Maß nur ein Problem des Zinses (7), der Rentabilität.

 

            Widerlegung der Rechtfertigungsversuche. — Es ist also gar nicht einzusehen warum die Entwicklung, von der die National City Bank spricht, zwangsläufig gewesen sein soll Allerdings würde der richtig eingestellte Bankier - und erfreulicherweise gibt es in den Vereinigten Staaten noch eine große Anzahl von solchen — in den ersten Jahren gewisse Nachteile zu erdulden gehabt haben, indem er an Geschäftsumfang hinter der kurz-

 

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sichtigen Konkurrenz zurückgeblieben wäre. Aber ist das nicht überall der Fall, wo die Konkurrenz Dumm­heiten macht? Ist es notwendig, daß ich nach­springe, wenn einige Leute neben mir ins Wasser springen? —

 

            Und was das "unlösbare" Problem des Preissturzes von Baumwolle, Weizen usw. an­geht, das die Banken angeblich unschuldig an den Rand des Abgrundes gebracht hat: Seit wann ist es Aufgabe der Banken, Waren zu lombardieren? Haben die amerikanischen Banken etwa an den Warenvor­schüssen verloren, die nur die Finan-zierung schon verkaufter Ware, also von Verkaufserlösen, be­deuteten? Haben sie nicht vielmehr an immer wach­senden Beleihungen unverkaufter, ja unverkäuflicher Ware verloren, die, wie alle größeren Lombardtrans­aktionen, doch nur der spekulativen Hochhal­tung der Preise dienten, aber niemals dem Umtausch unbequemer Verkaufs-erlöse in bequemere Zahlungsmittel? Der Preis­sturz hätte nie diese ungeheuren Ausmaße annehmen können, wenn man nicht eine viel zu große Produk­tion aufgebaut hätte, die nur rentabel schien, weil die an sich unverwertbaren Waren einen glatten "Absatz" in den Lombardspeichern fanden; und die Banken würden heute gesund dastehen, wenn sie nicht diese Weizen- und Baumwollspekulationen mit anvertrau­ten Depositengeldern unterstützt hätten, anstatt der­artiges denjenigen kapitalkräftigen Spekulanten zu überlassen, die gerne Geld verlieren wollten. Die Banken sind also keineswegs Opfer einer Preisentwicklung geworden, für die sie nicht konnten, sondern sie haben auch im Lombardkredit die gesun­den Grundsätze des Bankgeschäfts verlassen und da -

 

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durch diese Preisentwicklung selbst herbeigeführt, die sie jetzt in ihrer Existenz bedroht.

 

            Das Vorbild des französischen Bank­systems. — Der Versuch, eine bankpolitische Irr­lehre zu rechtfer-tigen, muß also als fehlgeschla­gen gelten. Das zeigt sich noch klarer bei der Be­trachtung des französischen Banksystems, das ein Vorbild für uns sein muß, weil es als ein­zigstes bis 1931 die Vereinigung der produzierten Waren mit den vorhandenen Menschenmassen ge­leistet, die Arbeitslosigkeit also im wesentlichen ver­mieden, seine Gesundheit behauptet und ein niedriges Zinsniveau gesichert hat 1). In Frankreich gibt es keine großen Sparkassen und öffentlich-rechtlichen Banken mit kurzfristigem Geschäft; die Depositen konzentrieren sich also viel mehr als in Deutschland bei den vier Depositengroßbanken 2). Und trotzdem belaufen sich die Depositen und Kreditoren insgesamt nur auf rund 6 Milliarden Reichsmark, das ist unter Berücksichtigung der gesunkenen Kaufkraft des Geldes weniger als vor dem Kriege, aber auch nur einhalb soviel, wie der Depositenbestand der deutschen Banken für kurzfristigen Kredit i. J. 1930, selbst wenn man die geringe Bevölkerungs­zahl veranschlagt. Die französischen Depositengroßbanken müssen demnach ihre Ausleihungen tat­sächlich auf die Finanzierung des Güter­umschlages beschränkt haben; sie erfreuen

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1)      Vgl. meine Schrift "Arbeitslosigkeit und Kapitalbildung", Jena 1930, S. 127: "Frankreich als Beispiel: Ein Land ohne Arbeitslosigkeit."

2)      Crédit Lyonnais, Comptoir National, Société Générale pour fav., Crédit Commercial.

 

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sich einer glänzenden Liquidität und haben ihre gesamte Stoßkraft verfügbar, nicht um Rettungsaktionen an alten eingefrorenen Krediten zu versuchen, sonderm um durch Umtausch unbequemer Zahlungsmittel in bequeme den gesunden, täglich sich erneuernden Güterumschlag billigst zu finanzieren. Hier liegt wahrscheinlich die Wurzel des erstaunlichen Phänomens, daß Frank­eich unter den großen Industrieländern der Welt das einzigste ist, das von Arbeitslosigkeit und Krise relativ verschont geblieben ist.

 

            Beispielgebende Zins- und Depositenpolitik der französischen Depositengrossbanken. — Dieser für unsere Begriffe niedrige Depositenbestand erklärt sich daraus, daß man in Frank­eich schon vor Jahren die Abhän-gigkeit vom ausländischen Zinsniveau abgeschüttelt und das Zinsniveau auf dem gekennzeichneten Wege stärk-stens gesenkt hat. Heute wie vor dem Kriege werden von den französischen Großbanken praktisch keine Zinsen vergütet, denn wenn selbst hier und da ½  - 1 % Kreditzinsen gezahlt werden, so belastet man doch stets am Ende des Halbjahres so­viel Provisionen und Spesen, daß die Konten als prak­tisch zinslos angesehen werden können. In Frankreich ist also jeder Sparer gezwungen, Pfand­briefe und andere Effekten zu kaufen, wenn er Zinsertrag von seinen Erspar­nissen zu haben wünscht. Die krankhafte Überentwicklung des verzinslichen Depositenwesens ist also in Frankreich nicht vorhanden: Wer über­haupt Zinsen haben will, muß sein Bankguthaben in Effekten ver-wandeln; so sind die gesamten Bank­depositen des Landes nicht größer, als der Bedarf an

 

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echtem Umschlagskredit. Alle echten Ersparnisse werden sozusagen zwangsläung in Effekten angelegt, so daß ein großes Angebot echten langfristigen Spar­kapitals bemerkbar ist. Die ungesunde schwebende Verschuldung besteht nicht, die Rückversicherung der Banken durch den direkten Effektenbesitz der Klein­kapitalisten ist verwirklicht. Die Hauptsache aber scheint uns zu sein, daß solchermaßen eine vorzüg­liche Bankenliquidität gesichert ist, die den Kreditinstituten im neuen Umtauschgeschäft, in der Finanzierung des täglichen Warenumsatzes der Wirt­schaft eine bei uns nicht mehr bekannte Schlagkraft verleiht.

 

            Ungesunde Überspannung des Deposi­tenwesens auch in der Krise von 1857. — Die ungesunde Über-spannung des Depositenwesens, die wir hier als den zweiten Hauptfehler des deut­schen Kreditsystems gebrand-markt haben, hat schon in früheren Krisen ihre zerstörende Kraft bewiesen, wie man besonders an der Krise von 1857 sehen kann, die die furchtbarste in der neueren Geschichte gewesen ist und erstaunliche Parallelen zu der gegen­wärtigen in Fülle bietet. Kein Geringerer als Albert Schäffle schrieb 1858 im Resümée seiner Untersuchun­gen über diese Krise (Wien 1858):

" ... Im Bankwesen hat sich vielmehr als das gefährlichste Element das festverzinsliche, zu gewagter Anlage in Diskont und Darlehn treibende Depositum von kurzer Kündigung erwiesen. Nicht als imaginäres, sondern als höchst reelles Kapital entflieht es den Banken gerade in der Not, sobald der leiseste Hauch des Mißtrauens weht. Die in der letzten Krisis vorgekommenen Bankruns sind fast ausschließlich von Depositengläubigern aus­geführt worden. Für England z. B. verweisen wir in

 

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dieser Beziehung auf die Aussagen des englischen Schatzkanzlers. Schon vor Ausbruch der Krisis haben wir in diesen Blättern auf das verzinsliche Depositum hingewiesen als auf das gefährlichste, weil unzuver­lässigste Element der Bankmittel. ... Der Schatz­kanzler erkannte den faulsten Fleck des overbanking in den jeden Augenblick kündbaren (on call) verzins­lichen Depositen. ... Er hatte ohne Zweifel recht, wenn er mit allem Nachdruck darauf hinwies, daß nicht in der Currency (dem Geld- und Notenumlauf), sondern in der neueren, fast schwindligen Entwick­lung des Depositenwesens und in den leichtsinnigen Krediten, welche     mit den so flüssig gemachten Kapi­talien gewährt wurden, also in der Mißverwaltung des eigentlichen Bankgeschäfts, die Hauptmittel der Überreizung des Spekulationsgeistes liegen ..." —

 

Schade nur, daß der heutige englische Schatzkanz­ler den gegenteiligen Standpunkt einnimmt, daß er die Gold-währung aufgibt, wo doch nicht das Gold krank ist, sondern das Depositenwesen, dessen Um­fang in England wieder die schwindlige Höhe des dreifachen dessen erreicht hat, was zur Bewerkstelli­gung des einfachen Güter-umschlags nötig ist! 1) (jz17)

 

            Das Notenmonopol als letzte Ursache der Überentwicklung  des  Depositenwesens. — Die Rück-bildung des Depositenwesens sowohl der Banken als auch der Sparkassen wird also einer der wichtigsten Punkte der deutschen Bankreform sein müssen. Das Mittel dazu wird man aber nicht in der Gesetzgebung sehen müssen, wie man in dieser papier­freudigen Zeit allezeit zuerst anzunehmen geneigt sein wird. Nicht etwa ein gesetzliches Verbot oder eine ge­setzliche Beschränkung der Annahme verzinslicher

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1)      Rund 38 Milliarden RM. Bankbilanzsumme Ende 1931.

 

 

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Depositen, sondern der Rückgriff auf die letz­ten Ursachen der Zinsübersteigerung, in­folge deren erst sich das Depositenwesen so übermäßig entwickeln kann, ist nötig, wenn man die geeignete Therapie finden will.

 

Kehren wir zu unse­rer anfänglichen Betrachtung zurück, die das Bank­wesen aus dem Kompensationsprinzip des Wechsels und die Bankprinzipien aus dem System freier Noten­ausgabe im Sinne eines freien Umtauschs vorhan­dener Kaufpreisforderungen in Lohngelder zu ent­wickeln versuchte, so ergibt sich, daß bei einem derart freien umsatzorientierten Bank­system diese Höhe der Diskontsätze un­möglich ist. Ohne Zwangskurs und Noten­monopol ist diejenige Überhöhung der Zinssätze nicht vorstellbar, auf deren Boden das Depositenwesen allein so un­sinnig wuchern konnte. Denn wenn die Ban­ken zu teuer diskontieren würden, so würden sich beim Fehlen des Noten-monopols sehr bald Diskont­kompanien bilden, die diesen einfachen Umtauschdienst billiger anbieten würden, und wenn die kran­ken Banken nicht weiter könnten und sich eine hohe Verdienstspanne schaffen wollten, um ihre Verluste abschreiben zu können, so würden gesunde Banken da sein, die diese kranken Banken unterbieten und dadurch stürzen würden, zum Heil der Wirtschaft, zum Unglück einiger Interessenten.

 

Man hat jahr­zehntelang das Notenmonopol bekämpft aus dem Ge­sichtspunkt heraus, daß es die Zinssätze verteuert und dadurch den Güterumschlag erschwert. (8) Diese Vor­stellung bedarf nach den heutigen Erfahrungen der Revision. Nicht die Verteuerung des Pfundes But­ter um vielleicht einen halben Pfennig ist entschei­dend, sondern die Wirkung des monopolisti-

 

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schen hohen Diskonts, daß er die Banken in die Lage setzt, hohe Zinsen oder über­haupt Zinsen auf Depositen zu zahlen, wodurch den Banken Gelder zufließen, die nur lang­fristig angelegt, aber doch kurzfristig geschuldet werden, wodurch die Banken zu ungesun­den Finanzierungstrusts werden; wodurch die Rückversicherung der Banken mittels des direk­ten Effektenbesitzes der Kundschaft verhindert wird.

Das Notenmonopol ist daher die letzte Ursache der Überentwicklung des Depo­sitenwesens, (9) die der großen deutschen Banktradition so fern liegt; hier werden sich die Bemü­hungen zu konzentrieren haben, die heute nötig sind, um dieses System abzubauen, um zu gesunden Zu­ständen zurückzukehren. (jz18)

 

            Nicht neue Eingriffe in den Geld- und Kapitalmarkt, sondern Lockerungen der vorhandenen Zwangs-regelungen und Mo­nopole sind nötig. — Man hört jetzt so oft, daß der Geld- und Kapitalmarkt der einzigste von Kar­tellierungen und staatlichen Monopolierungen noch freie Wirtschaftsbereich sei; man fordert daher, man solle doch alle Eingriffe in diesen einzigen Markt mit natürlicher Preisbildung unterlassen, insbeson­dere also Zins-senkungsaktionen. So erklärte eine be­deutende Handelszeitung am 27. Oktober 1931:

 

"Freie Preise, die sich auf der Basis eines unbeschränkten Wettbewerbs gebildet haben, künstlich senken zu wollen, das wäre das Gegenteil der Wirtschaftspolitik, die nach jahrelangen Eingriffen des Staates und pri­-vater Organisationen als wünschenswert erscheint. Geld- und Kapitalmarkt sind aber heute noch die Stellen der Wirtschaft, wo An-

 

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gebot und Nachfrage sich am freiesten ent­falten können, wo die Preise, also die Zinssätze, die Lage am deutlichsten widerspiegeln."

 

Diese Ar­gumentation mutet weltfremd an; auch abgesehen vom Zinskartell der Banken war der Kapital­markt schon bis 1929 zu mehr als 50 % staatlich reglementiert, indem die Mündelsicherheits- und die Anlegungs-vorschriften der großen Kapitalsammelbecken mehr als die Hälfte der deut­schen Kapitalbildung beherrschten 1); inzwischen mag diese Ziffer auf über 80 % gestiegen sein. Und der Geldmarkt ist nie frei gewesen, sondern steht im Zeichen eines Notenbankmonopols, dessen direkte Wirkungen zwar gering, (jz19) dessen indirekte Wirkun-gen aber riesengroß sind, wie wir gezeigt haben. So sind allerdings diejenigen Maßnahmen falsch, die den Zins durch Zwangskonvertierung der Anleihen senken wollen, die dadurch mehr als eine bessere Lastenver­teilung erreichen wollen. Wohl aber sind, wie auf an­dern Kartellgebieten, so auch hier Maßnahmen ins Auge zu fassen, die die freie Wirtschaft und da­mit ein unbeeinflußtes niedriges Preisniveau für ge­sunde Kredite wiederherstellen können.

 

            Abkehr vom Zwangskursregime bedeu­tet Rückkehr zu absoluter Vertragstreue. — Entscheidend bleibt, daß die absolute Ver­tragstreue das Leitmotiv für den Neubau des deutschen Kreditsystems werden muß. Das deutsche Bankwesen und mit ihm seine Glieder, die deutsche Volkswirtschaft, werden nicht eher zur  Gesundheit

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1)      Vgl. den Nachweis in meinem Buche "Die Reform der Mündelsicherheitsbestimmungen und der industrielle Anlage­kredit. Zugleich ein Beitrag zum Erwerbslosenproblem". Jena 1929.

 

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zurückkehren, als bis wieder absolute Fristenstrenge und Vertragserfüllung eingeführt und organisatorisch gesi-chert sind. Prinzipiell dürfen keine Bankpassiva geduldet werden, hinsichtlich derer die Bank mit der Vorstellung spielt:

"Es geht ja vorläufig alles gut, man braucht doch nicht mit dem schlimmsten Fall zu rechnen ... zur Not muß der Staat eingreifen."

 

Diese Vertragstreue wird in der gesündesten Weise wiederhergestellt sein, wenn wir aus dem Regime des mit Zwangskurs ausgestatteten immer inflationisti­schen Bankpapiergeldes zurückkehren zu der umsatz­orientierten Zahlungsgemeinschaft, die private und einlösbare (jz20) Zahlungsmittel benutzt; wenn wir vom, Notenmonopol 1) mit seinen verhängnisvollen indirek­ten Wirkungen, mit seinem hohen Zinsniveau, das die Kapitalgüterindustrien lahmlegt und das Volk ar­beitslos läßt, mit seiner Abhängigkeit vom Auslande, die die nationale Politik unerträglich belastet, zu­rückkehren zu einem freieren Regime der niedrigen Zinssätze, der Wirtschaftsbelebung und der Unabhän­gigkeit, wie wir sie früher hatten.

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1)      Es soll keineswegs behauptet werden, daß das Notenmono­pol in normalen Zeiten nicht vorzüglich arbeiten könnte, insbesondere, wenn seine Beherrscher es so führen, als ob freie  Konkurrenz bestände. (jz21) Aber wir wissen heute, daß unnormale Zeiten viel mehr "normal" zu sein scheinen, als die ruhigen Jahre der Vorkriegszeit. Gerade  in  diesen unruhigen Zeiten kommen die Fehler des Monopols besonders zur Geltung, wenn das Zentralinstitut ohnehin politisch überlastet ist.

 

 

77  (78: leer. 79 & 80: Nur Titelblatt.)


 

 

 

 

 

ZWEITER TEIL

 

DER NEUBAU DES DEUTSCHEN

KREDITSYSTEMS

 

 

1. UMRISS UND AUFGABEN DES NEUEN KREDITSYSTEMS

 

a) Der Umsatzkredit und die Wiederherstellung des Güterkreislaufs.

 

            Die Schaffung einer gesunden Zahlungsgemeinschaft. — Inmitten der Illiquidität und weitgehenden Funktionsunfähigkeit der Banken, inmitten des Systems des Zwangskurses, der Abhängigkeit vom Auslande und der enormen Zins­sätze, die die Wirtschaft lähmen, gilt es, eine gesunde Zahlungsgemeinschaft zu schaffen, die nichts als den einfachen Warenaustausch durch den Um­tausch von Verkaufserlösen in Lohngelder bezweckt, die daher private und akzessorische Zahlungsmittel verwendet, mit denen eine Inflation technisch unmög­lich ist.

            Träger dieser Zahlungsgemeinschaft wird im einfachsten eine der dem Reich nahestehenden Großfilial-banken sein müssen, etwa die Dresdner Bank, die, durch eine Konsolidierungsaktion von allen bedenklichen und illiquiden Debitoren befreit, als einzige völlig gesunde Depositen-Großbank sehr bald eine führende Rolle im deut­schen Kredit zu spielen vermöchte. Sie würde sich auf die Kreditgewährung an die wenigen völlig gesunden Un-ternehmungen zu be­schränken haben, hier aber zu einem ganz niedrigen Zinssatze von weniger als 4 % diskon­tieren können und dadurch einen Ansporn zur Sanierung und Herstellung gesunder Verhältnisse in der gesamten Wirtschaft bieten. Eine offizielle Aufgabe des Systems des Notenmonopols wäre

 

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nicht erforderlich; (jz22) in konsequenter Verwirk-lichung der Prinzipien des ersten Teils würde vielmehr eine schon von Lexis erörterten Ausdehnung des Bereichs des Scheckverkehrs auf einen Teil des heutigen Banknotenverkehrs genügen, um die neue allein gesunde Großbank von der Reichs­bank weitgehend unabhängig zu machen. Die erforderlichen Lohngelder könnten im Rahmen des Scheckgesetzes durch eine besondere Art von einlösbaren (jz23) Verrechnungsschecks ohne Mithilfe der Reichs-bank und unabhängig von auslän­dischen Einflüssen beschafft werden, ohne daß die geringste Inflationsgefahr be-stünde, da diese Schecks jederzeit auf Verlangen in Reichsbankgeld eingelöst werden (jz24) und bei Mißbrauch in Disagio geraten müßten.

Ebensoweit wäre dieses System von dem herrschen­den Deflationssystem entfernt, da Deflation nur bei Noten-monopol möglich ist, diese Einführung des Schecksystems aber eine hinreichende Auflockerung des Monopols bedeutet. (jz25) Die Frage der Quan­tität der zusätzlichen Emission, um die man sich jetzt schon seit Jahr und Tag streitet, wäre gelöst, weil die das Schecksystem betreibenden Ban­ken sich auf die Finanzierung zusätzlicher Warenumsätze (10) beschränken müßten, um nicht in Konkurs zu geraten. Andere Maßstäbe gibt es nicht.

Der Reichsbank würde eine solche Ent­lastung nur erwünscht sein, weil sie die un­erträgliche Überlastung am dringendsten spürt.

Die Einzelheiten dieses hier in wenigen Zügen entworfenen Planes werden im folgenden näher zu ge­stalten sein. Vorher wird es nötig, die Wirksam­keit der neuen Zahlungsgemeinschaft noch einmal grundsätzlich zu beleuchten, ohne Rücksicht auf die

 

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technischen Einzelfragen, ob Dresdner Bank, Danat-Bank oder Deutsche und Diskontogesellschaft, ob Scheck-system oder Notensystem.

 

            Beispiel des Umsatzkredits in der ge­sunden Zahlungsgemeinschaft. — Daß eine derartige von dem Kundenkreis einer guten Bank ge­bildete private Zahlungsgemeinschaft den laufenden Konsumgüteraustausch bewerk­stelligen kann, ist wohl unbestritten und nach den Darlegungen des ersten Teils über die Entstehung des modernen Kreditverkehrs wohl auch kaum zu be­zweifeln. (jz26) Hier bei der Umsatzfinanzierung handelt es sich nur darum, den Erlös der Güterproduktion der Unternehmungen und der Leistungen der Angestell­ten und Arbeiter, die getauscht werden, im Wege eines gemeinschaftlichen Zahlungs- und Verrech­nungsverkehrs gegeneinander zu kompensieren.

 

Der Vorgang spielt sich so ab, daß die Unternehmun­gen erst einmal mit eigenen Kapitalien produzieren und die Arbeiter und Angestellten erst einmal aus früher erhaltenen Mitteln vorleisten müssen, bis bei den einen der Tag des effektiven Verkaufs gegen Ziel und bei den andern der Löhnungstag her­angekommen ist.

Vorher ist ein Bankkredit unzuläs­sig, weil er dann die Produktion ins Blaue hinein ohne Verkaufsmöglichkeiten fördern würde.

Am Verkaufs- bzw. Löhnungstage beginnt die Tätigkeit der Bank; denn an diesem Tage erhält der Firmeninhaber nur Debitoren oder Kundenwechsel als Bezahlung für seine Ware, die beide zur Lohnzahlung ungeeignet sind, während der An­gestellte und Arbeiter sofortige Zahlung erhalten muß. Sache der Bank ist es nun, die Kunden-wechsel zu diskontieren bzw. die neuentstandenen Kaufpreis-

 

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forderungen im Wege des Kontokorrentkredits in Lohngelder, umzutauschen. Um diese Auszahlung leisten zu können, braucht die Bank keine Kredite zu kündigen und auch nicht die Reichsbank zu beanspruchen, sondern nur eigene Noten auszuzahlen oder typisierte Schecks des Firmeninhabers gegen sich gelten zu lassen.

Gibt sie eigene Noten, so tauscht sie bekanntlich nur den unpassend gestückelten und in seiner Bonität schwer nachprüfbaren Wechsel bzw. den Debitor, der zudem noch nicht fällig ist, in einen typisierten, versicherten und sofort fälligen Wechsel um, die sog. Banknote, die ja in den angelsächsischen Ländern noch heute als Wechsel gilt 1).

Der Firmeninhaber zahlt diese Noten als Löhne und Unkosten usw. aus, wodurch sie zu Einkommen in den Hän-den derer werden, denen er sie gibt. Sie werden im Verlaufe der nächsten Lohnperiode zu 90 % in den Läden usw. der Umgebung ausgegeben deren Inhaber sie am nächsten Tage zur Bank bringen, um mit dem so erworbenen Guthaben an ihr Lieferanten zu zahlen. Nach etwa 10 - 12 Tagen is also der Umlauf dieser Noten oder Schecks abgeschlossen; sie werden aber nicht zur Bezahlung etwa in gesetzlichen Zahlungsmitteln vorgelegt, sondern zwecks Erwerb eines Giroguthabens bei dieser oder einer andern Bank. Dieses Giroguthaben wird weitere etwa 14 Tage lang hin und her überwiesen, bis über die lange Kette der Lieferanten und Unterlieferanten die Bezahlung an den ursprünglichen Kreditnehmer erfolgt.

Die Kreditfrist muß nun so bemessen sein, daß dann auch der Bankkredit fällig wird. Die Bank, die die ersten  10 Tage der

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1)      Vgl. Teil I S. 28 ff.

 

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Kreditdauer aus dem Notenumlauf finan­ziert hatte, hat also die letzten 14 Tage hin­durch den Kredit aus Mitteln ihrer erhöhten Giroguthaben weitergewährt. Nun mit der Rückzahlung des Kredits sinken auch die Giroguthaben wieder auf ihren alten Stand; der Kre­dit ist, ohne Gold oder andere gesetzliche Zahlungs­mittel zu beanspruchen, durch Kompensation ausgeglichen; die bequemen Zahlungsmittel (erst die Noten, später die Giroguthaben) sind in die unbequemen Wechsel oder Kontokorrentdebitoren zurückgetauscht worden, die zugleich durch Zahlung erloschen sind. (jz27)

 

So etwa sieht das Muster eines gesun­den, antiinflationistischen Kompensationsverkehrs aus, der nicht schöpfe-rischen Kredit er­zeugen, sondern nur die Verbindung zwi­schen zwei schon vorhandenen Werten herstellen will. (jz28) Dieses Muster ist nichts Neues; Ad. Smith hat es genau beschrieben, und in der Neu­zeit ist es in allen gesunden Ländern verwirklicht gewesen; sogar das Recht der freien Notenausgabe unter einem Normativgesetz besteht noch heute außer in Schottland in Kanada, worauf noch eingegangen werden wird. — (jz29)

 

 

b) Das Schecksystem als Mittel zur Entlastung der Reichsbank.

 

            Freie Banknotenausgabe oder Scheck­system? — Diese einlösbaren Noten, die z. B. auch die Dresdner oder eine andere Bank ausgeben könnte, blicken auf eine große Geschichte zurück, haben aber verschiedene Nachteile, die sie dem nun zu erörtern­den Schecksystem gegenüber unterlegen erscheinen lassen. Einmal ist der deutschen Denkgewohnheit die

 

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Vorstellung einer Banknote, die nicht von der Reichs­bank ausgestellt ist, zumal in Norddeutschland be­denklich neu und ungewohnt. Es wäre besser, wenn man an eine andere wohlbekannte und bei den Groß­banken schon immer im Gebrauch befindliche Er­scheinung anknüpfen könnte, etwa den Scheck.

So­dann hat man mit Recht eingewandt, daß die gegen­wärtigen Bankleiter so wenig zum achtsamen Ge­brauch der Banknote erzogen sind, daß sie womög­lich alte schlechte Positionen durch Notenausgabe zu prolongieren versuchen würden und was dergleichen Mißbräuche mehr sind.

Wenn das auch bei dem sofortigen Rückfluß gar nicht möglich ist, der bei jeder Verwendung der Noten zu andern als Löhnungs­zwecken sich schon am nächsten Tage unan­genehm bemerkbar machen würde, und wenn auch die betreffende Großbank des Reichs, etwa die Dresd­ner, vorher von allen Schlacken gereinigt würde, so ist der Einwand dann beachtlich, wenn man ein Schecksystem hat, das derartige Mißbräuche eigentlich technisch ausschließt.

            Die Auflockerung des Notenmonopols, die hier vor­geschlagen wird, erweckt nach den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte nicht mehr viel Erstaunen. So sagt von Mises (II, S. 406):

 

"Es geht nicht länger an, das Problem der Bankfreiheit als vollkommen erledigt zu betrachten, wie man es wohl seit Jahrzehnten getan hat. Böse Erfahrungen mit Banknoten, die wertlos geworden waren, weil sie nicht eingelöst (11) wurden, haben zur Beschränkung des Notenausgabe­rechts auf einige wenige privi-legierte Anstalten ge­führt. Doch die Erfahrungen, die man mit der staat­lichen Reglementierung des Notenbankwesens ge­macht hat, sind unvergleichlich ungünstiger, als es die waren, die man mit der     Bankfreiheit gemacht

 

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hat. Was bedeuten alle Zusammenbrüche von Noten- und Girobanken, die die Geschichte kennt, wenn man sie dem Ausgang des deutschen Notenbankwesens gegenüberhält? Alles, was gegen das System der Bankfreiheit vorgebracht wurde, verblaßt gegenüber dem, was heute . . . einzuwenden ist."

 

            Das Schecksystem. — Augenblicklich dem Notensystem überlegen ist das Schecksystem 1). Der Fabrikant holt die Lohngelder nicht in Form von Banknoten, sondern er läßt sich einige Packen Scheckformulare von der Bank geben, die sich von den sonst bei derselben Bank üblichen nur dadurch unterscheiden, daß auf ihnen der Betrag in runden Ziffern von 5, 10, 20, 50 RM. usw. sowie die Inhaberklausel bereits vorgedruckt sind. Die Schecks sind zur Ver­rechnung gestellt. Sie werden dem Bankkunden schon bei Abholung auf Konto belastet, obwohl sie zu diesem Zeitpunkte noch einfache Papierstücke sind, denen das wesentlichste fehlt: die Unterschrift des Ausstellers. Diese darf in keiner Weise vor­gedruckt sein. Der Geschäftsinhaber läßt diese For­mulare von den zeichnungsberechtigten Beamten seiner Lohnabteilung unterzeichnen, wodurch sie erst zu gezogenen Schecks werden. Sie kommen dann in die Lohntüten und werden von den Arbeitern genau so zu Zahlungen in den Läden usw. benutzt wie die Papierscheine, die sie an den vorhergehenden Wochen

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1)      Vgl. die alte Darstellung von E. Jaffé; sowie neben den unten zitierten Autoren L. Ehrhard ("Ein Notweg" im Tagebuch v. 1. 8. 31). Kriterium für den Wert all dieser Vorschläge muß sein, ob sich die Autoren über das Wesen des Zwangskurses klar waren oder nicht; fordern sie Zwangskurs, so sind sie inflationistisch.

 

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erhalten haben. Die Typisierung, die das Akzept der Bank ersetzt, sichert die unbedingte Zahlung.

 

            Ein Mißbrauch dieser Einrichtung durch Spe­kulanten scheint schwer vorstellbar. Denn was würde der Spekulant sagen, der von dem Bankier nicht einen Packen Banknoten erhielte, sondern Schecks, die er ziehen soll, wo er doch schon Scheckblocks besitzt? Die Bank würde sich bei der Ausgabe solcher Scheckformulare genau über die Folgen klar sein, denn sie weiß, wann üblicherweise Schecks zur Zahlung zurückkommen; keinerlei mythische Vor­stellungen von "Banknotenumlauf" usw. würden die Klarheit ihres Verantwortungsgefühls benebeln. 

 

            Die Einlösungsfrage würde gelöst sein, denn diese Verrechnungsschecks würden genau wie alle andern Schecks in Reichsbankgiro, oder -Noten, den heutigen gesetzlichen Zahlungsmitteln, einlösbar sein. An den öf-fentlichen Kassen würden diese Schecks wie alle andern Schecks nur "Eingang vorbehalten" angenommen. Eine Schwierigkeit daraus, daß diese Schecks nicht gesetzliche Zahlungs­mittel sind, würde ebensowenig entstehen, wie bei den Rentenbankscheinen, die auch nicht gesetz­liches Zahlungsmittel sind, die also auch keinen Zwangskurs haben.

Überhaupt ist der Ausdruck "ge­setzliches Zahlungsmittel" (= Zwangskurs) irrefüh­rend, denn der Mangel dieser Eigenschaft macht die Zahlungsmittel nicht zu ungesetzlichen. Es müßte vielmehr heißen:

            "Auch bei Unterwertigkeit zum Nennwerte aufzwingbare Zahlungs­mittel";

damit wäre der inflationistische Character der Sache in seiner Nacktheit enthüllt. (jz30)

 

            Die Frage des Notenmonopols würde gar nicht auftauchen, denn eine Verfeinerung des

 

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bargeldlosen Verkehrs kann nicht gegen das Noten­monopol verstoßen.

 

Wenn sich einzelne Fabrikan­ten gegen die Mühe der Unterzeichnung der For­mulare wehren, wenn einzelne Ladenbesitzer die Schecks nicht nehmen wollen, obwohl garantiert ist, daß typisierte Schecks nur ausgegeben werden, wenn Deckung vorhanden ist 1), so mögen sie sich auf den Verkehr mit der Reichsbank beschränken, wenn sie dabei besser fahren; niemand soll gezwungen werden. Auf keinen Fall dürfen diese Schecks vom Reich garantiert oder zum gesetzlichen Zahlungs­mittel erklärt werden; alsdann würden sie nicht mehr im Hinblick auf ihre Umtauschfunktion, son­dern wegen ihres Charakters als Zwangspapiergeld genommen werden; die ihnen anhaftende Bremse, daß sie bei Mißbrauch in Disagio kommen, ist dann un­wirksam, und von diesem Augenblick an wären der­artige Zahlungsmittel inflationistische Zwangsnoten.

 

Ins Disagio kommen, würde bedeuten, daß die Schecks nur noch zu 95 oder 90 % angenommen wer­den, was ihre sofortige Benutzung zu Zahlungen an die Bank veranlaßt, wobei sich alsbald zeigt, ob die Bank Mißbrauch getrie-ben hat und schließen muß, oder nicht.

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1)      Etwaige juristische Unklarheiten würden unschwer zu beseitigen sein, wenn der Wille des Gesetzgebers vorhanden ist, durchzugreifen. Wahrscheinlich müßte das Scheckgesetz insoweit abgeändert werden, als typisierte Schecks den akzep­tierten gleichgestellt würden und vom Minister genehmigt werien könnten; und insoweit, als die Vorlegungsfrist hier auf 35 Tage ausgedehnt würde (5 Tage mehr als eine Gehaltsperiode).Hiermit erweist der Scheck nochmals seine Überlegenheit, denn durch den Ablauf der Frist wäre die Thesaurierung von Schecks unmöglich, die heute das Banknoten­wesen überall bedroht. — Außerdem müßte wahr-scheinlich das Gesetz vom 17. Juli 1922 und die VO. vom 17. Okt. 1931 betr. das Notgeld aufgehoben oder durchlöchert werden. (12)

 

 

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            Eine geschichtliche Erfahrung. — Hören wir nun, was U. v. Beckerath - Berlin in dem Dezember-Bericht der Deutschen Festmarkbank in Berlin sagt. Er schlägt u. a. folgende Änderung des Bankgesetzes vor:

 

Artikel 3 des Gesetzes vom 1. Juni 1909, welcher die Reichsbanknoten zum gesetzlichen Zahlungsmittel erklärte, wird aufgehoben. Der § 2 des Bank­gesetzes vom 14. März 1875 wird wiederhergestellt, welcher lautete:

"Eine Verpflichtung zur Annahme von Bank­noten bei Zahlungen, welche gesetzlich in Geld zu leisten sind, findet nicht statt und kann auch für Staatskassen durch Landesgesetz nicht begründet werden."

 

            Der Beginn seiner Begründung lautet wie folgt:

           

"Wenn man den § 2 des Reichsbankgesetzes vom 14. März 1875 durchliest, so fragt man sich natürlich erstaunt: Wie kommt es, daß unsere Vorfähren eine scheinbar so notwendige Bestimmung wie den Annahmezwang ausdrücklich ablehnten, ja sogar den Bundesstaaten Deutschlands ausdrücklich verboten, innerhalb ihres Gebietes einen Annahmezwang ein­zuführen? Die für unsere Vorfahren sehr ehrende, für    uns aber blamable Antwort lautet: sie wußten, daß ein Zahlungsmittel ohne Annahmezwang beim schlechtesten Willen nicht inflationiert werden kann. Uns Heutigen ist diese Erkenntnis verlorengegangen. Man kann einen Band moderner Volkswirtschaftslehre nach dem andern durchlesen, ohne auch nur eine Spur dieser Erkenntnis zu finden, die doch schon vor hundert Jahren ganz allgemein und auch in den 70er Jahren noch Gemeingut nicht nur der Volkswirtschaftslehre, sondern auch der Praktiker  war.

 

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Eine Reihe schlimmer Inflationen hatte die Erkennt­nis vom Zusammenhang zwischen Annahmezwang und Inflationsgefahr in weite Kreise des Volkes ge­tragen. Die Regierungen mußten im 19. Jahrhundert mit der Aufklärung des Volkes über jenen Zu­sammenhang rechnen. Hierfür ein Beispiel: Als in Österreich durch Kaiserliches Patent vom 1. Juni 1816 eine österreichische Nationalbank gegründet wurde, da mußte der Kaiser versprechen, daß diese National­bank nicht dazu mißbraucht werden sollte, Noten mit Zwangskurs auszugeben. Der Verkehr würde sich sonst wohl geweigert haben, die Noten zu nehmen.

 

            In § 1 der Statuten der österreichischen Nationalbank heißt es daher:

 

'Es soll von nun an nie mehr die Anfertigung eines neuen Papiergeldes mit Zwangs­wert und Zwangsumlauf oder irgendeine Vermehrung des gegenwärtig im Umlauf befindlichen statt­haben.' ..." 1)

 

            Die Urteile eines Bankiers and eines Gelehrten. — Der Bankier Dr. G. Ramin, Berlin-Nikolassee, hat am 30. September 1931 in der Deutschen Bergwerkszeitung einen derartigen Vor­schlag veröffentlicht, der leider mißverstanden wor­den ist, weil man glaubte, es handelte sich um die zusätzliche Ausgabe von Zwangskursnoten, also um Inflation, während doch feststeht, daß Dr. Ramin nur akzessorische, daher anti-inflationistische Zahlungs­mittel schaffen wollte. Diese können nur das Va­kuum ausfüllen, das eingetreten ist, indem gerade gesunde neue Umschlagskredite nicht mehr gewährt werden, weil die gesunden Firmen die einzigen Opfer sind, an denen sich ein Debitorenabbau vollziehen

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            1) Über die Unmöglichkeit der Inflation bei Abwesenheit des Annahmezwanges vgl. den besonderen Teil unten S. 139.

 

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läßt, wenn die kranken Firmen sich unfähig zeigen, zu zahlen oder mit Konkursandrohungen weitere Kredite er-pressen. Ramin bezieht sich zuerst auf Prof. Lexis, den langjährigen Berater der Reichsbank, der diesen Fragen in seiner "Allg. Volkswirt­schaftslehre" (1913), S. 120 ff., ein Kapitel widmete. Lexis sagt unter der Überschrift "Theoretisch mögliche Ausschaltung des Barverkehrs" u. a. folgendes:

 

"Für die rein theoretische Betrach­tung ist es denkbar, daß durch die volle Ausbildung des Schecksystems die Barzahlung überhaupt ausgeschaltet würde. Das Grundschema des Güterum­satzes wäre dann einfach folgendes: Eine Personen­gruppe A. hat Waren an eine Gruppe C. verkauft und ist mit Schecks auf die gemeinsame Bank bezahlt worden, deren Beträge ihnen bei dieser gutgeschrie­ben werden. Die A. kaufen nun Waren bei der Gruppe B. und zahlen ihrerseits mit Schecks auf ihr Gut­haben, die Gruppe B. kauft wieder gegen Schecks von den C, die nun ihr Bankguthaben wieder auffüllen können, soweit der Kreislauf von neuem beginnt. Alle Schecks aber lauten auf Geld, und die Geld­einheit würde auch bei diesem System das allgemeine Wertmaß bleiben. Die Bank wäre nur eine Anstalt für die Vermittlung des Güterumlaufs, die Grundlage ihrer Operationen würde nicht etwa eine Summe in Schecks sein — denn die eingehenden Schecks wür­den ja sofort durch Überschreibung verschwinden —, sondern durch die Gesamtsumme der als stets fällige Depositen gutgeschriebenen Forderungen der Konteninhaber gegeben sein. Der reale Wert dieser Förderungen aber würde durch die mittels der Schecks in Umlauf gesetzten Waren oder Wertpapiere dargestellt, deren realisierte Preise bei der Bank ver­bucht sind."

 

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Ramin fährt dann selbst fort:

 

"Das von Lexis gewählte Grundschema des Güterumsatzes wollen wir wie folgt ausdrücken:

Der Bauer A. verkauft Roggen an den Müller C. Er erhält dafür einen Wechsel und tauscht ihn bei der Bank um gegen Schecks auf diese gemeinsame Bank. Der Bauer A. kauft nun Brot bei dem Bäcker B, und bezahlt seinerseits mit den erhaltenen Schecks. Der Bäcker B. kauft das Mehl von dem Müller C. wieder gegen die vom Bauer erhaltenen Schecks. Der Müller aber bringt die Schecks zur Bank, und diese kom­pensiert sie gegen seinen Wechsel. Dann ist der Kreislauf geschlossen, ohne daß bares Geld erforderlich war.

 

Dieses Schema liegt auch folgendem Verfahren zu­grunde: Der Fabrikant verkauft Waren gegen Drei­monatswechsel. Er reicht diese Wechsel bei einer Bank ein, die ihm hierfür Verrechnungsschecks gibt, die auf bestimmte Beträge typisiert sind, also z. B. auf 5, 10, 20 RM. usw. lauten. Im übrigen würde ein derartiger Scheck wie jeder andere Verrechnungsscheck aussehen.

 

Mit diesen Schecks zahlt der Fabrikant die Löhne an die Arbeiter. Die Arbeiter kaufen mit den Schecks ihren Bedarf in den Läden. Der Ladeninhaber be­zahlt damit zunächst Forderungen, die sein Lieferant gegen ihn hat. Sind solche Forderungen im Augen­blick nicht vorhanden, so reicht er die Schecks bei der bezogenen Bank ein und begründet sich damit ein Guthaben, über welches er später seinerseits wie­der durch Verrechnungsscheck verfügen kann. Dann muß der Lieferant wiederum über    eine gemeinsame Bank eine Verrechnungsmöglichkeit mit dem Aus­steller des Schecks oder mit seinen weiteren Liefe-

 

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ranten haben, oder aber die Möglichkeit, sein so erworbenes Guthaben seinerseits weiter zu Lohnzah­-   lungen zu benützen. Zuletzt landen die Schecks beim Wechselschuldner oder bei dem Fabrikanten, welcher die Schecks den Arbeitern gab.

Bei diesem Verfahren ist aber die Einlösung des Schecks in Reichsbanknoten auszuschließen, damit es richtig funktioniert. (13) (jz31) (14)

 

Im Grunde genommen ist auch dieses Verfahren nichts anderes als das, was der bisherige Überweisungs- und Scheck­verkehr schon leistet. Neu ist an diesem Gedankengang nur, daß auch der Arbeit­nehmer, der in der Regel über kein Bank­konto verfügt, auf diese Weise in den Scheckverkehr einbezogen wird. Und auch diese Tatsache ist an sich nicht neu, denn in Amerika werden stets, besonders aber in Krisenzeiten, Schecks zu Lohnzahlungen verwandt. Wir bringen nach­stehend die Abbildung (den Text! – J.Z.) eines derartigen (15) amerikanischen Schecks.

 

 

 

The Loomis & Harl. Mfg. Co.

 

Chattanorge ….. 19 th.  1893.

(month? - J.Z.)

On demand at any time after ninety days from
date we promise to pay to bearer One Dollar with
interest at 6 per cent per annum, interest to cease
after six months from date. This note ist given in
payment of wages due.          N. Kooch

                   ………………

 

                                   

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Schecks, die zu Lohnzahlungen dienen, sollten von der gemeinsamen Bank nur gegen Einreichung von wirklichen Warenwechseln ausgegeben werden. Die Zirkulation derartiger Schecks bedarf besonderer Aufmerksamkeit, damit der Arbeiter mit der Verwendung dieser Schecks möglichst wenig Schwierigkeiten hat. Es empfiehlt sich daher, Bankeinrichtungen zu schaffen, die sich nur mit dieser Aufgabe zu beschäftigen haben, zumal sonst auch die Gefahr besteht, daß durch die Ver­mischung von Kreditgewährungen auf anderer Grund­lage als auf Grund von Warenwechseln Mißstände auftreten könnten.

 

Die Durchführung dieses so geschilderten Scheck­verkehrs ist nur eine banktechnische Auf­gabe, die             theoretisch schon von Lexis gelöst wurde. Ihre praktische Lösung ist nicht ohne Schwierigkei­ten, doch keineswegs unmöglich, wie das amerika­nische Beispiel zeigt. Sie verschafft der Reichsbank eine erhebliche Entlastung, was von dieser schon seit Jahrzehnten angestrebt wurde, wie wir aus der Stel-lungnahme des Reichsbankpräsiden­ten Koch ersehen haben. Die Reichsbank bleibt dabei weiterhin Hüterin unserer Währung. Die von ihr garantierte Maßeinheit, nämlich die Reichsmark, bildet auch die Grundlage für diese Ausweitung des Scheckverkehrs. (jz32)

 

Die deutsche Volkswirtschaft hat sich bisher den unerhörten Luxus geleistet, fast zwei Drittel ihrer  Produktionskosten durch Bar­zahlungen zu finanzieren. Aber die Zeit hierfür ist vorbei. Es ist eine Lebensfrage geworden, daß wir die Hilfsmittel der Banktechnik, die wir für ein Drittel der Produktion bereits an-

 

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wenden, auch für die übrigen zwei Drittel nutzbar machen."

 

            Verfeinerung des Scheckverkehrs zwecks Lockerung und Entlastung des Noten­monopols. — So erweist sich die Benutzung der Möglichkeiten des Scheckverkehrs als ein Mit­tel, das weit einfacherer und sicherer zur legalen und billigen Abwicklung des Zahlungsver­kehrs zwischen den Kunden der Bank führt als die Banknote. Er hilft zu seinem Teile mit, den Kompensationsverkehr innerhalb der Konsumgütersphäre durchzuführen, unab-hängig vom Auslande und vom Kredit der überlasteten  Reichsbank.

 

Zur Milderung der Schäden des Monopolsystems lehnen wir daher die Einführung freier Banknoten ab und ziehen die Ausdehnung des traditionellen und bewährten Scheck- und Giroverkehrs vor. (jz33)

 

 

e) Der Anlagekredit und die Kapitalbildung.

 

            Beispiel des langfristigen Kredits und der Kapitalbildung in der gesunden Zah­lungsgemeinschaft. —   Hiermit ist aber die Aufgabe einer gesunden Zahlungsgemeinschaft noch nicht erschöpft. Neben der Konsum-gütersphäre steht die Kapitalgütersphäre; außer dem Austausch der Fertigfabrikate gibt es noch die Kapitalbil­dung, d.h. die Verwendung der für den laufenden Unterhalt der Bevölkerung nicht benötigten Arbeits­kräfte zur Her-stellung langlebiger Güter, als (jz34) der Fa­briken, Wohnungen usw., und die Entlohnung dieser Arbeits-kräfte durch die überschüssigen Konsumgüter. Hier liegen die Dinge wesentlich verwickelter, denn hier scheint zuerst keine einfache Kompensation zwi­schen vorhandenen Gütern vorzuliegen. Die Lösung

 

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dieser Frage kann an dieser Stelle nur kurz angedeu­tet werden 1). (jz35)

 

            Das Wesen der Kapitalbildung. — Wesent­lich, für die Kapitalbildung ist, daß ein Land schon mit einem Teil seiner Arbeitskräfte so viel Konsum­güter herstellt, daß alle Arbeitskräfte davon leben können 2) (jz36). Das ist heute in Deutschland der Fall. Man kann dann die in der Konsumgüterproduktion nicht benötigten Arbeiter ebenso ernähren wie die andern, ohne daß sie sich mit der Nahrungs­mittelbeschaffung abzugeben brauchen. Dieser Teil der Arbeitskräfte ist also verfügbar, um die lang­lebigen Güter, Maschinen, Häuser, Wege, Brücken usw. herzustellen, deren der Einzelne und die Ge­samtheit bedarf.

 

            Gegenüberstellung von Konsumgüterkreislauf und Kapitalgüterkreislauf. — Beim Konsumgüterkreis-lauf mittels des Um­satzkredits tauscht A seine Produkte gegen die Fabrikate von B; beide kompensieren die Erlöse ihrer Verkäufe und konsumieren, nichts bleibt übrig.

Beim Kapitalgüterkreislauf mittels des Anlagekredits gibt A seine Produkte hin, ohne direkt eine Gegenleistung in andern Verbrauchsgü­tern zu erhalten; es bleibt ihm nur eine Kaufpreis­forderung, die er aber nicht zum Erwerb von Konsum­gütern verwendet. Bestimmte Arbeiter konsumieren A's Produkte und bauen dafür ein Haus, eine Brücke; zwischen ihnen und dem Bauunter­nehmer ist der Tausch doppelseitig und unter­scheidet sich in nichts von dem normalen Konsum-

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1)      Vgl. meine Abhandlung: Arbeitslosigkeit und Kapitalbil­dung, zugleich ein bankpolitisches Programm zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise, Jena 1930.

2)      Vgl. insbesondere die Theorie Böhm-Bawerks.

 

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gütertausch: Leistung gegen Ware. Aber der Vorgang zwischen dem Bauunternehmer, der A's Produkte nahm, um seine Arbeiter damit zu entlöhnen, und A ist keineswegs nur als ein einseitiger und unentgelt­licher zu beurteilen: A erhält als Gegenleistung ein Sparguthaben oder ein Wertpapier, mit dem er teilnimmt an dem Ertrage des Hauses oder der Brücke; er tauscht also Ware gegen Sparkapital. Am Schluß bleibt ein Sparguthaben und ein zinstragendes Haus (bzw. Brücke) übrig.

 

            Arten der Kapitalbildnng. — Welche Rolle spielt der Bankkredit nun bei diesem Vorgang der Kapital-bildung?

Hier ist zwischen der norma­len Kapitalbildung zu unterscheiden, bei der Jahr um Jahr die gleiche Anzahl von Arbeitskräften in der Kapitalgüterindustrie tätig ist (unveränderte Sparrate), und der infolge von Rationalisie-rungen usw. stark steigenden Kapitalbildung, wie wir sie in Deutschland von 1927 an gehabt haben (steigende Sparrate).

Weiter ist zwischen latenter und effektiver Kapitalbildung zu unterscheiden:

Verwendet man nämlich die immer neu in der Konsumgüterindustrie freiwerdenden Arbeitskräfte (16) nicht so­fort in der Kapitalgüterindustrie, so bleibt die zu­sätzliche Kapitalbildung "latent": es herrscht Ar­beitslosigkeit und Warenüberschuß, also eine bestimmte Art Krise, die wir heute nur allzu genau kennen. Aufgabe des Bankkredits ist es, diese latente Kapitalbildung in effektive umzu­wandeln, den Zustand scheinbaren Kapitalmangels also in einen Zustand starker Kapitalbildung umzu­wandeln. (17)

 

            Bei gleichbleibender Sparrate erst Spardepositen, dann daraus Übergangs-

 

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kredit, schließlieh Anlagekredit.  — Bei der normalen Kapitalbildung ist die Tätig­keit der Banken überaus einfach:

            A bezieht Einkom­men, etwa in Form von Banknoten oder Schecks. Er verbraucht es aber nicht ganz, sondern zahlt einen Teil auf seinem Bankkonto als Sparguthaben ein.

Die Bank leiht diesen Betrag einem Bauunter­nehmer, dem sie zu Löhnungszwecken dieselben No­ten gibt, die A gerade eingezahlt hatte, oder typi­sierte Scheckformulare im gleichen Betrage (Über­gangskredit).

Die Arbeiter kaufen sich damit die Konsumgüter, die A unverbraucht gelassen hatte.

 

Das Schema ist also bisher nicht anders, als beim Kon­sumgüterkreislauf, denn es findet auch hier nur ein Konsumgüterkreislauf statt!

 

Jetzt aber tritt eine Änderung ein: Bei Fälligwerden tritt keine Kompensation ein, indem die Posten in den Büchern der Bank gleichzeitig ge­geneinander aufgerechnet werden und erlöschen, wodurch die Kreditoren- oder Deposi-tensumme der Bank wieder auf den Betrag sinkt, der vor Beginn des Spiels schon da war; sondern es tritt eine wirkliche Akkumulation ein: Die Bank­passiva bleiben erhöht um die Sparein­lage, und zwar für dauernd. Zugleich bleiben die Aktiva der Bank erhöht um den zusätzlichen Bankkredit, der wiederum durch das neugebaute Haus gedeckt ist. Hieraus könnte die Bank noch be­liebig viele Jahre den Kredit fortgewähren bzw. ihn langfristig darleihen, bis er durch die jährlichen Annuitäten in üblicher Weise getilgt wird. Aber die Bank würde den Sparer schwerlich bewegen kön­nen, seine Ersparnisse unkündbar bei ihr anzu­legen, und solange das Sparguthaben jederzeit künd­bar ist, wird jede Anlage in Häusern, sei es in juris-

 

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tisch kurzfristiger oder langfristiger Form, zu einer Bedrohung der Liquidität der Bank, wie wir in dem Abschnitt über die Übertreibung des Depositenwesens gesehen haben. Die Bank muß also den Sparer "schlecht behandeln", indem sie ihm möglichst wenig Zinsen zahlt, und ihn dadurch veranlassen, sein Spar­guthaben in ein unkündbares Wertpapier umzu­wandeln (in Aktien, Obligationen, Pfandbriefe usw., also Anlagekredit). Dies hat aber mit dem eigentlichen Tauschvorgang nichts mehr zu tun. — Wesent­lich ist, daß beim Anlagekredit und der normalen Kapitalbildung auch nur ein Konsumgüterkreislauf stattfindet, aber nicht mit Kompensation, sondern mit Akkumu-lation der Bankguthaben am Schluß, weil der Gegenwert nicht ver­zehrt worden, sondern in dauerhafter Form übrig geblieben ist.

 

            Bei steigender Sparrate erst Umtauschkredit, dann Spardepositen und daraus Anlagekredit. — Der Fall der stark ansteigen­den bzw. der latenten Kapitalbildung, der nunmehr zu erörtern ist, ist für den gegenwärtigen Wiederaufbau des deutschen Kreditsystems besonders wichtig, weil wir gegenwärtig fast überhaupt keine effektive Kapitalbildung haben (jz37), mit der man der völlig darniederliegenden Kapitalgüterindustrie unter die Arme greifen könnte, sondern, wie die großen Arbeitslosenziffern beweisen, nur eine riesige latente Kapitalbildung, also nur die Möglichkeit einer großen inner­betrieblichen Kapitalbildung. Schon der Beginn der Kapitalbildung ist hier ein ganz an­derer, weil kein Sparer A da ist, der Geld bei der

 

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Bank einzahlt, das die Bank nun im Umtauschwege weiterverleihen könnte. Vorhanden ist viel­mehr nur eine große Anzahl unbeschäftigter Arbei­ter, und eine Menge unverkäuflicher Konsumgüter oder doch eine große unausge-nutzte Produk­tionskapazität zur Erzeugung solcher.

Wir wis­sen nun, daß die innerbetriebliche Kapitalbildung sehr stark ansteigt, wenn sich der Beschäf­tigungsgrad verbessert, wenn also die Pro­duktionskapazität besser ausgenutzt wird. Es tritt dann eine Kostendegression ein, die sich sehr bald auch in einem starken Ansteigen der Bankgut­haben bzw. einer Tilgung der Bankschulden der Un­ternehmungen zeigt. Die Betriebsausgaben sind nämlich bei voller Beschäftigung nicht wesentlich höher, als bei einer Beschäftigung von 50 %, die heute in Deutschland fast überall noch unterschrit­ten wird. Die Betriebs-einnahmen sind aber bei 100 % Beschäftigung doppelt so hoch, als bei 50 % Beschäftigungsgrad. Von der Bank aus gesehen, ver­doppeln sich also die Eingänge auf der Habenseite der Konten all dieser Fabrikanten, während die Soll­posten (Löhne usw.) fast unverändert bleiben. Hier, an dieser Stelle, entstehen also die zu­sätzlichen "Spar"depositen, die nicht wie­der kompensiert werden und verschwinden, sondern genau so akkumuliert bei der Bank verbleiben, wie das Sparguthaben des A im andern Falle. Aus ihnen kann die Bank also wieder den Baukredit prolongieren, den sie vorher gewährt hatte (um erst einmal diesen Mechanismus der Kostendegression in Gang zu setzen), und zwar solange, wie es ihre Liqui­dität erlaubt, d.h. bis er in Effekten konsolidiert wird.

 

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            Die Bank bringt die Kapitalbildung aus Kostendegression in Gang.  — Wie bringt die Bank aber diesen Mechanismus der Kosten­degression in Gang? Indem sie Wechsel und Kredite, auf der Grundlage von Forderungen aus verkauften Lokomotiven, Häusern und Brücken genau so behan­delt, wie Wechsel, die sich auf verkaufte Lebens­mittel oder Kleider beziehen.

Es gibt zwei Arten von Waren, Konsumgüter und Kapitalgüter, und es ist gleich, auf welche Art von Waren sich ein "Warenwechsel" bezieht.

Mit dieser Definition des Warenwechsels befinden wir uns durchaus auf klassischem Boden; bis zu den Äuße-rungen Schachts in der Reichsbankenquete von 1929 hat wohl nie­mand behauptet, daß,Warenwechsel immer Konsumgüterwechsel sein müßten 1).

 

            Die Bank einer gesunden Zahlungsgemeinschaft wird, wie wir wissen, für ihren Kundenkreis sehr bald ein ganz niedriges Diskontniveau hergestellt haben. Es wird daher sehr bald wieder Neigung vor­handen sein, lang-lebige Güter herzustellen, die ja dann wieder sehr rentabel sind. Werden der Bank Wechsel auf bestellte Loko-motiven, Häuser, Brücken usw. eingereicht, die sonst gut sind, so wird sie diese

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1)      Ich selbst habe noch 1930 in meinem Buche "Arbeitlosigkeit und Kapitalbildung" den Fehler gemacht, die Diskon­tierung von Produktionsmittelwechseln als etwas besonderes hinzustellen, das notwendig sei, obwohl es über die klassischen Bankprinzipien hinausgehe. Ich habe mich damit Mißverständnissen ausgesetzt, die ich leicht hätte vermeiden können; um so mehr, als die ursprünglich die ganze erste Hälfte des Buches einnehmende Dar-stellung der einlösbaren Bank­note, die dagegen eingetauscht werden sollte, der Kürzung zum Opfer fiel, so daß man mir irrigerweise die Gefahren der Aus­gabe uneinlöslichen Zwangsgeldes vorhielt, die ich gar nicht erwogen hatte.

 

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wie alle andern Warenwechsel in Lohngelder umtauschen. Eine Finanzierung der nicht aus Löhnen bestehenden andern Hälfte der Baukosten durch die Bank ist nicht nötig, da die Lieferanten die Materialien auf Ziel liefern und dazu den Kredit ihrer Bankverbindung in Anspruch nehmen, die gleichermaßen verfährt. Die Verausgabung dieser Lohngelder und die Erteilung dieser Materialbestellungen verbessern nun Mark für Mark den Beschäftigungsgrad der Lieferanten und Unterlieferanten der Lebensmittel, Rohstoffe usw. Auf den sämtlichen Bankkonten all dieser langen Ketten von Lieferanten und Unterlieferanten sammeln sich innerhalb eben derselben drei bis vier Wochen, die der Umlauf der Zahlungsmittel dauert, die erhöhten Salden auf den Konten an. Diese erhöhten Depositen verkörpern die erzielte zusätzliche Kapitalbildung, aus der dann weiter die Finanzierung der langlebigen Güter erfolgt, wie üblich.

 

Hiermit fällt zugleich Licht auf das noch im Dunkel liegende Problem, wie es in Konjunkturaufschwung macht, daß er sich selbst finanziert, daß bei Belebung der Konjunktur plötzlich die Kapitalien reichlich da sind, die man bis dahin so dringend vermißt hatte. Es ist wahrscheinlich die volkswirtschaftliche Kostendegression, die zum größten Teile den Konjunkturaufschwung finanziert. (jz38)

 

            Längere Kreditfrist bei Anlagekrediten zulässig. — Schon bei Ende des Zahlungs­kreislaufs, also nach etwa vier Wochen oder drei Monaten, sind also die echten Sparkapitalien bei den Banken angesammelt, die man braucht. Bei dieser Kreditart kann die Kreditfrist also ruhig einige Wochen

 

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oder Monate länger erstreckt werden, weil die betref­fenden Giromittel nicht wie beim Umsatzkredit nach 3 - 4 Wochen durch Kompensation verschwinden. Immerhin stehen den Banken die nötigen Mittel nur quantitativ ausreichend zur Verfügung; ihre qualitativ falsche Form (die jederzeitige Künd­barkeit), legt den Banken nahe, sich nach baldiger Konsolidierung umzusehen.

 

            Inwieweit sind Prolongationszusagen zulässig? — Von seiten der Leiter der Zentral­notenbanken wird häufig die praktisch höchst wichtige Frage aufgeworfen, ob z. B. die Reichsbank eine mehrfache Prolonga­tionszusage geben dürfe, wenn an sie heran­getreten wird, um durch irgendeine besondere Kredit­aktion die Kapitalgüterindustrie anzukurbeln. Die Antwort ergibt sich aus dem Gesagten: In Frage kön­nen Prolongations-zusagen nur bei langlebigen Gü­tern kommen. Der Notenumlauf der Reichsbank wird immer wenige Wochen nach Ausgabe des Umtausch­kredits auf den alten Betrag zurücksinken. Die Ge­samtheit der deutschen Bankkreditoren einschließlich der Giroguthaben bei der Reichsbank wird am Tage des Rückflusses der Noten um gerade soviel steigen. Wieviel von der Steigerung der Kreditoren auf die Reichsbankgiroguthaben und wieviel auf die Kredi­toren der Depositenbanken entfallen wird, hängt von den Umständen ab; wenn die Banknoten nach zwei Wochen zurückgeflossen sind, so wird die Steigerung in den folgenden Wochen wegen des starken Anteils der Reichsbank am Überweisungsverkehr vorwiegend auf die Reichsbank entfallen, danach aber mehr auf die Aktienbanken. Infolge der Depositenakkumulation durch Kostendegression stehen den Banken die er-

 

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forderlichen Kreditmittel automatisch zur Verfügung. Eine Prolongationszusage scheint da­nach überflüssig und muß kritisch betrachtet werden; wenn sie gegeben wird, dürfte sie nie zur Er­höhung des Notenumlaufs, sondern nur zur Steigerung der Giroguthaben bzw. zur Erhaltung der vorher gestiegenen Giroguthaben bei der Reichsbank führen, andernfalls liegt Mißbrauch vor. Im Falle der Gewäh­rung wird man sich bei der Prolongation auf die halbe Summe beschränken können, weil die neuent­standenen Sparguthaben sich nach 2 - 3 Monaten wohl mindestens zur Hälfte bei den Depositenbanken befinden werden.

 

            Die Grenzen für diese Anlagekredit­gewährung. — Die Grenzen für diesen Umtausch­kredit für Anlage-zwecke sind volkswirtschaftlich in dem Vorrat an Arbeitslosen und Konsumgütern sowie in der vollen Ausnutzung des Produktionsapparats (Degressionsschwelle) gegeben; dazu kommen zwei unübersteigbare bankmäßige Gren-zen: das Umtauschprinzip und die Einlösbarkeit. Solange die akzessorischen Schecks der Bank nicht ins Disagio kommen, kann keine Übertreibung, keine Überinvestion oder Inflationsgefahr vorliegen. Mit Zwangskursnoten, die gesetzliches Zahlungsmittel sind, wie die Noten der Reichsbank, kann viel leichter Mißbrauch getrieben werden. (jz39)

 

            Abgrenzung gegen die schulmäßige und gegen die MacLeod-Hahnsche Kredit­theorie. — Es scheint notwendig, den Platz dieser Anschauungen innerhalb der allgemeinen Kredit­theorie genauer festzustellen.

            Bei der ersten Art der Kapitalbildung 1) genügt der

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1)      Mit konstanter Sparrate.

 

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schulmäßige Grundsatz, daß eine Bank eine An­stalt zum Aufnehmen und zum Ausleihen von Geld ist.

Bei der zweiten Art der Kapitalbil­dung 1) leiht die Bank scheinbar Summen aus, die sie noch gar nicht in Form von Depositen hereinbekom­men hat; sie überschreitet also die ihr durch ihre Depositen gezogenen Grenzen. Trotzdem ist sie weit davon entfernt, eine Anstalt zur Erzeu­gung von Kredit zu sein wie die MacLeod-Hahnsche Definition der Bank lautet. Eine Bank, die einen vorher noch nicht dagewesenen Kredit neu einräumt, über den durch Scheck­ziehung verfügt werden kann, treibt immer In­flation (jz40). Sie wird dafür durch Konkurs bestraft, es sei denn, daß Annahmepflicht besteht. Alle der­artige Kreditschöpfung ist vom Übel. Die Bank, von der wir sprechen, tut etwas grundsätzlich anderes:

Sie wandelt eine schon vorhandene 2) Kaufpreis­forderung zu Löhnungszwecken in eine bequemere Kreditform um, sie schafft also nicht eine Forderung, sondern sie wandelt um, wie der legale Waren­umschlag das verlangt 3). Die Bank ist also keine Anstalt zum Aufnehmen und Ausleihen von Geld,

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1)      Bei steigender Sparrate.

2)      Darum betont J. M. Keynes immer, daß es auf actual real investment ankomme, nicht auf zusätzliche Kredite. Nur aus neuem real investment ergeben sich neue Forderungen; alle andern Verwendungsarten zusätzlicher Kredite sind Waren- und Effektenspekulationen oder sogar Verlustdeckung.

3)      Diese Umwandlungstheorie gilt auch von den Hypotheken­banken, die Individualhypotheken in typisierte und versicherte Hypotheken (sog. Pfandbriefe) umwandeln. Bis 1850 waren die landschaftlichen Pfand- briefe bekanntlich noch grundbuchlich einzeln eingetragene Hypotheken. Vgl. mein Buch "Hypothekenbankwesen" (im Druck, Verlag der Bankwissenschaft, Berlin). (jz41)

 

 

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auch nicht zur Erzeugung von Kredit, sondern eine Einrichtung zur Umwandlung schon vorhandenen Warenkredits 1).

 

            Bedeutung des Filialsystems als eines Ersatzes für den Kapitalmarkt. — Voraus­setzung für eine derartige Betätigung etwa der Dres­dner Bank im Anlagekreditgeschäft ist ein großes Filialsystem, das es möglich macht, einen gro­ßen Teil all der sich über ganz Deutschland er­streckenden Zahlungs- und Kapitalbildungsvorgänge, die sich aus einer solchen Ankurbelung ergeben, auf ihren Konten zu vereinigen, damit die zusätzlichen Depositen nicht zu sehr den andern und kranken Banken zuströmen. In normalen Zeiten sorgt der Geld- und Kapitalmarkt für den Ausgleich, der aber heute nicht funktioniert. Immerhin kann volkswirt­schaftlich nichts "verschwinden"; das dargelegte Prinzip wird durch die Zerrissenheit der Wirtschaft in Tausende von Einzelfirmen nicht berührt, und Schwierigkeiten werden sich von dieser Seite aus überaus wenige zeigen.

 

            Die gesunde Zahlungsgemeinschaft ist der heute zu lösenden Aufgabe gewach­sen. — Wir fassen also zusammen, daß eine solche gesunde Zahlungsgemein­schaft nicht nur den Umsatzkredit, sondern auch den Anlagekredit und die gegenwärtige deutsche Kapitalbildungslage mit Hilfe

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1)      Die in Umwandlung echter Warenforderungen, aber über die Depositen hinaus gewährten Kredite sind identisch mit meinen "Antizipationskrediten", die bei steigender Sparrate notwendig sind, und mit denen allein die latente Kapitalbildung unserer schweren Krisenperiode zur effektiven umgewandelt werden kann.

 

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ihres Schecksystems glatt bewältigen könnte. Sie würde auch hier nur Warenwechsel in bequemere Zahlungs-mittel zu Lohnzahlungs­zwecken umzutauschen brauchen, und der Umlauf dieser akzessorischen Zahlungsmittel würde genau die echte Kapitalbildung in Gestalt von Bankdepositen liefern, die bei dem einfacheren Fall der gleichmäßi­gen Kapitalbildung von Anfang an dagewesen war. Die Bank hätte nur dieselben einfachen Prinzipien des Umtauschs zu befolgen, die für alle ihre Umsatz­kredite ebenso gelten: das Warenwechselprinzip und die Beachtung der Einlösungspflicht. Beide Kredit­arten würden sich bankmäßig höchstens durch die verschiedene Länge der erlaubten Kreditfristen unter­scheiden.

 

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2. EINE DER HEUTIGEN GROSSFILIAL-BANKEN ALS SCHECKBANK

 

            Der Mangel einer Reservestellung hin­ter den Großbanken. — In der gegenwärtigen Bankenkrise macht sich, wie allgemein anerkannt wird, die übermäßige Zentralisation un­seres Bankwesens störend bemerkbar. Hätten wir ein freies Bank- und Notenbankwesen ohne Mo­nopol und Zwangskurs, so wäre in normalen Zeiten für den wirtschaftlich nicht erzogenen Staatsbürger eine geringe Erschwerung des Barverkehrs zu be­obachten, indem verschiedene Arten von Zahlungs­mitteln umliefen, die nicht gesetzliches Zahlungs­mittel wären; wie das bis 1909 im Deutschen Reiche der Fall war. Diese (jz42) unmerkliche Erschwerung würde aber hundertfach aufge-wogen durch die Leistun­gen eines solchen dezentralisierten Systems in Krisenzeiten. Banken, die kurzfristige Gelder langfristig ausgeliehen haben, würden dann einfach in Konkurs gehen; die leichtsinnigen Gläubiger würden illiquidisiert sein oder sogar Ver­luste erleiden. Jede vernünftige Regierung würde sich weigern, solchen Banken ein Moratorium zu ge­währen. Stillhalteverhandlungen gäbe es nicht, sondern nur Konkursversammlungen einiger Banken, durch die der gesamte Kredit eines Landes nicht berührt würde.

Die Währung könnte niemals beschädigt werden, solange die Regierung sich trotz des Rates der aus diesen Banken stammenden "Fach­leute" weigern würde, die Zahlungsmittel derartiger Banken als gesetzliche Zahlungsmittel anzuerkennen, ihnen also 100 % Zahlkraft zuzusprechen, wo sie viel­leicht ein Disagio von 20 %  haben müßten. Aber

 

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auch Deflation gäbe es dann nicht. Wenn diese kranken Banken die gesunden Kredite zurück­zögen und dem legalen Handel keinen Umtausch­kredit mehr gäben, um ihren Gläubigern Rückzah­lung leisten zu können, indem die eingefrorenen De­bitoren erfahrungsgemäß zur Rückzahlung unfähig sind, so würden andere gut geleitete Banken da sein, die diesen guten Kunden ihre Dienste zu niedrigen Sätzen anbieten würden. So wäre immer nur Mangel an Mitteln für ungesunde Kre­dite, nie aber Mangel an Mitteln für ge­sunde Kredite, während es heute umgekehrt ist: Schlechte Firmen, die mit Zahlungseinstellung und noch ganz anderen Sachen drohen, haben Kredit, während einfache Warenwechsel nur zu 7 – 10 % oder gar nicht diskontiert werden, wenn das Kreditpau­schale der betreibenden Bank bei der Reichsbank er­schöpft ist.

 

            Dieser Mangel einer Reservestellung hinter der Front der deutschen Großbanken in Verbindung mit dem Zwangskurs ist es dann gewesen, der die Re­gierung im Juli gezwungen hat, die Banken zu stützen. Welche schlimmen Folgen ein solcher Schritt hat, haben wir inzwischen zu sehen bekom­men; trotzdem konnte die Regierung nichts anderes tun, weil sonst die gesamte Wirtschaft an einem Tage ohne Bankverkehr dagestanden hätte, also keine Löhne und Gehälter mehr hätten zahlen können, was das Ende des wirtschaftlichen Lebens bedeutet hätte.

 

            Es scheint notwendig, diesen Mangel und die ver­schärfte Abhängigkeit der Regierung von den Banken und von den ausländischen Finanzmächten, die die Geldgeber dieser Banken waren, zu vermindern.

Eine gesunde Reservefront im Kredit­kriege muß geschaffen werden, die fähig

 

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ist, in Monaten oder Jahren die geschla­gene Armee, die heute noch vorn aushalten muß, zu ersetzen. (jz43)

 

            Welche der Großbanken soll ausge­wählt werden? — Es könnte erwogen werden, in System freier Notenbanken unter einem Regulativgesetz nach Art des Hypothekenbankgesetzes zuzulassen, wie es etwa in Kanada besteht. Gegen diesen Vorschlag spricht, daß wir in Deutschland keine Tradition auf diesem Gebiete mehr haben, so daß uns die Menschen und das gesunde Urteil der öffentlichen Meinung fehlt, ohne die ein solches System nur zu größten Mißbräuchen führen würde. (jz44) Dagegen spricht auch, daß der Kapitalbildungsvorgang mit Hilfe der Kostendegression sich in den oft weit ent­fernten Lieferfirmen vollzieht, so daß eine Bank ohne Filialen im Nachteil ist (vgl. die riesige Ausdehnung des Filialsystems in Kanada und Schottland).

            In Frage kommt vielmehr nur die Ausnutzung der Möglichkeiten des Scheckgesetzes, wie wir sie bereits hervorgehoben haben, wozu keine Gesetzesänderung erforderlich ist, vielmehr nur eine Exemption der betref-fenden Bank oder Banken von der Verordnung des Reichsfinanzministers vom 31. Oktober 931, die diese Ver-wendung von typisierten Schecks zu Lohnzahlungszwecken verboten hat 1).

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1)      Diese Verordnung, deren Urheber den Unterschied zwischen Zwangskurs und Einlösungspflicht nicht gekannt zu haben scheinen (vgl. S. 135 f.), ist auf Grund der 3. Notverordnung, Teil 5, Kapitel 9 erlassen. Sie hat, wie erst jetzt offenbar wird, ihre eigentliche Begründung in dem wohl schon damals erwogenen "Wagemann-Plan", hat doch, wie man hört, Prof. Wagemann bei ihrer Schaffung mitgewirkt. Sollte der Wage­mann-Plan, den der Verf. während des Umbruchs dieser Schrift erhält, abgelehnt werden, so dürfte ihrer Aufhebung oder Lockerung nichts mehr im Wege stehen. — Vgl. auch Fußnote S. 89.

 

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            Für den Betrieb dieses "Schecksystems" erscheinen aber die heutigen Großbanken durchaus geeignet, oder wenigstens eine von ihnen. Nachdem sich die Berliner Handelsgesellschaft bereits vom Auslande diejenige Un-terstützung beschafft hat, die zu. ihrer völligen Gesundung nötig ist, bleiben nur die noch rein privaten bzw. indirekt gestützten Groß­banken und die beiden vom Reich direkt gestützten Großbanken (die Darmstäd­ter und Nationalbank und die Dresdner Bank) übrig. Die Nicht-Berliner Großbanken, ins­besondere die sehr gut daste-hende Bayerische Hypo­theken- und Wechselbank mit ihren 130 Nebenstellen, bleiben am besten unerörtert, da hier nur die prinzi­piellen Fragen zu behandeln sind; derartige gesunde Institute bilden eine begrüßenswerte Ergänzung des neuen Systems. Da die Initiative zu der Neugestaltung und durchgreifenden Gesundung aber nicht von den rein privaten Depositengroßbanken ausgehen wird und kann, bleibt nur die Dresdner oder Danat-Bank als Fundament des neuen Kreditsystems übrig.

 

            Die Danat-Bank kann nicht in Frage kommen, weil sie die so sehr hinderliche Reichsbürgschaft hat, die die auszugebenden Schecks gar zu leicht zu einer Art Staats­papiergeld von nicht privatem Charakter machen könnte. Bisher scheint man überhaupt noch keinen Weg gefunden zu haben, die Reichsgarantie wieder abzubauen, die sich übrigens nicht als attraktiv er­wiesen hat, da der Kreditorenabfluß weitergegangen ist. Es wird also nichts anderes übrig bleiben, als den Rumpf der Danat-Bank mit oder ohne Commerzbank in einen Investment-Trust zu verwan-deln, der alle illiquiden und

 

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bedenklichen Posten von der Dresdner Bank über­nimmt, und danach die Dresdner Bank in den Mittelpunkt des Systems zu stellen. Die Filialen  und  die  Depositenkassen  der  Danat-Bank können von der Dresdner Bank übernommen werden. Auf keinen Fall darf noch einmal ein Personalabbau durchgeführt werden. Eine Bankstelle ist nicht mit einem Polizeirevier oder Einwohnermeldeamt zu ver­gleichen, die man bezirksweise organisiert, indem man ihre Kartotheken zusammenlegt. Das Bankgeschäft ist ein so persönliches, der toten Organisation so fremdes Geschäft, daß man durch derartige additive Maßnah­nen in diesem schweren Augenblick das größte Unheil heraufbeschwören würde. — Noch ein weiterer Grund spricht für die Wahl der Dresdner Bank. Die Einbringung so großer bedenklicher Posten ist nur zu La­sten der Danat-Bank möglich, die die Reichsgarantie hat, nicht umgekehrt, da andernfalls sich die Gläubiger über Benachteiligung beschweren und das Reich haftbar machen könnten. Dasselbe könnte nur durch Gründung eines neuen Trusts erreicht werden, für den das Reich von neuem die Bürgschaft übernehmen müßte, wozu wohl keine Neigung besteht.

 

            Hiernach wäre die Dresdner Bank ein völlig gesundes und liquides Groß­internehmen von überragender Stärke, das aus seiner Reservestellung heraustreten, die Unabhängigkeit des deut­chen Kredits verwirklichen und ein niedriges Zinsniveau für gesunde Kredite herstellen könnte.

 

            Die Übertragung der illiquiden Debitoren auf eine Trust-Großbank. — Es ist vorgeschlagen worden, alle Großbanken in Deutsch-

 

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land zu einer Riesenbank zusammenzufassen, indem man sich dabei wohl vorstellt, daß ein solches gewal­tiges und unentbehrliches Institut überhaupt nicht mehr zusammenbrechen könnte. Der dahinter­stehende Gedanke ist offen-bar, die Pression auf den Staat, eine etwaige Überschuldung zu sozialisieren, recht wirksam zu gestalten. Wir hal-ten diesen Ge­danken für verfehlt, weil es im Bankwesen nur nach der weitverbreiteten statistischen Laienansicht auf den Staat ankommt, während in Wahrheit die Li­quidität und Stoßkraft viel wichtiger ist; mit ihr allein kann ein lahmgelegter Tauschverkehr wieder in Gang gebracht werden, nicht durch die Hilfe der Beamten der Ministerien.

 

            Nicht auf die Gründung einer Riesen­bank kommt es also an, die dann mit rie­sigen Fehlkrediten belastet und zu fort­gesetzten Restriktionen veranlaßt wäre, sondern auf die Errichtung wenigstens eines wirklich gesunden Instituts. Diese Entlastung kranker Banken wird normaler­weise durch den Zwangsvergleich erreicht, in­dem die Gläubiger dabei zum großen Teile mit lang­fristigen Anrechten abgefunden werden, vermittels derer man die illiquiden Posten mobilisiert. Wenn der Zwangsvergleich aus den erwähnten Gründen nicht tunlich und der Staat ohnehin mit einer großen Bürgschaft interessiert ist, so wird man zur Ent­lastung der betreffenden Großbank mit Staats­hilfe schreiten müssen.

 

            Das Beispiel Mussolinis an der Banca Commerciale. — In Italien und Schweden ist eine derartige Entlastung schon vorgenommen worden; stellt sie doch den erprobten und allein be-

 

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währten Weg dar. In Österreich ist dieselbe Me­thode im Stadium der Erwägung. Besonders bedeu­tend und ein-drucksvoll ist die Entlastung der Banca Commerciale in Mailand, der weitaus größten italienischen Depositen-bank, die im November 1931 vorgenommen worden ist. Die offizielle Bekannt­machung vom 3. November 1931 besagt darüber das Folgende:

 

"Auf Grund von Vereinbarungen schreitet die Banca Commerciale zur vollständigen Abstoßung ihres Besitzes an Industriewerten, der sich in den Jahren ihrer lebhaften Beteiligung an der Stützung des Marktes und an der allmählichen Anpassung an die Währungspolitik der Regierung gebildet hatte. Die Mobilisierung erfolgt so, daß jede Ge­fahr eines Druckes auf den Markt vermieden wird, und zwar durch eine verlustlose Abtretung und mit stabiler Placierung an eine industrielle Finanz­gesellschaft, deren Kapital von einer Gruppe itali­enischer Industriegesellschaften übernommen wird. Die Finanzierung des Übergangs ist auf lange Jahre gesichert. Zu gleicher Zeit wird eine Erhöhung des Kapitals des Consorzio Mobiliare Finanziario vor­genommen, das die Mehrheitsbeteiligung am Kapi­tal der Banca Commerciale selbst besitzt. Die jungen Aktien des Consorzio werden von den Mit­gliedern des jetzigen besonderen SyndikaTs für die Aktien der Banca Commerziale übernommen, das sich nach der Abtretung des eigenen Besitzes an das Consorzio auflösen wird. Die für die Durch­führung dieser Geschäfte nötigen Mittel werden vom Consorzio ganz selbständig außerhalb der Banca Commerciale beschafft. Die Bank verfügt dann über liquide Mittel (Kassa und Guthaben bei Banken, Reports, Wechselportefeuille, vom Staate

 

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ausgegebene oder garantierte Titel), welche die Sichtschulden mit über 100 p. Ct. decken, und wird außer den erwähnten liquiden Beständen unter ihren Aktiven nur noch Industrieobligationen, Bankge-bäude und Beteiligungen an italienischen und ausländischen Banken haben."

 

            Wegweisende New Yorker Bankum­schichtungen. — Wie der Börsen-Courier unter dem 5. Januar 1932 meldet, ist auch bei den New Yorker Großbanken nunmehr der Trennungsprozeß nicht der Funktionen, wohl aber zwischen den Ban­ken und ihren für die Betätigung im Emissions­geschäft geschaffenen Tochtergesellschaften in Gang gekommen.

 

"Die definitive Trennung von Großbanken und ihren Securities Affiliates ist jetzt von folgenden Groß-banken beschlossen bzw. bereits durchgeführt: Bank of America und Chatham (Phenix) (Phönix? – J.Z.), Bankers Trust und Bank of Manhattan Trust Co. ... Weitere Großbanken werden mit ähnlichen Schritten folgen. Die definitive Stellungnahme der Chase National und der National City ist allerdings noch nicht bekannt. Die Chase Bank hat einstweilen nur mitgeteilt, daß ihre nächste Generalversammlung über eine Kapital­reduzierung der Chase Securities Corp. abstimmen muß. Es sollen alle Wertpapiere bei diesem Anlaß auf ihren Marktwert per Ende Dezember 1931 ab­geschrieben werden. Die Bank of Manhattan Trust Co. teilte mit, daß nach Abschreibung aller Wert­papiere der International Manhattan Co. auf Markt­wert das Kapital und Surplus nicht berührt zu wer­den brauchte. Sie begründete die Auflösung damit, daß die Tendenz der öffentlichen Mei­nung und wahrscheinlich demnächst auch der Gesetzgebung           sehr stark gegen

 

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die Beibehaltung dieser Wertpapier-Tochtergesellschaften sein würde, deren bloße Existenz das Ver-trauen des Publi­kums in die Bank nachteilig beeinflus­sen kann."

 

            Die Danat-Bank als Trustgroßbank und Zentralanstalt für langfristigen indu­striellen Kredit. — Bei der Dresdner Bank han­delt es sich nun nicht in erster Linie um Effekten-Finanzierungen, die unter Debitoren verbucht sind, sondern um direkte Kontokorrent- und Akzektkredite insbesondere an die Großindustrie, die eingefroren sind. Wählt man als Investmenttrust für diese ein­gefrorenen Bestände die Danat-Bank, so braucht man gar kein neues Trust-Institut zu gründen, dem man wieder die Reichsgarantie verschaffen müßte, sondern man braucht nur die Danat-Bank zu einer Zentrale für mittel- und langfristigen Industriekredit zu machen, die ja seit Jahr und Tag von allen Seiten verlangt wird. Ihr kurzfristiges Geschäft mit dem Personal könnte dann langsam auf die Dresdner Bank übertragen werden, soweit es gesund ist, und das langfristige Geschäft beider Banken könnte bei der Danat-Bank konzentriert werden, um hier auf der Aktiv- und Passivseite allmählich auch in die Rechtsform langfristiger Tilgungskredite und langfristiger Industrie- und Bankobligationen und Aktien überführt zu werden, wie sich das gehört. Ein eigenartiges Geschick würde also die Danat-Bank zu der Crédit-Mobilier-Bestimmung zurückführen, zu der sie gegründet worden ist, und zur Wiederherstel­lung der Satzungsbestimmungen führen, die die Ausgabe langfristiger Obligationen regelten. Eine solche große industrielle  Kreditanstalt für langfristige Finanzie-

 

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rungen mit Staatsgarantie würde in Europa kein Novum sein, hat doch sogar die für Staatseingriffe sonst wenig interessierte französische Regierung den Crédit National, das Institut für die Finanzierung des französischen Wiederaufbaus, zu einem solchen Insti­tut gemacht. Der deutschen Regierung wäre insbeson­dere die Sorge für die Staatsgarantie abgenommen; der Trust-Bestand würde mehr und mehr durch reichsgarantierte Emissionen mobili­siert, und aus der unübersehbaren Garantie für Hunderttausende von Konten mit täglich wechselnden Salden würde eine klar übersehbare Bürgschaft für bestimmte Obligationenserien eines Reichsinstituts werden, die durch einige Hunderte von langfristigen Tilgungskrediten gedeckt wären. Auch die Beteiligung der Industrie an der Danat-Bank Wäre dann sinnvoll; die Industrie hätte dann selbst das Interesse, nicht das Reich auszubeuten, sondern ein ge-sundes und an­gesehenes Kreditinstitut zu schaffen und großzuzie­hen, das einmal hohe Bedeutung erlangen könnte.

 

            Die Behandlung der Kreditoren. — Wenn wir annehmen, daß die Ausleihungen der Großbanken heute etwa zur Hälfte immobilisiert sind, wofür wir oben einiges Beweismaterial gebracht haben, so würde die Bilanz-summe der Dresdner Bank unverändert blei­ben, sobald man ihr das gesunde, echte Umschlags­geschäft der Danat-Bank hinzufügte und das illiquide Geschäft wegnähme. Tatsächlich wird man aber mit einer Verkleinerung der Bilanzsumme um ein Drittel rechnen müssen, da im zweiten Halbjahr 1931 gerade die liquide Masse beider Banken stärkstens gesunken und zu Rückzahlungen benutzt worden ist.

 

            Diejenigen Kreditoren, die man der Dresdner Bank dabei in erster Linie abnehmen müßte, sind die Aus-

 

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landskreditoren, denn es gilt ein Institut zu schaffen, das möglichst unabhängig von allen Still­halteverhandlungen und allen Resten aus der verfehl­ten Vergangenheit ist. Möglicherweise kann man die Auslandsgläubiger bewegen, ihre Guthaben von der Dresdner Bank auf die Danat-Bank zu übertragen, da sie dort die Reichsbürgschaft haben, die ihnen bei der Dresdner Bank fehlt. Überaus bedauerlich ist es, daß die deutschen Devisenreserven so erschöpft sind, daß sie nicht gestatten, den relativ kleinen Posten der Devisenschulden der Dresdner Bank sofort zurück­zuzahlen, um wenigstens ein einziges Institut be­freit zu haben. Jedoch darf hieran das Sanierungs­werk nicht scheitern; da sich die Stillhaltung doch sehr bald als unzulänglich erwiesen haben wird, darf man vor drastischen Maßnahmen nicht zurück­schrecken, wenn die ausländischen Gläubiger sich auch bei der Reichsbürgschaft weigern, die Sanierung einer so wichtigen Bank zu dulden.

 

            Die Inlandskreditoren würden durch eine geeignete Einlagenzinspolitik in Bewegung zu bringen sein. Nach einer Übergangszeit würde die Danat-Bank als Trust hohe Einlagenzinsen zah­len dürfen, die Dresdner Bank als Umsatzbank niedrige oder gar keine. Dabei würde die Danat-Bank langsam dazu übergehen müssen, ihrer Kund­schaft eigene reichsgarantierte Trustobligationen und auch direkte Emissionen ihrer großindustriellen Kundschaft zu 6 % Verzinsung zu verkaufen, die man mit allen möglichen Vorzügen ausstatten könnte, eventuell sogar mit Steuerfreiheit, wie die Anleihe der Reichsbahn und die Emissionen des Crédit National in Paris. Sobald der Verkaufsvorgang flott in Gang kommt, könnte man auf die Einleger einen Druck

 

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ausüben, indem man dann die Zinsen für die uner­wünschten täglichen Depositen stark ermäßigt. Das würde um so mehr möglich sein, als sich in Deutsch­land bald eine Scheidung der Banken in zwei Gruppen herausbilden würde: die gesunden, die sehr wenig Zinsen zahlen, und die kranken, die sehr hohe Zinsen zahlen, aber die Rückzahlung nicht gewährleisten können, worauf im Schlußteil noch einzugehen sein wird. — Die Dresdner Bank ihrerseits würde sehr ge­ringe oder gar keine Zinsen zu zahlen haben, weil sich die für den Umschlagskredit erforderlichen Mit­tel (Scheckumlauf und Depositen) durch den Um­tauschvorgang von selbst einstellen, solange das Ge­schäft gesund bleibt. (jz45) Sie würde also die andere Art von Depositen, die man besser Spardepositen nennen würde, gar nicht in größerem Umfange brauchen. Wenn Kunden wegen der Zinslosigkeit ihrer Guthaben mit dem Abzug drohen würden, so würden die Depositenkassenvorsteher erklären können, daß sie nie­mand verhindern wollten, sein Geld von der einzig gesunden Großbank wegzunehmen. Sie würden aber darauf hinwirken können, daß die Kundenabwande­rung in Richtung auf die Danatbank erfolgt, die, wie erwähnt, viele Vorteile bieten könnte.

 

            Die Finanzierung des illiquiden Trust­bestandes bei der Danat-Bank würde also, wenn irgend möglich, nicht mit Hilfe von irgendwelchen neuen Mitteln, sondern mit Hilfe derselben Depositen erfolgen, aus denen die Positi-onen bis heute gehalten werden, indem man versucht, durch eine neue Zins- und Sicherheitspolitik die Geldgeber zum Verzicht auf sofortige Rückzahlung zu bewegen. Einen genaueren Plan auszuarbeiten, der die zahllosen und großen Schwierigkeiten der praktischen Durchführung über­windet, ist nicht Sache dieser prinzipiellen Schrift.

 

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            Ein deutscher Crédit Lyonnais.     Die Dresdner Bank würde somit eine qualitativ über­ragende Stellung im deutschen Kredit erhalten. Sie wäre ein völlig gesundes und liquides Unternehmen, sie würde unabhängig sein von den politischen Reparations- und Stillhalteverhandlungen, sie wäre nicht gefesselt an den Notzinssatz der Reichsbank, der durch den Charakter der Reichsbanknoten als Finanzwechselgeld diktiert ist. Sie würde ihren Bar­mittelbedarf durch den Scheck- und Giroverkehr be­friedigen und zu dem Zwecke nur eine Abänderung der erwähnten Ausführungsverordnung des Reichs­finanzministers über das Notgeld verlangen, kaum noch die Er-mächtigung zur Akzeptierung von Schecks, die den Banken in der Julikrise vorübergehend schon gewährt worden war. Diese Vorrechte würden ihr von den beteiligten Reichsministerien ohne Schwie­rigkeit verschafft werden, da sich ja das Vorzugs­aktienkapital von 300 Mill. in den Händen des Reichs befindet. Die Dresdner Bank würde mit ihrer Kund­schaft eine gesunde Zahlungsgemeinschaft bilden, sie würde langfristige oder illiquide Kredite rück-sichts­los verweigern und auf strenge Regelung der Fristen achten. Sie würde sich dadurch immer die Barein­gänge, sei es in bar, sei es in Schecks oder sei es in Devisen, sichern, die sie für ihren reinen Umschlags­kredit braucht. (jz46)

 

            Die Dresdner Bank würde also in nicht ferner Zeit zu 4, 3 oder 2 % diskontieren können, da sie den Depositären keine Zinsen oder nur sehr geringe ver­güten würde und da sie keine verlorenen Debitoren hätte, die sie aus einer überhöhten Verdienstspanne abschreiben müßte, auf Kosten und zum Schaden der gesunden Firmen, mit welchem Argument man heute die enorme Zinsspanne öffentlich zu verteidigen wagt.

 

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Sie würde ihren Depositären, die mehr Zinsen ver­langen, anheimstellen, zu den schlechten Banken ab­zuwandern, und einen Ansturm aller gesunden Kun­den erleben, die sich in den Genuss so billiger Zins­sätze zu setzen wünschten. Die gesunde Wirt­schaft, der man auf dem Wege der Notverordnungen niemals billigen Umsatzkredit zu 4 % und niemals billigen neuen Anlagekredit zu 4 - 5 % verschaffen kann, würde den Umsatz- und Anlage-kredit bekom­men, den sie braucht, ohne hinter den schlechten Firmen zurückstehen zu brauchen. Eine legale Ankurbelung ohne alle Zaubermittel, ohne Kampferspritzen und raffinierte Arzneien wäre herbeigeführt, wenn man es fertigbringt, einmal die einfachen Wege zu wählen, anstatt des kompli­zierten.

            Die Dresdner Bank würde also vermöge ihrer Kraft und ihres großen, auch landwirtschaftlichen Zweig­stellensystems dieselbe Rolle in Deutschland zu spie­len geeignet sein, wie der Crédit Lyonnais in Frankreich, der übrigens seine überragende Stellung ganz ähnlichen historischen Umständen verdankt (vgl. S. 127).

 

            Abstellung tief sitzender Organisa­tionsfehler. — Dazu würden freilich noch einige organisatorische Eingriffe nötig sein. Die organisa­torischen Schäden, die sich bisher in den Großbanken gezeigt haben, müssen rückhaltlos ausgerottet wer­den, wenn man ein gesundes Fundament legen will.

            Der schlimmste Schaden unserer Großbanken ist die Beibehaltung von Privatbankier-Allüren auch in der Großbankorganisation, ohne daß man persönlich haftete, wie der Privatbankier. Man betrachtete die eigene Großbank vielfach als ein Ob­jekt, das man nach Kräften ausschlach-

 

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ete. Der Außenstehende glaubte oft, daß jede der Großbanken eine umfangreiche Abteilung zur Bearbeitung der Großkredite besitzt, die mit ersten Fachkräften, Spezialisten für jede Branche und Kennern des Kostenwesens und der Verkaufsorganisation all der großen Betriebe ausgerüstet ist, die die Vielmillionenkredite erhielten. Er hätte vermuten können, daß diese Spezialisten auf Grund ihrer Revisionen und ihrer laufenden Übersichten genau über den täglichen Güterversand dieser Industriewerke, über den Rechnungsausgang und -eingang Bescheid wissen, um danach genau den Betrag der täglichen echten Umsatzkredite zu bemessen und nach entsprechenden Gesichts-punkten den Anlagekreditbedarf zu ermitteln.

            Kam man dann in die Großbank herein, so war das Staunen groß: Niemand bekümmerte sich eigentlich sachverständig um die Großkredite, keiner wußte sie zu beurteilen, man ging immer noch nach mittelalterlichen "Bonitäts"-Schätzungen, als wenn es eine Betriebswirtschaftslehre, geschweige denn eine Lehre von der Kredit-gewährung noch gar nicht gäbe. Es gab vielmehr einige gewaltige Matadore, von denen jeder 40 - 60 Aufsichts-ratsposten verwaltete, die branchenmäßig auf die verschiedenen Herren verteilt waren. Diese Leute gingen in der Verwaltung ihres Privatgeschäfts, d. h. der zahlreichen Aufsichtsr­atsmandate, völlig auf und eilten von einer Kreditverhandlung zur andern, von dem telefonischen Ansuchen der einen Firma um Kredit zu dem der andern. Sie hatten nur ihre Sekretärin als Hilfe und hielten sich an den Maschinenbuchhalter, der im übrigen an festgesetzte Kreditpauschale gebunden war. Für die Organisation der Bank blieb keinerlei Arbeitskraft übrig; sie überließ man schlecht bezahlten Oberbeamten, die keinen Einblick haben konnten,

 

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weil sie zu der entscheidenden Personengruppe nicht gehörten, an den Verhandlungen nicht teilnahmen und die Betriebe nie selbst gesehen hatten. Um ihr Privatgeschäft handelte es sich deshalb, weil die Einnahmen aus dieser Betätigung, die Tantiemen, ihnen selbst zuflossen und nicht der Bank, ob­wohl sie keineswegs wegen ihrer über-ragenden Lei­stungen, sondern nur wegen der Finanzkraft ihres Instituts zu diesen Einnahmen gekommen waren. (jz47)

 

            Keine Tantiemen mehr aus der Hand der Vertragsgegner. — Wir haben also bis auf den heutigen Tag das erstaunliche Bild vor uns, daß die Direktoren ihre Bezahlung zum gro­ßen Teil nicht von ihrer Bank erhal-ten, sondern von den Gegenkontrahenten der Bank 1). Der Kreditnehmer bezahlt mit Hilfe der Tantiemen die leitenden Persönlichkeiten der Kreditgeber! Was im Anwaltsstande, ja in der gesam­ten Wirtschaft und gerade in den guten Betrieben 2) als eine entehrende Zumutung aufgefaßt wird, Geld zu nehmen von dem Gegner, mit dem man zu kämp­fen hat, das ist bei den obersten Zentren des deut­schen Kredits die Regel. Man kritisiert jetzt häufig zu unrecht die Höhe der Spitzengehälter; denn eine wirklich hervorragende Persönlichkeit ist wegen ihrer Leistungen auch beim höchsten Gehalt billig, überhaupt materiell kaum aufzuwiegen. Auch die Bezahlung durch Tantiemen ist durchaus zu wün­schen, damit ein Interesse am Gedeihen des eigenen Unternehmens  vorhanden  ist. Was allein  gerügt

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1)      In einzelnen Fällen soll die Tantiemeeinnahme aus den Mandaten doppelt so hoch gewesen sein als das Gehalt. Daß die eine der Großbanken die Tantiemen poolt, was zum mindesten ein Fortschritt ist, ist hoch anzuerkennen.

2)      Vgl. die Verh. des Favagprozesses.

 

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werden muß, ist die Bezahlung nicht nach Maßgabe des Reingewinns der Bank, der man vorsteht, den man mitge-schaf­fen hat, sondern nach Maßgabe des Ge­winnes des Vertragsgegners. Welche Seelen­stärke gehört dazu, um nicht ein klein wenig gefü­giger zu sein, wenn der gegenübersitzende Industrielle erklärt, durch jene neue Investion, durch den erbete­nen zusätzlichen Kredit oder durch eine Fusion werde man in die Lage kommen, eine verdoppelte Tantieme auszuschütten, oder wenn er sagt, man werde den Bankdirektor auch in den Aufsichtsrat wählen, der soviel einbringe, wenn man dieses an­geblich sehr gute Geschäft mache.

 

            Eine Reichsregierung, die mit so eiserner Energie die Reinigung des Wirtschaftslebens anstrebt, kann unter gar keinen Umständen dieses durch immer mehr Prozesse bloßge­stellte System in den reichseigenen Großbanken mitmachen. Sie wird ohne Frage die Mittel zu finden wissen, um hier ein Vorbild zu geben, das sie und viele hochangesehene Firmen immer hochgehalten haben 1). (18)

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1)      Der Präsident des Reichsverbandes der deutschen Industrie, Dr. Krupp von Bohlen-Halbach, erklärte am 27. November mit Rücksicht auf die zutage getretenen Mißstände: "Der gesunde Sinn der deutschen Kauf-mannschaft lehnt lerartige Machenschaften entschieden ab. Sie betrachtet unbestechliche Ehrbarkeit als höchste Pflicht aller Berufsangehörigen und ist nicht gewillt, ihren guten Namen durch Duldung laxer Moralbegriffe gefährden zu lassen. ... Wir erachten is als unsere besondere Pflicht in dieser Zeit, alle Kräfte an die Selbstreinigung der deutschen Wirtschaft zu wenden, und gegenüber jedem, der vom Wege des ehrbaren Kaufmanns ab­reicht, eine scharfe Trennungslinie zu ziehen ..."

 

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            Ein Brief des englischen Schatzkanz­lers. — Daß wir uns durch die Rückkehr zu solchen Moralbe-griffen gerade im Auslande, wo man über un­sere heutige Lage sehr genau Bescheid weiß, wieder Kredit und hohe Achtung verschaffen können, ist wohl unzweifelhaft. Wie sehr man dort klare geschäftliche Moralbegriffe zu schätzen weiß, ergibt sich aus dem Briefe Philipp Snowdens an die Zeitschrift "The Banker" anläßlich des Eintritts Mc. Kennas in den Aufsichtsrat der Canadian Pacific Railway. Er lautet:

 

"Der Generaldirektor einer großen Bank, die enge Beziehungen zu Hunderttausenden von Geschäfts­leuten hat, ist in einer einzigen Stellung, und er sollte keine wirtschaftlichen Interessen haben, die möglicherweise mit denen einiger Kunden seiner Bank in Widerstreit kommen können. Es ist vor allen Dingen wesentlich, daß Gewerbetreibende, denen Kredit das Blut ihres Unternehmens ist, das vollste Vertrauen besitzen, daß die Banken frei von parteiischen Neigungen sind, daß sie in der Lage sind, ohne Zu- oder Abneigung jedes Gesuch um ihre Hilfe nach seinem Wert behandeln zu können.

 

Das tatsächliche Monopol des britischen Gewerbe­kredits, das jetzt in den fünf Großbanken zusam­mengefaßt ist, legt ihnen eine furchtbare Verant­wortung auf; und es ist von Lebenswichtigkeit, daß sie sich als Treuhänder der nationalen gewerblichen Wohlfahrt betrachten. Der Generaldirektor eines solch gewaltigen Konzerns hat gerade genug Arbeit und Verantwortlichkeit, auch ohne daß er an an­deren gewerblichen Unternehmungen interessiert ist.

 

Die heilsame Regel, daß Staatsminister nicht dem Aufsichtsrat von Aktiengesellschaften ange-hören sollen, weil ihre Pflichten gegen die Allgemeinheit

 

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mit ihren anderen Interessen in Widerstreit geraten möchten, ist ebenso anwendbar zu solchen halb­öffentlichen Verbänden, wie eine Bank mit derart weiter Verzweigung wie eine unserer fünf Groß­banken."

 

            Eine Finanzstudienabteilung. — Inter­essant ist es, die Analogie zwischen der heutigen Ent­wicklung und der Geschichte des Crédit Lyonnais zu verfolgen. Als Germain, der Schöpfer des Crédit Lyon­nais, seine Tätigkeit inmitten völligen Vertrauens­schwundes begann, weil alle damaligen Banken fest­gefahren waren, stellte er die Grundprinzipien der Geschäftsführung in seinem Institut auf, die er später mit so gewaltigem Erfolge verwirklicht hat, indem das französische Depositenbankwesen bis heute durch seine Tradition gesund geblieben ist. Er forderte nicht nur die absolute Beschränkung auf das kurzfristige Ge­schäft, die praktische Unverzinslichkeit der Depositen und die Vermittlung des langfristigen Kredits nur in Effektenform, sondern er schuf auch die Finanz­studienab-teilung, die das Institut berühmt ge­macht hat. Man hat sie aus naheliegenden Gründen nicht mit übernommen, während man sonst so sehr viel von dieser vorbildlichen Großbankorganisation lernte. Hier wurden nach den modernsten Prinzipien die Großkredite bearbeitet, die nach Lage der Sache von einem Großbankdirektor un-möglich neben­bei mitverwaltet werden können. So wurden die Kräfte der leitenden Leute frei für die Organisation ihrer Bank, so mußte Organisatoren an die Spitze berufen werden, und nicht mehr Spekulanten.

 

            Eine solche Abteilung wird auch bei der gesunden Großbank des Reichs gegründet werden müssen. Die Kreditgewährung  wird nicht mehr eine Frage der

 

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Konnexionen, sondern ein ebenso nüchternes Problem werden müssen, wie etwa das Eisenbahnfrachtgeschäft. Die Aufsichtsräte werden von den besten Spezialisten besetzt werden, die neben ihrem Fixum eine Tantieme entweder vom Gesamtgewinn der Bank oder von den Überschüssen erhalten können, die von der Bank auf den Konten dieser Kreditnehmer erzielt werden. Die Tantiemen fließen in die Kasse der Bank. So wird dem volkswirtschaftlich unerträg­lichen Zustande ein Ende bereitet werden, daß viel zuviel Großkredite gewährt werden, obwohl sie nach Abzug der Delkredere-Verluste nicht etwa Gewinne für die Bank bringen, sondern Verluste, während die Ge-winne an ganz anderer Stelle entstehen, nämlich bei den Persönlichkeiten, die die Aufsichtsratsmandate bei sich vereinigen. Durch dieses System der Ausplünderung der Banken ist eine ungesunde Konzernierung und Ver-trustung befördert worden, die nicht der Wirtschaft diente, sondern nur der Hauswirtschaft einiger Leute; gleichzeitig ist der mittleren und klei­neren Industrie, die doppelt soviel Deutsche beschäf­tigt, als die 66 Riesen-betriebe 1), der Kredit unzulässig verkürzt worden.

 

            Ausschliesslichkeitsverhältnis. — Hand in Hand mit dieser Reform müßte versucht werden, dem Un-wesen zu steuern, daß ein Kreditnehmer, wenn er groß ist, bei vielen Banken gleichzeitig für dieselben Zwecke Kredit entnehmen darf, ohne daß die einen Banken von den anderen wissen. Solange dies System nicht beseitigt ist, kann eine Bank gar nicht wissen, wieviel Kredit sie geben darf. (20) Vielleicht gelingt es, durch eine Besteue-rung oder ein anderes

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1)      Über 5000 Arbeiter, 1925, Reichsstatistik.

 

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Mittel diesem Mißbrauch beizukommen, der in das deutsche System der Arbeitsvereinigung im Bankwesen nicht passt.

 

            Beseitigung des Sicherheitsprinzips. — Nicht nur in der Verwaltung der Großkredite, sondern in der gesamten Kreditgewährung müßte ferner der Gedanke ausgerottet werden, als sei ein Kredit gesund, für den Sicherheiten gestellt werden.

Das Prinzip, dann Kredite zu gewähren, wenn Sicher­eiten gestellt werden, ist ein Krebsschaden unserer gesamten Wirtschaft. Es führt zu Fehlinvestionen, indem sinnlose Dinge gebaut werden, wie etwa noch eine Automobilfabrik oder noch ein Stahlwerk, nur weil Sicherheit gestellt wird, und es führt zur Verweigerung von Kredit an gesunde aufstrebende Firmen, die zwar Ware umsetzen, aber keine hypothekarisch beleihbaren Grundstücke haben. Heute, wo alle Sicherheiten sich als illusorisch erwiesen haben, müßte diese Einsicht selbstverständlich sein.

 

            Individualprinzip statt Pauschalprinzip im Kreditgeschäft. — Natürlich sollen keine unsicheren Kredite gewährt werden, vielmehr sollen die umsatzorientierten Kredite viel sicherer sein als die sogenannten gesicherten. Das neue und alte Prinzip der zukünftigen Kreditgewährung wird as Individualprinzip sein müssen. Jeder Kredit wird nur im Anschluß an ein bestimmtes Warenlieferungsgeschäft des Kunden zu gewähren sein, nicht pauschal nach vorher festgesetzten Limiten, die immer den zurückgehenden Firmen zuviel und den aufstrebenden Firmen zuwenig geben. Die fristgerechte Tilgung dieser vielen Einzelkredite im Kontokorrent (in Analogie zum Diskont-kredit)  läßt

 

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sich auf dem Konto des Kunden vom Bankbuchhalter recht gut überwachen, indem die Rechnungen, die bevor-schußt worden sind, eines Tages eingehen müs­sen. So gewinnt zugleich die Bank eine genaue Kenntnis von der sehr wichtigen Bonität des Kunden­kreises, den der Bankkunde seinerseits beliefert.

            Man hat freilich letzthin in den Bankbuchhaltern oft lediglich eine Art von lebendigen Buchhaltungs­maschinen gesehen, oder eine Art von Monteuren, die ihrerseits Buchhaltungsmaschinen bedienten. Da­bei hat man die Funktionen des überaus wichtigen alten Buchhalters, der die Konten mit all ihren Inti­mitäten genauestens kannte, Reitwechsel aufdeckte usw., häufig auf einen "Kartenverwalter" übertragen, der Tausende von Karten gleichzeitig verwaltete, also lediglich Registrator war und zu der Beobach­tung der Kredite gar nicht kam. Diese Fehlorgani­sation zeigt, welch mechanistischer Geist bei derarti­gen schlechten Organisatoren herrschte, und wel-ches die Folgen sind, wenn eine hohe Direktion auf Grund von betriebsfremden Einflüssen ein Kreditpauschale festsetzt, so daß sich die Buchhaltung nur noch um die Einhaltung dieses Limits bekümmern darf. (21)

 

            Die Rückkehr zum Individualprinzip wird von allen denjenigen für zu mühevoll und un­möglich erklärt werden, denen das Bankwesen ein totes Gebiet geblieben ist. Seine Belebung wird eine Befruchtung der gesunden und aufstre­benden Mittelwirtschaft bedeuten und den Banken wenig Verluste und viele Vorteile bringen.

 

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3. DIE SICHERUNGEN DES NEUEN SYSTEMS

 

            Unbedingtes Festhalten am Goldstan­ard notwendig. — Diese Hauptzüge der Reformen müßten um viele andere erweitert werden, wenn hier die Details und nicht vielmehr nur das Prinzipielle darzustellen wäre. Es sollen daher nicht kleinere Einwände behandelt werden, sondern nur die einzige diesen Reinigungsabsichten völlig zuwiderlaufende Behauptung, daß nämlich nicht das Missmanagement unserer Banken, sondern die Goldwährung an der Geldkrise schuld sei. Sogar G. Cassel tritt jetzt für den Verzicht auf den Goldstandard ein. Eine immer wachsende Gruppe von Gelehrten und Praktikern erklärt, "daß man nur noch die Wahl zwischen Schuldabwertung und Geldabwertung" habe and sich gegebenenfalls mit der letzteren befreunden müsse. Allgemein wird behauptet, die Goldwährung habe in dieser Zeit ihr größtes Fiasko erlebt, sie habe versagt und müsse fallen gelassen werden, damit die Wirtschaft gerettet werden könne. Die Frage, ob es wirklich die Goldwährung war, die versagt hat, ist daher zu prüfen.

 

            Das angebliche Fiasko der Goldwährung.    Deutschland, England und verschiedene andere Länder  haben kurzfristige Kredite im Betrage von vielen Millionen Gramm Feingold aufgenommen und langfristig angelegt, in Häusern, Maschinen usw., vielfach auch einfach, um schwer verkäufliche Waren nicht zu schlechten Preisen absetzen zu müssen; wie z. B. England die brasilianische

 

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Kaffee-Ernte in der Hoffnung auf bessere Preise lom­bardiert hat. Die Kredite sollen nun zurückgezahlt werden, entsprechend den eingegangenen Verpflich­tungen. Ich spreche hier von "Deutschland", "Eng­land" — etc., obwohl das eigentlich nicht richtig ist. Nicht die Nationen, sondern einige we­nige Leute, deren Namen keineswegs unbe-kannt sind, die haben die Kredite aufgenommen, und an­dere, deren Namen man ebenfalls kennt, haben die Kredite gegeben. Nicht der deutsche Kredit in der Welt ist also zerstört, sondern der Kre­dit einiger bedeutender deutscher Firmen, nicht Deutschland hat eine schwebende Devisenver­schuldung, sondern einige Banken, die falsch dispo-niert haben. Geldnehmer und Geld­geber galten und gelten als die allergewiegtesten Prak­tiker, und mehrere gelten außerdem noch als Wissenschaftler. Diese Leute haben aber offenbar das allererste Grundgesetz des Bankwesens verletzt, welches lautet: Kurzfristiges Geld darf nicht langfristig angelegt wer­den. Geschieht es aber, so kann beim ehrlichsten Willen des Schuldners nicht kurzfristig zurückgezahlt werden.

 

            Diese Schuldner sollen nun in Gold zurückzahlen. Ja — wenn der Index nicht Gold gewesen wäre, son­dern irgend etwas anderes, Silber oder Eisen, Roggen oder Kohle, oder eine Kombination von beliebig viel Sachwerten, so hätten die Schulden ja auch nicht zurückgezahlt werden können. (jz48) Nun sagen die Herren: Irrtum, Irrtum! Wir sollen das Terminrisiko ver­nachlässigt haben? Nein, nein — aber daß wir Gold zahlen sollen, das ist die Ursache. (jz49) Abgesehen also von der Möglichkeit, ob es einen noch beständigeren Wertmaßstab gibt als das Gold: Versagt hat in unserer Zeit nicht die Goldwährung, sondern die Be-

 

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fähigung (jz50) der Kapitäne der Wirtschaft. Diese ziehen nun Nutzen aus der Tatsache, daß niemand auf die unglaubhafte Vermutung zu kommen wagt, ein Kaufmann werde derartig unklug sein, daß er kurzfristige Gelder langfristig anlegt, so daß allgemein nach viel zu komplizierten Erklärungen gesucht wird.

 

            Die augebliche Änderung des Goldwer­ts.— Nun wird gesagt, der Wert des Goldes habe sich so stark verändert, daß das Gold als Maßstab nicht mehr brauchbar sei. Wer das einwendet, müßte erst darlegen, welchen besseren Maßstab er denn vorzuschlagen hat, etwa sein Papier? Dazu ist die Tatsache der Wertänderung des Goldes merkwürdigerweise nur in den Ländern festzustellen, in denen die Banken in Schwierigkeiten sind, kaum aber in Frankreich. Welches sind denn die Gründe für diese angebliche Wertänderung? Einmal hat man riesige Warenlager (Weizen, Kaffee usw.) unter Verstoß gegen alle Bankprinzipien lombardiert und dadurch Absatz fingiert, so daß diese Preise dann in der entgegengesetzten Richtung extrem ausschlagen mußten. Sodann hat man alle Kreditmittel, besonders den Notenumlauf, so einseitig auf die Durchhaltung alter Positionen konzentriert, daß echter Umsatzkredit nicht mehr zu erhalten war. So wurde der Güterverkehr lahmgelegt und die Märkte zerstört. Da die Waren nun unverkäuflich waren, mußten die Preise fallen. Das liegt aber nicht am Gold. Dieser Preissturz hält bei jedem anderen Maßstab an, wenn man auch beim Papier oder Index fortfährt, den Güterumsatz zu stran-gulieren, um schlechte Kredite zu prolongieren. Den Beweis haben wir 1923 erlebt, als die Goldpreise ebenfalls dem Nullpunkte nahe waren, weil die damalige, heute wieder propagierte Papierwirtschaft den Warenaustausch ebenso

 

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strangulierte, wie die heutige Missleitung der Banken, hatte doch die Reichsbank damals 98 % ihrer Mittel dem Staat illiquide geliehen, und sollte doch damals der gesamte Warenverkehr mit etwa 300 Millionen Mark Gold-wert Banknoten auskommen!

 

            Krise der Köpfe, nicht des Goldes. — Nicht das Gold ist also schlecht gewor­den, sondern die Bankdirek-toren; sie haben den Unterschied zwischen Wechsel und Hypo­thek nicht mehr verstanden. Es ist menschlich be­greiflich, daß man nicht sagt: Wir haben schuld, sondern erklärt: Das Gold ist schuld, und die Poli­tik ist schuld, denn wenn das Volk nicht so aufgeregt wäre, so wäre es noch lange nicht zum Run gekom­men. Wir haben in allen Konkursversammlungen immer wieder erlebt, daß der Gemeinschuldner sich rühmt, nur das Eingreifen der Auf-sicht, des Staats­anwalts usw. habe die Ausführung seiner ausgezeich­neten kaufmännischen Dispositionen verhin-dert und dadurch den Bankerott herbeigeführt. Die Bankiers, die so argumentieren, vergessen dabei, daß ein Bank­wesen, wenn es überhaupt diesen Namen verdienen will, so konstruiert sein muß, daß politische Schwie­rigkeiten, Aufgeregtheit des Publikums usw. für es ebenso belanglos sind wie etwa für das Eisenbahn­wesen. Spekulanten, die das Bankgeschäft für die Kunst halten, aus kurzfristigen Geldern langfristige zu machen, verdienen den Namen von Bankleuten nicht.

 

            Zentralbankleute gegen Goldwährung. — Daß die Leichtigkeit, mit der sich Viele heute von der Gold-währung abwenden, mit der Neigung zur Zentralbankidee zusammenhängt, die fast immer zum Zwangskurs führt und damit eines Tages zur Infla-

 

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ion, wurde bereits erwähnt. Es ist überhaupt ein großer Fehler der Publizistik der Nachkriegsjahre, daß man den Unterschied zwischen einlösbaren Banknoten und uneinlöslichem Bankpapiergeld vergessen zu haben scheint, der vor dem Kriege geläufig war, der als selbstverständlich galt und nie bestritten wurde, dessen Beseitigung wissen-schaftlich bis heute nicht einmal versucht worden ist, der eben nur in Vergessenheit geriet, weil der Krieg mit seinem Inflationszeitalter 16 Jahre lang die Geldscheine aller Länder in uneinlösbare gesetzliche Zahlungsmittel verwandelte.

Es muß erst noch festgestellt werden, ob nicht die gesamte monetäre Konjunkturwissenschaft etwa nur für den normalen Fall des uneinlösbaren Zwangsgeldes gilt; ist doch die Kreditinflation, das Zentrum der monetären Konjunkturtheorie — von Staatsinflation ganz zu schweigen — überhaupt nur bei uneinlöslichem Gelde möglich 1) (jz51).

 

            Die Begriffe "Währung" and "Zwangskurs". — In dieser Schrift ist immer wieder von der Unmöglich-keit die Rede gewesen, einlösbare Banknoten zu inflationieren. Dieser Satz kann nur dann in seiner ganzen Wich-tigkeit verstanden werden, wenn man einen Blick auf das Zentrum des Währungsbegriffs richtet.

           

            Währung ist nicht mehr als die gesetzliche Erklärung, daß die Wertmaß-Einheit soundso benannt wird,             etwa Reichsmark, und gleich dem Werte von soundsoviel Gramm Feingold ist.

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1)      Vgl. auch das ausgezeichnete Buch von Carl Rosch: Kreditinflation und Wirtschaftskrisen, Jena 1927.

 

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            Die beste Parallele dafür ist das Längenmass , das Meter heißt und gleich der Länge eines Platin­stabes ist, der in einem tiefen Keller von Paris auf­bewahrt wird. Alle Metermaße der Welt, die länger oder kürzer sind als dieser Stab, sind falsch, sind also keine Meter. Alle Reichsmarknoten, die weniger oder mehr wert sind als die festgesetzte Zahl Gramm Gold, sind falsch und sind keine Reichsmark.

 

            Es scheint bei dieser einfachen Lage unbegreiflich, wie über­haupt Inflationen möglich sind. Auch das erklärt die Parallele mit dem Meter: Wenn die Regierung etwa zur Stützung der Tuchbranche ein Gesetz macht, wo­nach alle aus Fichtenholz gefertigten Meterstäbe ge­setzliches Metermaß sind ("Zwangsmeter"), so be­ginnt die Inflation: der unehrliche Kaufmann näm­lich, der ein Stück von seinem Metermaß abschnei­det, um mehr Geld für den gleichen Ballen zu erhal­ten, kann daran nicht mehr verhindert werden: denn in jedem Prozeß müßte das Gericht erkennen, daß das Stoffquantum richtig zugemessen ist, weil gesetz­liche Fichtenholzmeter verwandt worden sind. Diese Mißwirtschaft würde keineswegs dadurch beseitigt werden, daß man das Plantinmeter in Paris etwa zer­bricht (den Goldstandard abschafft), sondern allein dadurch, daß man das Gesetz auf­hebt, das irgend-welchen andern Meter­maßen außer dem einen Originalmeter in Paris gesetzliche Maßkraft zuerkennt. (jz52)

 

            Ebenso kann Inflation der Währung auch nur eintreten, wenn man irgendwelchen papierenen Zahlungs-mitteln den Cha­rakter als gesetzliches Zahlungsmittel zuerkennt, wonach sie, wenn sie nur noch 90 wert sind, doch zu 100 genommen werden müssen, wenn man ihnen also Zwangskurs gibt (vgl. S. 88). Es

 

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ist völlig unbegreiflich, wie das Originalmeter in Paris dadurch sollte verändert werden können, daß irgend­eine Eisenhandlung falsche Metermaße verkauft. Ebenso ist es für mich völlig unver­ständlich, wie die deutsche Goldwäh­rung inflationiert werden könnte, wenn irgendeine Bank private Noten ausgibt, die nur 90 oder 80 wert sind. Gewiß können Noteninhaber betrogen werden, aber eine allgemeine Preissteigerung kann nicht eintreten. Solange auf diesen Noten zugesichert ist, daß mindestens die Bank sie zu 100 % des Goldmaßstabes in Zahlung nehmen wird, könnte das nur dazu führen, daß sich jedermann beeilt, die Noten der Bank zur Zahlung vorzulegen, oder zur Zahlung an die Bank zu be­nutzen. Kann die Bank dann nicht zahlen, so muß sie Konkurs ansagen. Zerstört wird also, solange kein Zwangskurs besteht, nur der gefälschte Meter oder die Note der mißleiteten Bank, nicht aber der Goldstandard, nicht das Preisniveau der Waren. Das falsche Zahlungsmittel wird entwertet, nicht aber werden die Waren aufgewertet. Die Preise in Goldeinheiten bleiben dieselben.

 

            Radikales Mittel gegen alle Inflationsgefahren. — Die Reichsmark ist also gegenwärtig nur dadurch in Gefahr, daß der Reichsbankpräsident, der ein schweres Erbe von seinem Vorgänger übernommen hat, in der kurzen Zeit seiner Tätigkeit trotz unsäglicher Anstrengungen die Fehler von 20 Jahren nicht wieder gutmachen konnte. (jz53) Seine Noten sind seit 1909 gesetzliches Zahlungsmittel, was früher nur unter Widerstreben für Sturmzeiten vorübergehend (jz54) zugelassen wurde, und sie sind seit 1914 nur von Ende 1929 bis

 

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Mitte 1931 einlösbar gewesen. Diese vorübergehende Periode der Einlösbarkeit ist nicht als vollwertig zu be-trachten, da die Reichsbanknoten auch in dieser Zeit gesetzliches Zahlungsmittel waren; und sie konnte nur vor-übergehend sein, da Luthers Vor­gänger eine "geborgte Währung" zurückgelassen hatte, indem er unter Verken-nung aller Bankregeln die gefährlichen kurzfristigen Auslandskredite her­eingelassen und die ungefährlichen und unkündbaren Anleihen des Auslandes verboten hatte. Der Reichsbankpräsident Luther, der eine hoffnungslose Situation vorfand und wohl als ein­zigster auch theoretisch die Lage überblickt hat, hat mit aller Energie am Goldstandard festgehalten (jz55); er wird vielleicht auch der erste sein, der der radi­kalsten Sicherung Schritt für Schritt sich nä­hert, die überhaupt gedacht werden kann: Der Rückführung der Reichsbanknoten in die Einlösbarkeit und der Aufhebung ihrer gesetzlichen Zahlkraft. Erst wenn das Schicksal der Reichsbank von dem unsicheren Geschick so vieler schwacher Kredit-anstalten gelöst wird, erst wenn nicht mehr sie die Illiquidisierung auszuhalten haben wird, sondern die auch (jz56) ausländischen Geldgeber jener Anstalten, wozu in dieser Schrift Wege angedeutet werden sollen, erst dann wird man sich diesem Endziel wieder nähern können, womit die von Luther immer er­strebte endgültige Sicherung des Gold­standards erreicht wäre.

 

            Inflation ist nur bei Zwangskurs mög­lich. — Dieser erste Grundsatz kann nicht genug betont werden. Alle akzessorischen Zahlungsmittel, die nicht gesetzliches Zahlungsmittel sind, können

 

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bei Mißbrauch oder Zuvielausgabe nur sich selbst ruinieren, niemals die gesetzliche Reichswährung, heute also die Reichsbanknoten. Auch das Doppel­währungsproblem kann bei derartigen akzessorischen Zahlungsmitteln nicht auftreten, da das Greshamsche Gesetz sich ja gerade auf das Nebeneinander zweier uneinlösbarer Zwangskurs-zahlungsmittel bezieht.

 

            Mit nicht aufdrängbaren privaten Zahlungsmitteln kann man ebensowenig inflationieren, wie man etwa mit unterwertigen Aktien den Wert der Aktien des Aktienmarktes zerstören kann. Bringt ein Herr Lehmann für 100 Mill. M. wertlose Aktien einer Lehmann-Aktiengesellschaft in Verkehr, und findet er Käufer, so haben diese un­glücklichen Käufer gewiß ihr Geld verloren; es ist aber nicht einzusehen, wieso dadurch der Kurs der Farben-Aktien beschädigt werden könnte. Vielmehr ist bei diesem Beispiel klar, daß die Farbenaktie nur rui­niert wird, wenn die Regierung durch Gesetz den Leh­mann-Aktien Zwangskurs geben würde, wenn sie sie also, um im Bilde zu bleiben,  für lieferbar als Farbenaktien erklären würde. Dann würden die Farbenaktien allerdings stärkstens fallen und dann würde auch das Greshamsche Gesetz in Tätig­keit treten, indem die alten echten Farben-Aktien vom Markte verschwinden würden. Genau wie am Aktienmarkte kann auch am Geldmarkte die Ver­mehrung der einlösbaren Goldsurrogate niemals das Gold entwerten, was sich schon aus dem Beispiel des Metermaßes ergab.

 

            Die Wissenschaft über die Unmöglich­keit der Inflation bei Einlösbarkeit. — Über die grundsätzliche Unmöglichkeit der Inflation bei Abwesenheit des

 

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Annahmezwanges herrschte immer weitgehende Einhelligkeit; wir zitieren hier nur wenige der größ­ten Vor-kriegsgelehrten und Mitschöpfer des ruhm­reichen Vorkriegssystems. Fr. Knapp, der schon mehrfach zitiert wurde (S. 38, 40), erklart über die Unmöglichkeit der Inflation ohne Zwangskurs noch folgendes (4. Aufl., S. 161):

 

            "Der andere landläufige Irrtum ist der, daß akzessorische Geldarten, wie z. B. Taler oder Reichs­silber-   münzen bei uns, in ihrer Herstellung beschränkt werden müßten, damit sie sich in ihrer nominalen Gel-          tung erhalten. Die Talerprägung ist in der Tat gesperrt; die Prägung der Reichssilbermünzen ist an be-        stimmte Vorschriften in bezug auf die Menge gebunden. Gesetzt, man hebe diese Beschränkungen auf              so meinen viele, das habe einen Ein­fluß auf den Kurs dieser Stücke. Auch dies ist vollkommen falsch. …     Die einzige Wirkung wäre, daß bei festgehaltener Einlösbarkeit ein großer Zudrang zur Einlösung statt-     finden würde; wäre auch die Einlösung aufgehoben, so würden wesentlich diese Stücke zu epizentrischen          Zahlungen benutzt, so daß die Staatskassen vor lauter akzessorischem Gehle nicht mehr wüßten, wie sie es    aufspeichern sollen. Das ist eine große Verlegenheit für den Staat, aber für den Kurs der Taler folgt daraus          gar nichts. ... Die Menge des akzessorischen Geldes kann also dem Staat (Anm.: und bei Banknoten der       Emissionsbank) manche Verlegenheit bereiten, aber von ihr hängt weder die Geltung ab, noch unterwühlt           die Menge an sich bereits die Stellung desjenigen Geldes, das bis dahin valutarisch war."

 

FriedrichKnapp sagt weiter auf S. 126 seiner 4. Auflage:

 

"Für die Banknoten besteht also — bei Ein-

 

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lösbarkeit — eine Kursregelung gegenüber dem staat­lich emittierten Gelde, die an Hylodromie erinnert, aber es wird nicht einem bestimmten Metall ein fester Preis gesichert, wie bei der Hylodromie, sondern es wird die Festigkeit des Kurses der Banknote gegenüber dem staat­lich emittierten Gelde zuwege gebracht."

 

Eine Seite vorher heisst es:

 

"Hiernach gewinnt es den Anschein, als wenn wir die Einlösbarkeit der Banknote in ihrer Wichtigkeit bedeutend unterschätzen, während doch alle (!) Ökonomisten mit Recht hierauf den höchsten Wert legen ..."

 

            Während Budge, ebenfalls einer der angesehensten neueren Geldtheoretiker, das Problem in dem bisher allein vorliegenden ersten Bande seiner Theorie nur streift, kommt von Mises, der neben Knapp am meisten anerkannte Theoretiker, zu folgenden Fest­stellungen (1924, S. 331):

 

"Daraus folgt, daß eine Stelle, die Geldsurrogate ausgibt, niemals mehr davon in Verkehr zu setzen vermag, als dem Bedürfnisse ihrer Kunden für den Verkehr untereinander entspricht. Jeder darüber hinaus-gehende Betrag wird aus dem Verkehr zur Ausgabestelle zurückströmen, die ihn gegen Geld  umtauschen muß, will sie nicht das Vertrauen erschüttern, das die Grundlage ihres ganzen Geschäfts bildet. ..."

 

Leider hat Mises nicht die Konsequenz gezogen, sein inflationierbares Zwangskursgeld aufgegeben und die nicht inflationierbaren einlösbaren privaten Zahlungsmittel in den Mittelpunkt seiner Betrachtungen gestellt; was doch nahegelegen hätte. Auch dieser Gegner des Etatismus verzichtet also nicht auf das staatliche Pri­vileg des An-nahmezwanges. (22)

 

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            Ad. Wagner sagt in seinem System der Zettel­bankpolitik, Handbuch des Zettelbankwesens, 1873, das noch heute unübertroffen ist, S. 36 folgendes:

 

"Fehlt ihm (dem uneigentlichen Papiergelde) zu­gleich die Einlösbarkeit, so wird es strenggenom­men zum eigentlichen Papiergelde — eine beson­ders bedenkliche Folge, wenn dieselbe sich in nor­malen Zeiten bei einer Beschränkung auf eine kleine Menge Papiergeld sich auch nicht sofort in einer Ent-wertung des Papiergeldes zeigt ... Wo Staatspapiergeld trotz seiner Bedenklichkeiten ein­mal eingeführt ist, ist die Einlösbarkeit unbedingt zu fordern (23) and möglichst zu erleichtern, der Zwangskurs aber noch mehr wie bei der Banknote zu vermeiden. Denn noch leichter wird dann der verhängnisvolle Schritt zur eigentlichen Papier­geldwirtschaft durch gesetzliche Aufhebung der Einlösbarkeit oder bloße tatsächliche Einstellung der letzteren gemacht werden."

 

Ähnlich spricht er sich über die französischen Ver­hältnisse nach 1870 S. 542 - 43 aus.

 

            Ad. Weber, Allgemeine Vwl., II., Leipzig 1932, sagt S. 234:

 

"Die Bedeutung der Einlösungspflicht beruht nur darauf, daß sie ein weiteres Mittel ist, um die Vermehrung der Banknoten über eine gewisse Grenze hinaus zu verhindern."

 

            In meisterhafter Weise äußert sich J. - G. Courcelle-Seneuil, der große französische Bankklassi­ker, in seinem Werk La Banque Libre, S. 65. Es würde jedoch zu weit führen, diesen und viele andere Au­toren zu der wohl hinreichend geklärten Frage wört­lich zu zitieren. So möge es genügen, noch Lexis aufzuführen, der nicht nur Berater der Reichsbank,

 

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sondern auch das unumstrittene Haupt der deutschen Geld- und Banktheorie der Vorkriegszeit war, durch dessen Eintreten Knapp überhaupt erst volle Anerken­nung fand. Lexis ging, wie Knapp, ebenfalls davon aus, daß eine Inflationierung nur solcher Zahlungsmittel möglich ist, für die eine gesetzliche Annahmepflicht be­steht. Trotzdem hat er sich mit der Frage beschäftigt, ob nicht ein Wechseldiskont durch Schecks eine preis­steigernde Wirkung hervorrufen könne (vgl. Hwb. d. St. 3. Aufl., Art. "Scheck"); seine Äußerungen darüber sind klassisch zu nennen:

 

"Was die Wirkung des Schecks auf die Preis­bildung betrifft, so verhält er sich vollkommen neutral, soweit er lediglich aus dem realen Waren­verkehr hervorgeht. Er wirkt ja in letzter Linie auf Austausch von Waren gegen Waren, und dabei haben alle Beteiligten ein Interesse daran, daß die Maßeinheit des Tauschwertes, der Wert der Geld­einheit, unverändert bleibe. Wenn aber Schecks auf Grund von Finanzwechseln oder von nicht durch Waren, sondern durch Wertpapiere gedeck­ten Lombarddarlehen gezogen werden, so stellen sie eine willkürlich in den Güteraustausch ein­geschaltete künstliche Kaufkraft dar, die steigernd auf die Warenpreise wirkt, wenn sie über das ge­wöhnlich und durchschnittlich vorhandene Maß hinausgeht, wie es übrigens auch bei einer unter ähnlichen Bedingungen erfolgenden Mehrausgabe von Banknoten der Fall ist."

 

            Auch nach Lexis füllen also derartige akzessorische Noten oder Schecks nur einen Raum aus, den die Reichsbank nicht mehr versorgen konnte, oder sie verdrängen Reichsbanknoten, wenn sie billiger sind, wodurch die Reichsbank in der von ihr selbst drin-

 

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gend erwünschten Weise, entlastet wird, so daß des Golddeckungsprozentsatz sich hebt.

 

            In der Geschichte ist keine einzige Inflation nach­weisbar, solange die Einlösbarkeit bestand; die Gegner dieser Ansicht werden aufgefordert, nicht bei Mut­maßungen zu verbleiben, sondern eine Inflation zu nennen, die sich ohne Annahmepflicht ereignete. (24)

 

            Die Quantitätstheorie. — Man wird hier­gegen vielleicht sagen, daß doch eine Vermehrung der Zah-lungsmittelmenge verlangt wird, und daß eine solche Vermehrung eben Inflation bedeutet. Diese pri­mitive Quan-titätstheorie ist aber von der Wissenschaft längst aufgegeben. Man weiß, daß nicht nur die ein­fache Quantität, sondern auch die Umlaufsgeschwin­digkeit und das Umlaufsvolumen zu berücksich­tigen sind. Nur bei gleich-bleibendem Güterum­lauf bedeutet Zahlungsmittelvermehrung Inflation; steigert sich aber der Güterumsatz und erfolgt die Zahlungsmittelvermehrung pari passu mit dieser Stei­gerung, und wird dafür gesorgt, daß die zusätz-lichen Zahlungsmittel zurückströmen, sobald die zusätzlichen Güter in den Konsum übergegangen sind, so tritt gerade nach dieser verfeinerten Quanti­tätstheorie keine Inflation ein.

Alle Pro­jekte, die einfach die Quantität der Zahlungsmittel vermehren wollen, laufen nun aber in der Praxis auf Inflation hinaus, weil sich die Korrespondenz von Waren- und Geldvermehrung ber Zwangskurs eben nicht kon-trollieren läßt. Bei Abwesenheit der Annahmepflicht ist das anders. Niemand wird behaupten wollen, daß ein Arbeitsloser, der an einer Straßenecke wertlose Papierstücke mit der Aufschrift 100 M. ver­teilt, eine Inflation hervorruft. Derartige private Zah­lungsmittel haben eben nur dann einen Wert, wenn

 

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sie nichts anderes als die Kompensation vorhandener Warenforderungen bezwecken, wie das Lexis dargestellt hat. Sie gestatten also die Finanzierung des heute überall so dringend gewünschten zusätzlichen Güterumlaufs, der "Ankurbelung", ohne jede Inflationsgefahr; sie bieten die einzige Möglichkeit, die Wirtschaft gefahrlos im Rahmen der Quantitätstheorie zu beleben.

 

            Wo liegt heute die Inflationsgefahr? — Es heißt also wohl die Dinge auf den Kopf stellen, wenn man eine solche private Finanzierung zusätzlicher Warenumsätze als inflationistisch hinstellt und an der alten Kreditge-währung durch Schaffung verbotenen Finanzwechselgeldes (vgl. S. 44 f.) mit Zwangskurs auf Grund von Pro-longationen kritiklos vorbeigeht. Allein richtig kann es doch bei dieser Lage in, den umsatzorientierten Ver-kehr mit einlösbaren (jz57) Zahlungsmitteln zu fördern und gegen die "alte" engefrorene und inflationsgefährliche Zahlungsmittel­masse, die in gefährlicher Weise thesauriert ist, ohne dass Rückflußbereitschaft besteht, einzuschreiten, indem man ihr den Zwangskurs nimmt und sie zur Einziehung bringt. Nur so kann die Stellungnahme von Lexis u. A. verstanden werden, die nicht so naiv waren, wie manche zu glauben scheinen.

 

Ein sehr unklares Denken spricht aus der verbreiteten Erwägung, Inflation sei das unvermeidliche Heilmittel, das solle man aber wenigstens offen sagen. Inflation ist nur ein Zerstörungsmittel, das aber die Prolongation schlechter Engagements auf Kosten des gesunden Umschlagsbedarfs ermöglicht und nur daher in einzelnen Teilen auch der Wirtschaftspraxis Beifall finden, konnte.

 

            Deflation ist nur bei Notenmonopol möglich. — Ist die Rückkehr zur Einlösbarkeit (jz58)

 

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also das einzigste durchgreifende Mittel zur Siche­rung der Währung gegen Inflation, so ist die Lockerung (jz59) des Notenmonopols das ein­zige durchgreifende Mittel zur Auffan­gung und Beseitigung der Deflation.

Die Praxis hat längst gelehrt, daß die Deflation eine ebenso furchbare Gefahr für die Wirtschaft ist, wie die Inflation. Jedoch hat man sich lange Zeit auf die "Gummiballtheorie" verlassen; man hat geglaubt, daß der Ball der Konjunktur, wenn man ihn nur künst­lich recht tief herunterdrücke, dann unbedingt um so kräftiger wieder emporspringen müsse. Natürlich kann gar keine Rede davon sein, daß die Deflation auf irgendeinem Niveau von selbst wieder zum Stehen kommen müsse (jz60); die analogen Erfahrungen mit der Inflation lassen vielmehr den besorgniserregenden Schluß zu, daß die Deflation mit einer ebenso großen Zwangsläufigkeit noch jahrelang weitergeht. (jz61) Uns ist nur ein Beispiel einer so großen und anhaltenden Deflation bekannt: die Geschichte des spätrömischen Reichs, das ja tatsächlich durch anhaltende Deflation zu einer Art Fellachenstaat herabgedrückt wurde. (jz62)

 

            Man hat nun von vielen Seiten den Vorschlag ge­macht, der Deflation durch ein künstliches "Inflatiönchen" das Wasser abzugraben. Vor diesem Vorschlage muß gewarnt werden, denn wir alle waren in der Inflation ebenso arm wie jetzt, und die Bewertung unserer Grundstücke, Effekten usw., d.h. aller unserer Kreditunterlagen, war 1923 ebenso niedrig wie im Winter 1931/32. Kein zwingender Schluß führt zu der Behauptung, daß wir heute eine ganz andere Inflation bekommen würden, bei der die Kreditunterlagen in Gold hoch bewertet würden, so daß ein Liquidierungsprozeß in Gang kommen könnte. Gerade die wenig er-

 

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            freulichen Erfahrungen, die England mit seiner Inflation macht, unterstützen diese Warnung.

 

            Solange uns bessere Erfahrungen fehlen, ist allein die wissenschaftliche Feststellung gewiß, daß ein nichtmonopolisiertes System privater Zahlungs­gemeinschaften, die einander Konkurrenz machen, die Kreditnot der gesunden Umsatzwirtschaft und die überhöhten Zinssätze unmöglich macht, die wir heute haben, weil immer gesunde Banken bereit sein würden, die hohen Zinssätze der kranken Banken zu unterbieten.

 

Das sicherste Mittel zur Abfangung der Deflation und zur Schaffung eines Diskontniveaus von 2 - 4 % mit erweiterter, aber gesunder Zahlungsmittelversorgung ist die Milderung des Notenbankmonopols. (jz63) Als man das Monopol der Reichsbank begründete, ging man von der Annahme aus, daß die Reichsbank stets und unter allen Umständen in der Lage sein werde, den gesunden Bedarf zum Umtausch von Warenvorschüssen in Lohngelder zu decken. Ohne diese Voraussetzung hätte man das Monopol niemals bewilligt. Heute ist sie nicht mehr gegeben; die Lockerung des Monopols drängt sich also auf, um so mehr, als sie der Reichsbank gegenwärtig nur er­wünscht sein dürfte.

 

            Abkehr vom Zwangskurs und Locke­rung des Notenmonopols sind also die beiden großen und klassischen Mittel zur Vermeidung der Scylla der Inflation und der Charybdis der Deflation. Sie allein versprechen Sicherheit, während alle palliativen Maßnahmen auf kreditpolitischem und diskontpoliti­schem Gebiet unter Beibehaltung des Zwangskurses und des Monopols einen nur ungewissen Erfolg ver­heißen.

 

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            Die Sicherungen der kanadischen freien Banknoten. — Da hier die Lockerung des Notenmonopols empfohlen worden ist, scheint es nötig, auf das Beispiel des kanadischen Bank­wesens mit seinen eigenartigen und wohl unerreich­ten Sicherungen hinzuweisen, obwohl die Einführung solcher Maßnahmen für den einfachen Scheckver­kehr in Deutschland wohl nicht empfohlen werden kann. In Kanada kann jede Bank mit einem ein­gezahlten Kapital von mehr als 500 000 Dollar eigene Noten bis zur Höhe ihres eingezahlten Kapitals aus­geben, wenn sie sich den Bestimmungen eines Nor­mativgesetzes unterwirft. Deckungsvorschriften bestehen nicht, die Banken sind also nicht auf den veralteten Diskontverkehr beschränkt, sondern können den Umtauschkredit auch im Wege des Kon­tokorrentverkehrs gewähren. Die ausgegebenen Bank­noten sind, um Schädigungen des Publikums zu ver­meiden, in vierfacher Weise gesichert:

 

1.      Durch das Aktienkapital und das nicht eingezahlte Aktienkapital in der Höhe des eingezahl­ten, d. h. durch eine zusätzliche Verpflichtung der Aktionäre in Höhe des eingezahlten Kapitals.

 

2.      Durch ein gesetzliches Vorzugsrecht der Bank­noteninhaber im Konkurse.

 

3.      Durch eine zentrale Notenversicherungskasse, die beim Finanzministerium besteht und einen hohen Rücklagenfonds angesammelt hat; alle Notenbanken müssen an sie Prämien zahlen.

 

4.      Durch eine Verzinsungspflicht der Banknoten im Konkursfalle, die Noten gestürzter Banken zu gern gekauften Anlagepapieren macht.

 

            Daneben besteht eine sorgfältige Kontrolle und Re­vision der Notenbanken. — Dank diesen Maßnahmen

 

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hat in Kanada seit mehr als fünfzig Jahren niemand einen Cent an Banknoten verloren.

 

            Es braucht kaum erwähnt zu werden, daß auch gute Gesetze Mißbrauche nicht ausschließen. Die Wis-senschaft und die wirtschaftliche Bildung der breiten Volksschichten darf also nicht fehlen, wenn es sich um den Aufbau eines gesunden Banksystems handelt.

 

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4. DAS SPARKASSEN- UND TRUSTSYSTEM

 

            Immer wachsende Bedeutung des An­lagekredits. — Das Umsatzkreditsystem, das be­sonders in den Großfilialbanken seine Form gefunden hat, ist nur ein Zweig des Kredits. Gleichberechtigt daneben steht das Gebäude des langfristigen Anlage­kredits.

Die immer weitergetriebene Entwicklung der Technik hat die Menschheit dahin gebracht, daß sie ihren einfachen Lebensunterhalt mit immer weniger Arbeitskräften produzieren kann, so daß immer mehr Arbeitskräfte und Mittel freibleiben, die zur Errich­tung langlebiger Güter Verwendung finden können. So ist zu erwarten, daß die Sphäre des Anlagekredits, die bisher von Praxis und Theorie etwas stiefmütter­lich behandelt worden ist, in Zukunft eine immer größere Bedeutung erlangen wird, so daß sich die nächste Generation sehr stark mit den dahingehörigen Problemen zu beschäftigen haben wird.

 

            Völlige Verschiedenheit des Anlagekredits vom Umsatzkredit. — Das Wesen des Umsatzkredits besteht in der Bevorschussung ver­kaufter Waren, die in den Konsum übergehen sollen; er wird daher aus dem Erlös dieser Waren zurück­gezahlt.

Der Anlagekredit dagegen stellt eine Bevor­schussung dauernder Anlagen dar, die nicht durch Verbrauch, sondern durch Gebrauch nutzbar ge­macht werden; genauer noch eine Bevorschussung zu­künftiger Reinüberschüsse, die bei diesem Gebrauch entstehen.

Er wird daher nicht aus dem einmaligen Erlös getilgt, sondern im Laufe der Gebrauchsjahre aus den jährlichen Überschüssen, wofür das Annuitätensystem der gebräuchlichste Weg ist. So-

 

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fortige Rückzahlung des Anlagekredits ist also dem Wesen der Sache nach nicht möglich.

 

            Völlige Verschiedenheit der Spardepositen von den Girodepositen. — Wir haben gesehen, daß das eigentliche Diskont- oder Scheckgeschäft (der Umtausch von Forderungen, die nicht ypisiert sind, in typisierte und versicherte) sich von selbst finanziert (jz64), indem der erste Teil der Kreditdauer durch den Umlauf der Banknoten oder Schecks überbrückt wird, und der zweite Teil durch den Umlauf der Girodepositen bei den Banken, die beide von den ursprünglichen Umtauschakt ausgehen.

Eine Bank, die nur dieses Umtauschgeschäft betreibt, man könnte sie Scheckbank nennen, braucht also überhaupt keine Spardepositen, überhaupt keine Gelder, die von Kunden, der Anlage unverbrauchter Einkommensteile halber, bei der Bank eingezahlt oder belassen werden. (25)

 

            Die Regeln zur Anlage der Spardepositen, wie wir sie zum Unterschiede von den Girodepositen nennen wollen, sind somit gänzlich andere, als die Regeln des Umtauschgeschäfts, von denen bereits die Rede war. Sie gehen davon aus, daß es unmöglich ist, eine wahrhaft kurzfristige und sich selbst liquidierende Anlage für solche Gelder im volks­wirtschaftlichen Güteraustausch zu finden, da eben dieser sich selbst bereits ausreichend finanziert und keinen weiteren Geldbedarf hat.

Daher bleibt für Spardepositen nur die Anlage in langlebigen rentablen Gütern oder den darauf bezüglichen Wert-papieren übrig. Entscheidend ist für die Sicherheit einer solchen Anlage die Nachprüfung der  Rentabilitätsver-hältnisse, also etwas ganz anderes, als beim Umsatzkredit.

 

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            Oft wird behauptet, daß der kurzfristige und der langfristige Kredit doch nur graduell voneinander verschieden seien. Demgegenüber muß daran erinnert werden, daß beide Kreditarten nach allem, was dar­über gesagt wurde, gänzlich voneinander ver­schieden sind, da die ihnen zugrunde liegenden Sub­strate kaum ver-schiedener gedacht werden können, so daß sich für beide Arten ganz verschiedene Ver­fahren ergeben.

            Diese Verschiedenheit des Umsatz- vom Anlagekredit erheischt die ebenso völlige begriffliche Trennung der Girodepositen von den Spardepo­siten, auch dann, wenn beide unter demselben Namen "Depositen" unter rechtlich gleichen Bedingungen von den Banken hereingenommen werden.

 

            Trotzdem Bejahung der deutschen Arbeitsvereinigung im Bankwesen. — Man hat aus solchen Argumen-ten gefolgert, die völlige organisatorische Trennung der "Depositenbanken" von den "Spekulationsbanken" sei nötig. Schon vor 30 Jahren hat der bekannte Münchener Gelehrte Ge­heimrat Adolf Weber nachgewiesen, daß diese Trennung für die damaligen deutschen Verhältnisse nachteilig sein müsse, und daß sie in England, wo sie angeb-lich bestand, Schaden angerichtet habe, soweit sie überhaupt bestanden habe. Haben sich die Verhältnisse heute geändert, oder hat man bei der durch Weber herbeigeführten Entscheidung zu verb­leiben?

Wir werden sehen, daß sich zwar die Ver­hältnisse sehr stark verändert haben, daß aber bei der (jz65) an der Arbeitsvereinigüng im deutschen Bank­wesen festzuhalten ist, indem nicht eine Beseitigung durch Arbeitsvereinigung, sondern eine Rückbildung der inzwischen eingetretenen mißbräuchlichen Ver­ände-rungen notwendig ist.

 

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            Ursprünglicher Sinn der Arbeitsvereinigung. — Gegen die organisatorische Trennung beider Geschäfts-arten sprechen in erster Linie fol­gende Erwägungen:

Es wird sehr häufig vor­kommen, daß jemand, der in den Besitz einer Bank­note oder eines Schecks oder eines Giroguthabens ge­kommen ist, erst später darüber verfügen möchte.

Sodann haben wir gesehen, daß der erste Teil des Anlagekreditgeschäfts von dem Umsatzkreditgeschäft kaum unterschieden ist, sogar soweit es sich um die steigende Sparrate handelt, soweit also auf dem Umtauschwege die zusätzlich ersparten Kon­sumgüter in die Hände der Konsumenten gebracht werden und die kapitalbildende Kostendegression durch diesen Umlauf erst erzeugt wird.

Schließlich haben wir gesehen, daß dieses Geschäft ein ausgedehntes Filialsystem erwünscht erscheinen läßt, das durch den Anlagekredit allein nicht getragen werden könnte.

 

            Dieser Sachlage war die deutsche Arbeitsvereinigung in der Vorkriegszeit auch vollständig angepaßt. Die Kreditoren der Berliner Großbanken beliefen sich damals auf nicht mehr als 4,6 Milliarden, und auch einschließ-lich der seither mit diesen Großbanken fusionierten Institute auf nicht mehr als 6 Milliarden. Hiermit wurde der gesamte volkswirtschaftliche Güterumsatz bewältigt. Offenbar hätte man damals 12 Milliarden Kreditoren unmög-lich in self-liquidating credits anlegen können, weil eben nicht mehr Güterumschlag da war. Dieser Zustand ist aber in­zwischen eingetreten, indem diese selbe Ziffer bis 1930 auf rund 12 Milliarden Reichsmark angewachsen war, wobei man die geringe Geldentwertung nicht in Rechnung stellen darf, da in der Zwischenzeit ein

 

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großes öffentliches Bankwesen mit bedeutendem kurz­fristigen Geschäft herangewachsen war, das diese Ziffer noch weiter zuungunsten der Liquidität ver­schiebt. Man kann sich also nicht wundern, wenn die für 1913 richtige Arbeitsvereinigung heute nicht mehr funktioniert.

 

            Größtes Bankproblem dieser Genera­tion. — Diese Depositensteigerung bei nicht ver­mehrter liquider Anlagemöglichkeit ist heute eine internationale Bankenkrankheit größten Ausmaßes ge­worden, die in unserer Zeit dieselbe Rolle spielt, wie die Wechselreiterei vor 80 Jahren in der Krise von 1857. Sie hat außer Frankreich fast alle Länder ergriffen und wütet fürchterlich. Für Deutschland und England haben wir die Ziffern schon gegeben; bezüglich der Schweiz erklärte der Bundesrat Musy am 14. Sep­tember 1931 auf dem schweizerischen Bankiertag in seinem Referat, daß die Bilanzsumme von 300 Schwei­zer Banken sich von 1906 bis 1930 von 6 auf 21 Milli­arden Fr. erhöht hätte, obwohl doch auch dort der Gü­terumschlag nicht wesentlich gestiegen ist. Hinsicht­lich der Verei-nigten Staaten von Amerika weiß man, daß sich die gesamten Anlagen der Banken (loans plus discounts) von 20 Milliarden Dollar im Jahre 1914 auf 57 Milliarden im Jahre 1928 erhöht haben. Fast überall sind also die Deposi-ten ver­doppelt bis verdreifacht, so daß wir wohl berechtigt sind, diese Übertreibung des Depositen­wesens, von der schon im ersten Teil ausführlich die Rede war, eine internationale Bankenkrankheit zu nennen, die wahrscheinlich das größte Bankproblem unserer Generation darbietet.

 

            Verzerrung des ursprünglichen  Sinns der Arbeitsvereinigung. — Die Banken muß-

 

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ten nach den bisherigen Vorstellungen diese Deposi­ten irgendwie anlegen und kamen so immer mehr in Anlage-kredite hinein, deren sofortige Rückzahlung unmöglich ist, weil sie dem Wesen auch des gesunden Anlagekredits zuwiderläuft. So ist die damals gesunde Arbeitsvereinigung zu einem Zerrbild ihrer selbst geworden:

Damals bedeutete sie die Beschränkung der Banken auf den wirklichen Umtauschkredit, ob er nun dem Umsatz oder der Kapitalbildung in dem erwähnten Sinne diente, und die Abstoßung aller darüber hinausgehen­den Deposi-ten auf das Feld der Effektenanlage: Fort­gesetzt boten die Depositenkassenvorsteher der Kund­schaft Papiere an, die mehr Zinsen brachten als die Einlagen, und die daher gern gekauft wurden. Mit diesen Effekten entledigten sich die Banken zugleich derjenigen Debitoren, die zu Anlagekrediten gewor­den waren. Wir hatten also Arbeits-vereinigung, ohne daß die Festlegung von kurzfristigen Mitteln in illi­quiden Anlagen den minimalen Betrag etwa der Hälfte des Aktienkapitals der Banken überschritt. Damals hatten wir also Arbeitsvereinigung ohne Illiquidität! Heute dagegen be­deutete die Arbeitsvereinigung die Fest­legung kurzfristiger Mittel im größten Ausmaße; mindes-tens die Hälfte, oft drei Fünftel der Depositen sind in dieser unerlaubten und schäd­lichen Weise investiert. Heute scheint Arbeits­vereinigung mit Illiquidität identisch zu sein.

 

            Der Frage, was mit den kurzfristig unanlegbaren Spardepositen geschehen soll, wird man also ener­gisch zu Leibe gehen müssen, wenn man die Wieder­kehr der heutigen Krise für dauernd vermeiden will. (jz66)

 

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            Das gesunde Depositenwesen der De­positenbanken. — Wir hatten erwähnt, daß die niedrigen Diskont-sätze eines wohlorganisierten Noten­bankwesens diese übersteigerte Entwicklung des De­positenwesens unmöglich machen, weil sie in ihrer Rückwirkung auf die Einlagenzinssätze die Anlage in Bankdepositen weniger attraktiv als die in Effek­ten machen. Wir hatten eine Auflockerung des Noten­monopols gefordert, um diesem heilsamen Effekt möglichst schnell wieder Geltung zu verschaffen. Wir hatten verlangt, daß die Depositengroßbanken sol­cherart zu den Geschäftsprinzipien der Vorkriegszeit zurückkehren sollten, die den großartigen Aufschwung Deutschlands in der Vorkriegszeit ermöglicht, wenn nicht gar hervorgerufen hatten.

            Hiermit ist das Prinzip der Depositenpolitik der Depositenbanken gegeben: Sie müssen sich auf die An-nahme von Girodepositen beschrän­ken und eine solche Zinspolitik führen, daß die Spardepositen, die ihnen zu-strö­men, immer wieder in die Effektenan­lage verwiesen werden 1). (jz67)

 

            Das Depositenwesen der Sparkassen. — Viel schwieriger sind die Grundzüge der zukünftigen Sparkas-senorganisation zu ermitteln. Sie hat vor dem Kriege zu 97 % ihre meist täglichen Spargelder lang­fristig festge-legt, und zwar in Hypotheken und Effek­ten. Die Sparkassen haben also bewußt versprochen, was sie nicht halten konnten: tägliche Rückzahlung,

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1)      Welche Verwirrung daraus entsteht, daß ein Schriftsteller die grundsätzliche Verwerflichkeit der An-nahme von Spardepo­siten mit täglicher oder kurzer Kündigungsfrist verkennt, er­gibt sich aus den Darle-gungen von Bagehot, Lombardstreet, über die Liquidität, die heute noch als klassisch gelten, zitiert werden und doch gänzlich irrig sind.

 

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während sie doch langfristig ausgeliehen hatten. Diese Politik war vor dem Kriege noch eher zu entschuldigen als heute, weil damals ein Markt für Hypothekenbriefe vorhanden war und weil die Wohlhabenheit der Kommunen auch der Liquidität der Sparkassen einen andern Rückhalt bot als heute. Sie war nicht das Resultat eines planvollen Handelns gewesen, sondern das Ergebnis der geschichtlichen Ent­wicklung, indem die Sparkassen charitativen Ursprungs waren, also ursprünglich Anstalten zur Bef­örderung des Spartriebs der untersten Be-völkerungs­schichten. Hier hatte man an die kaufmännische Überlegung der Depositäre nicht appellieren können, hier war es auf Liquidität nicht angekommen, weil man eben gern Opfer bringen wollte, um diesen pädagogischen Zweck zu fördern. Außerdem hatte man geglaubt, es werde sich um sehr geringe Beträge handeln.

 

            Die ungeheure Entwicklung der Spar­kassen, die besonders in Deutschland richtige Banken geworden sind, hat diese Überlegungen über den Haufen gerannt. Was mit dem Depositenwesen der Banken eingetreten ist, hat sich schon viel früher bei dem Depositenwesen der Sparkassen gezeigt: es ist durch Überent-wicklung (26) gefährlich und darum krank geworden.

 

            Pacta sunt servanda. — Selbstverständlich ist, daß inmitten der großen Reinigungsbewegung, die die deut-sche Wirtschaft heute durchzieht, die inbedingte Vertragstreue wieder zum Prinzip des Handels gemacht werden muß. Die eigenartige Tatsache, daß die Banken und Sparkassen durch eine scheinbar rein quantitative Bewegung, den immer weiteren "Aufschwung" des Depositenwesens nun

 

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auch qualitativ vor völlig neue Probleme ge­stellt worden sind, darf nicht länger unbeachtet blei­ben. Es muß strikt darauf gesehen werden, daß nur Verpflichtungen übernommen werden, die wirklich eingehalten werden können.

 

Soweit noch kurze Gel­der angenommen werden, muß deren kurze Anlage sichergestellt und möglich sein; darüber hinaus ist eine Form zu finden, die es gestattet, den Hauptteil der Sparkassendepositen als grundsätzlich lang­fristig anzusehen, wobei den Bedürfnissen des Publikums nach sofortiger Rückzahlung in dringen­den Fällen Rechnung zu tragen ist. Nur diese lang­fristigen Gelder sind wie bisher langfristig anzulegen. Ganz gewiß muß die langfristige Anlage kurzer Gel­der auch auf dem Gebiete des Sparkassenwesens durch zwingende organisatorische Maßnahmen für die Zukunft unmöglich gemacht werden.

Man muß sich völlig darüber klar sein, daß die Zusicherung jederzeitiger Rückzahlung der Guthaben nach den jetzigen Erfahrungen an Unlauterkeit grenzen und einen schlechten Eindruck machen würde, denn sie will einen Irrtum erregen, um Vorteil daraus zu ziehen. Keine Bank, die ehrlich sein will, darf sich auf die baldige Rück-zahlung einlassen, wenn sie Gelder anders anlegt als im Diskontgeschäft bzw. im Um­tauschgeschäft. (jz68)

 

            Das Geschäft der Sparkassen soll dadurch nicht etwa dem beiderseits kurzfristigen Geschäft der Groß-banken angeähnelt werden, worauf die bisheri­gen Versuche der Erhöhung der Sparkassenliquidität leider hin-auslaufen, sondern es soll das Aktiv­geschäft unverändert bleiben, während im Passivgeschäft das Versprechen tägli­cher Rückzahlung beseitigt und durch eine Verpflichtungsart ersetzt werden

 

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soll, die man wirklich jederzeit unbedingt erfüllen kann. Die andere Liquiditätspolitik ist schon deswegen utopisch, weil nicht soviel Güter umgesetzt werden, wie zur Unterbringung so vieler Umschlagskredite nötig wäre.

 

            Wie hat man bisher kurzfristige Depositen zurückgezahlt, die langfristig angelegt waren? — Bisher hat man die Rückzahlungen abgehobener Depositen ganz einfach aus dem Zugang von neuen Depositen geleistet. Man hat nie Kredite gekündigt, um die zurückgezahlten Beträge an die Einleger auszuzahlen. Langfristige Kredite können bekanntlich nur aus den Reinerträgen der damit erstellten Gegenstände in Jahresraten getilgt werden; die Kündigung, ja auch der Gerichts­vollzieher ist gegen diese einfache Tatsache machtl­os, wie wir ja in diesen Jahren gesehen haben, wo alle Hoffnungen auf Kreditkündigungen sich als trü­gerisch erwiesen. Es war also ganz einfach der Zugang an Neuersparnissen, mit dem man in der Praxis schon immer die Rückzahlungen geleistet hat 1). Dieses System mußte versagen, sobald die Krise eintrat, sobald die Abhebungen größer wurden als die Zugänge.

 

            Das angelsächsische Prinzip als Vorbild. — Das deutsche Sparkassensystem ist also falsch organisiert, wenn es auch in der Praxis bis 1930 auszahlen konnte, weil der Zugang neuer Depo­siten die Rückzahlung der alten erlaubte. Es funktionierte nicht, weil bei ihm das Fristenprinzip beachtet war, sondern trotz dessen Nichtachtung.

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1)      Man werfe einen Blick auf die Artikelüberschriften in den Zeitungen, z. B.: "Im Oktober noch 283 Mill. Auszahlungsüberschuss. — Beruhigung im November." ...

 

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            Die angelsächsischen Sparkassen haben während­dem ein Prinzip gefunden und erprobt, das als ein neues Finanzprinzip erster Ordnung zu gelten hat, und das sich wohl eines Tages die Welt erobern wird. Das englische und amerikanische Spar­kassenwesen ist fast ganz in Form der sogenannten "Building-Societies" bzw. "Building and Loan Societies" organisiert, mit denen unsere Bausparkassen bisher nicht viel mehr als den Namen gemein (gemeinsam? – J.Z.) haben. Den Grundsatz dieser Kassen formulierte U. v. Beckerath, der bedeutendste der deut-schen Bausparkassensachverständigen, sehr drastisch mit folgenden Wor­ten:

 

            "Auszahlung sofort, wenn Geld da ist; der Reihe nach, wenn keins da ist!"

 

            Hat man dieses Prinzip, so kann man unbesorgt alles Geld in langfristige Anlagen stecken, in Häuser, Gaswerke, Industriebauten, Kanäle, Exporte usw., ohne daß es zum Vertragsbruch der Bank kommt, ohne daß die Bank versprochen hat, was sie nicht halten kann. Damit ist nämlich das Rich­tige an der Praxis der deutschen Spar­kassen zum Prinzip erhoben: Die Rück­zahlung aus den Zugängen und den Til­gungsraten, aber unbelastet von einer täglichen Verpflichtung, die unerfüllbar ist.

Normalerweise zahlen diese Kassen ebenso pünktlich zurück, wie normalerweise die deutschen Sparkassen es konnten. Die Halifax Building Society, die größte der Welt mit etwa einer Milliarde Depo­siten (in deutschem Gelde), hat seit ihrer Gründung im Jahre 1853 noch nicht ein einziges Mal einen Sparer einen einzigen Tag auf sein Geld warten las­sen, auch nicht in Krisenzeiten; zahlt sie doch monat­lich über 20 Mill. Mark gekündigter Guthaben zurück. Aber sie hat immer wieder darauf hingewiesen, daß

 

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sie die jederzeitige Rückzahlung nicht garantiert und nicht garantieren kann, und ihre Sparer wußten das. Andere Kassen haben häufig von der Klausel Gebrauch gemacht, ohne daß man gemeint hat, die Kasse sei zahlungsun-fähig, ohne daß ein Run begann, abgesehen natürlich von Fällen wirklicher Verluste. Jeder Kunde einer englischen oder amerikanischen Kasse weiß: eigentlich ist meine Anlage eine langfristige, aber die eingehenden Gelder dienen in erster Linie dazu, uns Deponenten liquide zu halten. (jz69)

 

            Ein langbewährtes System. — Daß dieses von einigen Praktikern vielleicht mißachtete System nicht als "Theorie" abzutun ist, beweisen die Zahlen. Nach deutschem Geld sind heute in England etwa 8 Milliarden so angelegt, und in den Vereinigten Staaten über 30 Milliarden Mark (Deutsche Sparkassen rund 10 Milliarden Mark). Eine deutsche Kasse, i.e. "Deutschland" Bauspar AG., hat diese Grundsätze in ihre Bedingungen einge-baut, deren § 5 (Tarif E) wie folgt lautet:

 

            "Rückzahlung des Sparguthabens:

 

1.      Die Sparguthaben können im Rahmen der Bedingungen dieses Paragraphen abgerufen werden. Die Auszahlung erfolgt 4 Wochen nach Eingang des Abrufs, soweit nicht durch die Bestimmungen unter Nr. 3 und 4 eine längere Wartezeit bedingt ist.

 

2.      Die "Deutschland" ist verpflichtet, monatlich mindestens einen Betrag gleich der Hälfte der im Monat eingezahlten Sparbeiträge und Tilgungsraten für etwa in dem Monat gekündigte Sparguthaben zur Rückzahlung in dem betreffenden Monat zur Verfügung zu halten.

 

3.      Die "Deutschland" ist erforderlichenfalls be­rechtigt, Rückzahlungen auch in Raten vorzuneh-

 

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men. An den einzelnen Sparer braucht die "Deutsch­land" nicht mehr als höchstens 1000 M. im Monat zurückzuzahlen.

 

4.      Die Kündigungen von Spareinlagen werden in einer besonderen Liste — Liste E 3 — in der Rei­henfolge des Eingangs der Kündigungsanträge (eingeschriebener Brief) geführt und in der Reihenfolge der Eintragungen bei Auszahlungen berücksichtigt.

 

5.      Kündigungen von Teilen des Sparguthabens sind zulässig, das Bausparbuch ist aber in jedem Falle zur Abänderung einzureichen.  Bei der Kün­digung des Restes oder der Gesamtheit der Spareinlagen  wird das einzureichende Bausparbuch ein­behalten."

 

            Dieses System ist nicht nur in den Satzungen und in den Erfahrungen der angelsächsischen Sparkassen (andere Sparkassen als Building Societles gibt es kaum) eingehend geregelt 1), sondern auch überaus häufig Gegenstand der Gesetzgebung ge­wesen, was einzelnen deutschen Fachleuten entgan­gen zu sein scheint. Schon die alten englischen Ge­setze bestimmten, daß sich solche Anstalten zu kei­nerlei täglichen oder Termin-Rückzahlung verpflich­ten dürften, eine Bestimmung, die bei näherer Überlegung eine sehr große Tragweite hat. Das vollkom­menste Gesetz in den angelsächsischen Ländern ist

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1)      So liest man in dem Werk "Selling Building and Loan by Mail", Cincinnati, Ohio, 1927, über die Frage der Rückzah­lungen folgendes:

"As a general rule, applications for withdrawal will be paid at any time; but to protect the interests of all members, investors and borrowers alike, and to avoid the sacrifice of the securities of the association, notice of desire to withdraw funds may at time be required, and the applications (are? – J.Z.) paid in the order notices are filed, as fast as the receipts of the association will pay them."

 

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auf diesem Gebiete wohl das Califonische Bausparkassengesetz vom 5. Mai 1931, dessen Sektion 6 Absatz 1 folgendes bestimmt: Wenn der insgesamt gekündigte Betrag weniger als drei Prozent von allen Passiven der Kasse ausmacht, so ist Auszahlung ohne weiteres gestattet, eine bestimmte Auszahlungsordnung also nicht vorgeschrie-ben. Wenn Kündigungen zwischen drei und fünfzehn Prozent betragen, dann muß die Kasse der Reihe nach auszahlen. Wenn der gekündigte Betrag mehr als 15 % beträgt, so muß die Kasse "pro rata" auszahlen, d.h. im Verhältnis der gekündigte Beträge zu den wirklichen Eingängen, und zwar hat sie vierteljährlich eine Auszahlung vorzunehmen.

 

            So steht nichts im Wege, ja es ist dringend zu for­dern, daß derartige Bestimmungen, wenn nötig auf gesetzlichem Wege, im gesamten deutschen Sparkassenwesen eingeführt werden. Man würde damit nur die Praxis zum Gesetz erheben, würde zum Prinzip der Vertragstreue übergehen, würde den Sparern ehrlich erklären: Alle eure Gelder sind richtig angelegt fördern, nichts ist gestohlen oder veruntreut. Ihr seht aber selbst, daß man aus langfristigen Anlagen keine sofortige Rückzahlung leisten kann. Wartet also!

 

            Was sich hinter dem Schlagwort: "Erst Wiederherstellung des Vertrauens" verbirgt. — Wie wenig die Hauptaufgabe der deut­chen Sparkassen, die absolute Fristenkorrespondenz im Sparkassengeschäft zu sichern und dadurch das Vertrauen des Publikums wiederzugewinnen, bisher gewürdigt wird, ergibt sich aus den immer wiederk­ehrenden Äußerungen der höchsten deutschen Spar­assenvertreter. Präsident Dr. Kleiner vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband, der durchaus die herr-

 

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schende, ja die alleinige und bisher unbestrittene Ansicht wiedergibt, erklärte beispielsweise in einem Neu-jahrsartikel in der DAZ. unter der Überschrift: "Die erste nationale Aufgabe: Wiederherstellung des Vertrauens" am 1. Januar 1932: Die Sparkassen ...

"wurden aufs stärkste von der allgemeinen Vertrauenskrise erfaßt ... (27) Damit ist schon gesagt, daß die Sparkassen dieser von außen her kommenden lawi­nenartigen Bewegung von sich aus allein unter keinen Umständen Herr werden konnten. Auch wenn ihre Liquidität um einige Prozent höher gewesen wäre, sie hätte nicht ausge­reicht, den offenen und später latenten Run allein zu überwinden. Dazu wäre keine Sparkasse der Welt, natürlich auch keine Bank imstande gewesen." (jz70)

 

Wir erlauben uns, bei diesen unhaltbaren Behauptungen ein großes Fragezeichen zu machen; hoffentlich wird die Zukunft keine Gelegenheit geben, durch die prak­tische Erfahrung unwiderleglich festzustellen, ob die von dem Chef des deutschen Sparkassenwesens ver­tretenen Prinzipien, die mit unserm Prinzip der Ver­tragstreue und der Liquidität in Widerspruch stehen, die Sparkassenorganisation zur Gesundung oder in den Abgrund führen.

 

            Entlastung der Staatskasse von Stüt­zungen. — Der unerträgliche Zustand muß aufhören, daß Länder, Reich und Reichsbank mit Stüt­zungsgesuchen bestürmt werden und sich in der Not noch um Hunderte von Mil-lionen illiquidisieren, daß insbesondere die Reichsbank sich selbst am Gift der Illiquidität infiziert, nur damit die im übrigen sehr wertvollen Sparkassen, die aber falsche oder wenigstens überholte Satzungen haben, ihre Fehler fort­setzen können.

 

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            Sehr wichtig ist dabei noch, daß auch das Problem der Milliardenverluste unserer Spar­kassen an den Kur-sen ihrer Wertpapiere dadurch gleichzeitig gelöst wird. Ein entsprechender Teil der Deponenten muß eben warten, bis diese Pa­piere fällig oder kündbar werden; am Rückzahlungs­age ist das Disagio verschwunden, weil die Tilgung zu pari erfolgt. So bleiben den Sparkassen die Milliardenverluste erspart, die man gewiß wieder versuchen würde, beim Reich zu sozialisieren.

 

            Bejahung des Sparkassenwesens. — Wir sind also nicht der Ansicht, daß wir nach französi­schem Muster auf ein Sparkassenwesen so gut wie ganz verzichten und die ganze Schicht auch der kleinen und kleinsten Kapi-talbesitzer auf die Effektenanlage verweisen können. Dieses System hat den Fehler, daß man den Kleinbesitzer von Papieren allzu leicht schlecht bedienen kann, daß dieser Klein­besitzer in Krisenzeiten hypernervös wird und eine Atmosphäre der Unruhe in der gesamten Wirtschaftspolitik verbreitet, und daß es eine scheinbare Liquidität vortäuscht (durch die Verkäuflichkeiten der Börse), die in Krisenzeiten wegen der Kursverluste für den kleinen Mann gar nicht vorhanden ist. Wir bejahen vielmehr das Prinzip des deutschen Sparkassenwesens, auch dem börsenunkundigen Kleinsparer eine gut verzinsliche Anlagemöglichkeit zu bieten, halten es nur nicht für zulässig, hierbei eine unbedingte tägliche Rückzahlung zu versprechen, die sich doch nicht halten läßt.

 

            Neue Prinzipien der Effektenbesteue­rung. — Man kann aber mit dem Effektenbesitz der Sparkassen nicht auskommen, wenn man die fortgesetze Liquidehaltung des gesamten Banksystems

 

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garantieren will. So bedarf der ganze Effektenbesitz in Zukunft einer pfleglichen Behandlung. Das gilt insbe-sondere gegenüber der Besteuerung. Man hat die Besteuerung der mobilen Werte seit einem Menschenalter ganz einseitig unter dem Ge­sichtspunkt des Ressentiments gegen eine bestimmte Art schmarotzender Koupon-abschneider betrachtet, in der Vorstellung, es handele sich lediglich um eine Frage der Lastenverteilung innerhalb der Steuerzah­lerschaft. In Wirklichkeit ist die Effektenbesteue­rung mit der fundamentalen Frage der Liquidität des gesamten Kreditsystems fast identisch. Wenn sich die Deutsche Reichsbahngesellschaft rühmen kann, daß ihre 4 ½ % steuerfreie Anleihe von 1931 ebensoviel Reinertrag bringe wie eine gewöhnliche 9 % ige Anleihe, so erklärt sie damit doch nur, daß bei normaler Besteuerung zwischen dem 4 ½ %igen Netto-Ertrag einer Kapitalanlage in 8- oder 9 %igen Papie­ren und dem 4 ½  %igen Ertrag der Bankdepositen keine Ertragsdifferenz besteht. Die Kapi-talbesitzer spüren also keinerlei Anreiz, ihre Spardepositen bei den Banken, die diese doch nur in Verlegenheit bringen, in Effekten umzuwandeln. Der ganze kunst­volle wirtschaftliche Apparat, auf dem die finanzielle Stärke unserer Vorkriegswirtschaft beruhte, ist also durch eine derart grobfingrige Besteuerung zerdrückt Der laufende Liquidierungsprozeß der Banken und der gesamten Wirtschaft vermittels der Börse und der Effektenanlage wird durch eine so simple Besteuerung zum Stocken gebracht. An die Stelle einer gesunden Verdauung der dauernd neu­geschaffenen Kapitalgüter tritt eine Verdauungs­störung der Volkswirtschaft, die sich jedes­mal statistisch durch die Überentwicklung des Depo­sitenwesens und die Unterentwicklung des Effekten-

 

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wesens feststellen läßt. Eine solche Besteuerungsart ist ist eine permanente Kriegserklärung gegen die Arbeiter-schaft, die Masse der Erwerbslosen und den Mittelstand, denn sie wirkt wie ein mißleitetes Notenmonopol, sie hält die Zinsen und die Arbeitslosigkeit hoch, weil sie die schädlichen Depositen auf Kosten der ungefährlichen Effekten fördert.

 

            Dieser Mangel an Liquidität bringt mit der Zeit den gesamten Unternehmungsgeist, insbesondere der Ban-ken, zum Erliegen. Die großen Verluste, die bei so rückläufiger Beschäftigung auftreten, nehmen dann den Ban-ken, die ja nicht mehr rückversichert sind, die Lust, irgendwelche Neukredite zu geben. So müssen die breiten Massen der Arbeitnehmerschaft das kleinliche Ressentiment ihrer Führer büßen. In dem Wahn, den Kapitalisten ordentlich etwas abzunehmen, macht man die Wirtschaft magenkrank und das Volk arbeitslos. Auch auf dem Ge-biete der Be­teuerung müssen also durchgreifende Entschlüsse gefaßt werden, wenn man nicht den normalen Vor-gang der Umschuldung von den Depositen in die Effekten, der das Ziel jeder richtigen Bankreform ist, weiterhin unmöglich machen will, um dann für je 100 Millionen Steuereinnahmen 1000 Millionen Staatsausgaben an Er-werbslosenunterstützung zu opfern.

 

            Direkter Effektenbesitz des Publikums als die fehlende Rückversicherung des Banksystems. — Der Effektenbesitzer bedarf also in Zukunft einer pfleglichen Behandlung, nicht weil er als "Reicher" privilegiert werden soll, sondern weil man ihn als Risikoträger nicht ersetzen kann, weil er zudem gar zu leicht ins Ausland geht, worauf er sich rächt, indem er sein früheres Land mit der "unsichtbaren Besatzung" des  kurz-

 

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fristigen Kredits versklavt. (jz71) Er soll also mithelfen, den Depositengroßbanken die langfristigen Debitoren abzunehmen, die bei gesunder Börse fortgesetzt von den Schuldnern der Großbanken herausgegeben und mit Hilfe der Bankfilialen vertrieben werden müssen; die langfristigen Posten, die nach unserer Analyse immer aus dem echten Umtauschgeschäft der Banken entstehen, besonders, wenn die Sparrate steigt. Eine solche Verstärkung des  Kapitalbildungsvorganges ist aber in den kommenden Jahrzehnten in großem Aus­maße zu erwarten, da uns die Technik in revolutio­närer Weise immer weiter mit arbeitssparenden Me­thoden überschüttet.

            Welche Mittel im einzelnen zu ergreifen sind, um den Effektenbesitz zu fördern und zu popularisieren, braucht hier nicht näher dargestellt zu werden 1). Auch die Aktienrechtsreform, die Reform der Mündelsicherheits- und Anlegungsvorschriften, die Zulassung von Investments Trusts und insbesondere die pfleg­liche Behandlung des Hypothekenbankwesens, des einzigen gesund und fristenrichtig arbeitenden Be­standteils unserer Kreditorganisa-tion, werden hier eine besondere Rolle zu spielen haben. Sicher ist auch auf dem Gebiet der Aufklärung noch man-ches zu tun, sind doch die Vorteile des Effektenbesitzes für einen bestimmten Umfang der Vermögensverwaltung dann besonders offenbar, wenn die Zusagen der Sparkassen durch Erfahrung und Gesetzgebung auf ihr richtiges Maß zurückgeführt werden.

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1.      1) Wie schlecht placiert infolge der bisherigen Behandlung der Effektenbesitzer die deutschen Effekten sind, ergibt sich aus einer Veröffentlichung des Konjunkturinstituts vom Sept. 1931, wonach von 24 Milliarden Nominalkapital der deutschen Aktien­gesellschaften volle 17 Milliarden gebunden, d. h. im Besitze von Unternehmern und Unternehmungen, sind, welche diesen Besitz zur Ausübung der Herrschaft halten.

 

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Diese Popularisierung des Effektenbesitzes hat, um es zu wiederholen, volkswirtschaftlich den unersetz­lichen Vor-teil, dass die Banken an ihr eine Rückver­sicherung gegen Illiquidität und Verlust haben. So wie ein Versicherungs-system nicht ohne Rückversiche­rung gedeihen kann, so kann ein Banksystem nur dann gedeihen, wenn es alle für die Bank ungeeigne­ten Posten auf einen Dritten, einen Rückversicherer, überträgt. Dieser Rückversicherer der Banken kann nur in Gestalt der breiten Masse der Effektenbesitzer gefunden werden. Der direkte Effektenbesitz des Publikums ist daher eine der Säulen, mit denen das Banksystem eines Landes steht und fällt.

 

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SCHLUSS

 

GESAMTÜBERBLICK UND AUS­WIRKUNGEN DES NEUEN SYSTEMS

 

            Der Krieg hat viereinhalb Jahre gedauert, die Inflation hat viereinhalb Jahr gedauert und auch die Deflation wird wohl vier und einhalb Jahr dauern. Die Völker brauchen anscheinend so lange Zeit, bis sie das Problem be-griffen, die unentrinnbare Zwangsläufigkeit les Prozesses eingesehen, alle verfehlten Mittel und Rezepte durch-probiert, die belasteten Persönlichkeiten verbraucht und die Empfänglichkeit zum Neuen und Einfachen der Lö-sung in sich bereitet haben. Von den viereinhalb Jahren der Deflation sind über die Hälfte bereits vergangen. Die falschen Rezepte; Lohnsenkung, Preissenkung, Reparationen, Deflationsdruck, Zentralisation liegen hinter uns; nur ganz wenige stehen überhaupt noch zur Verfügung, unter ihnen die Aufgabe des Goldstandards, bei dem aber das englische Beispiel hoffentlich abschreckend genug gewirkt hat.

So werden die Köpfe noch im Jahre 1932 frei werden für die Erörterung der wesentlichen Fragen. Allzu schwere Mißgriffe sind dabei nicht zu befürchten, weil es falsche Mittel einfach kaum noch gibt und weil die richtigen durch die Entwicklung fast erzwungen werden. (jz72)

 

            Fassen wir noch einmal einige der Hauptergebnisse zusammen:

Unser Kreditsystem hat sich vor dem Kriege dadurch ausgezeichnet, daß sich um den starren Kern des umlau-fenden Goldgeldes ein elastischer Gürtel von einlösbaren (jz73),  Banknoten legte so daß die legalen Bedürfnisse (jz74) der Wirtschaft nach Umschlags-

 

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kredit stets leicht zu befriedigen (jz75), waren. Heute ist ein starrer Kern von uneinlösbarem Bankpapiergeld an die Stelle des Goldkerns getreten; kein elastischer Gürtel ergänzt das System; starr und unbeweglich steht die be-engte und bedrängte Reichsbank gezwungenermaßen dem Warenumsatz gegenüber, der sich ausdehnen möchte, dem es aber an Kreditverkehrsmitteln gebricht. Die Aufgabe ist also, um den starren Kern der heutigen gesetz-lichen Zahlungsmittel herum wieder einen elastischen Spielraum zu schaffen. Das kann nur durch die Ausdehnung des Scheckverkehrs auf einen Teil des bisherigen Barverkehrs geschehen; denn nur der Scheckverkehr ist so ein-gebürgert und mit Hilfe der Typisierung auch so leistungsfähig, daß seine Ausdehnung kein Experiment, sondern nur das Weiterschreiten auf bewährten Pfaden bedeutet.

 

            Wir stehen also wieder vor einer ähnlichen Lage, wie am Ende der Inflation:

Damals konnte die Schwungkraft der immer weiterrasenden Inflation nur gebremst werden durch die Schaffung einer neuen Art Geldes, die als inflationssicher galt; wenn auch ohne es zu sein; heute wird die Schwungkraft der Deflation vielleicht auch nur durch die Einführung eines neuen Zahlungsmittels aufgefangen werden können, das aber diesmal nicht nur deflationssicher, sondern auch absolut inflationssicher sein muß.

Damals wurde die Gründung der Ren­tenbank als der Emissionsanstalt dieser neuen Zahlungsmittel vorgeschlagen, heute wird an dieser Stelle die Dresdner Bank als Emissionsstelle des neuen Zahlungsmittels empfohlen. Die Rentenmark erwies sich später als überflüssig (jz76), ihre Emissionsstelle befindet sich in Liquidation durch die Reichsbank; welches Schicksal die Dresdner Bank als Scheckbank haben wird, deren Zahlungsmittel im Gegensatz zu denen der Ren-

 

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tenbank ein klassisches und wohldurchdachtes ist, wird die Zukunft erweisen.

 

            Die legale Ankurbelung ohne Phantasiemittel, die sich nur so trotz der unbefriedigenden Lage der Reichs-bank erreichen läßt, würde wesentlich gefördert werden, wenn das Reich gleichzeitig mit der Pri­vatwirtschaft eine freiere Ausgabenwirt­schaft ohne Steuererhöhungen eintreten ließe, so wie sie durch die Emission eines begrenzten Betrages von Staatspapiergeld möglich wird, das keinem Annahmezwang und keinem Zwangskurs unterliegt, an allen öffentlichen Kassen zum Nennwerte in Zahlung genommen wird und daher inflationssicher ist 1). Man kann nicht über ein Drittel der jährlichen Güterproduktion durch Steuern aus dem Verkehr ziehen, ohne für die Bewerk-stelligung der dazu nötigen Zahlungsvorgänge Sorge zu tragen; auch darf man die neue Scheckbank nicht in Ver-bindung mit dem Staatskredit bringen. Das einlösbare Papiergeld des Staates (jz77) würde also nur den Zweck haben, die Steuereingänge wäh­rend des Eintreibungsprozesses vor der deflationisti­schen Einsperrung auf öffentlichen Bankkonten zu be­wahren, die heute nicht mehr ertragen werden kann. Darüber hinaus wäre auf unbedingte Etatausgleichung zu halten.

 

            Das in dieser Schrift umrissene gesunde Kre­ditsystem würde die gesunden Teile der Wirtschaft aus der verhängnisvollen Umklammerung durch die kranken Teile befreien.

Es würde der Wirkung der Papiergeld­theorien und der Papiergeldsysteme ein Ende bereiten, die in den vergange-nen Inflationsjahrzehnten groß ge­worden sind, und die Rückkehr zu dem erprobten ein­lösbaren Zahlungsmittel der Vorkriegszeit bedeuten, auf

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1)      Vgl. Ad. Wagner über Staatspapiergeld oben S. 142. (28)

 

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dem die gewaltige finanzielle Stärke des Vorkriegsdeutschland begründet war. Die Einlösbarkeit und die Abwe-senheit des Annahmezwanges würde es vor jeder Inflationsgefahr so wirks­am sichern, wie kein Zwangskursgeld durch schärfste Restriktionen gegen Inflation gesichert werden kann.

Der Übergang zum System der typisierten Verrechnungsschecks würde gleichzeitig die Auflockerung des erstarr-ten Notenmonopols der Reichs­ank bedeuten, ohne welche die Auffangung einer so großen Deflation nicht möglich sein wird; ist doch Deflation nur bei Überspannung des Notenmonopols möglich.

Die inflations- und deflationssicheren Zahlungsmittel würden nur der gesunden Wirtschaft zur Verfügung stehen, dieser aber in ausreichender Menge und zu billigsten Zins­ätzen.

Das niedrige Zinsniveau, das so hergestellt werden kann, unter Befreiung der Abhängigkeit vom Auslande, würde es ermöglichen, die unermessl­ichen unverwertbaren Warenmengen und Produktionskapazitäten und die Millionen von Arbeitslosen wieder zu produktiver und rentabler Arbeit zusam­menzubringen, die nach dem gegenwärtigen System verderben bzw. verhungern müssen.

 

            Das auf diesem Zahlungsmittel beruhende neue und sanierte Banksystem würde in einer voll liquiden und aktiven Grossfilialbank von überragender Stärke und Organisation gipfeln, die bei richtiger Leitung sehr bald in die Rolle eines deutschen Crédit Lyonnais einrücken würde. Die andern Banken würden sich ihm anschließen, so-weit sie lebensfähig sind, oder sie würden als Investment Trusts der Abwicklung oder Umwandl­ung verfallen, so-weit sie der Konkurrenz des neuen

 

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Großinstituts mit seinen niedrigen Zinsbedingungen nicht gewachsen sind.

Keine Besteuerung der gesunden Betriebe durch Zinsspannen von bis zu 7 % zur Subventionierung der schlechten Kreditnehmer und ihrer Banken wäre mehr möglich, weil gesunde Konkurrenz am Markte wäre.

Die immer mehr zur entscheidenden Frage wer­dende Kreditversorgung der lebensfähigen Teile der deutschen Wirtschaft würde durch das letzte und große Mittel der Selbsthilfe der Geschäftswelt verwirk­licht, indem der Wechsel und der Scheck und mit ihm der direkte Kredit der Kaufleute unter­einander an die Stelle der Bankkredite treten wür­den, die in den nächsten Jahren bestimmt nicht in der gewohnten Weise zur Verfügung stehen 1). Diese Selbsthilfe würde nicht in chaotischer Weise, sondern von der überragenden Großfilialbank selbst organi-

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1)      In dem Halbjahresbericht der Reichskreditgesellschaft AG. vom Januar 1932 finden wir dieselbe Meinung ausgedrückt (S. 41):

"Die Wirkung der Gläubigerpanik auf die Banken und ihre Fähigkeit, Kredit zu gewähren, reicht weit über die gegenwärtige Einengung der kreditvermittelnden Tä­tigkeit der Banken hinaus. Den Banken ... sind 30 % ihrer fremden Gelder entzogen worden .... sie haben 3 Milliarden an das Ausland zurückgezahlt ... die erhöhte Fluktuation der Einlagen ... zwingt sie auch zu einer Erhöhung der Liquidität. ... Die Banken ... werden daher von der Mög­lichkeit der Kreditvermittlung und Kredit­erteilung nicht den gleichen Gebrauch machen können, wie in den vergangenen Jahren. Soweit der Warenverkehr der Kredite nicht entraten kann, wird der direkte Kredit der Kaufleute untereinander an ihre Stelle treten müssen. Zu seiner Unterstützung wird viel­leicht mehr als in den vergangenen Jahren der Wechsel herangezogen werden." —

Man kann nur hinzufügen: Und auch der Scheck, und auch der typisierte Scheck, wenn die Reichs­bank, die Anstalt zur Typisierung von Wechseln in Banknoten, nicht mehr voll funktionsfähig ist.

 

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siert sein, so daß für sachgemäßes Funktionieren jede Garantie bestände.

 

            Das Problem der Dezentralisierung unseres Kreditwesens, mit welchem zugleich über die große Frage der Opferung oder Wiedergesundung der gesamten deutschen Provinz und des flachem Landes entschieden wird, wäre zum ersten Male wirk­am in Angriff genommen:

            An die Stelle der durch den Zwangskurs zusammengehaltenen unübersehbaren Zahlungsmittel-Ozeane würde eine Anzahl von gut kontrollierbaren Geld-Seen treten; Mißgriffe im Zahlungsmittelwesen würden nicht mehr die ganze Volkswirtschaft vergiften, ihr Ursprung würde nicht mehr unauffindbar sein und der Kritik sich entziehen; sondern in dem Nebeneinander abgegrenzter (nicht regionaler) Bassins würden immer nur einige krank werden, immer nur ein Bassin würde überlaufen oder sich entleeren, immer würde nur die verantwortliche Bank die Zeche zu bezahlen haben, nicht aber die Gesamtheit.

Organisation, die einzige Herrin der Massenerscheinungen, würde an die Stelle des Chaos und der Willkür treten, die in Deutschland seit 1914 gleichbedeutend gewesen sind mit einer kreditpolitischen Auszehrung der mittleren Industrie, des Kleingewerbes und der Landwirtschaft.

 

            Dieses Kreditsystem würde einen gesunden Unterbau finden in einem Sparkassenwesen, das wieder auf absoluter Vertragstreue und Liquidität aufgebaut wäre, und in einem Effektenwesen, das die Liquiditäts- und Delkredere-Risiken, die in den Banken nicht kompensierbar sind, auf die breite Masse der Effektenbesitzer über-trägt, hierdurch volle Aktivität und Liquidität der Banken und volle Beschäftigung des volkswirtschaftlichen Apparats sicherstellend.

 

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            Die Reichsbank wäre damit entlastet, sie könnte ihren Notenumlauf beträchtlich vermindern, die Deckung verbessern (jz78) und die Banknoten als alleiniges gesetzliches Zahlungsmittel so sehr verknappen, daß eine Abwehr der internationalen, z.T. politischen Angriffe möglich wäre, ohne daß die Wirtschaft dabei zu­grunde gerichtet würde, denn die Reservefront hinter dem abgekämpften heutigen Bankwesen wäre bereit. (jz79) Sollte man vom Auslande aus die letzten Karten aus­spielen und die Zentralnotenbankkredite der Reichsbank zu-rückfordern, und sollten auch gesetzliehe Zahlungsverbote nicht helfen können, so müßte zum letz­en Verteidi-gungsmittel der Goldmeßwährung gegriffen werden, zur Aufhebung der Vorschriften, die die Reichsbanknoten seit 1909 zum gesetzlichen Zahlungs­mittel mit Annahmezwang bestimmen.

Dieser unter den heutigen Umständen schwere Schritt würde leichter wiegen als die kampflose Aufgabe des Goldstandards, als die Überantwortung der gesamten Wirt­schaft an ein Ungewisses und spekulatives Geschick.

Unberührt von den Reparationskämpfen wäre dann die Stabilität der deutschen Verrechnungs-Zahlungsmittel gesichert, und die Gefahr wäre auf den Bereich der Reichsbanknoten lokalisiert, die dann auch nicht mehr in-flationiert werden, sondern nur noch wegen Disagio zurückfließen könnten.

 

            Die Abhängigkeit des deutschen Kredit­systems vom Auslande, die die Ursache unseres überhöhten Zins-niveaus und damit des Absatzmangels und der Arbeitslosigkeit ist, würde damit gebrochen sein. Die Zahlungs-mittel würden wieder bloße Ver­kehrsmittel, der Kredit ein bloßes Werkzeug des Ab­satzes sein; eine gesunde private Zahlungsgemein­schaft, wie sie in Form der sanierten Großbank mit ihren Hunderten von Niederlassungen und Millionen

 

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von Kunden und Scheckinhabern geschaffen sein würde, hätte die Unabhängigkeit des deutschen Bank und Kreditsystems von politischen Eingriffen des Auslandes verwirklicht.

 

            Damit wäre das Ende des Stillhaltungsproblems gekommen. Die französische These wäre erwirklicht, indem die Firmen, die sich  mit kurzfristigen Auslandskrediten übernommen haben, sich mit ihren Gläubigern einzeln auseinandersetzen müßten; der negative französische Gedanke wäre durch den positiven der Schaffung eines gesunden Zahlungssystems ergänzt, das die kranken Institute entbehrlich macht und ersetzt. Der franzö-sischen These wäre ein deutscher Sinn gegeben, wie er gerade von einflußreichen deutschen Industriellenkreisen gewünscht und befürwortet wird: der Sinn der Reinigung nicht nur, sondern auch der Sinn der Befreiung, die allein Wege in eine bessere Zukunft eröffnet.

 

            Auch die Reparationsfrage wäre auf ihren Ursprung zurückgeführt, denn bei einlösbaren  privaten Zah-lungsmitteln können nie mehr Reparationen gezahlt werden, als Devisen bei voller Bankenliquidität angeboten werden, wirkt doch die Einlösbarkeit als Transferschutz, wie dargelegt wurde. Die Reparationsgläubiger würden sich daran erinnern müssen, daß sie Zahlung verlangt und gleichzeitig die Zollmauern immer mehr erhöht haben, daß sie die Erlöse der deutschen Exporte erst um die 26prozentige Abgabe, die gutgeschrieben, dann um die oft drei Viertel des Warenwerts ausmachenden Zölle gekürzt haben, die eigenartigerweise nicht als Reparationen gutgeschrieben wurden, so daß uns nur der geringe Rest zur Bezahlung der Rohstoffeinfuhr und der weiteren Reparationen übrigblieb; die Reparationsgläubiger werden sich auch daran zu erinnern haben, daß sie die Kapital-

 

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anlagen deutscher Bürger im Auslande, die man allein auf 20 Milliarden GM schätzte, beschlagnahmt haben, daß sie dazu Barzahlungen, Lieferungen und Abtretun­gen im Werte von weiteren 40 Milliarden Goldmark erhalten haben, während sie unser Kreditsystem durch die kurzfristigen Darlehn gefährdeten und unsere Wirtschaft durch die Zinsüberhöhung lahmlegten, die aus dieser unverständigen Ablehnung von Warenzah­lungen durch Zollmauern folgte.

Sie werden sich vor die von Dr. Brüning berührte Notwendigkeit gestellt sehen, das Reparationskapitel zu schließen, und zwar gerade aus dem Gesichtspunkt der Heiligkeit der Verträge, da bereits mehr bezahlt ist, als an Reparationen für die besetzten französischen Gebiete jemals aufgewendet worden ist. Sie werden aber auch erken-nen, daß in Europa erst dann wieder Ruhe eintreten wird, wenn die erregten Massen Deutsch­lands wieder Arbeit und Brot haben, und daß es sich bezahlt macht, dafür formelle Opfer zu bringen.

 

            Solche Erklärungen können von Deutschland ab­gegeben werden, wenn das Kreditsystem unab­hängig vom Auslande organisiert ist, wie oben im einzelnen dargelegt wurde. Denn die Strippe der kurzfristigen Kredite, mit der man alle deutschen Regierungen der Nachkriegszeit bei allen Konferenzen doch zur Unterschrift gezwungen hat, indem die Sachverständigen auf die bedrohlichen Fol­gen der Nichtunterzeichnung hinwiesen, ist dann durch-schnitten, wenn sie nicht schon jetzt ge­rissen ist. An dem Tage, wo wir nicht mehr auf BIZ-Kredite und andere politische Druckmittel angewiesen sind, um unseren Zahlungsverkehr aufrechtzuerhalten, wird das Ende der ver-hängnisvollen Ab­hängigkeit der deutschen Politik vom Auslande gekommen sein. Die Regierungen

 

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werden dann nicht mehr versuchen müssen, eine unnationale und erzwungene Politik dem Volke mund­erecht zu machen, ohne auch nur die Gründe nennen zu dürfen, da ja schon dann ein Sturm auf die Banken hätte losgehen können, sondern sie werden zu einer souveränen Außenpolitik gelangen. (jz80) Schon die verhältnismäßige Ruhe, mit der man Brünings Reparationserklärungen aufgenommen hat, beweist, daß die alten Pressionsmittel versagen. Das letzte Druckmittel ist, daß wir kein unabhängiges Banksystem und keine private Zahlüngsgememschaft haben; sind diese hergestellt, so ist die Selbständigkeit Deutschlands wieder da.

 

            Dabei wird man sich darüber klar sein müssen, daß diese neue Bankpolitik im Gegensatz steht zu jedem Imperialismus, daß ihr die Maßlosigkeit und das Machtprinzip abgeht, weil solche zu fern gesteckten Ziele eine private Zahlungsgemeinschaft in Schwierigkeiten bringen würden. 

Sie wird den inneren Markt mit derselben Sorgfalt pflegen, wie man bisher den Export gepflegt hat; sie wird den deutschen Arbeitern ebensoviel Kredit geben, wie man bisher den überseeischen Negern unter dem Namen von Exportkrediten gegeben hat, obwohl doch diese Erlöse, wenn sie selbst hereinkamen, durch Zölle und Repara-tionen auf die Hälfte vermindert wurden und oft nicht ausreichten, die dabei verwendeten ausländischen Rohstoffe wieder zu importieren.

Die Befürchtung, die Befreiung der deutschen Politik würde zu imperialistischen Experimenten führen, scheint daher nicht begründet; zum mindesten würde ein solcher Imperialismus durch das hier geforderte Kreditsystem sehr erschwert werden.

            Freilich würde die hier vorgeschlagene Bank- und Kreditpolitik eine Abkehr von den subjekti-

 

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vistischen Prinzipien des Liberalismus bedeuten. (jz81) Diese Abkehr brauchte aber keineswegs als eine Hinnei-gung zum Staatssozialismus, zum Bolsche­wismus oder zum Faschismus aufgefaßt zu werden, wie die Darstellung wohl zweifelsfrei ergeben hat, sondern eher als eine Wiederbelebung der großen Tradition des deutschen Kamera­lismus.

 

Nicht Erlangung von möglichst viel Lust unter Aufwand von möglichst wenig Unlust ist dieser Auffassung das Ziel der Wirtschaft, sondern die orga­nisatorische Beherrschung der wirtschaftlichen Vor­gänge des Lebens, nicht im Wege von Staatseingriffen, sondern vermittels von Normativgesetzen, die den freien Verkehr von privaten Wirtschafts- und Zah­lungsgemeinschaften untereinander und miteinander regeln; mit dem Ziele, den einfachen Produktions- und Konsumvorgang, dessen Bewältigung dem Liberalis­mus nicht gelingt (jz82) und nicht gelingen kann, weil es sich um kein Problem des Individuums handelt (jz83), lau­fend zu erhalten, schließlich zu beherrschen und da­durch Freiheit für wertvolle Lebensinhalte zu schaffen. (29)

 

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ANMERKUNGEN

von John Zube

zu Rittershausen: Der Neubau des Deutschen Kreditsystems

in der Mikrofiche-Ausgabe in PEACE PLANS Nr. 315

1981

 

Im obigen Text sind die Nummern dieser Anmerkungen im Fettdruck wiedergegeben.

 

1.) S. 29 :  Nicht die Waren die jetzt oder in Kürze produziert werden son­dern nur die Waren die bereits produ­ziert und verkauft sind, die bereits auf dem Wege zum Verbraucher sind und in der Zwischenzeit durch gute Handels­wechsels etc. repräsentiert werden, können als eine gute und reale Banknotendeckung dienen.

 

2.) S. 29 : Diese Kurzfassung ist hier nicht sachgemäss: Geldforderungen aus Warenverkäufen sind gemeint.

 

3.) S. 38 : Klarer wäre es zu sagen statt "auf dem Kredit des Staates" : "auf der Steuerfundation ".

 

4.) S. 41: Deutschland hatte den Krieg gegen Frankreich 1870/1 ohne Zwangskurs geführt und gewonnen und dann zwei Weltkriege mit Zwangskurs geführt und verloren. Aber wie bedeutend der Zwangskurs in dieser Hinsicht auch immer sein mag, er ist nicht immer ausschlag­gebend: Russland führte den 1904/5 Krieg gegen Japan ohne Zwangskurs und verlor.

 

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5.) S. 45: Wenn so etwas passieren kann dann sind Zentralnotenbankverfassungen offenbar wertlos. Gesetze können nicht gegen Inflation sichern. Sie können die Freiheit nicht ersetzen.

 

6) S. 51: Das Zinsniveau war auch künstlich überhöht durch die Deflation, die wiederum auf dem Notenmonopol be­ruhte.

 

7.) S. 48): Nicht "des Zinses" sondern der Zahlungsmittelversorgung! Wenn diese schlecht ist, dann ist auch der Zins hoch - aber nur als Folge! Z.B. die inflationäre Zinserhöhung und die deflationäre Zinserhöhung durch Zahlungsmittelverknappung.  Vergleiche S. 74, Mitte.

 

8.) S. 74: Während ich Rittershausens neue Ergänzung der traditionellen Kri­tik nicht bestreite: die langfristige Anlage kurzer Depositen kann, ebenso wie der Rechtsanspruch der Gläubiger auf Bargeld oder Monopolgeld, zu sehr plötzlichen und scharfen Kri­sen führen, halte ich dennoch für die schlimmste Folge des Notenmonopols den resultierenden unvollkommenen Güteraustausch: Nicht dass die Butter etwas mehr kostet, sondern dass nicht so viel Butter produziert und konsumiert wird wie im Zustande der Geldfreiheit mög­lich sein würde. Darin und nicht in einer kleinen Butterpreiserhöhung liegt die schlimmste Folge.

 

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9.) S. 75: Hier hätte er wenigstens hinzusetzen sollen: "abgesehen von seinen deflationären Folgen". Wenn Kündi-gungs- und Anlagetermine den Summen und Zeiten nach balanziert sind, dann kann und sollte Zins gezahlt wer-den. Banken die das nicht tun ver­dienen kein Vertrauen und halten sich wohl hauptsächlich nur Leichtsinn, Unwis-senheit, Staatsgarantien - und ihre Monopolstellung.

 

10.) S. 82: Die zusätzlichen Warenumsätze sind beschränkt durch die Einlösungsverpflichtung, auf die er in diesem Buch anscheinend und meistens immer noch nicht verzichten will.

 

11.) S. 84: Hier hätte er hinzusetzen sol­len: "oder durch Rückstromsicherung auf ihrem Nennwerte gehalten".

 

12.) S. 89 : Handschriftliche Fussnote von (???) in meinem Exemplar: "Ramin will die übliche "Einlösung" ausschliessen."

 

13.) S. 94: Wenigstens in diesem Falle ist er gegen metallische Einlösung!

 

14.) S. 94: Restschuld oder fällige Rest­schuld, nur?

 

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15.) S. 94: Das folgende Beispiel enthält immer noch die Einlösungsverpflichtung, die er oben, auf derselben Seite, ablehnt!

 

16.) S. 98: Gab es jemals zuviel Konsumgüter???

 

17.) Die Arbeitslosigkeit als Folge des Zahlungsmittelmangels wurde in einem Aufsatz von Rittershausen be-schrieben der in Peace Plans 41 übersetzt ist. Siehe: www.reinventingmoney.com  Die hier angedeutete Kapitalbildungs­theorie ist von ihm in "Arbeitslosigkeit und Kapitalbildung" ausgearbeitet worden, ein Werk dass hier ebenfalls reproduziert werden wird - falls der Verleger es mir erlaubt.

 

18.) S. 102: Das geht nicht, wie Beckerath und später auch Rittershausen lehrte. Es würde nur eine Art von
Assignaten produzieren. Solche Kapitalgüterwerte dürfen nicht in Lohnzahlungsmittel umgewandelt werden – weil die Arbeiter damit nicht solche Kapitalgüter kaufen werden and den vorhandenen Konsumgütern dadurch ein übergrosses, auf Kapitalgütern beruhendes, Geldangebot gegenüberstehen würde.

 

19.) S. 125: Derartige Missbräuche sind, so so glaube ich, auf die Dauer nur bei Monopolbanken möglich.

 

186

 

20.) S.128: Vielleicht wäre eine hohe Vertragsstrafe hier eine ausreichende Lösung.

 

21.) S. 130: Wie hoch sind diese Verluste beim Pauschalsystem, im Vergleich zum individualistischen Kreditsystem, einzuschätzen?

 

22.) S. 141: Annahmezwang ist nicht dasselbe wie Zwangskurs. Zwangskurs besteht aus Annahmezwang und Zwangswert!

 

(Für lange Zeit habe auch ich diese Begriffe nicht genügend unterschieden, obwohl ich darüber, seit 1952 U. v. Beckerath zum Lehrer hatte, der mich schon bei seinem ersten Besuch fragte, was ich über Zwangskurs wisse. – Garnichts, war, wahrscheinlich, meine Antwort und damit begann meine erste Lektion von ihm. Aber auch der beste Lehrer – der er für mich war – kann nicht das Auffassungsvermögen seines Schülers überschreiten. – Zu-faellig hatte auch mein Vater, ebenfalls als 19-jähriger, Ulrich von Beckerath kennengelernt. Leider aber hatter er von B. nicht alle der guten Ideen übernommen, die B. zu verbreiten suchte – und dass geschah – oder geschah nicht - trotzdem mein Vater ebenfalls und jahrzehntelang ein Ideensammler war. Aber, trotz Stirner, wurde er doch von einigen "fixen Ideen" lebenslaenglich eingefangen und dadurch gegen bessere Ideen mehr oder weniger schon immunisiert. Und diese fixen Ideen von ihm waren gewiss nicht immer die besten, ganz im Gegenteil! Deshalb hatte er wohl auch oft bereut, dass er mir meinen ersten Besuch bei U. v. Beckerath empfohlen hatte. Eine weitere Empfehlung von ihm brauchte ich nicht. Beckerath's zahlreiche sozialreformerische Ideen, hunderte!, zogen mich wie ein starker Magnet an.B. konnte auch die meisten von ihnen sehr gut begruenden und alle meine Fragen und Zweifel zufriedenstellend beantworten. Gegen solche "Angriffe" bin ich, gern, ganz hilflos! Mit Rittershausen habe ich nur etwas korrespondiert und ihn nur einmal in Koeln besuchen koennen, und das war schon nach seinem Schlaganfall. Aber damals konnte ich doch,in seiner reichen Bibliothek, viel und frei kopieren, mit Zustimmung und Hilfe von R. und seiner Frau, die uns, meinem Juengsten und mir, veruebergehend waehrend dieser Arbeit eine Unterkunft zur Verfuegung stellten. R. wollte, dass ich einige seiner Schriften ins Englische uebersetze, z.B. sein Fischer Lexikon: Wirtschaft. Dazu fuehlte ich mich aber  damals und auch jetzt noch nicht faehig. Seine Buecher brauchen bessere Uebersetzer als mich. – Leider ist jetzt sein literarischer Nachlass in der Koelner Universitaets-bibliothek mehr oder weniger gegen Kopien verschlossen und nicht einmal ausreichend katalogisiert worden. - J.Z., 28.6.05.)

 

23.) S. 142: Für gesundes Staatspapiergeld (wenn man etwas das auf Zwangssteuern beruht überhaupt als gesund ansehen kann) sind nur Steuerfundation und freier Marktkurs und Annahmeverweigerungsrecht im allgemeinen Verkehr, unerlässliche Voraussetzungen!

 

24.) S. 144: Er springt hier von Einlösbarkeit zur Annahme"pflicht", während er beide Faktoren und Einflüsse ausein­anderhalten sollte.
Wohl keine Inflation aber wohl eine Deflation kann dann geschehen, wenn ein Notenmonopol besteht oder Unwissen­heit, wie man sich in seiner Abwesenheit selbst helfen könnte. Insbesondere der mit der Einlö-
sungspflicht zusammenhängende Rechts­anspruch des Gläubigers auf Bargeld kann sich katastrophal auf den normalen Verrechnungsverkehr auswirken wenn da­von plötzlich u. übermässig Gebrauch gemacht wird.   

187

 

25.) S. 151: Eine Einlösungspflicht ist daher ebenfalls unnötig, wenigstens in diesem Fall.

 

26.) S.157: Es war insofern keine "Überentwicklung" als diese Depositenmittel entweder nicht ausreichten die nötigen Umsatzzahlungsmittel zu verschaffen, oder falsch angelegt wurden: langfris­tig, während sie jederzeit oder kurzfristig fällig waren.

 

27.) S. 164: Es handelte sich nicht um eine "Vertrauenskrise" - sondern um völlig berechtigtes Mißtrauen!

 

28.) S. 172: Wagner besteht an dieser Stelle immer noch auf Einlösungspflicht als wesentlich!

 

29.) S. 181/2: Die Philosophie des letzten Absatzes erscheint mir in mehreren Punkten mehr als zweifelhaft, vermin­dert aber nicht den Wert der obigen Gedanken über Geldfreiheit, so unvoll­kommen sie auch immer noch sind.

 

Die obigen Anmerkungen - zusammen mit den handschriftlichen Fragezeichen - sind die Reste meiner Notizen beim ersten Lesen: dieses Buches, mit Bleistift, im Buche selbst. So weit wie möglich habe ich diese Notizen fuer die Mikroficheausgabe ausradiert, oder, wo ich sie noch für nötig halte, durch Tinte ersetzt.

 

188

 

30.) Separate Notiz zu S. 106/7: Wenn kein Notenmonopol mehr besteht dann sind Depositen bald völlig unnötig für kurzfristige Kreditumwandlung, die dann durch Handelswechseldiskontierung etc. geschieht, nach dem "banking principle". Sie sind dann nur Spar­guthaben die dem mittel- und lang­fristigen Kreditbedarf dienen sollten. Für kurzfristige Depositen wird dann wahrscheinlich keine Bank mehr Zinsen zahlen sondern eher eine Aufbewah-rungsgebühr verlangen.

 

31.) S. 72: Wenn Ersparnisse die deponiert werden für die Diskontierung von Wechseln etc. nicht nötig sind, weil dass mit Banknoten nach dem Rückstromprinzip getan werden könnte, dann soll­ten diese Ersparnisse dafür nicht "verschwendet" werden. Sie sollten eher produktiv und zu höheren Zinsen angelegt werden, zu dem Ausmass als der Kontoinhaber bereit ist, z.B. für Teile seines Kontobestandes Bankobligationen mit bestimmter Laufzeit anzu-nehmen, die ihm ein höheres Zinseinkommen geben können. Unter Bankfreiheit wird der Kunde auch einen gerin-geren Bedarf für eine hohe Kassenhaltung und ein höheres Bankkonto haben.

 

189

 

32.) Vielleicht hätte Rittershausen auf Seite 131 und an anderen Stellen zusetzen sollen dass die rechtlich kurzfris­tigen Depositen von Leuten gegeben wur­den die befürchten mussten, nach den Erfahrungen der Kriegs- und Infla-tionszeit, bei lang­fristigen Anlagen allzuviel durch eine neue, mögliche und mehr oder weniger wahrscheinliche Inflation zu verlieren.
Geldfreiheit würde zur Währungsstabilisierung führen (die Annahme unzuverlässiger Wertzeichen würde verwei-gert werden, i.e. sie würden aus dem Ver­kehr getrieben werden) und dann würden die Sparer auch wieder bereit sein ihre Gelder langfristig anzulegen.
Dadurch wird Wertbeständigkeit auch eine Voraussetzung für ein gesundes Depositenwesen.

 

33.) Nach Ulrich von Beckerath, der für viele Jahre privater Konsultant der Deutschen Bausparkassen war, war das auf S. 163 erwähnte Californische Bausparkassengesetz vom 5.Mai 1931sehr gut und das von 1950 brachte nur Verschlechterungen.

                                                                        J.Z. März 1981, mit einigen kleinen Korrekturen: 28.6.05.

190


 

 

 

 

 

Einige Bemerkungen von Ulrich von Beckerath

zu:

"Neubau des deutschen Kreditsystems."

 

 

Die angegebenen Seitenzahlen scheinen sich nicht auf das gedruckte Buch sondern auf die Seiten seines Manuskriptentwurfs zu be­ziehen:

 

Seite 30. Waren die Depositen bei den alten schottischen Banken durchweg unverzinslich? Theoretisch hätten sie ja verzinslich sein können. Bei den neuen Scheckbanken von 1933 werden sie vielleicht durchweg ver­zinslich sein.

 

Seite 30. Man muss auch bedenken, dass Noten von weniger als 5 £ in England fast immer und in Schottland wenigstens einmal verboten waren. Da kamen also die Notenbanken für Lohnzahlungen nicht in Betracht. Es gibt ein Buch "History of the 5 £ Note", weiss nicht von wem.

(J.Z.: Wer kennt und hat dieses Buch? – J.Z., 28.6.05.)

 

Seite 25. Sollte nicht unterschieden werden zwischen:

a) Run von Noteninhabern,

b) Run von Bankkunden, die täglich fällige Guthaben unterhalten,

c) Übermässige Kündigungen seitens der anderen Kunden mit 1 Mon., 2 Mon. etc.?

 

191

 

Seite 24. Hier ist doch Einlösungspflicht offenbar in dem Sinne gemeint: Umtausch gegen Metall. Telephonisch meinten Sie, dass Sie die Einlösungspflicht auch auf die Pflicht (begrifflich) ausdehnen wollen, die Note als Zahlungsmittel gegen sich selbst gelten zu lassen. Die Stelle scheint mir zu beweisen, dass das sprachlich nicht unbedenk­lich ist. 2 Arten!

 

Seite 24. Bei Silber kann man — weil das Publikum nicht gern an paar Pfund Silber in der Tasche trägt — auch bis zu einem gewissen Grade inflationieren, während die Einlösungspflicht aufrecht erhalten bleibt. (1873 Deutsch-land.) Die Überleitung der Einlösungspflicht zum Zwangskurs scheint mir etwas unvermit­telt.

 

Seite 19, u. F a e 1 1 i g  sind die Noten nicht sofort; nur verwertbar.

 

Seite 12. lieber: "einen neuen und doch sicheren Weg".

_________________________________________________________________________________________

 

Die folgende Notiz von Beckerath bezieht sich wahrscheinlich auch auf Seite 69 dieses Manuskriptes :

 

"Zu prüfen wäre, ob die von Adam Smith geforderte Rückzahlung in Raten (Wochen­raten) die Dauer des Kredits zu verlängern erlaubt."

_________________________________________________________________________________________


 

(Verlagsanzeige auf dem hinteren Umschlag – J.Z.)

 

Vom selben Verfasser ist im Verlage von Georg Stilke

Berlin NW 7, bereits früher erschienen:

Am Tage nach dem Zusammenbruch

Eine wirtschaftspolitische Studie

77 Seiten. Berlin 1931. Geheftet RM. 1.50

            ________________

 

Vom gleichen Verfasser

sind im Verlage von Gustav Fischer in Jena erschienen:

 

            Die Reform der

Mündelsicherheitsbestimmungen

und der industrielle Anlagekredit

Zugleich ein Beitrag zum Erwerbslosenproblem

 

VI und 90 S. Jena 1929. Preis RM. 3.60

 

 

Arbeitslosigkeit und Kapitalbildung

Zugleich  ein bankpolitisdies Programm

zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise

 

XI und 154 S. Jena 1930. Preis RM. 7.50

 

            _______________

 

Im Verlage der Bankwissenschaft, Berlin, befindet im Druck:

 

            Hypothekenbankwesen

                        ca. 90 S.

 

(J.Z.: Dieses letzte Buch besitze ich nicht, sondern nur die anscheinend vorangegangene Veröffentlichung in drei Teilen, in BANKWISSENSCHAFT, Berlin, von denen der 3. Teil in der Ausgabe vom 20. 7. 1931 erschien.

Leider fehlt mir vom 1. Teil noch S. 125. – Für die Buchausgabe, die noch von Rittershausen verbessert sein könnte, und auch für die fehlende Seite, biete ich einige meiner Mikrofiche-Ausgaben oder einige meiner digitisierten Texte an, derm ersten, der sie mir offeriert. – J.Zube, jzube@acenet.com.au 27.6.05.)

 

(S. 181)

 

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weitere Anmerkungen

von John Zube

zu Rittershausen: Der Neubau des Deutschen Kreditsystems

2005 - digitalisierte Version

mit ‚jz’-gekennzeichnete Fußnoten

 

jz1: (J.Z.: Immer die Wertbestaendigkeit von langfristigen Anlagen vorausgesetzt! – J.Z., 28.6.05.)

 

jz2: (JZ: In diesem frühen Buch hing R. anscheinend immer noch der matallischen Einlösungstheorie an, statt der Goldrechenwährung. Die letztere verspricht nur die Einlösung in oder Annahme für Güter und Dienstleistun-gen, die in Goldgewichtseinheiten ausgezeichnet sind, und ebenfalls Annahme zum nominellen Goldwert bei der Bezahlung von anderen Schulden, die in Goldgewichtseinheiten gemessen sind. Diese nicht-metallische "Einlösung" oder Annahme zum Nennwert gilt nur für die Ausgeber solcher Noten und, durch Vertrag, für ihre Schuldner. Ihnen gegenüber haben ihre Scheine Zwangskurs, d.h., Annahmezwang und Zwangswert. Im freien allgemeinen Verkehr aber nicht. Ein freier Goldmarkt, freie Ausmünzung und freier Umlauf von Goldmünzen gehören zu den Voraussetzungen einer Goldrechenwährung. Ebenso die Abschaffung des Rechtsanspruchs der Gläubiger auf Zahlung in Goldmünzen. Er kann dann nur Bezahlung mit anderen Zahlungsmitteln verlangen, die insgesamt den Goldwert der Schuld haben.  – Aber der Schuldner bleibt frei mit Goldmuenzen zu zahlen, wenn er so zahlen kann und will. - J.Z., 24.6.05.)

 

jz3: (J.Z.: Hier besteht er nicht auf der metallischen Einloesung als eine vermeintliche Notwendigkeit, sondern sieht nur den verrechneten Waren- und Dienstleistungsumsatz und die Annahmebereitschaft fuer die dafuer ausge-gebenen Verrechnungsmittel, in Form von gestueckelten Handelswechseln, als noetig und wesentlich an. An anderen Stellen aber besteht er dennoch auf der metallischen Einloesung, vielleicht nur um diesem auch unter Akademikern populaeren Vorurteil Rechnung zu tragen. – J.Z., 28.6.05.)

 

jz4: (? - J.Z.: Die Noten haben einen freien Kurs, der sehr weitgehend publiziert ist. Bei Überausgabe oder Verdacht einer Verschlechterung, würde sich ein Disagio bilden. Wenn es verbleibt, würde sich der Ausgeber als Emit-tent unmöglich machen und vielleicht in den Bankrott getrieben werden. Ein an sich unbegründetes Disagio würde schnell wieder durch den Rückfluss der Noten an die verschwinden, die diese Noten zu ihrem Nominal-wert annehmen müssen: Der Ausgeber und seine Schuldner. Ein grosser Missbrauch ist daher auch bei schlech-tem Willen und grosser Unwissenheit nicht möglich. Noten, die nicht zu pari stehen, im allgemeinen Verkehr, und die ein potentiellen Annehmer nicht vollgültig zur Bezahlung seiner Schulden an den Ausgeber benutzen kann, würden einfach abgelehnt werden. Also viel mehr wirkt hier als nur die Gutwilligkeit der Bankiers. Ihr Selbstinteresse ist auch eingeschlossen. – J.Z., 24.6.05.)

 

jz5: (? – unechte! – J.Z.)

 

jz6: (J.Z.: Da jetzt Warenwechsel nicht mehr üblich sind, wären entsprechende andere Forderungen aus Waren-verkäufen zu diskontieren. – J.Z., 25.6.05.)

 

jz7: (J.Z.: Ebenso, wie die Kriegssprache und ihre Ausdruecke, wurden auch die Kriegsideen weitgehend in den "Frieden" uebernommen. – J.Z., 28.6.05.)

 

jz8: (J.Z.: Eher: Zwangswert!)

 

jz9: (J.Z.: "Wir Deutsche" konnten es nie, nur unsere Regierungen konnten es, denn nur bei ihnen lag das Entschei-dungs-"Recht" über Krieg und Frieden und nur sie hatten die Macht ihren Willen in dieser Hinsicht zu erzwin-gen – und dieses "Recht" und diese Macht wird auch heute noch nicht genügend angezweifelt und kritisiert. – J.Z., 25.6.05.)

 

jz10: (? – J.Z.: Auch sie wurden durch die Inflation geschädigt! – J.Z.)

 

jz11: (? – J.Z.: Weder Devisen noch Gold als Deckung und zur Aufrechterhaltung einer Währung nötig! – J.Z., 25.6.05.)

 

jz12 (? – J.Z.: Nur gesetzliche Verbote stehen z.B. der Gründung neuer Notenbanken im Wege, die nur gesunden Umsatzkredit mit ihren Noten vermitteln würden. – J.Z., 25.6.05.)

 

jz13: (J.Z.: Selbst dafuer sind kurzfristige Spargelder ebensowenig noetig wie Gold- oder Silbermuenzen, wie sich aus der oben eroerterten Diskontierung gesunder Forderungen aus Warenlieferung mit Hilfe von Banknoten ergibt, die nur eine Zerstueckelung solcher kurzen Forderungen in zum voruebergehenden Umlauf geeignete Form darstellen. – J.Z., 28.6.05.)

 

jz14: (J.Z.: Vielleicht weil eine neue Inflation befürchtet wurde und man sich deshalb und so nicht langfristig fest-legen wollte. – J.Z., 25.6.05.)

 

jz15: (J.Z.: Wertbestaendigkeit vorausgesetzt. Es war aber noch nicht vergessen, dass z.B. die meisten Millionäre Deutschlands aus der Zeit vor der grossen Inflation von 1914-1923 danach keine Millionaere mehr waren, weil auch sie sich in nominalen Wertpapieren festgelegt hatten. – J.Z., 28.6.05.)

 

jz16: (J.Z.: Wenn sie immer noch metallische Einlösung versprechen, für alle ihre Umsatzkreditnoten, obwohl die meist schon verrechnet werden, dann müssten sie doch für dieses metallische und so festgelegte Kapital einen Zins anrechnen. Leider schlug Ri. in diesem Buch immer noch eine solche Einlösung vor, statt eine "Einlösung" nur durch Annahme by Schuldzahlungen und bei Zahlungen für Waren und Dienstleistungen, immer zu ihrem nomi-nellen Gold oder Silberwert. Schliesslich kann man Gold und Silver ja auch nicht essen. Edelmetall stellt hier nur eine angeblich nötige oder nützliche zusätzliche Sicherheit dar. Eine andere Einlösungsmöglichkeit, für Depositen, die nicht kurzfristig genug angelegt sind, bei fehlender Liquidität der Bank, wäre die Übergabe der Papiere, die die mittel- und langfristigen Kredite der Bank darstellen. Wenn der Depositen-Vertrag der Bank mit ihren Depositen-Einlegern das ganz klar macht, dann kann sie auch dadurch einen gefährlichen "run" auf die Bank vermeiden. Wenn die Banken so verfahren würden, dann würde dadurch ihren Kunden auch nahegelegt, die Anlage in Wert-papieren entweder selbst vorzunehmen oder einem von ihnen gewählten "investment trust" anzuvertrauen. Ansonsten könnten diejenigen, die etwas Bargeld bei einer Bank sicher haben wollen, sich der dortigen Tresor-möglichkeiten bedienen. Dort könnten sie ihre eigene Bargeldreserve aufbewahren, natürlich ohne dafür Zins zu erhalten, aber doch verhältnis-mässig sicher wenigstens vor privaten Dieben und Räubern. – Es wurde mehrfach geschaetzt, dass fuer Zeiten ohne hohe Steuern und zahlreiche Regulierungen der Diskont-Zinssatz fuer die Diskontierung gesunder Handelswechsel und entsprechender Papiere durch freien Wettbewerb selbst auf die eigenen Verwaltungskosten und Versicherungspraemien herabsinken koennte, was zu jährlichen Zinssaetzen fuer diese Zwecke von vielleicht nur ½ bis 1 ½ % fuehren koennte. Das Risiko bei der Diskontierung blosser Finanz-wechsel waere natürlich viel höher und in vielen Fällen überhaupt nicht tragbar. – Wenn die Ausgabe von umsatzfördernden Zahlungsmitteln unter voelliger Bankfreiheit zum grossen Teile auch von Emittenten wie oöertlichen Ladengemeinschaften übernommen werden würde, dann könnten und würden diese vielleicht den Zinssatz fuer die Diskontierung der kurzfristigen Schuldurkunden ihrer Mitglieder, nämlich der Ladenbesitzer und Kaufhäuser, gar auf Null heruntersetzen können, wenigstens für alle, die ihre kurzfristigen Schulden gegenüber ihrer Emissionsstelle rechtzeitig abtragen. Aber für verspätete Rückzahlungen, gewissermassen als Vertragsstrafe, könnten dann sehr hohe Zinssaetze erhoben werden. Man vergleiche wie heute viele Verkäufer ihre Waren für längere Zeit sogar in zinslosen Krediten anbieten, sich dafür aus ihrer Verdienstspanne schadlos haltend. Das geschieht natürlich zu grossem Ausmasse nur unter dem Deflationsdruck der mit dem heutigen Gelddespotismus verbunden ist. – Wie hoch oder wie niedrig der Diskontsatz für "real bills" in Zukunft unter voller Wirtschafts-freiheit, einschliesslich voller Bankfreiheit sein kann und wird, wird nur der dann folgende freie Wettbewerb entscheiden können. - J.Z., 25.6.05.)

 

jz17: (J.Z.: Nach dem richtigen "banking principle", der Handelswechseldiskontierung oder der "real bills doctrine", ohne den metallischen Einloesungsfimmel, sind fuer die blosse Umsatzfinanzierung auch die kurzfristigen Depositen ueberhaupt nicht noetig! Ganz freier Wettbewerb wuerde das beweisen.– J.Z., 28.6.05.)

 

jz18: (J.Z.: Nach dem 2. Weltkrieg trat Rittershausen nicht nur fuer einen "Abbau" der Preiskontrolle ein, sondern, wie Leonard E. Read, spaeter, fuer ihre sofortige totale Abschaffung. Die graduelle Verminderung jedes Protektio-nismus fuehrt gewoehnlich zu seiner Lebensverlaengerung und nicht zum Freihandel. Jede Art der Staatseinmischung in die Wirtschaft sollte radikal abgeschafft werden – wenigstens in den entsprechenden freiwilligen Gemeinschaften. – J.Z., 28.6.05.)

 

jz19: (? – J.Z.)

 

jz20: (? : verrechenbare! – J.Z.)

 

jz21: (??? – J.Z.: Es ist seiner Natur nach unrechtmässig und fehlerhaft. – J.Z., 25.6.05.)

 

jz22: (J.Z.: Offenbar wollte Ri. hier nicht zu sehr anecken! – J.Z., 25.6.05.)

 

jz23: ( ?- J.Z.)

 

jz24: ( ?- J.Z.)

 

jz25: ( ?- J.Z.)

 

jz26: (J.Z.: Ich bezweifle, dass eine einzige Noten- oder Scheckbank dieser Art für ein ganzes Land wie Deutschland genügen würde. Zu Zeiten als die Notenausgabe noch verhältnismässig frei war gab es oft Notenbanken für nur ca. 2 000, 20,000 oder 200,000 Einwohner. In Deutschland würden sich wahrscheinlich einige Dutzend Notenbanken halten können – und insgesamt viel besser arbeiten als nur eine Notenbank für den Umsatzkredit. Die üblichen Vorteile der Dezentralisation würden auch hier vorliegen. Wahrscheinlich würde jeweils nicht mehr als eine dieser Notenbanken grosse Fehler machen – und selbst dann wären nur ihre Kunden geschädigt, nicht das ganze Land. Aber so radikale und provozierende Vorschläge wollte Ri. damals wohl nicht machen. Immer hübsch vorsichtig aufs Glatteis gehen! Er schlug nur vor was unter damaligen Verhältnissen vielleicht durchsetzbar gewesen wäre, den populären und auch den überwiegenden akademischen Vorurteilen entsprechend. – J.Z., 25.6.05.)

 

jz27: (J.Z.: Wenn Goldmünzen oder Staatspapiergeld dafür nicht nöetig sind, wie er hier zugibt, dann sollte man auch Einlösung in ihnen nicht versprechen oder als vermeintlich notwendig erwaehnen, wie das R. mehrfach noch in diesem Buche getan hat. – J.Z., 28.6.05.)

 

jz28: (J.Z.: Der vermeintlich "schöpferische" Kredit ist nicht "schöpferisch" sondern betruegerisch und, letztlich, zerstoerend, wie Rittershausen in diesem Buche sehr gut gezeigt hat. Die gerechtfertigte Opposition gegen solche "Schoepfungen" ist, leider, ohne jede Rechtfertigung, nur weil da ein voruebergehendes "Mehr" auf der Geldseite beobachtet wurde, während das "Mehr" des Güterumsatzes ignoriert wurde, auch auf gesunde Verrechnungs-zahlungsmittel und Verrechnungsmethoden ausgedehnt worden, als ob auch sie nur blosses "fiat-money" wären. Nicht einmal der Unterschied zwischen blossem Zwangskursgeld und Freikursgeld wurde beachtet, sondern nur die schon lange beseitigte metallische Einlösung durch den Emittenten. Fixe Ideen herschen immer noch in der Welt, auch unter vielen Wissenschaftlern.  Ohne genügende Unterscheidungen kommt man an Wahrheiten nicht genügend heran. – J.Z.,, 28.6.05.)

 

jz29: (J.Z.: Meines Wissens war es genuegend frei auch schon damals nicht mehr! – J.Z., 25.6.05.)

 

jz30: (J.Z.: Aber gerade zum Nachdenken soll der Aufdruck auf den Noten: "gesetzliches Zahlungsmittel" oder "legal tender" ja nicht anregen sondern er soll zu dem mit dem Staatspapiergeld allzuüblichen grossen Betrug beitragen, wie so viele andere politische Schlagworte in den "Demokratien", die auf viele Arten immer noch ganz despotisch regiert werden. – J.Z., 28.6.05.)

 

jz31: (J.Z.: Hier war Dr. G. Ramin einen bedeutenden Schritt den Ansichten von von Dr. H. Rittershausen voraus oder wagte es einfach sich noch radikaler auszudrücken. – J.Z., 25.6.05.) Auch muß sich jeder, der einen solchen Scheckkredit in Anspruch nimmt, verpflichten, jederzeit Schecks der gemeinsamen Bank wenigstens bis zu dem Be­trage in Zahlung zu nehmen, der seiner Restschuld gegenüber der Bank entspricht.

 

jz32: (J.Z.: Wie diese "Hüterin" "unserer" "Währung" sie immer wieder verschlechtert, d.h. "nicht während" macht, das haben wir ja seitdem mehrfach erlebt. Sollten wir irgendeiner Zentralnotenbank daraufhin in Zukunft weiterhin Vertrauen schenken, ganz unverdient? – Aber damals wollten sich weder Rittershausen noch Ramin die Reichsbank zu ihrem Feinde machen. - J.Z., 25.6.05.)

 

jz33: (J.Z.: Ich meine, dass beide – und auch andere Geldfreiheitsmethoden und Institutionen so viel wie möglich gebraucht werden sollten. Aber ein so weitgehender Vorschlag ist eben noch schwerer durchzusetzen, obwohl er dadurch auch einige wenige weitere Anhänger haben würde. –  Der erste Schrift wird vielleicht doch sein müssen, erst einmal das Austrittsrecht aus dem Staat durchzusetzen, auch für Einzelne und, jedenfalls, für alle Gruppen, Gesellschaften und Gemeinschaften von Freiwilligen. - J.Z., 25.6.05.)

 

jz34: (wie? – J.Z.)

 

jz35: (J.Z.: Im Grunde genommen ist auch diese Frage verhältnismässig einfach, nämlich, so einfach wie die Kapital-anlage von Bargeld oder Giroguthaben heute ist durch ihre Besitzer. Sie müssen sich mit ihrem Geld entsprechende Wertpapiere oder "fixed deposits" kaufen, nur müssen sie dabei die alternativen Zahlungsmittel als Geld zur ihrer Bezahlung gebrauchen und die Rückzahlung geschieht auch in diesen alternativen Zahlungsmitteln. Nur der Gebrauch von alternativen Zahlungsmitteln dabei entspricht nicht der gewöhnlichen Denkweise und Praxis. – J.Z., 25. 6. 05.)        

 

jz36: (J.Z.: Oder dass sie andere Güter produzieren oder Dienstleistungen verkaufen, mit denen sie sich die benötigten Konsumgüter vom Auslande eintauschen oder, indirekt, einkaufen können, im Prinzip wieder nur durch eine Verrechnung, so leicht gemacht wie möglich. – Wir leben heute weitgehend von Konsumgütern die in vielen verschiedenen Ländern produziert wurden, während unsere Produkte und Dienstleistungen auch zum grossen Teil weltweit verbraucht und gebraucht werden. - J.Z., 25.6.05.)

 

jz37: (J.Z.: Wahrscheinlich auch ein Resultat der weiterbestehenden Angst vor der Möglichkeit einer weiteren Inflation! – J.Z., 25.6.05.)

 

jz38: (J.Z.: Bei solchen Einsichten war es für R. wahrscheinlich hilfreich, dass er auch als Buchhalter oder Prokurist und, später, als Betriebswirtschaftler arbeitete und lehrte. Für etwas ausserhalb der Wirtschaft stehende Leute wie mich sind solche Einsichten nicht leicht zu gewinnen. Ich habe schon das wenige, das ich mal über Buchhaltung gelernt hatte, fast ganz vergessen. – J.Z., 25.6.05.)

 

jz39: (J.Z.: Bei Paristand ist offenbar eine Einlösung nicht nötig. Erscheint aber ein Disagio, so zeigt dies die Grenze für die Emission an, auch ohne metallische Einlösung. Nur noch Schuldner des Ausgebers werden dann solche Zahlungsmittel annehmen oder gar suchen und kaufen, um dadurch ihre Schuldenlast zu vermindern. Andere werden die Annahme verweigern und der Ausgeber wird sich hüten Noten mit Disagio auszugeben, die er gleich wieder zu 100 % annehmen müsste. – J.Z., 26.6.05.)

 

jz40: (J.Z: Auch ohne Zwangskurs? Höchstens kann sie ihre eigenen Zahlungsmittel entwerten aber die Waren und Dienstleistungspreise, in wertbeständigen Einheiten ausgedrückt, würden dadurch nicht inflationiert. – J.Z., 26.5.05.)

 

jz41: (J.Z.: Ich besitze dieses Buch leider nicht sondern nur eine unvollständige Photokopie, in drei Teilen, aus der "Bankwissenschaft" wovon der 3. Teil in Heft 8, 8. Jahrgang, Berlin, 20. 7. 1931 erschien. Vom 2. Teil fehlt mir S. 125. Für die fehlende Seite und die Buchausgabe würde ich gern, im Austausch, einige meiner digitisierten Texte oder einige meiner Mikrofiche senden. – Ich nehme an, dass Prof. Rittershausen für die Buchausgabe den Text noch etwas weiter verbessert hatte. -  J.Z., 26.6.05, jzube@acenet.com.au )

 

jz42: (fast! – J.Z.)

 

jz43: (J.Z.: Wenigstens im letzten Kriegsjahr, 1918, war Rittershausen im ersten auch Soldate. Er sprach noch oft in seinen Schriften in der militärischen Terminologie. – J.Z., 26.6.05.)

 

jz44: (J.Z.: Genauso wie z.B. die Preiskontrolle und die Schutzzölle wäre auch hier der aufgezwungene Despotismus sofort und vollständig aufzuheben, aber das nur für alle Leute und Gemeinschaften, die ihn ablehnen. Dann würden die neuen Freiheitsmöglichkeiten selbst schnellstens Schule machen und weitere Fehler auf ein Minimum be-schränken. Auch hier ist die Freiheit nicht zu befürchten, sondern nur der Widerstand derjenigen, die die Freiheit fürchten. Um diesen Widerstand zu reduzieren wären alle solche Reformen ganz auf freiwillige Gemeinschaften, hier freiwillige Zahlungs- und Währungsgemeinschaften etc., zu beschränken. Den Ängstlichen und Vorurteils-vollen wäre also ihr vermeintlicher Schutz nicht wegzunehmen. Sie würden von den Freiheitsmöglichkeiten nur dann und nur zu dem Ausmasse und Schritt für Schritt Gebrauch machen, unter Gleichgesinnen, als sie die Frei-heitsmöglichkeiten, oft nur ganz allmählich, durch die Beobachtung der Erfolge der Pionier-Gruppen um sich herum sehen und verstehen würden. Andere würden einfach, auch ohne volles Verständnis, kopieren was immer und ganz offensichtlich gut arbeitet, ohne sich um die Prinzipien und Theorien zu kümmern, ebenso wie sie eine hoch entwickelte Technik täglich gebrauchen ohne sie voll zu verstehen. Es handelt sich ja auch hier nur um eine Zahlungsmittel-, Währungs-, Verrechnungs- und Kredittechnik.  – J.Z., 26.6.05.)

 

jz45: (J.Z.: Also auch hier haelt er den von ihm sonst verlangten metallischen Einloesungsfonds fuer ueberfluessig, waehrend er auf eine solchen Einloesung and anderen Stellen besteht! – J.Z., 28.6.05.

 

jz46: (J.Z.: Hier denkt er schon wieder an Einlösungsgeld oder Depositen statt nur an die eigenen Verrechnungsscheine fuer das Diskontgesschaeft. Er hatte dieses Buch wohl zu eilig geschrieben, ohne genuegende Revision. – J.Z., 28.6.05.)

 

jz47: (J.Z.: Nach den Billionenverlusten, die in den Massenmedien berichtet werden, ist es in dieser Hinsicht auch heute noch nicht anders. – J.Z., 26.6.05.)

 

jz48: (J.Z.: Andere Sachwerte als Edelmetalle können fast im Übermass geliefert werden, wenn auch nicht immer und vollständig sofort oder kurzfristig. Gerade während einer Deflationskrise sind die haltbaren Sachwerte gewöhnlich übermässig gross. – J.Z., 26.6.05.)

 

jz49: (J.Z.: Das Terminrisiko und die Art der Rückzahlung sollten auseinandergehalten werden. Mit ihren Waren und Dienstleistungen sind die meisten Schuldner immer noch auf kürzere bis längere Zeit leistungsfähig. Ihre Rück-zahlungsraten wären dieser Leistungsfähigkeit entsprechend zu vereinbaren. – J.Z., 26.6.05.)

 

jz50: (J.Z.: Fähigkeit? Sachkenntnis? – J.Z.)

 

jz51: (J.Z.: Nicht die Einlösbarkeit in Goldmünzen ist wichtig sondern die Einlösbarkeit in Waren, Dienstleistungen und Schuldquittungen, alle in Goldgewichtseinheiten ausgezeichnet. Dadurch wird Unabhängigkeit von einem Goldschatz für die potentiellen Emittenten erreicht, nur diejenigen ausgenommen, die keine anderen Güter, Dienstleistungen oder Schuldquittungen anzubieten haben oder wollen.

Im freien Wettbewerb unter Emittenten für Umsatzzahlungsmittel werden diejenigen, die keinen Goldschatz zu halten brauchen und, abgesehen von Geschäftsräumen, Büromaschinen usw und Personal auch kein bares Be-triebskapital oder Sparkapital brauchen, um Umsatzkredite gewähren zu können, bald marktbeherrschend werden. Es ist daher nicht die Einlösbarkeit in Edelmetall die primär wichtig ist, sondern die Abwesenheit des Zwangs-kurses.

Um es noch einmal und etwas anders zu betonen: Die Verrechnung braucht überhaupt keine metallische Einlösung für ihre Zahlungsmittel und Zahlungsmethoden – sondern nur einen guten Wertmassstab, wie z.B. die Gold-gewichtseinheit, um ihre Verrechnungs-Zahlungsmittel meist auf dem Paristand zu erhalten oder nahe daran, und letzteres auch das nur vorübergehend.  – J.Z., 26.5.05.)

 

jz52: (J.Z.: Und all denjenigen, die für alle praktischen Zwecke nahe genug an die Länge dieses Originalmeters herankommen! Da viele Leute genügend genaue Metermasse besitzen könnten die Betrüger schnell festgestellt werden, auch ohne den Originalmeter in Paris zum Vergleich immer heranziehen zu müssen. – J.Z., 26.6.05.)

 

jz53: (J.Z.: Hatte er das auch nur versucht? Hatte er gewusst, wie er das hätte machen können oder sollen? Hatte er wenigstens ganz ehrliche und vernünftige Vorschläge gemacht? – Mit ihnen hätte die Reform sehr schnell geschehen können, wie es später z.B. durch die "Vier Gesetzentwürfe" beabsichtigt wurde. - J.Z., 26.6.05.)

 

jz54: (J.Z.: ? Selbst in der Weimarer Republik und in der Westdeutschen Republik wurden der monetäre Despotismus fortgeführt und er besteht noch immer! – J.Z., 26.6.05.)

 

jz55: (J.Z.: Aber nicht in der Form der Goldrechenwährung! – J.Z., 26.6.05.)

 

jz56: (auch die? – J.Z.)

 

jz57: (? J.Z.: Mit in Gütern & Dienstleistungen etc. zu ihrem Nominalwert einlösbaren! – J.Z., 27.6.05.)

 

jz58: (? J.Z.: Mit in Gütern & Dienstleistungen etc. zu ihrem Nominalwert einlösbaren! – J.Z., 27.6.05.)

 

jz59: (Aufhebung! – J.Z.)

 

jz60: (J.Z.: Mal wird das gehortete Geld ja doch wieder zu Zahlungen benutzt werden, besonders wenn viele Preise, auch für Kapitalien, schon sehr tief gefallen sind. Spätestens die Erben werden es wieder ausgeben. Die dann aus Notpreisen bald schnell zu normalen Preisen steigenden Preise werden aber gerade dann und dadurch zur schnellen Verwendung der gehorteten Noten anreizen. Insofern ist die Analogie mit dem Gummiball nicht schlecht, für akute und relativ kurze und scharfe Deflationen, die auch weitgehend bemerkt werden. Aber sie müsste ergänzt werden durch die Möglichkeiten der Emissionsfreiheit, die die Wirtschaft unabhängig macht vom Umfange der gehorteten Noten, und auch durch die Gutschein- und "ticket-money" Theorie und Praxis, die ihren Geldzeichen keine unbeschränkte Lebens- oder Geltungsdauer gibt, sondern ihnen, wie den früheren guten Handelswechseln, nur eine beschränkte Laufzeit zugesteht, eine Periode die der Warenbewegung vom Verkäufer zum letzten Verbraucher entspricht. – J.Z., 27.6.05.)

 

jz61: (J.Z.: Unter der ausschliesslichen Metallwährung und dem staatlichen Papiergeldmonopol, abgesehen von Hilfsmitteln wie Wechseln unter Kaufleuten und anderer Verrechnung, konnte sie sogar nicht nur für Jahre und Jahrzehnte sondern für Jahrhunderte, ja sogar für Jahrtausende andauern, unverstanden und unerklärt und solche Zeiten gelten deshalb auch heute noch weitgehend als "normal", selbst unter den meisten "Gelehrten". – J.Z., 27.6.05.

 

jz62: (J.Z.: Vielleicht wird mal jemand, aus vielen allzu verstreuten Hinweisen, die Geschichte der lange andauernden Deflationen schreiben, für die die Geschichte von Notgeldausgaben auch viele Symptome bringen würde. – Die Manuskripte von Ulrich von Beckerath über Arbeitslosigkeit in alter Zeit und Notgeldausgaben sind leider durch einen Bombenangriff im November 1943 in Berlin verbrannt. Wenn man das Elend von tausenden von Millionen von Arbeitslosen und anderen Deflationsopfern - über die vielen Jahrzehnte seitdem – und über die ganze Welt verbreitet, bedenkt, dann könnte man die Konsequenz der Zerstörung dieser Manuskripte als schlimmer bewerten als die sonstigen zivilen Opfer von Bombenangriffen auf Berlin. – Aber selbst unter den heutigen Umständen besteht immer noch keine Garantie, dass so wenige Schriften auch genügend veröffentlicht, diskutiert, verstanden und beachtet werden. In den Sozialwissenschaften sind der Dummheit und den Vorurteilen und Irrtümern immer noch keine Grenzen gezogen, oder, vielmehr, können sie den schon etwas aufgeklärten immer noch territorial aufgezwungen werden. - J.Z., 27.6.05.)

 

jz63: (J.Z.: Wirtschaftshemmende Monopole sollten nicht nur gemildert, sondern ganz abgeschafft werden. – J.Z., 27.6.05.)

 

jz64: (J.Z.: Also: Metallische Deckung und Einlösung sind dafür nicht nötig! – J.Z., 27.6.05.)

 

jz65: (J.Z.: "bei der" ist hier wohl auszustreichen. Der Setzer hatte vielleicht eine Verbesserung des Manuskriptes nicht richtig gelesen. – J.Z., 27.6.05.)

 

jz66: (J.Z.: "für die Dauer" oder nur "dauernd"? – J.Z.)

 

jz67: (J.Z.: Voraussetzung dafür ist natürlich die Wertbeständigkeit langfristiger Kapitalanlagen, die Erhaltung der Kaufkraft des Wertmasses, die aber nach der Meinung und den Erfahrungen vieler Sparer unter der Zwangskurs-papierwährung nicht mehr gegeben war. Deshalb wollten sie zum grossen Teil ihre Ersparnisse nur kurzfristig bei den Banken anlegen. – J.Z., 27.6.05.)

 

jz68: (J.Z.: Was sie jederzeit versprechen kann ist nur die Rückzahlung zu dem Ausmasse, als sie flüssige Mittel besitzt oder sie erhält. Hier könnten Wartelisten helfen und Auszahlung in Raten, immer den flüssigen Mitteln der Bank oder Sparkasse entsprechend. Ansonsten könnten den Einlegern entsprechende Wertpapiere zur Verfügung gestellt werden, statt der Auszahlungen, die sie dann auf dem Kapitalmarkt verkaufen könnten. Leistungen, die man nicht immer leisten kann sollten nie als jederzeitiges Anrecht zugesprochen werden. Dass Versprechen die nicht immer haltbar sind dennoch gewohnheitsmässig gemacht werden und von Volkswirtschaftlern nicht einstimmig verdammt werden - ist kein gutes Zeichen. Dasselbe gilt für feste Zinssätze. Sie sollten so weit wie möglich durch variable Zinssätze ersetzt werden, die nur Beteiligungen an den erreichten Gewinnen darstellen, ebenso wie Dividenden. – Siehe den folgenden Paragraph. - J.Z., 27.6.05.)

 

jz69: (J.Z.: Nicht nur Politiker und Liebende machen Versprechen die sie weder erfüllen können noch wollen. – J.Z., 27.6.05.)

 

jz70: (J.Z.: Wie hoch werden oft diejenigen belohnt, die solchen Unsinn als der Weisheit letzten Schluss verkünden? – J.Z., 27.6.05.)

 

jz71: (J.Z.: Nach einer Bemerkung von U. v. Beckerath war ein grosser Teil der kurzfristigen "Auslandsgelder", die falscherweise von den deutschen Banken langfristig angelegt worden waren, in Wirklichkeit nur deutsches Flucht-kapital, dessen Eigentümer der deutschen Währung und Besteuerungrate nicht mehr vertrauten, sondern es, des-halb, im Auslande, wenigstens vorübergehend, angelegt hatten. Daraufhin wurde es dann, von den dortigen Anla-geinstitutionen, die auch nur wenige kurzfristige Anlagemöglichkeiten hatten, ausgerechnet in Deutschland wieder angelegt, aber nur in der Form von ausländischem Geld und weil, falscherweise, die deutschen Institutionen bereit waren kurzfristige Anlagen anzunehmen und hoch zu vergüten, was sie nur durch ihre risikante langfristigen Anlagen dieser Gelder und nur vorübergehend tun konnten. Statistische Übersichten darüber gib es, wahrschein-lich, garnicht. Aber Beckerath wusste, vermutlich, durch seine Berufstätigkeit und seine Kontakte, von vielen solcher inländischen Kapitalbesitzern. – J.Z., 27.6.05.)

 

jz72: (J.Z.: Leider ist das nicht immer genügend der Fall. Regierungen sind sehr erfindungsreich in einer Hinsicht, nämlich, durch weitere Zwangsmassnahmen eine durch vergangene unrechtmässige und unvernünftige gesetzliche Massnahmen schon bestehende schlechte Situation noch weiter zu verschlechtern, und das oft für sehr lange Zeiten. – Sie sind auch fast ganz unfähig zum Lernen aus geschichtlichen Erfahrungen und so wiederholen sie dieselben unrechtmässigen und falschen Handlungen immer wieder. - J.Z., 27.6.05.)

 

jz73: (? - J.Z.)

 

jz74: (? - J.Z.)

 

jz75: (? - J.Z.)

 

jz76: (? – J.Z.)

 

jz77: (J.Z.: Es brauchte dort nur zu seinem nominalen Goldgewichtswert angenommen zu werden, um seinen Pariwert mit seinem Nominalwert auch im allgemeinen Verkehr zu erhalten. Denn solange noch nicht alle Steuerschulden bezahlt sind würden sich bei Disagio die Steuerschuldner auf solche Zahlungsmittel stürzen, um damit sofort ihre fälligen Steuern zum Nennwert dieses Papiergeldes zahlen zu können und, vielleicht sogar, Steuervorauszahlungen so zu machen! – J.Z., 27.6.05.)

 

jz78: (J.Z.: Eine überflüssige "Deckung" braucht nur abgeschafft und nicht verbessert zu werden. – J.Z., 27.6.05.)

 

jz79: (J.Z.: Kein privilegiertes Zahlungsmittel sollte mehr geduldet werden! Volle Vertragsfreiheit auch auf diesem Gebiet! – Zahlungsmittel sollten nicht verknappt werden, sondern in dem Ausmasse zur ausreichend zur Verfü-gung gestellt werden, im freien Wertbewerb, zu dem sie gebraucht werden. Alle darüber hinaus angebotenen sollten und würden in der Regel abgelehnt werden. - J.Z., 27.6.05.)

 

jz80: (J.Z.: Auch in dieser Hinsicht sollte keine der Regierungen mehr "souverän" sein dürfen, besonders seitdem sie ABC Massenmordwaffen besitzen und, fortwaehrend, durch ausschliessliche Territorialansprüche immer wieder Kriege heraufbeschwören. – J.Z., 27.6.05.)

 

jz81: (? - J.Z.)

 

jz82: (J.Z.: Dem unvollständigen oder gar etatistischen "modernen" Liberalismus. – J.Z., 27.6.05.)

 

jz83: (? - J.Z.)