DER NEUBAU
DES DEUTSCHEN
KREDITSYSTEMS
Eine zentrale nationalpolitische Aufgabe
Von
Dr. HEINRICH RITTERSHAUSEN
Dozent an der Universität Frankfurt a. M.
1932
VERLAG VON GEORG STILKE / BERLIN
Alle Rechte vorbehalten
LIBERTARIAN
MICROFICHE PUBLISHING
1981
c/o John Zube, 35 Oxly
NSW
2577,
(2005 address)
jzube@acenet.com.au www.acenet.com.au/~jzube
A supplementary LMP literature list
and much else can be found at
www.butterbach.net/lmp/ & www.reinventingmoney.com
and related webpages.
Druck der Meyerschen Hofbuchdruckerei, Detmold
Anmerkung von John Zube für diese
digitisierte 2005 Ausgabe
Rittershausen machte viel Gebrauch vom Sperrdruck
und Fettdruck. Der Fettdruck lässt sich hier leicht wiedergeben, auch grössere
Buchstaben, aber der Sperrdruck würde viel extra Arbeit machen, durch
Einschiebung einer leeren Spalte and würde auch zu falschen Wortabbrechungen am
Ende einer Linie führen. So habe ich hier den Sperrdruck durch Italics
ersetzt. – J.Z., 24. 6. 05.
III
Motto:
"Alle öffenlichen and privaten
Kreditinstitute müssen schnellstens zurückkehren
zu den absolut soliden Maximen der Vorkriegszeit"
(Dr. Brüning a, 5. XI. 31).
"Nur grundlegende Reformen des Geld- und
Kreditwesens
können den Weg zur Gesundung ebnen."
(Institut für Konjunkturforschung,Vierteljahrsheft
1931,3).
VI
INHALT
Seite
Einleitung …………………………………………………………………………………………..............
7
I. Teil: Die Fehler des deutschen Kreditsystems .................................................................................. 17
1. Der Verlust der
Fühlung mit dem Warenumsatz; der Übergang von der Banknote zum Papiergeld ...... 19
a) Die klassische Kredittheorie als Grundlage des
modernen Kreditsystems .................................... 19
b) Die schrittweise Zerstörung des klassischen
Systems von 1909 bis 1931 ..................................... 34
c) Die erste Fehlergruppe: Die Schwäche des Umsatzkredits und des Papiergeldes in Deutschland .. 48
2. Die Überspannung des
Depositenwesens und die Illiquidität und Überlastung der Banken ....................... 58
II Teil: Der Neubau des deutschen Kreditsystems
........................................................................................ 79
1. Umriß und Aufgaben des
neuen Kreditsystems
............................................................................................. 81
a) Der Umsatzkredit und die Wiederherstellung des
Güterkreislaufs .................................................. 81
b) Die Entlastung der Reichsbank durch die Einführung des Schecksystems ………………………. 85
c) Der Anlagekredit und die Kapitalbildung ………………………………………………………... 96
2. Eine der heutigen
Großfilialbanken als Scheckbank
.................................................................................. 109
3. Der Ausschluss von
Mißbräuchen und die Sicherungen des neuen Systems ............................................ 131
4. Das Sparkassen- und
Trustsystem .............................................................................................................. 150
Schluss:
Auswirkungen ................................................................................................................................... 170
Analytische Inhaltsangabe
(formerly: 181)
..................................................................................................... VII
(Hier gleich folgend!)
VII (181)
ANALYTISCHE INHALTSANGABE
Seite
Einleitung:
Die deutsche Wirtschaftspolitik auf dem toten
Punkt ..................................................................................... 7
Die gegenwärtigen Hauptaufgaben jeder möglichen Wirtschaftspolitik. — Ableitung der zentralen
Bedeutung des Zinssatzes.
— Zinssenkung durch Konsolidierung unmöglich geworden. — Zwangskonversion
unzureichend. — Allgemeine Ratlosigkeit. — Zielsetzung dieser Schrift. —
I. Teil: Die Fehler des deutschen Kreditsystems
............................................................................................ 17
1. Der Verlust der
Fühlung mit dem Warenumsatz; der Übergang von der Banknote zum Papiergeld.
a) Die klassische Kredittheorie als Grundlage des modernen Kreditsystems ........................................ 19
Nachprüfung der Grundlagen der erschütterten Kredittheorie notwendig. — Unabhängigkeit vom Auslande beim einfachen Tauschverkehr. — Der Wechselverkehr. — Der Übergang zum modernen Kreditverkehr. — Die schottische Banknote als Grundlage der klassischen Notenbanktheorie. — Der gestundete Verkaufserlös als Grundform des Umsatzkredits. — Der Umsatzkredit. — Das Umsatzkreditgeschäft der Banken. — Die Einlösung der ausgegebenen Banknoten. — Der Umsatzkredit als Umtausch- oder Umwandlungskredit. — Die Quelle des Umsatzkredits. — Elastizität und Ausschluß von Mißbräuchen. — Die Einlösbarkeit. — Festigkeit gegen den Run. — Notenbank-und Kreditverkehr nichts als verfeinerter Handelswechselverkehr. — Der Giroverkehr als Vollendung des klassischen Systems. —
b) Die
schrittweise Zerstörung des klassischen Systems von 1909 bis 1931 ...................................... 34
Vollendung und Abstieg
des klassischen Systems. — Die Verdunkelung der klassischen Bankvorstellungen
durch die Funktionstrennung
zwischen Noten- und
Depositenbankwesen. — Die
Zentralisation des Notenbankwesens als
Markstein beim Übergang von der Banknote zum Papiergeld. — Der Untergang des
klassischen Systems durch die Aufgabe der Einlösbarkeit und die Einführung des
Zwangskurses. — Die Aufgabe der Einlösungspflicht und ihre Folgen. — Identität
von Zwangskursregime, Zentralbankidee und Inflationismus. — Die gegenwärtige
schädliche Übertreibung der Zentralbankidee auch hinderlich für die
Lösung der
Reparationsfrage. — Nach dem Fall der Banken noch die Zerstörung des deutschen
Geldsystems durch den Übergang vom Handelswechselgeld zum Finanzwechselgeld. —
Verhängnisvolle Kompensation einer Inflation des Finanzwechselgeldes mit einer
Deflation des Handelswechselgeldes. —
c) Die erste
Fehlergruppe: Die Schwäche des Umsatzkredits und des Papiergeldes in Deutschland 48
Schlußfolgerungen. — Stillhaltung und politische Zinsüberhöhung. — Errichtung eines gesunden Kreditsystems inmitten der Krise. — Die Schwäche des gegenwärtigen deutschen Kreditsystems. — Welches hätte in den letzten Jahren die richtige Kredit- und Reparationspolitik sein müssen? — Der natürliche Transferschutz. — Die heutige Krise als Endzustand einer jahrzehntelangen krankhaften Entwicklung. —
2. Die Überspannung des
Depositenwesens und die Illiquidität und Überlastung der Banken
................. 58
Die zweite Fehlergruppe:
Die Überspannung des Depositenwesens. — Tiefgreifende Veränderung des
Depositenwesens seit der Vorkriegszeit. — Einzig gesunde Anlagemöglichkeit
für kurze Gelder. — Nachweis der lange vorhandenen Illiquidität. —
Unterentwicklung des Effektenwesens als Spiegelbild der Überent-wicklung des
Depositenwesens. — Das deutsche Bankwesen als verkapptes Hypothekenbanksystem.
— Restriktive Folgen des Systems der unerfüllbaren Verträge. — Versuche, die
irrtümliche Bankpolitik als normales und richtiges System hinzustellen. —
Kritik dieser Irrlehren. — Das Rückversicherungsprinzip im Bankwesen. —
Widerlegung der Rechtfertigungsversuche. — Das Vorbild des französischen
Banksystems. — Beispielgebende Zins- und Depositenpolitik der französischen
Depositengroßbanken. — Ungesunde Überspannung des Depositenwesens auch in der
Krise von 1857. — Das Notenmonopol als letzte Ursache der Überentwicklung des
Depositenwesens. — Nicht neue Eingriffe in den Geld- und Kapitalmarkt, sondern
Lockerungen der vorhandenen Zwangsregelungen und Monopole sind nötig. — Abkehr
vom Zwangskurs-regime bedeutet Rückkehr zu absoluter Vertragstreue. —
II. Teil: Der Neubau des deutsehen Kreditsystems ..................................................................................... 79
1. Umriss und Aufgaben des neuen Kreditsystems ........................................................................................... 81
a)
Der Umsatzkredit und die
Wiederherstellung des Güterkreislaufs
.................................................. 81
Die Schaffung einer
gesunden Zahlungsgemeinschaft. —
Beispiel des Umsatzkredits in der gesunden Zahlungsgemeinschaft. —
b) Das Schecksystem als Mittel zur Entlastung
der Reichsbank ............................................................
85
Freie Banknotenausgabe oder Schecksystem? — Das Schecksystem. — Eine geschichtliche Erfahrung. — Die Urteile eines Bankiers und eines Gelehrten. — Verfeinerung des Scheckverkehrs zwecks Lockerung und Entlastung des Notenmonopols. —
c)
Der Anlagekredit und die Kapitalbildung
.......................................................................................... 96
Beispiel des langfristigen Kredits und der Kapitalbildung in der gesunden Zahlungsgemeinschaft. — Das Wesen der Kapitalbildung. — Gegenüberstellung von Konsumgüterkreislauf und Kapitalgüterkreislauf. — Arten der Kapitalbildung. — Bei gleichbleibender Sparrate erst Spardepositen, dann daraus Übergangskredit, schließlich Anlagekredit. — Bei steigender Sparrate erst Umtauschkredit, dann Spardepositen und daraus Anlagekredit. — Die Bank bringt die Kapitalbildung aus Kostendegression in Gang. — Längere Kreditfrist bei Anlagekrediten zulässig. — Inwieweit können Prolongationszusagen gegeben werden? — Die Grenzen für diese Anlagekreditgewährung. Abgrenzung gegen die schulmäßige und gegen die MacLeod-Hahnsche Kredittheorie. — Bedeutung des Filialsystems als eines Ersatzes für den Kapitalmarkt. — Die gesunde Zahlungsgemeinschaft ist der heute zu lösenden Aufgabe gewachsen.
2.) Eine der heutigen Großfilialbanken als Scheckbank .................................................................................. 109
Der Mangel einer
Reservestellung hinter den Banken. — Welche der Großbanken soll ausgewählt
werden? — Die Übertragung der illiquiden Debitoren auf eine Trust-Gross-bank. —
Das Beispiel Mussolinis an der Banca Commerciale. — Wegweisende New Yorker
Bankumschichtungen. — Die Danatbank als Trustgroßbank und Zentralanstalt für
langfristigen industriellen Kredit. — Die Behandlung der Kreditoren. — Ein
deutscher Credit Lyonnais. — Abstellung tiefsitzender Organisationsfehler. — Keine Tantiemen
mehr aus der Hand der Vertragsgegner. — Ein Brief des
englischen Schatzkanzlers. — Eine
Finanzstudienabteilung. — Ausschließ-lichkeitsverhältnis. — Beseitigung des
Sicherheitsprinzips, — Individualprinzip statt Pauschalprinzip im
Kreditgeschäft. —
3.) Die Sicherungen des
neuen Systems
……………………………………………....................................... 131
Unbedingtes Festhalten am
Goldstandard notwendig. — Das angebliche Fiasko der Goldwährung. — Die angebliche
Änderung des Goldwertes. — Krise der Köpfe, nicht des Goldes. — Zentralbankleute
gegen Goldwährung. — Die Begriffe "Währung" und
"Zwangskurs". — Radikales Mittel gegen alle Inflations-gefahren. —
Inflation ist nur bei Zwangskurs möglich. — Die Wissenschaft über die
Unmöglichkeit der Inflation bei Einlösbarkeit. — Die Quantitätstheorie. — Wo
liegt heute die Inflationsgefahr? — Deflation ist nur bei Notenmonopol möglich.
— Die Sicherungen der kanadischen freien Banknoten.
4.) Das Sparkassen- und Trustsystem ………………………………………………....................................... 150
Immer wachsende Bedeutung des Anlagekredits. — Völlige Verschiedenheit des Anlagekredits vom Umsatzkredit. — Völlige Verschiedenheit der Spardepositen von den Girodepositen. — Trotzdem
Bejahung der deutschen Arbeitsvereinigung im Bankwesen.
— Ursprünglicher Sinn der Arbeitsvereinigung. — Größtes Bankproblem
dieser Generation. — Verzerrung des ursprünglichen Sinns der
Arbeitsvereinigung. — Das gesunde Depositenwesen der Depositenbanken. — Das
Depositenwesen der Sparkassen. — Pacta sunt servanda. — Wie hat man bisher kurzfristige
Depositen zurückgezahlt, die langfristig angelegt waren? — Das angelsächsische
Prinzip als Vorbild. — Ein langbewährtes System. — Was sich hinter dem Schlagwort
"Erst Wiederherstellung des Vertrauens" verbirgt. — Entlastung der
Staatskasse von Stüt-zungen. — Bejahung des Sparkassenwesens. — Neue Prinzipien
der Effekten-" besteuerung. — Direkter Effektenbesitz des Publikums als
die fehlende Rückversicherung des Banksystems. —
Schluß:
Gesamtüberblick und Auswirkungen des neuen Systems .................................................................................. 170
184 (X)
_________________________________________________________________________________________
EINLEITUNG
DIE DEUTSCHE
WIRTSCHAFTSPOLITIK
AUF DEM TOTEN PUNKT
________________
Die gegenwärtigen Hauptaufgaben der möglichen Wirtschaftspolitik. —
Zwei Dinge sind nötig,
wenn die Wirtschaft von der tödlichen Gefahr einer weiteren Schrumpfung befreit
und einer gesunden Zukunft wiedergegeben werden soll: Die Banken müssen
entlastet und ein niedriges Landes-zinsniveau muß hergestellt werden, Beide
Forderungen hängen zusammen, denn große schwebende Devi-senverpflichtungen der
Banken bedeuten nicht nur die ständige Bedrohung der Währung und verhängnisvolles
Abhängigwerden der gesamten auswärtigen Politik des Reiches, sondern auch die
Abhängigkeit des Landes-zinsniveaus von ausländischen Finanzeinflüssen, die auf
die gesamte Wirtschaft strangulierend wirkt.
Ableitung der zentralen Bedeutung des Zinssatzes.
— Die Wichtigkeit der beiden Forderungen ergibt sich, sobald man mit der der
Wissenschaft eigentümlichen Methode der Vereinfachung vorgeht und sich die
Arbeitskräfte des ganzen Volkes gleichsam auf
zwei Kolonnen verteilt denkt. Die eine davon, die
etwa zwei Drittel der Bevölkerung umfaßt, ist
beschäftigt, die Lebensmittel und die
Konsumgüter herzustellen, die laufend gleich wieder verzehrt werden.
7
einem hohen
Landeszinsniveau fast gar nicht betroffen, denn der laufende Umsatz an
Konsumgütern kann zur Not auch bei hohen
Zinssätzen durchgeführt werden, da in solchen Waren nur sehr wenig Zins
steckt. Ein sogenanntes kapitalistisches
Land aber, d.h. ein Land, dessen Bevölkerung vielleicht zu einem Drittel,
wie Deutschlaend, oder zu zwei Drittel, wie die Vereinigten Staaten, der
Herstellung langlebiger Güter gewidmet ist, wird
durch ein dauernd hohes Zinsniveau zum Stillstand und Untergang verurteilt.
Die zweite Kolonne der Bevölkerung, von der jetzt zu reden ist, ist durch die Arbeit der ersten von der Sorge um Nahrungsmittel usw. befreit; sie kann daher für den Zukunftsbedarf arbeiten und die langlebigen Kapitalgüter, Wohnungen und Werkzeuge usw., herstellen, von deren Vorhandensein man sein Urteil über den Reichtum eines Volkes abhängig macht. Derartige langlebige Güter werden aber meist nicht bar bezahlt, son-dern durch Anleihe oder Hypothek finanziert, also auf Abzahlung verkauft bzw. vermietet. Bei der Berechnung dieser Abzahlungsrate (Annuität) spielt der Zins aber eine fast größere Rolle als die Herstellungskosten 1). Während für den Konsumgüterkreislauf, die Lohn- und Materialkosten über Aufrechterhaltung oder Stilllegung einer Produktion entscheiden, sind es bei Kapitalgütern die Zinskosten, von denen die Rentabilität abhängig ist. Die Rentabilität eines Dauergutes ist also keine feststehende Größe, sondern
____________________________
1)
Z. B. bei 100
000 M. Baukosten sind bei Annuitätentilgung innerhalb von 30 Jahren jährlich
für Zins und Tilgung aufzuwenden:
bei 3 ½
% Zins RM.
5 437,13
"
10 % " " 10 607,92.
8
sie ist eine Art reziproken Werts des Zinsniveaus, sie ist also dann
hoch, wenn das Zinsniveau niedrig, und sie ist gering, wenn das Zinsniveau hoch
steht. Bei 8 -15 % Zinsen, wie wir
sie in Deutschland seit Jahren für langfristige Gelder bezahlen, und bei 7 -10 %, die in den Vereinigten Staaten
seit Jahren bezahlt werden müssen 1), sind
fast gar keine langlebigen Güter rentabel. Schon bei 5 % Zinsen würden fast
alle diejenigen Anlagen rentabel sein, die jetzt als Fehlinvestionen
verschrien sind, deren Erstellung man der deutschen Wirtschaft und der
öffentlichen Hand zum Vorwurf macht, und bei 2 % für langfristige Gelder würde
eine Periode der Überkonjunktur, mit allen ihren Ausschreitungen eintreten 2).
_____________________________
1)
Das Zinsniveau für langfristige
Kredite war in
2) Der Reichsbankpräsident Luther hat es als aufklärungsbedürftig bezeichnet, ob nicht die Diskont-senkungspolitik in den Ver. Staaten und in Deutschland (1930) versagt habe. Demgegenüber kann man nachweisen, daß die Verhältnisse in in Ver. Staaten gänzlich anders sind, so daß sich dort Diskontsenkungen nicht durchzusetzen vermögen, und daß die deutschen Diskontsenkungen von 1930 belastet waren von einer unerträglichen schwebenden Auslandsverschuldung, die ihr Maß beschränkte. Die französischen Erfahrungen zeigen aber, daß sich die konsolidierende Wirkung von Diskontsenkungen erst durchsetzt, wenn der Diskont unter 3 ½ % heruntergeht (vgl. wegen der Einzelheiten meinen oben zitierten Aufsatz).
9
Während nun aber alle
Kostenfaktoren in dem Sinne beweglich sind, daß ihre Senkung einen entsprechenden Kaufkraftausfall
zur Folge hat, daß volkswirtschaftlich keine Besserung der Gesamtlage eintritt,
nimmt der Zins eine total verschiedene
Stellung ein, in dem seine Senkung viel mehr bewirkt, als diese bloße
Verschiebung von Kaufkraft von einer Bevölkerungsgruppe auf die andere. Der
Zins ist nämlich das einzige
volkswirtschaftliche Werkzeug, das auf die beiden Hauptkolonnen der
Bevölkerung, die Konsumgüter- und die Kapitalgüter-produktion, in verschiedener Weise wirkt; das erlaubt, diese anzukurbeln, ohne die anderen gleichzeitig zu strangulieren 1). Mit der Senkung des Zinsniveaus stufenweise
um je ein Prozent kann man jeweils ganze Industrien, die stillagen, wieder in
Gang setzen und mit seiner Erhöhung sie wieder zum Stehen bringen, indem an
ihre Rentabilität wiederherstellt bzw. vernichtet. Sind in einer Wirtschaft
Arbeitskräfte und Konsumgüter überreichlich vorhanden, wie heute in allen
großen Industriestaaten, und können beide nicht produktiv zusam-mengebracht
werden, indem rentable Anlagemöglichkeiten fehlen, so braucht man keineswegs einen großen und zerstörenden
Abbau ins Werk zu setzen, der uns in letzter Konsequenz zu indischen oder
sibirischen Zu-ständen zurückbringen müßte 2), sondern
_____________________________
1)
Diese Bedeutung
des Zinses ist so wichtig, daß erst durch die volkswirtschaftliche
Unterscheidung zwischen den Konsumgüter- und den Kapitalgüterindustrien ihre
eigentliche Rechtfertigung erhält.
2)
Über die
Wirtschaftspolitik des Reichskanzlers Brüning meinen Aufsatz in der
Europäischen Revue, Nov. 1931.
10
man muß vielmehr das Zinsniveau so einrichten,
daß der natürliche Ausgleich wiederhergestellt wird, der durch die Abhängigkeit
des Geld- und Kapitalmarkts vom Auslande gestört war, damit soviel Produktionen
lang-lebiger Güter wieder rentabel werden, wie nötig sind, um die brachliegenden Arbeitskräfte und Konsumgüter wieder
zusammenzubringen, deren scheinbare Unverwendbarkeit eine Schande für die
abendländische Kultur darstellt. Hätten wir heute wieder ein Zinsniveau von 4
% für 1. Hypotheken, wie vor dem Kriege, so wären Häuser und andere Dauergüter
mit einem Schlage rentabel. Sie würden wieder gebaut werden, und durch solche
Arbeitsbeschaffung würden Mieter sich finden und der Absatz auch für die
Konsumgüter wieder da sein, der heute fehlt. (jz1)
Zinssenkung durch Konsolidierung unmöglich
geworden. — In meiner Bröschüre "Am Tage nach dem
Zusammenbruch", die schon im Juni, also vor dem 13. Juli 1931, geschrieben
ist, habe ich den Vorschlag gemacht, diese notwendige Entlastung des
Banksystems und diese vordringliche Befreiung des deutschen Zinsniveaus durch
eine große Konsolidierungsaktion zu
erreichen. Es sollten auf den ausländischen Märkten deutsche Staats-, Städte-
und Industrieanleihen aufgelegt werden, an deren Absatz die ausländischen
Banken interessiert sein mußten, da sie anders zu befürchten hatten,
Milliardenverluste an ihren deutschen Guthaben zu erleiden. Der Absatz dieser
Papiere sollte von uns aus durch eine großzügige Lösung des Farmerproblems in den
amerikanischen Weststaaten in Verbindung mit einer Umstellung unserer
Agrarpolitik psychologisch vor-bereitet
werden
11
und so frühzeitig
geschehen, daß man der kreditzerstörenden Wirkung grosser deutscher
Zahlungseinstellungen zuvorkam. Durch
diese Umschuldungs- und Konsolidierungsaktion sollte zugleich eine solche Entlastung
der Bankbilanzen und öffentlichen Haushalte herbeigeführt werden, daß die sonst
unvermeidlichen Zahlungsein-stellungen noch in letzter Stunde vermieden wurden.
Dieser letzte Ruf ist zu spät gekommen;
sein Ertönen wurde schon begleitet von dem Krachen des deutschen
Kreditsystems, das wir am 13. Juli dann wirklich erlebten.
Inzwischen hat sich die Lage soweit verschlechtert, daß an
eine Konsolidierungs- und Befreiungsaktion auf dem Wege der Umwandlung kurzfristiger Leihgelder in
langfristige, unkündbare Anleihen im
Ernst nicht mehr gedacht werden kann.
Leider ist die Mehrzahl unserer politischen und wirtschaftlichen Führer so
rück-ständig, daß man endlich von Oktober 1931 an (nachdem die damals
skizzierten Gedanken Gemeingut gewor-den waren) von überall her diese
Konsolidierung als neues und letztes Mittel vorgeschlagen hat, sei es nun in
Form von Anleihen, von Goldzertifikaten und anderen Emissionen. Es kann gar
nicht genug betont werden, daß Leute, die solchermaßen um Monate hinter den
Ereignissen herlaufen, nicht als vorangehende "Führer" betrach-tet
werden können. Es ist heute auf Jahre hinaus Zeitvergeudung, von derartigen
Emissionen zu sprechen, die in Frankreich und in Amerika sicher keinen einzigen
Käufer finden würden.
Zwangskonversion
unzureichend. Angesichts der
Unmöglichkeit, im Auslande Konversions-
12
anleihen unterzubringen,
die unser Zinsniveau befreien könnten, hat man nun in Deutschland am 8.
Dezember eine Zwangskonversion der
Zinssätze gesetzlich durchgeführt. Dieser 4. Notverordnung kommt ein großer Wert deshalb zu,
weil sie nicht weltfremd dekrediert, sondern das Volk in gesunder Weise in die
Lage versetzt, seine wirtschaftspolitischen Erfahrungen zu machen. Sie nimmt
eine populäre Verwirklichung des wichtigsten Hitler-schen Programmpunktes
vorweg und bringt eine erhebliche Entlastung. Sie ermöglicht den praktischen
und unwiderleglichen Beweis, daß so
wohl Lasten richtiger verteilt, nie aber die Wirtschaft angekurbelt werden
kann. Indem sie den Abschluß der Deflationspolitik darstellt, fordert sie selbst Maßnahmen, durch welche der automatisch weitergehende
Schrumpfungsprozeß aufgefangen werden kann. Sie macht zugleich die Zeit reif für die weitergehende autonome
Zinssenkung, von der nun in der Öffentlichkeit mehr und mehr gesprochen
werden wird: die radikale Zinssenkung
auch für neue Kredite durch Schaffung eines neuen, gesunden Kreditsystems,
das keinem ausländischen Diktat und keinem Notenbankmonopol mehr unterliegt,
sondern gezwungen ist, nach Maßgabe der gesunden Rentabilitäts- und
Angebotsverhältnisse zu rechnen.
Allgemeine Ratlosigkeit. — Die Befreiung der Banken und des Zinssatzes durch eine Konsolidierungs-aktion ist also nicht mehr möglich, und die Zwangskonversion ist unzulänglich, weil sie kein billiges Angebot an neuen Umsatz- und Anlagekrediten hervorzubringen vermag, solange die Lage er Reichsbank nicht besser wird. Der Stand der
13
Stillhalte- und Reparationsverhandlungen eröffnet aber keinerlei
Aussichten auf eine wirksame und dauerhafte Entlastung der Reichsbank, ja
sie kann derartige Aussichten für den
Realpolitiker nicht eröffnen, weil die an-deren Länder einer ebenso schlechten
Lage sind bzw. keine genügend altruistische Bevölkerung besitzen, die ihr Geld
aufs Spiel setzen möchte, um den geschätzten Deutschen zu helfen. Daß man bei
den heutigen außer-ordentlichen Zinssätzen das deutsche Wirtschaftsleben nicht
wieder Gang setzen kann, steht für jedermann fest; daß man mit kranken und
überlasteten Banken nicht gesund wirtschaften kann, ebenfalls. Die bisherigen
Mittel zur Befreiung und Entlastung des Kreditsystems haben sich als
unzulänglich erwiesen. Sonach ist es nicht zu verwundern, wenn die deutsche Wirtschaftspolitik nunmehr auf
einen toten Punkt gekommen zu sein scheint. Weitere Mittel, die unbedingt
notwendige Entlastung des Kreditsystems und Befreiung des Zinsniveaus zu
erreichen, damit die hungernden Millionen
von Menschen und die verderbenden
Gütermassen nutzbringend zusammengebracht werden könnten, sind scheinbar
nicht vorhanden. Alle Methoden sind
erschöpft, Ratlosig-keit greift Platz. Nur grauer Pessimismus scheint für
die verantwortlichen Persönlichkeiten übrig zu sein, nur dunkler Drang zum
Extremismus und zu steinzeitlichen Wirtschaftsformen dem Volke offenzustehen.
Zielsetzung dieser Schrift. — In
solcher Lage will diese kleine Schrift den Versuch machen, mit den letzten
Mitteln der Kreditwissenschaft einen neuen und festen Weg anzugeben, der schon
früher erprobt, gegen-wärtig in Vergessenheit geraten zu sein
14
scheint, der dem Unsinn
unserer Lage ein Ende macht, der die gefesselten ungeheuren Kräfte der
Privatwirt-schaft freigibt, der mit den Mitteln des exakten Denkens zur
befreienden Tat führen und zur Erlösung des politisch-wirtschaftlichen
Geschehens aus einer untragbaren, unnationalen Zwangsläufigkeit beitragen
soll.
15
(16: leer. 17: nur die folgende Überschrift. 18: leer.)
ERSTER TEIL
DIE FEHLER
DES DEUTSCHEN
KREDITSYSTEMS
1. DER VERLUST DER FÜHLUNG MIT DEM
WARENUMSATZ.
DER ÜBERGANG VON DER BANKNOTE ZUM
PAPIERGELD
a) Die klassische Kredittheorie als
Grundlage des modernen Kreditsystems
____________________
Nachprüfung der Grundlagen der erschütterten Kreditthorie
notwendig. — Man kann einem
großen Teile der herrschenden Wirtchaftswissenschaft den Vorwurf nicht
ersparen, daß sie zu sehr durch die Ideologie und zu wenig durch eine wahrhaft
pragmatische Betrachtung der Wirklichkeit
bestimmt worden ist. Sonst hätte es nicht geschehen können, daß die heutige
monetäre Krisentheorie fast ausnahmslos eine Erscheinungsform des Geldes
zugrunde legt, die vor dem Kriege in fast allen Ländern als anormal und
krankhaft galt, die zwar der ideologischen Gestaltungskraft einen fast
unermeßlichen Spielraum gewährt, die wirtschaftliche Gestaltungs-kraft des
Bankiers und Gesetzgebers aber zu Mißwirtschaft und Notmaßnahmen zwingt: Das
mit gesetzlicher Zahlkraft ausgestattete, meist uneinlösbare Zwangskursgeld.
Vielleicht wird diese Papiergeldtheorie
wieder auf den geringen Raum zurückgeführt werden müssen, der ihr vor 1914
beigemessen wurde, und vielleicht wird die einlösbare
Banknote, (? - J.Z.) die das
Fundament des ruhmreichen deutschen Banksystems der Vorkriegszeit war, wieder
rehabilitiert werden müssen, wenn nicht mehr Literaturen, sondern Güter
abgesetzt werden sollen, wie das die Gegenwart erfordert. Für diese (jz2)
19
weitgehenden Voraussagen
werden wir den Beweis anzutreten haben; wir werden verständlicherweise nicht
mit begrifflichen Deduktionen, sondern mit der Entwicklung der modernen
Großkreditwirtschaft aus den Prinzipien des einfachen Tauschverkehrs beginnen, die so kurz gefaßt sein soll, daß der
Leser in die Behandlung der bren-nenden Fragen der Gegenwart nur um wenige
Seiten verzögert eintreten wird.
Unabhängigkeit vom Auslande beim einfachen
Tauschverkehr. — Versuchen
wir noch einmal, uns das wirtschaftliche Leben eines Landes an dem instruktiven
Beispiel der Wirtschaft auf einer kleinen Insel zu verdeutlichen. Jedermann
produziert und jedermann tauscht seine Güter gegen die Produkte der anderen
Pro-duzenten aus, deren er jedarf. Der nötige Import wird durch den Export
bezahlt. Als Tauschmittel
im weitesten Sinne sind hierfür Transportmittel und Geld
nötig. Es ist klar, daß bei der
Abstraktion auf so einfache Verhält-nisse keinerlei
ausländische Einflüsse diesen Transport- und Zahlungsvorgang stören können.
Daß ausländi-sche Verkehrsstörungen den inländischen Eisenbahnfrachtverkehr
behindern könnten, ist kaum vorzustellen; es ist z.B. nicht einzusehen, wieso
Mißstände im Güterverkehr, etwa Englands, den Transport von Stückgut auf der
Strecke Gotha - Leipzig behindern sollten. Sollte ein
mangelhafter Wagenrücklauf aus dem Auslande daran schuld sein, so wüßte man
jedenfalls sofort, wie man dem Übel beikommen könnte: Man müßte neue Wagen
bauen. In der gegenwärtigen
Wirtschaftskrise sehen wir nun den eigenartigen Vorgang, daß ausländische
Einflüsse, z. B. die schwebende Devisenverschuldung und die damit ver-
20
bundene Zinstreiberei, in
stärkster Weise die inländischen Geld- und Kreditverhältnisse stören, ohne daß wir die Mittel zu haben
scheinen, den Schwierigkeiten beizukommen. Wie ist es möglich, dass der
Frachtverkehr eines Landes sich ungestört vom Auslande abwickeln kann, daß aber
der Geldverkehr so empfindlich ist?
Meinem von Böhm-Bawerk beeinflußten Inselbeispiel in der Broschüre "Am
Tage nach dem Zusammenbruch" hat man entgegengehalten, dass der moderne Kredit- und Zahlungsverkehr eben
zu kompliziert sei, um so ein-fachen
Grundsätzen noch zu gehorchen. Allerdings sehen wir auf allen Gebieten des
Lebens mit wachsender Technik eine wachsende Komplizierung der Probleme; wir
sehen aber nie, dass dadurch die Grundfragen verändert werden.
Grundsätzlich müßte offenbar der Austausch ungehindert vom Auslande jederzeit
möglich sein; wenn das nicht der Fall it, wird man viel eher vermuten müssen, daß das Geldwesen falsch organisiert ist, als annehmen, dass die rein quantitative
Veränderung der Dinge, die heute nicht mehr selten
und einfach, son-ern massenhaft und arbeitsteilig sind, einen so primitiven und unleugbaren Grundsatz
außer Kraft gesetzt haben könnten.
Der Wechselverkehr. — Wie kann man sich den Geld- und Kreditverkehr
unter so einfachen Verhält-nissen am besten erklären?
Wir brauchen nur
anzunehmen, daß man zuerst alles mit
Wechseln zahlte: Durch den Verkauf meines Produkts erwarb ich eine Kaufpreisforderung, ein Guthaben in Geld. Dieses so erworbene
Guthaben ist hier wie in der modernen Wirtschaft das natürliche Zahlungsmittel des Einzel-
21
menschen, das grundsätzlich überall ausreicht: Wenn ich selbst meinen Bedarf bei
verschiedenen Lieferanten einkaufe, so brauche ich den Lieferanten nur Wechsel zu geben, in denen ich ihnen
diese Forderung abtrete. Diese
Lieferanten wiederum können das nun ihnen
gehörende Guthaben benutzen, um das
zu bezahlen, was sie gekauft hatten.
Stellte man diese Wechsel auf den wichtigsten jährlichen Messetag, so brauchte
man bei Fällig-keit nur alle diese Wechsel zu kompensieren, genau so, wie dies heute an den Liquidationstagen an
der Börse geschieht, um den ganzen Zahlungsverkehr bewältigt zu haben. Hatten
einzelne Kaufleute mehr gekauft, als sie selbst für ihre eigenen Produkte
erlöst hatten, so mußte dieser kleine Spitzenbetrag in bar, z.B. in Silbertalern, ausgeglichen werden, was meist keine
Schwierigkeiten bereitete. Es ist klar, daß dieser Zahlungsverkehr, der
jahrhundertelang bestanden hat, durch
ausländische Einflüsse nicht gestört werden konnte, es sei denn, daß Mangel
an Papier und Tinte eintrat, die etwa importiert wurden.
Der Übergang zum modernen Kreditverkehr.
— Diese Wirtschaftsform setzte voraus, daß jedermann, der dieser Zahlungsgemeinschaft angeschlossen war,
den anderen Mitgliedern bekannt war
und daher ein gewisses Maß von Kredit
hatte. Diese Grundbedingung kam geschichtlich mit der Abschaffung der Zünfte ins Wanken. Ein namenloses Proletariat von Tage- und
Wochenlohnempfängern entstand, das noch dazu nicht mehr den Hauptteil seines
Einkommens in freier Station beim Meister und einer einmaligen Zahlung am
Meß-tage im Jahre fand, sondern mehr und mehr wöchentlichen Barlohn erhielt, der damals
22
nicht aufzutreiben war.
Diesen Aufgaben war das alte System nicht mehr gewachsen: Die Wechsel lauteten
meist über große und unrunde Beträge und waren unteilbar, sie waren für
Lohnzahlungen also unverwendbar.
Die schottische Banknote als Grundige der
klassischen Notenbanktheorie. - Da waren es von 1695 an die schottischen Notenbanken, die die Banknote schufen und den modernen Geld-
und Kreditverkehr begrün-deten: Sie
tauschten die ungeraden und über zu große Beträge lautenden Wechsel in typisiert, sagen wir über 10, 20, 50,
100 M. lautende Stücke um und gaben ihre eigene Unterschrift dazu,
um das Kreditrisiko auszu-schalten. Derartige Banknoten waren sozusagen "zerhackte Wechsel"; sie dürfen
nicht verwechselt werden mit den Noten der Bank von England, die aus den
Depotscheinen der Goldschmiede hervorgegangen sind und unter der Peelschen
Bankakte bis heute noch den Charakter von Golddepotscheinen nicht ganz
abgestreift haben. Wenn das Aufkommen des modernen Fabriksystems den Kreislauf
der Zahlungsmittel (der Wechsel) an der Stelle unterbrochen hatte, wo er Fabrikant die vereinnahmten
Zahlungsmittel an seine anonyme Arbeiterschaft als Lohn weitergeben wollte, so
war der Kreislauf durch diese Erfindung wieder
geschlossen: die Bank tauschte an dieser Stelle die unhandlichen Wechsel in
handlichere und garantierte Stücke um, die dann den Kreislauf fortsetzten.
Wir brauchen jetzt nur
noch drei Komplikationen einzufügen: den Umsatzkredit, den Giroverkehr
und die Monopolisierung des
23
Notenbankwesens, um schon inmitten des modernen
Geld- und Kreditsystems zu stehen, um endgültig beurtei-len zu können, wie
der Auslandskredit es macht, daß er den inländischen Zahlungsverkehr, den
Austausch der Güter in Deutschland lahmgelegt, wie es also möglich ist, daß die Arbeitlosen nicht das herstellen dürfen,
was sie verzehren möchten, und warum
die Arbeiter nicht in die Lage gesetzt werden können, das zu verzehren, was sie
hergestellt haben, bloss weil im Ausland sich bestimmte Vorgänge abspielen.
Der gestundete Verkaufserlös als Grundlage
des Umsatzkredits. — Betrachten wir zuerst noch etwas näher, wie die schottischen Banknoten in Verkehr
kommen, und, was beinahe noch wichtiger ist, wie sie wieder aus dem Verkehr zurückkommen. Der Fabrikant, der
das Wechselmaterial liefert, verkauft fast immer auf Ziel, der von ihm
belieferte Großhändler gibt das Ziel
weiter an den Detaillisten und ermöglicht dadurch die volks-wirtschaftlich
unentbehrlich gewordene Lagerhaltung
beim Einzelhandel, ohne die eine Auswahl der Kund-schaft unter den im Detail
angebotenen Waren und eine kontinuierliche Belieferung nicht möglich wäre.
Während der Fabrikant also bei dem angenommenen Schema nur Wechsel
hereinbekommt, die etwa in zwei Monaten fällig werden, muß er die auf dieselben
Produkte entfallenden Lohngelder an seine Arbeiter sofort auszahlen. Auch diese
Zeitdifferenz überbrückt die schottische Notenbank: sie gibt an Stelle der
später fälligen Wechsel sofort fällige
und leistet mit dieser "Diskontierung"
einen weiteren
24
höchst wertvollen Dienst,
der zu der "Typisierung"
und "Versicherung"
hinzutritt, von denen bereits die Rede war.
Der Umsatzkredit. — Die Bank, die die Kundenwechsel des Fabrikanten diskontiert, die also ein unbequemes Zahlungsmittel in ein bequemes umtauscht, gibt Kredit, da sie zugleich diskontiert, d.h. für noch nicht fällige Papiere solche gibt, die sofort fällig sind. Sie gibt den Kredit nur in ihren eigenen Banknoten.
Dieser Kredit ist reiner Waren- oder Umsatzkredit,
indem er nicht der Spekulation oder sonstigen Zwecken, sondern allein dem
Warenverkauf auf Ziel, also der Überbrückung der Verfrachtungs- und Ver-kaufzeit
dient.
Das Umsatzkreditgeschäft der Banken. — Im Umlauf stellen die so in Verkehr gekommenen
Bank-noten den Gegenwert der vom Fabrikanten verkauften, aber noch nicht in die
Hand des letzten Verbrauchers übergegangenen Produktion dar: Wenn der Fabrikant
für 100 000 M. Ware verkaufte und dementsprechend für 100 000 M. Wechsel
diskontierte und daraus Löhne im Betrage von 100 000 Mark bezahlte 1), so
müssen diese 100 000 M. Lohngelder bis zu
dem Tage im Verkehr bleiben, an dem sich die Lohnempfänger zu Einkäufen in den Läden entschließen.
Ebensolange bleiben natürlich auch die Fabrikate ungekauft vom letzten
Verbraucher. An diesem Tage endet der
Weg der Ware und beginnt der
Rückfluß der Noten: Die
_____________________________
1)
Vereinfacht aus
der klassischen Gleichung (vgl. in der neueren Literatur F. Schmidt und die
Produktions-erlös-Einkommensgleichung in meinem Buche "Arbeitslosigkeit
und Kapitalbildung", 1930).
25
Ladenbesitzer verwenden
die vereinnahmten Banktoten am nächsten Tage, um die Grossisten zu bezahlen, von denen sie die Ware erhalten haben, und
die Grossisten bezahlen aus diesen Eingängen die Fabrikanten, die damit ihren Kredit bei der Bank zurückzahlen. Die
Umlaufsperiode der verkaufen Güter beginnt
also ungefähr dann, wenn die entsprechenden Löhne ausgezahlt werden, und sie endet durch Übergang der Güter in die
Hand des letzten Verbrauchers gerade dann,
wenn die in den Taschen der Lohnempfänger befindlichen Noten ver-ausgabt werden
und ihren Rückfluß antreten. Umlaufsdauer der Waren, Dauer der Warenkredite
bzw. Umlaufs-dauer der Warenwechsel und Umlaufsdauer der Banknoten muß demnach
in dem klassischen Bankideal unge-fähr gleich
gewesen sein. Durch diese Zusammenlegung des Entstehungsakts der Ware mit dem
Entstehungsakt des Geldes, und des Endes der Ware mit dem Ende des Geldumlaufs,
die in Deutschland seit Adam Müller besonders von Benixen und Elster gefordert
worden und durch die Praxis der Reichsbank bis 1914 verwirklicht gewesen ist,
ist eine viel genauere quantitative
Regelung des Geldumlaufs, aber auch ein viel sicherer Aus-schluß
ungeeigneter Kreditbedürfnisse gewährleistet, als die Currency-Theorie und die Preisniveaupolitik, besonders nach
den vernichtenden Erfahrungen der letzten Jahre, jemals bieten können 1).
Aufgabe einer
solchen Bank ist es daher, den Wechselkredit auf gerade soviel Tage
_____________________________
1)
Leider hat
insbesondere Bendixen diese Lehre mit dem Zwangskurs und mit einem Kampfe gegen
die Quantitätstheorie verknüpft, obwohl doch nur eine Verfeinerung der
Quantitätstheorie vorliegt; wodurch er eine so richtige Grundvorstellung
unnötigerweise den schwersten Vorwürfen aussetzte.
26
zu gewähren, als dieser Aufenthalt der Noten in
den Taschen der Lohnempfänger (der
durch die Verteilung der Haushaltsausgaben über die ganze Lohnperiode bedingt
ist) zu dauern pflegt, verlängert um die
Dauer des Rückflusses der Noten vom Ladenbesitzer bis zur Bank. Verspürt
dann der Grossist oder eines der anderen Glieder der Kette die Neigung, das
erhaltene Geld zwischendurch zu investieren, so wird er durch das Fällig-werden
der Summen daran verhindert, den schnellen Rückfluß der Noten zu hemmen. Viele
heutige Bankdirek-toren werden allerdings nicht zugeben wollen, daß auch heute die Tätigkeit einer
Kreditbank kaum anders auszusehen hat, wie sich gleich erweisen wird, denn
damit würden sie eingestehen, daß ihre eigene bisherige Betätigung im
Aktienpakethandel, im Großkreditgeschäft und andern "Transaktionen"
nicht die Bedeutung hat, die man ihr gern zuschreiben möchte.
Die Einlösung der ausgegebenen Banknoten.
— Mit welchen Mitteln löst diese ideale Umsatzkredit-bank also ihre Banknoten
ein? Nicht durch Bereithaltung eines Goldschatzes, wie die Goldschmiedebank,
die Golddepotscheine ausgibt, in der spekulativen Hoffnung, die Inhaber möchten
die Noten recht lange behalten (Bank von England), — sondern einfach durch eine
Art Einziehung unter Rückgabe der
hereingenommenen Wechsel. Die Kredite sind auf diejenige Frist gewährt
worden, die der Laufzeit der Waren vom Fabriktor bis in die Hand des letzten
Verbrauchers enspricht. Sie werden fällig, die Fabrikanten sind zur Rückzahlung
bereit und gezwungen (weil sie Eingänge
haben und die Diskontwechsel einlösen
27
müssen), und die Bank tut
nun nichts anderes, als daß sie den erst
erfolgten Umtausch wieder rückgängig macht: Gegen Rückreichung der Banknoten
gibt sie die nun bezahlten Wechselformulare heraus, sie tauscht die Noten in Wechsel um, nachdem sie früher die Wechsel in
Noten umgetauscht hatte. (jz3)
Der Notenkredit als Umtausch- oder
Umwandlungskredit. — Nach dem
bewunderungswürdigen klas-sischen Schema ist also der Umsatzkredit nur ein
Umtausch- oder Umwandlungskredit, indem unbequeme Zahlungsmittel in bequeme,
oder Kaufpreisforderungen in Forderungen gegen eine Bank umgewandelt werden.
Alle die Störungen, unter denen unser heutiges Kreditsystem leidet, können
dabei nicht auftreten, indem die Diskont- oder Umtauschkredite, um es noch
einmal zu sagen, auf soviele Tage gewährt werden, als die Ware vom Verkauf ab
Fabrik bis in die Hand des letzten Verbrauchers läuft. Diese Frist stimmt
überein mit der Anzahl der Tage, für die die Lohnempfänger die Banknoten bei
sich behalten müssen, um die ganze Gehalts-periode hindurch Zahlungsmittel zu
haben.
Die Quelle des Umsatzkredits. — Es ist also die Gesamtheit der Noteninhaber, die den ganzen Waren-umsatz vom
Erzeuger bis zum Verbraucher finanziert. Die Gesamtheit der Noteninhaber hat
stets soviel Kauf-kraft, wie auf der Achse und auf Engros- und Detaillagern an
Ware vorhanden ist; durch das Halten der Noten geben die Notenbesitzer den
Banken soviel Kredit, wie zur Finazierung eben dieser Durchgangsvorräte
erfor-derlich ist; mit der Verausgabung von je 100 M. Noten durch die Inhaber
in den Läden scheidet für je
28
100 M. Ware als bezahlt
aus der Finanzierung aus, wird entsprechend der Notenumlauf vermindert, wird
schließlich der Kredit an die Bank
und von der Bank um 100 M. gesenkt.
Man finanziert also den
Güterumsatz aus einer in Betrag und Laufzeit adäquaten und hinsichtlich der Ergiebigkeit zwangsläufig korrelaten
Quelle.
Elastizität and Ausschluß von Mißbräuchen.
— Stets wird soviel Geld geschaffen, wie Waren produ-ziert (1) werden, und stets wird soviel Geld aus dem Verkehr gezogen, wie
Waren konsumiert werden. Nie kann hier Mangel oder Überfluß an Umsatzkredit
herrschen, weil steigende Verkäufe der Fabriken auch zu-sätzliches
Wechselmaterial und zusätzliche Banknotenbestände in den Taschen der zusätzlich
eingestellten Arbeitskräfte während der Lohnperiode hervorbringen, und
umgekehrt, solange keine schweren technischen Fehler gemacht werden.
Deflation ist bei diesem System nicht möglich, weil sich die Banken gegenseitig den Rang ablaufen werden, um die sehr beschränkt vorhandenen echten Warenwechselforderungen (2) zu bevorschussen, so dass die Zinssätze für gesunde Kredite die einfachen Manipulationskosten der Banken nicht erheblich übersteigen können. Eine
Übertreibung ist gleichfalls trotz Mangels der Metalldeckung nicht möglich, denn an dem
Tage, an dem die Noten zurückkommen, geht auch der bevorschußte Erlös der Ware
bei der Bank ein. Die Noten werden der Bank an diesem Tage von solchen Leuten
zurückgebracht, die derartige gerade fällige Kredite zurückzahlen wollen. Die
Noten werden zurückgetauscht, wie
die Pfandbriefe der Hypothekenbanken auf Umlaufkonto belastet werden, die von
Hypothekenschuldnern zu Tilgungszwecken in natura eingereicht werden. Nur
29
Kreditumwandlung, keine Kreditschöpfung liegt vor, wie ja auch die Hypothekenbanken zur
Veranstaltung einer Inflation nicht fähig sind, wenn sie nichts weiter tun, als
schwer fungible Hypotheken in leicht fungible Pfandbriefe umzuwandeln, also
einer vorhandenen Forderung eine bessere Form zu geben. Jeder Mißbrauch, jeder
Schritt weiter ist Inflation. Neben
der Kreditumwandlung gibt es nur die Kreditschöpfung, die immer Inflation ist. Nur die absolute Beschränkung auf die
Umwandlung schließt die Inflation aus.
Der Ausschluß der Inflationsgefahr durch die
Einlösbarkeit.— Diese Beschränkung auf die
Kreditum-wandlung wäre nun in der Praxis
eine ganz unzulängliche Sicherungsmaßnahme, wenn sie nur ein geistiges Prinzip
wäre, dessen Befolgung der Gutwilligkeit der Bankiers anheimgestellt wäre.
(jz4) Das klassische System des schottischen Notenbankwesens kennt die
Gebrechlichkeit des menschlichen Willens sehr wohl und unterscheidet sich
dadurch von allen andern Systemen, daß es
die Inflation durch eine organi-satorische Maßnahme technisch ausschließt:
durch die Einlösungspflicht der Bank. Eine Inflation dieser
Zah-lungsmittel ist unmöglich, wie eine jahrhundertelange Erfahrung in allen
Ländern bewiesen hat, weil diese Art
Banknoten niemals Zwangskurs haben, ja nicht einmal gesetzliches Zahlungsmittel
mit Zwangskurs sein dürfen, denn mit
dieser "Erhebung" oder vielmehr "Verböserung" hören sie
auf, eigentliche Banknoten zu sein und werden zum uneinlösbaren Papiergeld. Inflation ist — diese wissenschaftliche
Erkenntnis ist zwar in Vergessenheit
geraten, aber wohl
30
noch nie ernstlich bestritten worden — überhaupt nur bei Zwangskurs möglich, nicht bei in Landeswährung einlösbaren Banknoten. Sobald die Bank zuviel echte (jz5) Banknoten ausgibt, d.h. sobald sie andere als Kaufpreisforderungen des Warenverkehrs bevorschußt oder längere Kreditfristen gewährt, kann sie die Noten nicht mehr durch Rücktausch einlösen, sondern muß mit irgendwie beschafften Barmitteln, Gold, Devisen usw. auszahlen, wenn die Noten zurückkommen. Bei nennenswertem Umfange dieses Mißbrauchs erhalten die Noten Disagio, da keine genügenden Fälligkeiten mehr die erforderliche Nachfrage nach ihnen hervorrufen. Die Bank muß also infolge von Liquiditätsschwierigkeiten ihre Schalter schließen und in Konkurs gehen, sobald die Mißbräuche größer werden, als es der geringe Barvorrat gestattet (vgl. S. 131 f., 138 f.).
Festigkeit gegen den Run. — Auch ein
Run auf das gesamte Banksystem ist hier nicht möglich, da nie mehr Banknoten
ausstehen und nie mehr Depositen vorhanden sind, als zur Bewerkstelligung des
unbedingt nötigen laufenden Zahlungsverkehrs gerade erforderlich sind. Ein Run
pflegt niemals von den täglich umge-setzten Girodepositen, sondern immer von
den Spardepositen auszugehen. Diese fehlen
aber einer solchen Bank. Daß die Rückzahlung der gesamten Kreditoren einer der
vielen vorhandenen Banken dieser Art nicht an einem Tage, sondern nur etwa im
Verlaufe von 4 Wochen möglich, ist, ist ein geringer Schönheitsfehler, der an
der Tatsache der sehr schnellen Rückzahlungsmöglichkeit nichts ändert. Zur Erläuterung diene die Bilanz
des Crédit
31
Großbank der Welt, deren
5,6 Milliarden Francs Depositen und 9 Milliarden passiven laufenden Rechnungen
auf der Aktivseite nicht weniger als 12 Milliarden Fr. in bar, Wechseln und
Schatzwechseln gegenüberstehen, neben 4 Milliarden Debitoren. Diese Bank ist
gegen jeden Run sicher, da sie ziemlich alles in bar auszahlen kann, was
verlangt werden kann; ihre Leitung beweist, daß das praktisch möglich ist, was
in Deutschland in bequemer Weise oft für unmöglich erklärt wird 1).
Notenbank- und Kreditverkehr nichts als
verfeinerter Handelwechselverkehr.
— Dieses ursprünglich schottische Kredit- und Banknotenwesen unterscheidet sich
prinzipiell in nichts von dem allereinfachsten Wechselverkehr, von dem wir
ausgegangen sind. Auch dieser Umtausch und Rücktausch unbequemer in beque-me
Zahlungsmittel kann in keiner Weise durch ausländische und politische
Einflüsse gestört werden; bis hier-her ist also der Mechanismus, der heute
unser Kreditsystem lahmlegt, noch nicht erkennbar. Nichts spricht gegen die
Möglichkeit eines unabhängigen nationalen Kreditverkehrs, eines vernünftigen
Tauschverkehrs mit Hilfe eines gesunden Notenbankwesens. (jz6)
Der Giroverkehr als Vollendung des klassischen Systems. — Um uns den heutigen Zuständen zu nähern, haben wir zunächst noch den Giroverkehr einzuschieben 2). Wir waren im klassischen Schema zu-nächst davon ausgegangen, daß der gesamte Zahlungsverkehr nur mit den Banknoten abgewickelt wird. Heute sehen wir einen großen Teil
_____________________________
1)
Über den Run
vgl. weiter unten S. 150 f., 156.
2)
Ihm
entspricht in den angelsächsischen Ländern der Scheckverkehr.
32
der Zahlungsvorgänge auf
die viel einfachere und billigere unbare Weise des Giroverkehrs sich abwickeln: Der Detaillist-, dem ja von den 45
Milliarden Lohn- und Gehaltseinkommen in Deutschland (1927) allein fast 40
Milliarden RM. zufliessen, macht sich nicht die Mühe, die Banknoten zu
verpacken und per Wertbrief an seine meist auswärts wohnenden Lieferanten zu
senden, sondern er zahlt die
Tageslosung(den Erloes des Tages? – J.Z.) schon am nächsten Tage bei der
nächsten Depositenkasse oder Girokasse ein und benutzt das so gewonnene Guthaben zu Überweisungen an seine Lieferanten.
Während früher das Kreislaufschema für wohl 90 % des umlaufenden Bargeldes
lautete: Erster Teil: Bank — Lohntüte
der Fabrik — Lohnempfänger — Laden; zweiter
Teil: Laden — Grossist — Fabrikant — zurück zur Bank, wird heute nur noch der
erste Teil dieses Kreislaufs vom Bargeldumlauf besorgt, da bereits der
Ladeninhaber die Noten zur Bank zurückbringt und damit den Notenumlauf
beendigt. Allerdings zahlt der Ladeninhaber dieses Geld nicht auf das Konto
des Fabrikanten ein, auf dem bei der
ursprünglichen Emission die Belastung des Umtauschkredits stattfand, son-dern
auf seines. Mit der Einzahlung ist also der Kreditvorgang
keineswegs beendet, sondern nur umgeformt. Durch sie steigen die Girodepositen der Bank um genau den Betrag, um den sich
am gleichen Tage der Noten-umlauf vermindert hatte. Mit diesen zusätzlichen
Passivmitteln wird die aktive Kreditgewährung weitergeführt. Diese neuen Girodepositen, die an die Stelle des
zweiten Teils des klassischen Kreislaufschemas treten, durch-wandern nun in Form von Überweisungen die lange Kette der
Bankkonten der Lieferanten und Unterlieferan-ten, bis sie zuletzt auf
33
dem Konto des
ursprünglichen Fabrikanten landen, womit der Bankkredit zurückgezahlt ist, von
dem der Notenumlauf seinen Ausgang nahm. Gleichzeitig
sinken die Girodepositen auf den ursprünglichen Betrag zurück. Nähere
Untersuchungen zeigen, daß der Bargeldkreislauf heute etwa 11 Tage und der
anschließende Girokreislauf durch die verschiedenen Gironetze noch weitere 15
Tage dauert, so daß die Kreditfristen
von den Banken bei derartigen Krediten im Durchschnitt auf etwa 26 Tage
gesetzt werden müßten. Nicht mehr die
Gesamtheit der Banknoteninhaber allein ist es also heute, die durch ihren
Notenbesitz, der eine Kreditgewäh-rung bedeutet, den Güterumlauf elastisch
finanziert, sondern fast drei Fünftel des
Kreditspielraums entfallen heute auf die Inhaber von tatsächlich dauernd
umgeschlagenen Girokonten. Notenumlauf und Girodepositen zusammen aber sind ebenso elastisch
geblieben, wie der Notenumlauf allein; beide entstehen durch den Umtauschkredit
und vergehen durch seine Rückzahlung;
beide sind unabhängig von der Höhe der Spareinlagen und der Kapitalbildung in
einem Lande; sie bedeuten keinerlei prinzipielle Veränderung gegenüber dem anfänglichen
einfachen Wechselaustauschschema, sondern nur eine Verfeinerung.
b) Die
schrittweise Zerstörung des klassischen Systems von 1909 bis 1931.
Vollendung und Abstieg des klassischen
Systems. — Mit der Ausbildung des Giro-
und Scheckver-kehrs, der allerdings noch einer starken Ausdehnung fähig
ist, wie schon hier nachdrücklich zu betonen ist, konnte das klassische
34
System im wesentlichen
als vollendet gelten. Es hat mehr als
ein Jahrhundert in Europa gearbeitet, ohne größere Inflationen und Mißstände zu
zeigen, es hat Krisen überdauert, wie die von 1857, die der heutigen
gleichstehen, es hat sich also unzweifelhaft bewährt. Wie der Abstieg und Untergang dieses ruhmreichen Systems
zu erklären ist, mag hier unerörtert bleiben; es geschieht ja nicht selten, daß
zu große Erfolge zur Erstarrung, zum Ersatz der leitenden Leute durch rein
repräsentative Persönlichkeiten führen, bis es auch für den tüchtigsten Leiter
fast zu spät ist, das Alte zu retten.
Die Verdunkelung der klassischen
Bankvorstellungen durch die Funktionstrennung zwischen Noten- und Depositenbankwesen.
— Wie beim Aufstieg, so kann auch beim Abstieg nur der große Zug der Ereignisse
geschildert werden, da hier nur die
Lehren der großen hundertjährigen Entwicklung für die katastrophale Lage
der Banken in der Gegenwart
aufzuzeigen sind.
Der erste Schritt abwärts ist sicherlich schon in
der Trennung der Notenausgabe vom Depositenbankgeschäft zu erblicken, durch
die sich unser heutiges Bankwesen schon äußerlich von dem schottischen
Bank-schema unterscheidet. Hiermit kommen wir auf das heute in fast allen
Ländern verbreitete System der Zentral-notenbanken
zu sprechen, das heute als eine unantastbare Gipfelleistung des menschlichen
Geistes dasteht, das aber vielleicht schon in 50 Jahren beiseitegelegt
schwerverständlich in der Rüstkammer der Geschichte zu fin-den sein wird. Die
Funktionstrennung hat sich im wesentlichen historisch
entwickelt. Neben die Notenbanken, die
35
Wechsel diskontierten und auch Depositen annahmen, traten in den meisten Ländern 1) grosse Aktienbanken, die das Depositengeschäft und als Gegengeschäft den Kontokorrentkredit (anfänglich eine offene Umsatz-finanzierung unter Verzicht auf die Wechselstrenge) pflegten und sich geradezu übermächtig entwickelten. Sie konnten natürlich nur die letzten drei Fünftel des Umsatzes der Waren nach dem klassischen Schema finan-zieren, da sie nur den unbaren Teil des Zahlungsvorganges teilweise an sich reißen konnten. Bezüglich des Bargeldes blieben sie auf die Notenbanken angewiesen. Hierdurch wurde der einfache Aufbau des klassischen Schemas zum ersten Male verdunkelt: Die Notenbanken sind so zur "Banken der Banken" geworden. Sie geben heute etwa 80 % ihrer Noten nicht mehr an Geschäftsleute, deren Rohstoffbeschaffung und Warenabsatz sie aus ihren Konten selbst klar erkennen können, sondern an Banken, die ihnen versichern, daß die Namen der Wech-selverpflichteten so guten Klang haben, daß sie selbst "unbesehen" durch ihr Giro für die Sicherheit geradeste-hen würden, — eine Behauptung, die fast gar nichts mehr mit dem beabsichtigten Umtauschvorgang, mit der Verwandlung von Verkaufserlösen in Zahlungsmittel zu tun hat, die schon den verhängnisvollen Ersatz des Umsatzprinzips durch das Sicherheitsprinzip in sich schließt. Die heutigen Depositengroßbanken geben auch nicht etwa alle Handelswechsel an die Bank.
_____________________________
1)
außer
Schottland und Canada, die das System freier Notenausgabe aller Banken nach
Massgabe eines Normativgesetzes bis heute mit Erfolg beibehalten haben, leider
seit dem Weltkriege ebenfalls verfälscht durch den Zwangskurs (die Noten sind
gesetzliche Zahlungsmittel).
36
sondern nur einen Teil
und nur sporadisch, wenn bei ihnen Bargeldbedarf auftritt, so daß der Notenbank
jede wirksame Kontrolle verlorengehen mußte. Sie bieten schließlich ihrer
Kundschaft den bequemeren Konto-korrentkredit; die Kaufmannschaft hat es daher
verlernt, Wechsel zu geben; während die Notenbanken auf dem alten
Handelswechselprinzip beharrten. Daher mußten die Notenbanken schließlich
zufrieden sein, wenn sie offenbare Finanzwechsel bekamen, da das gute
Wechselmaterial sehr rar wurde.
Die Notenbank mußte nun-mehr versuchen, die
richtige Notenmenge "herauszufühlen" 1), da sie die direkte
Verbindung mit den Umtauschvorgängen des Geschäftslebens verloren hatte; sie wurde zu einer Bargeldver-sorgungsstelle der Großbanken. Nicht die Notenbank
bestimmte, wieviel sie geben wollte, sondern die Groß-banken holten soviel ab,
wie sie gerade brauchten. Damit war man
an der Grenze der bald uferlosen, bald restriktiven Emission angekommen, die
dem nichtbankmäßigen Papiergeld 2) anhaftet; die dieser gefährlichen Zahlungsmittelart
mit Recht einen so üblen Ruf eingetragen hat.
Die Zentralisation des Notenbankwesens als Markstein beim Übergang von der Banknote zum Papiergeld. — Hand in Hand mit dieser Entwicklung ging die Zentralisation des Notenbankwesens. Der Staat trat in nahe Beziehung zu einer der Notenbanken, die er mit Vorrechten ausstattete, der er seinen Geldverkehr über-
_____________________________
1) Ausdruck von Prof. Alb. Hahn.
2) Strikter Gegensatz zu Banknote.
37
trug, deren Noten er an
seinen Kassen annahm. Die Noten einer solchen Bank mußten eine ungesunde
Verbrei-tung gewinnen, die nicht mehr
allein dadurch begründet war, daß das Institut die täglich entstehenden
neuen Verkaufserlöse aus dem laufenden Absatz der Gesamtproduktion bzw. die
darauf basierten Wechsel in ein bequemeres Zahlungsmittel umtauschte, sondern auch etwas auf dem Kredit des Staates. (3) Diese Bank wurde die "Zentralnotenbank", dergegenüber die
andern Noteninstitute entweder verschwanden oder zur Bedeutungs-losigkeit
herabsanken.
Dieses monopolistische System, das auf keinem andern Gebiete in solcher Reinheit vorkommt, hätte sich nie halten können, wenn es nicht — zwar nicht dem Staat als einer Volksgemeinschaft — wohl aber dem Staat als Fiskus riesige Vorteile geboten hätte. Fr. Knapp schildert den immer wieder vorkommenden Fall, daß der Staat in seiner Not diese reiche Bank als Kreditquelle ausnutzt: Wenn die Bank halb gezwungen ihrem "Wächter", dem Staat, große Kredite einräumt, die mit dem Güterumsatz nichts zu tun haben, "wie soll sie dann die Banknoten fernerhin einlösen? Es ist unmöglich (Anm.: weil der Staat nicht an dem Tage
zurückzahlen kann, an dem
die Noten zur Zahlung vorgelegt werden, also etwa nach 26 Tagen). Knapp fährt
fort: "Das begreift auch der Staat sehr wohl. Er verfügt: Die Bank ist von
der Verpflichtung zur Einlösung entbunden."
"(Er) erklärt diese
Noten zu valutarischem Gelde (gleich gesetzlichem
Zahlungsmittel) ; ... so erhalten die Noten Zwangskurs bei allen Zahlungen unter
Privaten. Durch diesen höchst merkwürdigen Vorgang, den man meist nur als
erschütternden Unfall würdigt, ist für den kaltblü-
38
tigen Beobachter folgendes festgestellt: Der Geldverkehr . . . hört nicht
auf, obgleich das valutarische Geld
anders geworden ist; es besteht ja gar nicht mehr aus Metall, sondern aus Papier . . . Der Staat ist in
'Papierwirtschaft' versunken"1) 2).
Das Zwangskursgeld, das
man in solchen mit Zwangskurs ausgestatteten "Banknoten" vor sich
hat, gehorcht ganz andern Gesetzen, als das von uns dargestellte echte
Umsatz-Bankgeld der privaten Zahlungsgemeinschaft, es ist insbesondere grenzenlos vermehrbar und daher äußerst inflationsgefährlich.
Der Untergang des klassischen Systems durch
die Aufgabe der Einlösbarkeit und die Einführung des Zwangskurses. —
Hiermit hat F. Knapp, der Altmeister der deutschen Geldtheorie auch für
denjenigen, der seinen Ansichten nicht immer folgen kann, in einleuchtender,
fast großartiger Weise schon in dem Jahrzehnt vor dem Kriege den
bevorstehenden Untergang des klassischen Kreditsystems geschildert, der gar
nicht lange danach in Deutschland und in fast allen Ländern außer Frankreich
auch wirklich eintrat. Deutschland bestimmte 1909 durch Gesetz die Reichsbanknoten zum gesetzlichen
Zahlungsmittel, deren Aufdrängung zu 100 % sich fortan jedermann gefallen
lassen mußte, auch wenn sie weniger wert waren, als der Goldwert der Forderung, die er zu erhalten
_____________________________
1) 4. Auflage, s. 128. 129. Knapp ist im übrigen durchaus kein Feind des Zwangskurses, der ja heute merkwürdigerweise als ebenso selbstverständlich gilt, wie er bis 1909 einhellig verdammt wurde. Sperrungen vom Verfasser.
2)
Mit Recht
erklärt daher Carl Rosch in seinem
Buche über Kreditinflation (Jena 1927), daß Bank-noten, die an öffentlichen
Kassen genommen werden und gesetzliches Zahlungsmittel sind, keine Banknoten, sondern
Staatspapiergeld sind (S. 24).
39
hatte. Die Einlösungspflicht, die letzte schwache
Schranke, fiel dann 1914. Nach dem Kriege, in der Zeit des Wiederaufbaues der
deutschen Wirtschaft, in der gerade hier die Rückkehr zu den gesunden
Vorkriegsmaximen geboten gewesen wäre, um den Wiederaufbau zu fördern und zu
gesunden und mißbräuchliche Kredite und untransferierbare Reparationszahlungen
zu vermeiden, hat man nicht einmal das Ziel erkannt, vom Zwangskurs wieder abzukommen;
ist dem Verfasser doch nicht bekannt geworden, daß eine derartige Forderung
überhaupt erhoben worden wäre. (jz7) Und die weniger wichtige Einlösungspflicht
hat nur wenig mehr als 1 ½ Jahre von
Ende 1929 bis Mitte 1931 bestanden, zu einer Zeit, als Dr. Luther die schwere
Erbschaft des Schachtschen Systems übernehmen mußte, als das deutsche
Kreditsystem unter der Last der untragbaren kurzfristigen Auslandsverschuldung
bereits zu zerbrechen drohte, ohne daß sie in einer so verzweifelten Situation
ihre heilende Kraft hätte entfalten können.
Die Aufgabe der Einlösungspflicht und ihre Folgen. — Solange die Einlösungspflicht bestand, oder, um wieder Knapp zu zitieren, "solange die Bank verpflichtet ist, ihre Noten in staatlich emittiertem Gelde ein-zulösen, brauchte der Staat keine weiteren Schritte zu tun, um die Banknoten in ihrer akzessorischen Stellung zu halten" 1), waren also andere Vorsichtsmaßregeln gegen die Inflationsgefahr überflüssig, weil Inflation nur unter dem Regime des Zwangskurses möglich ist. Jetzt, nach Aufgabe der Einlösbarkeit der Noten, wurden besondere Bremsen nötig: die goldene
_____________________________
*) Knapp S. 125. Vgl. auch unten S. 138 ff.
40
Bremse, die Golddeckung, und die unzuverlässige und den Ereignissen immer
nachhinkende Preisstatistik;
schließlich nach dem Untauglichwerden beider die Devisenbremse. Hiermit ist der
klassische Gedanke, dessen Wiederverwirklichung uns heute so nottut, der im
Geld- und Kreditwesen ein Hilfsmittel des Güterabsatzes sieht, verlassen und eine ganz andere Geldart auf den Thron erhoben, das Papiergeld im Gegensatz zur Banknote,
dessen Eigenschaft es ist, unstabil zwischen Inflation und Deflation hin und
her zu schwanken; das allein von den Ausartungen betroffen werden kann, die
wir im Jahre 1923 kennengelernt haben, und das die Umsatzfinanzierung nur
sozusagen "nebenbei" miterledigt, ohne hier etwas Wirkliches zu
leisten.
Identität im Zwangskursregime, Zentralbankidee und Inflationismus. — Man hätte sich zu diesem gefährlichen und volkswirtschaftlich verdammungswürdigen Zwangskursregime 1) nie entschlossen, wenn es nicht außer seiner Vorteilhaftigkeit für den Fiskus noch eine Eigenschaft besessen hätte, der gegenüber alle sachlichen Bedenken zurückzutreten hatten: Ohne eine "starke Zentralnotenbank" war nach herrschender Ansicht die Kriegsfinanzierung (4) unmöglich. So wurden denn i.J. 1909 in Deutschland, nachdem andere Länder vorangegangen waren, als Vorbereitungsmaßnahme für den möglichen Krieg die Reichsbanknoten zum gesetzlichen Zahlungsmittel erklärt. Immer wieder wurde in allen Ländern bei der Erörterung des Zentralbank-problems betont, wie wichtig im Kriegsfall eine starke Zentralnotenbank sei. Mit
_____________________________
1)
Die Klassiker
bis Ad. Wagner and Knapp stimmten darin überein, vgl. S. 189 ff.
41
diesem Argument wurden
die rein wirtschaftlichen Argumente, die zumeist für die Dezentralisation sprachen, totgeschlagen 1). In Wahrheit waren freie Notenbanken im Kriegsfalle nur deswegen, nicht "stark", weil
sie keine Inflation machen konnten. Sie konnten dem Staat keine
Kriegskredite geben, weil sie selbst vier Wochen später an den Folgen dieses
inflationistischen Mißgriffs in Konkurs gegangen wären. Hinter dem Streben zur "starken Zentralbank" verbarg sich
also der Wille, irgend einmal Inflation zu machen, was nur mit der Aufhebung
der Einlösungspflicht und der Einführung
des Zwangskurses vorstellbar ist. Zentralbankidee
und Inflationismus sind ideologisch und historisch untrennbar 2); es ist
da-
_____________________________
1)
Vgl. hierüber
insbesondere die Bankenquete von 1908, sowie Plenge, Rießer usw. — Charles Rist (Les Finances de Guerre de
l'Allemagne) übergeht diesen Punkt, da ja die Noten der Banque de France seit
d. J. 1870 den Legalkurs gehabt hatten; waren es doch die "guten
Erfahrungen" der Banque de France bei der Finanzierung des Krieges von
1870 mit dem Zwangskurs, die man sich in Deutschland hatte zunutze machen
wollen (nach der deutschen Terminologie [Ad. Wagner] ist Zwangskurs = cours
legal; dem französischen Ausdruck cours forcé entspricht unser Begriff
"Uneinlösbarkeit"). (jz8)
2)
Auch Mises
äußert sich in gleichem Sinne (Theorie, 2. Aufl., 1924,
S. 408):
"Die Gründe, die, abgesehen von dem Moment der finanziellen
Kriegsbereitschaft, zugunsten der Zentralisierung, Monopolisierung und
staatlichen Beaufsichtigung der Notenbanken im besonderen und der
Umlaufsmittelbanken im allgemeinen angeführt werden, sind durchaus
unstichhaltig. In den letzten Jahren hat sich die Bankliteratur so stark in handelstechnische
Einzelheiten verloren, sich so weit von allen national-ökonomischen Erwägungen
entfernt und sich so ganz unter den Einfluß plattester etatistischer
Argumentation begeben, daß man auf die Ideen ... von vor zwei und drei
Menschenaltern zurückgreifen muß.
... Die Reglementierung des
Notenbankwesens sollte den armen und unwissenden Mann aus dem Volke ... davor
schützen, durch Bankenzusammenbrüche Verluste zu erleiden. Es genügt, dieses
Argument nur anzuführen, um zu zeigen, daß es ganz kraftlos ist. Keine
Bankpolitik hatte dem kleinen Mann mehr Schaden zufügen können, als die
etatistische der letzten Jahre."
42
her nicht verwunderlich,
wenn Cassel und immer weitere Vertreter des Zentralbanksystems heute die Aufgabe
des Goldstandards empfehlen, sich damit also öffentlich als Inflationisten
erweisen. Jeder Gegner der Inflation muß in letzter Konsequenz Gegner der
"starken Zentralbank" sein, weil diese immer wieder zum
Zwangskurs-regime und damit zur Inflation verleitet, und die Wiederherstellung
der Zustände von vor 1909 (J.Z.: 1910 – Erst am 1.1.1910 kam das Gesetz vom
1.6.1909 in Kraft. - J.Z.) wünschen, in denen die deutsche Wirtschaft nicht
ohne Grund einen beispiellosen Aufschwung erlebte, ohne von Inflation bedroht
gewesen zu sein.
Die gegenwärtige schädliche Übertreibung
der Zentralbankidee auch hinderlich für die Lösung der Reparationsfrage.
— Die Übertreibung des Begriffs der "starken Zentralbank" ist heute
umso überflüssiger, als wir Deutschen
überhaupt keinen Krieg mehr führen können. (jz9) Nützlich ist sie höchstens
in der Hand der Reparationsgläubiger (jz10);
die daher auch die Zentralbankidee uns gegenüber stärkstens bejaht haben und
das Bank-gesetz mit Absicht im Dawes- und Youngplan international gebunden
haben. Da man aber auf Seiten der Reparationsempfänger seit 1924 auf das
Hilfsmittel der Inflation zur Ermöglichung von Reparationszahlungen für alle
Zeiten mit Überzeugung verzichtet hat, und da die kriegsfinanzielle Stärke der
Zentralbank nur in der Inflation
liegt und die reparationspolitische
Stärke
43
der Zentralbank in nichts
anderm bestehen kann, so können die Reparationsgläubiger vernünftigerweise
heute kein wirkliches Interesse mehr an der Zentralbankidee in Deutschland
haben.
Nach dem Fall der Banken noch die Zerstörung
des deutschen Geldsystems durch den Übergang vom Handelswechselgeld zum
Finanzwechselgeld. — An diesen lange vorbereiteten Niedergang
schließt sich ein katastrophaler Bruch
an, der nun darzustellen ist. Bis zum Sommer 1931 hatte die Reichsbank die §§
28 und 21 des Bankgesetzes befolgt, die die Tätigkeit der Reichsbank in ganz
bestimmter Weise begrenzen, nämlich im wesentlichen auf den Diskont von Wechseln mit einer Laufzeit von höchstens 3
Monaten, die neben Gold und den durchlaufenden Schecks allein als Notendeckung zugelassen sind (§ 28: a. Golddeckung von
40 %; "b. Für den Restbetrag
diskontierte Wechsel oder Schecks, welche den in § 21 aufgestellten
Erfordernissen genügen"). Nun lautet § 21 Abs. 2 Ende: "Die von der Bank diskontierten Wechsel
sollen nur gute Handels-wechsel sein", und Dr. Hjalmar Schacht
kommentiert diese wichtige Bestimmung in seinem Kommentar auf S. 142 wie folgt:
"Im Hinblick auf die Zweckbestimmung der Notenbanken wird der bereits
früher angewandte Grundsatz, daß die von der Bank diskontierten Wechsel nur
gute Handelswechsel sein sollen, im neuen Bankgesetz ausdrücklich festgelegt.
Damit wird der Bank die Diskontierung anderer Wechsel, z.B. sogenannter Finanz- und Kreditwechsel oder von
Wechseln, die zu spekulativen Zwecken ausgestellt sind, untersagt."
44
Auch die
Strafbestimmungen beziehen sich auf diese beiden Paragraphen, deren Wichtigkeit
dadurch noch besonders hervorgehoben wird.
Das Notenbankgesetz erlaubt also nur zwei Sorten von Banknoten, die wir mit Ramin 1) als Goldgeld und als Handelswechselgeld bezeichnen können, um die Sache recht deutlich
zu machen, was übrigens der Terminologie des § 28 entspricht.
Entgegen diesen Bestimmungen (5) hat die Reichsbank nun
aber seit der Kreditkrise des Juli 1931 in einem Umfange von etwa zwei
Milliarden RM. Finanzwechsel
diskontiert, wie allgemein bekannt und durch die
Gründung der Akzept- und Garantiebank dokumentiert ist.
Diese Finanzwechsel wurden
hereingenommen, um die Zahlungsfähigkeit der illiquiden Kreditbanken zu
erhalten, die das Depositensystem übertrieben hatten, wovon im nächsten Teil
(S. 58 f.) zu sprechen sein wird; die Reichsbank bevorschußte hier nicht
Verkaufs-erlöse, sondern sie übernahm illiquide Aktiva der Großbanken und der
Sparkassen, die sich nicht selbst liqui-dieren, sondern fortgesetzter
Prolongationen bedürfen (entgegen dem Dreimonats-Prinzip). Sie wäre hierzu
wahrscheinlich berechtigt gewesen, weil unserm Banksystem eine Reservestellung
gesunder Mittelbanken hinter den erkrankten Großbanken fehlte, so daß bei
Schalterschluß fast aller Banken das Wirtschaftsleben zum Stillstand gekommen
wäre; aber sie hätte sofort alles tun
müssen, um eine solche Reservestellung aufzubauen und das ungesetzliche
Finanzwechselgeld wieder zum Verschwinden zu bringen.
_____________________________
*) Vgl. den ausgezeichneten Bericht der Deutschen Festmarkbank in Berlin
vom Januar 1932, der mir während des Drucks zugeht. Ebenso François-Marsal, Encyclopédie, 1928,
45
Indem die Reichsbank sich über die Bestimmungen des
Bankgesetzes hinwegsetzte und im Umfange von fast der Hälfte ihres Notenumlaufs
Finanzwechselgeld emittierte, vermied man zwar ein Moratorium für die Banken,
besserte aber die Lage der Kreditinstitute nicht. An Stelle der verschwundenen
Einlagen ist die
Verpflichtung gegenüber
der Reichsbank getreten. Die Zentralbank wurde so gewissermaßen der größte
Einle-ger bei allen Kreditinstituten, dessen Gläubigerschaft nur deswegen
angenehmer ist, weil sie nolens volens
zum Stillhalten gezwungen ist. Die Reichsbank wurde also abhängig von den
Kreditbanken.
"Nach wie vor hängt die Lage der Kreditinstitute im wesentlichen davon
ab, ob ihre eigenen Schuldner bezahlen. Und das wird immer unwahrscheinlicher.
Denn die Schuldner können nur bezahlen, wenn sie einen entsprechenden Umsatz
haben. Geht der Umsatz zurück, weil die Umsatzkredite nicht ausreichend
finanziert werden können, so bleibt nur die Zwangsexekution der
Produktionsmittel selbst, also der Fabriken, des Grund und Bodens usw. Wie
fragwürdig solche Maßnahmen heute sind, braucht nicht auseinandergesetzt zu
werden. Hieraus geht auch hervor, daß die als Finanzwechselgeld ausgegebenen
Noten der Reichsbank in Wirklichkeit verkappte
Pfandbriefe sind ... Man hat diesen Zustand der Reichsbank nicht unrichtig
so ausgedrückt, daß die Reichsbank
hierdurch die größte Hypothekenbank
Deutschlands geworden ist 1)."
Verhängnisvolle Kompensation einer Inflation
des Finanzwechselgeldes mit einer Deflation des Handelswechselgeldes. —
Hätte man in normalen Zeiten so viel
_____________________________
1) Dr. Ramin im Januar-Bericht der Deutschen Festmarkbank,
1932.
46
Finanzwechselgeld
ausgegeben, so wäre eine Inflation eingetreten. Daß
heute keine Inflation vorhanden ist, erklärt sich
daraus, daß ein entsprechender Betrag gesunden Handelswechselgeldes verdrängt wurde. Man hat, um die vielen faulen Kredite durchhalten
zu können, eine abnorme deflationistische
Verknappung des Handels-wechselgeldes durchgeführt. Da der Umsatzkredit für
den Güterabsatz genau so unentbehrlich ist, wie die Ver-frachtung durch
Eisenbahn und Kraftwagen, ist hierdurch der Güterumsatz der Wirtschaft aufs
schwerste gestört worden. Man hat ungefähr ein Drittel des gesamten volkswirtschaftlichen
Güterumschlages stillgelegt, um die kategorischen
Wünsche fauler Institute, die abseits von den Interessen der Gesamtheit
standen, erfüllen zu können, und deren Leiter zu retten, deren Schuldkonto man
nicht übersehen konnte, weil sich einzelne dieser Persönlichkeiten selbst als
Sachverständige bezeichneten und sogar wissenschaftliche Argumente heranzogen. Durch die so herbeigezwungene Unverkäuflichkeit
der Waren bei größter Arbeitslosigkeit sind nun aber so gute Unternehmungen in größter Zahl an den Rand des Abgrundes
gebracht worden, daß die gesamten Aktiven der Banken bedroht sind. Das von
egoistischen, naiven und wissenschaftlich ungeschulten "Fachleuten"
gemeinsam empfohlene Rettungsmittel hat sich also als ein Zerstörungsmittel ersten Ranges für die Banken erwiesen, das nicht
einmal die Privatvermögen der Bankleiter zu sichern vermochte, da das Unheil
einen unerwarteten Um-fang annahm und reißend um sich greift.
Man ging bei der Ausgabe des Finanzwechselgeldes nämlich von der Annahme aus, ein hoher Zinssatz werde es zum raschen Rückströmen bringen. So wurde
47
die Erhöhung des
Diskontsatzes auf 30 % gefordert. Dabei vergaß man, daß bei Finanzwechselgeld, das die
Entstehungsursache aller bisher dagewesenen Inflationen gewesen ist, überhaupt
die wirksame Rückströmung des Handelswechselgeldes fehlt, weil die zugrunde
liegenden Kredite wirtschaftlich langfristig sind.
Die schlimme Folge dieser falschen Theorie vom Nutzen eines hohen
Zinssatzes war, daß dieser enorme
Dis-kontsatz von zeitweise 15 %, heute noch 7 %, auch auf das Handelswechselgeld angewandt wurde, wodurch die
deflationistische Zerstörung des Güteraustauschs herbeigeführt wurde.
So sind wir heute vor die Alternative eines
negermässgen Austauschs von Naturalien unter den Arbeits-losen unter Führung
der Reichsregierung (Vorschlag im Reichtagspräsidenten Löbe, Breslauer Rede am
20. Januar 1932, "Gegenseitigkeitshilfe der Arbeitslosen"), der bald
für das ganze Volk aktuell werden wird, oder eines radikalen Bruchs mit dem
bisherigen System unter Rückkehr zu den bewährten deutschen Kreditgrundsätzen
gestellt.
c) Die erste Fehlergruppe:
Die Schwäche des Umsatzkredits und
des
Papiergeldes in
Deutschland.
Schlußfolgerungen. — In größter Vereinfachung, die für den Verfasser einen Wesenszug der Wissen-schaft darstellt, denn nicht neue geistreiche Formulierungen, sondern die Aufdeckung der letzten und stets einfachen Prinzipien streben wir an — ist dieses das Währungs- und Umsatzkreditsystem, das wir heute vor uns sehen 1). Entstanden aus dem
_____________________________
1)
Über das
Wesen der "Währung" vgl. den gleichlautenden Abschnitt unten S. 135.
48
reinen
Kompensationsprinzip des Wechsels, hatte das moderne Notenbankwesen in der einlösbaren akzesso-rischen Banknote und
dem gleichfalls akzessorischen Giroverkehr ein rein umsatz- und
absatz-orientiertes Kreditsystem entwickelt, das nicht nur den
volkswirtschaftlichen Güterabsatz tatsächlich leistete, sondern auch von
ausländischen Krediteinflüssen ungestört arbeitete, jede Unterstützung fauler
Kreditbedürfnisse vermied und jede Inflation unmöglich machte.
Erst die Erklärung der Reichsbanknoten zum
gesetzlichen Zahungsmittel (Einführung des Zwangskurses) und die Beseitigung
der Einlösbarkeit haben aus dem umsatzorientierten Notenbanken eine Art von
Papiergeld-banken gemacht. Die Einführung des uneinlösbaren Papiergeldes — das sind die heutigen Reichsbanknoten — hat das Girosystem ebenfalls seiner
Leistungsfähigkeit und Selbstbegrenzung beraubt. So wurde das deutsche Kreditsystem
abhängig von der Leistungsfähigkeit der Gold- und Devisenbremse, und mit deren
Überhitzung geriet es in die Abhängigkeit vom Ausland.
Durch die erzwungene,
aber dann allzu lange fortgesetzte Unterstützung von falsch disponierten
Kreditanstalten ist dann die Emission von
pfandbriefähnlichem Finanzwechselgeld so sehr die Hauptaufgabe der Reichsbank
geworden, daß die Kreditmittel des gesamten deutschen Banksytems prinzipiell
auf die Hypothezierung und Lombardierung unbeweglichen und beweglichen
Vermögens gerichtet sind, was mit dem eigentlichen Bankgeschäft
49
überhaupt nichts mehr zu tun hat, so dass für die
Umsatzfinanzierung im Diskontwege nur noch wenig übrig bleibt. Gleichzeitig hat diese Zerstörung des
Güterumlaufs die gesamte Wirtschaft unrentabel
gemacht, so dass die hypothezierten
Betriebe und die lombardierten Waren entwertet worden sind, was einer
Entwertung aller Kreditunterlagen gleichkommt.
Da somit ein wirklicher
innerer Kreditverkehr nicht mehr besteht, sind die Zinssätze, die das Ausland uns auf-zwingt, maßgebend für
unser Zinsniveau geworden. Nicht mehr der legale Umtauschbedarf eines gesunden
Geschäftsmannes entscheidet heute über die Kreditpolitik der Notenbank, sondern
die Höhe des von auslän-dischem Wollen abhängigen Devisenpolsters.
Stillhaltung und politische Zinsüberhöhung. — Da die ausländischen Banken diese überhohen Devisenkredite längst zurückgerufen haben, die Rückzahlung aber unmöglich war, mußte in der Stillhaltung ein privates Moratorium gesucht werden, das von den Gegnern akzeptiert wurde, da sonst ein gesetzliches Zahlungsverbot, also ein offener Rechtsbruch erfolgt wäre. Die Macht der Vertragsgegner bleibt nichtsdesto-weniger diktatorisch: durch die Lücken der Stillhaltung fließen soviel Devisen ab, daß die Bedrohung der Währung permanent bleibt (jz11) und daß von einer restriktiven Kreditpolitik im Innern nicht abgegangen werden kann. (jz12) Gerade gesunde Firmen müssen phantastische Diskontsätze bezahlen, um mit Schwierigkeiten beste Handels-wechsel in Lohngelder umgetauscht zu bekommen 1). Und das Zinsdiktat
_____________________________
1)
Insofern
dürfte der frühere Reichsbankpräsident Schacht mit seiner Kritik keinesfalls
unrecht gehabt haben; als er er klärte:
"Die Mittel der Reichsbank (werden) derart beansprucht, daß für den
regulären Warenverkehr, dessen Ausdehnung wir doch alle anstreben, nichts mehr
übrig bleibt."
Vgl. den Brief an den
Fraktionsvorsitzenden Dr. Oberfohren nach der Harzburger Tagung.
50
der ausländischen
Geldgeber und der bedrängten Reichsbank hält den Landeszinssatz in Deutschend auf einer so exorbitanten Höhe, daß die
Millionen von Arbeitskräften, die müßig sind, und die gewaltigen
Produktions-kapazitäten für Konsumgüter, die in unserer leerlaufenden
Industrie und Landwirtschaft stecken, nicht
zusam-mengebracht werden können. Findet man doch heute nicht deshalb keine rentablen Kapitalanlagen, weil wir alle
überreichlich mit Gütern versorgt sind, sondern weil die Rentabitität nur der
reziproke Wert des Zinsni-veaus ist, dieses aber zu hoch liegt. (6)
Einrichtung eines gesunden Kreditsystems
inmitten der Krise. — Wäre es heute möglich, inmitten aller
Schwierigkeiten ein Kreditsystem mit
einlösbaren privaten Zahlungs- und Giromitteln zu schaffen, das dann, um
nicht durch Konkurs der Todesstrafe zu verfallen, sich sorgfältig am echten Warenumsatz orientieren müßte und dadurch in Kampftellung zu
jedem Inflationismus und zu jeder Kreditkorruption treten würde, so wäre auch heute ein Diskontsatz von 2
% für echte Umsatzkredite an ganz
gesunde Firmen möglich. Eine
der-artige gesunde private Zahlungsgemeinschaft könnte kurz, aber billig
diskontieren. Sie wäre unabhängig von den Devisenkalamitäten des bisherigen
Banksystems, denn sie würde alle Zahlungen an Nichtmitglieder, darunter auch
die ausländischen Banken, prompt leisten
51
können, da sie sich auch
hinsichtlich der Devisen auf den Umtausch
beschränken würde. Die Kürze der Zah-lungsfristen, die sie auch in der
Exportfinanzierung der Industrie einhalten würde, würden für alle Kredite einer solchen Bank durch
häufige Fälligkeiten derartige Rückflüsse erzwingen,
daß Eingänge und Ausgänge, sei es in Reichsbanknoten (immer noch dem
gesetzlichen Zahlungsmittel), sei es in Devisen oder sei es in eigenen
Emissionen, sich stets die Waage halten müßten.
Eine "passive Zahlungsbilanz" kann bei einer derartigen Bank, deren Kundschaft eine "private Zahlungsgemeinschaft" 1) bildet, nur dann eintreten, wenn an die "Außenwelt", also an die in- und ausländi-schen Nichtmitglieder, langfristige Kredite gegeben werden. Dann wird geliefert und erst nach Monaten oder Jahren bezahlt, während die bei der Fabrikation und Löhnung aasgegebenen Noten schon nach zehn Tagen zurückkommen und im Girowege nach weiteren zwei bis drei Wochen spätestens Überweisungsmittel, wie Reichsbank- oder Postscheckguthaben, abdisponiert werden, wodurch die Liquidität des Instituts sich drohend verschlechtert. Nur bei langfristiger Kreditgewährung ans Ausland können also mehr Devisen abfließen als eingehen, und nur bei langfristiger Kreditgewährung an inländische Nichtmitglieder können von einem, derar-tig selbständig arbeitenden Institut mehr Reichsbank- und Postscheckmittel abfließen, als eingehen. Dabei ist angenommen, daß die Schecks oder Noten
_____________________________
1)
Fr. Knapp, a.
a. O., S. 120: "Die Kunden der Bank bilden
sozusagen eine private Zahlgemeinschaft", und S. 121: "Banknoten
(einlösbare) sind Geld einer privaten Gemeinschaft."
52
eines solchen selbständigen
Emissionsinstituts wie alle Schecks durch den Abrechnungsverkehr laufen, wie die schottischen und kanadischen
Banknoten noch heute durch das Clearing, worauf die nicht kompensierte Spitze
im Girowege bereitgestellt werden muß.
Die Schwäche des gegenwärtigen deutschen Kreditsystems. — Die gegenwärtige Lage ist also zu-nächst durch die schwierige Position entstanden, in die die Reichsbank durch die Funktionstrennung zwischen Notenausgabe und Großbankgeschäft geraten ist, und die sich besonders bei dem heldenmütigen, aber unglei-chen Kampfe der Reichsbank gegen die Devisenhamsterer und nicht abliefernden Exporteure mit Auslands-filialen gezeigt hat. Diese Situation ist erschwert worden durch die monopolistische halbstaatliche Stellung der Reichsbank und die Erklärung der Reichsbanknoten zum gesetzlichen Zahlungsmittel, wodurch sie aufhörten, Banknoten zu sein und anfingen, Bankpapiergeld zu werden. Die Situation ist auf die Spitze getrieben worden, seitdem vermöge der Devisenbewirtschaftung die Einlösungspflicht aufgehoben ist, womit die Reichbanknoten den Charakter als Banknoten völlig verloren haben und das deutsche Geldsystem ein anderes geworden ist, obwohl es auf Goldparität steht.
Welches hätte in den letzten Jahren die richtige Kredit- und Reparationspolitik sein müssen? — Die Situation hätte bis 1928, vielleicht noch bis 1931, noch gerettet werden können, wenn man sich entschlossen hätte, den bis 1927 verfolgten Weg der Konsolidierung der schwebenden Auslandsverschuldung fortzusetzen, die man mißbräuchlich kontrahiert hatte. Diese
53
schwebende Auslandsverschuldung war deswegen ein Mißgriff, weil man diese kurzen Gelder, die fast der Notenausgabe entsprechen, nicht kurzfristig auslieh, sondern in wirtschaftlich langfristigen Anlagen (wiewohl in juristisch kurzfristiger Form) festlegte. Durch diese fristwidrige Anlage, die dem Grundprinzip des Bank-geschäfts strikt widersprach, hat man dem Markt die Devisenüberschüsse zugeführt (es handelt sich um unge-fähr 10 Milliarden Mark), aus denen die Reparationen ohne Exportüberschüsse bezahlt wurden. Das alles war nur bei Vorhandensein von Banknoten möglich, die gesetzliches Zahlungsmittel waren, die also kein Disagio bekommen konnten. Hätte man selbständige freie Notenbanken gehabt, die ihr Geschäft verstanden hätten, so hätten diese die angebotenen Auslandsgelder mit Rücksicht auf die Unmöglichkeit einer fristgerechten Anlage abgelehnt. Hierauf wäre der Diskontsatz wahrscheinlich auf weniger als 2 ½ % gesunken. Die 6 Milliarden neue Kreditoren und Depositen, die den Großbanken seit 1927 überflüssigerweise zugeflossen sind, wären von den Deponenten in Effekten, hauptsächlich festverzinsliche, umgewandelt worden, und die Auslandsgelder hätten nur den einen gesunden Weg gehabt, direkt in Form von Anleihen usw. unkündbar der Industrie zuzu-fließen. Die inländischen Einleger der Banken hätten einen starken Anreiz empfunden, Effekten zu kaufen, weil sich die Banken bei einem so niedrigen Diskontsatz geweigert hätten, irgendwelche Zinsen auf Depositen zu vergüten. Die Industrie wäre also durch unkündbare Effektenkapitalien finanziert worden und nicht durch Bankdepositen, wie es im größten Masse in Deutschland, England und den Vereinigten Staaten erfolgt ist. Die eingefrorenen
54
Großbankdebitoren könnten
nicht vorhanden sein; die Großbanken, ob mit oder ohne Notenrecht, wären
liquide.
Der natürliche Transferschutz. — Das
Reich endlich hätte die zur Bezahlung der Reparationen erfor-derlichen Devisen
dann am Markt überhaupt nur insoweit
erwerben können, als aus den Anleiheerlösen Devi-sen angeboten worden wären;
darüber hinaus hätte es Reparationsdevisen nicht bekommen können, denn Einlösbarkeit und private Zahlungsmittel
sind der natürliche Transferschutz, der bei Zwangskurs erst durch internationale
Verträge künstlich hergestellt werden muß, bei denen der Schwächere doch immer
den Kürzeren zieht. Die Banknoten jeder Bank,
einschließlich der Reichsbank, an die sich das Reich
etwa mit Erfolg gewandt hätte, wären bei so riesigen Devisenkäufen an Disagio
zugrunde gegangen, während die Goldwährung und die privaten Zahlungsmittel
aller übrigen Banken gesund und stabil geblieben wären. Bald hätte sich daher keine Bank mehr dazu bereit
gefunden, und das Reich hätte objektiv
die Reparationszahlungen einstellen müssen, genau analog den Prinzipien des
von den Vertragskontrahenten gewollten Dawesplans, während das Wirt-schaftsleben bei niedrigen Zinssätzen und gesundem
Kreditverkehr weitergegangen wäre. Höchstwahrscheinlich hätte sich ein günstigerer Ausweg geboten, da die
Reparationszahlungen im Verhältnis zum Volkseinkommen nicht allzu überhöht
erscheinen, sofern die nur formal nach Geld strebenden Repara-tionsgläubiger
auch bereit gewesen wären, die Zahlung in
Form von Waren anzunehmen und das durch Zoll-senkungen zu be-
55
weisen. Denn das niedrige Zinsniveau hätte es ermöglicht, die
Arbeitslosigkeit und Krise zu vermeiden, wie man das in Frankreich bis 1931
vorbildlich bewerkstelligt hat. Bei einem niedrigen
Zinsniveau hätte man Arbeitsgelegenheit und Konsum durch Arbeiterbeschäftigung
gefunden und so das groteske Bild einer Not des Überflusses vermieden. Eine derartige vollbeschäftigte Volkswirtschaft
hätte aus Kostendegression so gewal-tige Überschüsse an Kapitalbildung abgeworfen,
daß sich voraussichtlich vermöge eines großen Exportes eines kapitalreichen
Landes bei niedrigen fixen Kosten auch die Zahlung der Reparationen hätte
ermöglichen lassen.
Auch ohne freie Notenbanken hätte man mit Hilfe unseres
monopolistischen Systems eine gleiche gesunde Kreditpolitik erreichen können,
wenn man wenigstens die kurzfristigen Auslandskredite in langfristige
konsolidiert und dadurch dasselbe niedrige Zinsniveau hergestellt hätte, dem
wir schon sehr nahe waren. Aber der damalige Reichsbankpräsident Schacht hat
bekanntlich die ungefährlichen unkündbaren Auslandsanleihen verbieten lassen, wodurch die
um so gefährlicheren kurzfristigen
Auslandskredite, die eine stete Bedrohung des deutschen Kredits bildeten, von
2 auf 8 Milliarden in drei Jahren anwuchsen, worauf die unvermeidliche
Katastrophe, durch irgendeinen Funken ausgelöst, ausbrach.
Die heutige Krise als Endzustand einer jahrzehntelangen krankhaften Entwicklung. — Aber diesen ephemeren Irrtum als Ursache der gesamten Kreditschwierigkeiten hinzustellen, hieße den Dingen nicht genü-gend auf den Grund gehen. Nur auf der Grundlage einer infolge von
56
Funktionstrennung ihrer
Machtmittel beraubten und durch Monopolisierung und Zwangskurs mit Verantwor-tung
für fremdes Tun überlasteten Reichsbank, nur mit Hilfe von Bankpapiergeld, das nicht mehr rein
umsatz-orientiert war, konnten einzelne
Fehler so ungeheure Ausdehnung und Folgewirkungen erreichen. Nicht allein
die akzentuierte Abwendung vom fristgerechten
Bankgeschäft, vom Umsatzprinzip, die
Schacht i.J. 1927 er-zwang, sondern die durch Zwangskurs und Monopol schon viel
länger und tiefer vorbereitete Abkehr vom Prinzip
des Umtauschs unbequemer in bequeme Zahlungsmittel, m. a. W. die Verschiebung einer volkswirtschaftlichen
Absatzfrage auf das der Phantasie
allzuviel Spielraum lassende "Kredit"gebiet im modernen
miß-verständlichen Sinne der "Schöpfung" ist als der erste
Grundfehler des gegenwärtigen deutschen Kreditsys-
tems zu bezeichnen 1).
Seine verhängnisvollste Auswirkung ist die Strangulierung des regulären
Warenver-kehrs, die die Entwertung aller nun unverkäuflichen Kreditunterlagen
nach sich zog, und die Abhängigkeit vom Auslande, die die Lösung der deutschen
Bankfrage zu einer nationalpolitischen Aufgabe ersten Ranges gemacht hat.
_____________________________
1) Vgl. S. 105—106.
57
2. ÜBERSPANNUNG DES DEPOSITENWESENS
UND DIE ILLIQUIDITÄT
UND ÜBERLASTUNG DER BANKEN
___________________
Die
zweite Fehlergruppe: Die Überspannung
des Depositenwesens. — Auf
dieser Grundlage konnte sich eine zweite
Gruppe von Mißständen entwickeln: Die Übertreibung des Depositenwesens und
die Illiquidi-tät der deutschen Banken. Ich habe schon im September 1930 in meinem Buche "Arbeitslosigkeit und Kapital-bildung,
zugleich ein bankpolitisches Programm zur Bekämpfung der
Wirtschaftskrise", lange vor Ausbruch der akuten Schwierigkeiten des 13.
Juli 1931, die mangelnde Liquidität des deutschen Bankwesens ziffern-mäßig nachgewiesen und diese schwere Erkrankung
des Banksystems als eine der Hauptursachen
der großen Wirtschaftskrise hingestellt, eine Ansicht, die, damals
verlacht, heute Allgemeingut ist, waren doch damals alle Blätter voll von den
günstigen, leider nur formalen Liquiditätsziffern der deutschen Banken 1) 2).
Tiefgreifende Veränderung des Depositenwesens
seit der Vorkriegszeit. — Vor
dem Kriege hatten die deutschen Großbanken einen
_____________________________
1)
Sogar F. Somary, der Verfasser der in Deutschland
meistgebrauchten "Bankpolitik", erwähnt in seinem Ende 1930 in
zweiter Auflage erschienenen Buch mit keinem Worte diese fundamentale
Veränderung des Systems, rühmt dieses vielmehr noch (November 1930 datiert).
2)
Wie könnte
man sonst eine zureichende Erklärung dafür finden, daß gerade die Länder von
der Krise relativ verschont blieben, die ihr Kreditsystem in Ordnung zu halten
verstanden!
58
Depositen- und Kreditorenbestand von etwa 6 Milliarden 1), im Jahre 1930 von etwa 12 Milliarden. Nach Prion betrugen die Bilanzpositionen Kontokorrent-Debitoren, Wechsel, Lombards und Warenvorschüsse, die vor dem Kriege 8 - 9 Milliarden ausgemacht haben mögen, am 30. Juni 1928 19,4 Milliarden, und 1930 über 22 Milliar-den Reichsmark. Auch unter Berücksichtigung der Geldentwertung ergibt sich also eine reichliche Verdoppe-lung 2). Daß dies kein Zeichen des Aufschwunges und des Wohlstandes war, wie man vielfach glaubte, sondern ein Gefahrensymptom, lehrt die Betrachtung der französischen Banken: Hier sind die Ziffern vor dem Kriege und nach 1927 dieselben geblieben; eine Steigerung ist nicht eingetreten 3). — Auf der Passivseite war dieses ganze System auf Kurzfristigkeit aufgebaut; fast die gesamten Gelder konnten ohne Kündigungsfrist oder nach wenigen Tagen oder Wochen zurückgefordert werden. So geartete Gelder hätten eine Anlagepolitik
_____________________________
1)
Einschließlich
auch damals der inzwischen fusionierten Institute, vgl. die Ziffernangaben in
meinem erwähnten Buche,
2)
Dasselbe
ergibt sich aus den inzwischen veröffentlichten Ziffern des Konjunkturinstituts
(2. Beilage zum Wochenbericht vom 23. 9. 31); hier sind die Wechselkredite und
die Schatzwechsel einbezogen, die jedoch an dem Gesamtbild nichts ändern. Es
betrugen in Milliarden Mark die
1913 1930
Wechselkredite 7,2
8,7
Schatzwechsel 0,4
1,6
Bankkredite 10,0 18,9
Auslandskredite (nur direkte) —,— 2,0
17,6 31,2
3)
Erst in der letzten Zeit, seitdem die Bank von Frankreich
von ihrer traditionellen Politik niedriger Zinssätze abgewichen ist.
beobachtet man eine Erhöhung der Depositen, aber nicht der Ausleihungen; man
wird sich in Frankreich zu hüten haben, ebenfalls der Depositenkrankheit zu
verfallen.
59
erfordert, die die
Rückrufung der Außenstände in wenigen
Tagen oder Wochen ermöglicht hätte.
Einzig gesunde Anlagemögliehkeit für kurze
Gelder. — Nun gibt es in der Wirtschaft nur einen Weg, Gelder in wirklich kurzfristiger, sich selbst
liquidierender Weise anzulegen: das ist der echte Waren-Umschlagskredit,
die Finanzierung von Waren, die zwar vom Fabrikanten bereits verkauft sind
(sonst würde es sich um den spekulativen Warenlombard handeln), die aber noch
nicht in die Hand des letzten Verbrauchers übergegangen sind, weil erst noch
die Zeit der Verfrachtung und des Absatzes überbrückt werden soll. Der Umfang
dieser einzig gesunden Anlagemöglichkeit
für kurzfristige Gelder hängt nun
aber nicht von dem Willen der Bankiers ab, sondern allein von dem tatsächlichen Güterumschlag; nur soviele Gelder kurzfristiger Natur kann man also fristgerecht anlegen,
als der Güterumschlag erlaubt; darüber
hinaus bleibt nur die illiquide Anlage in Bauten, Fabriken usw. (jz13)
Wie groß war
nun dieser Finanzierungsbedarf des einfachen Güterumschlages? Bestimmt nicht größer als vor dem Kriege, hatte sich doch der
Gebietsumfang verkleinert und war dazu noch eine erhebliche Rationalisierung
der Lagerhaltung und der Verkehrsmittel eingetreten. Vor dem Kriege hatten aber etwa acht Milliar-den Mark
in Deutschland (im Vergleich zu etwa 6 Milliarden in Frankreich) ausgereicht,
um diesen Umsatz zu finanzieren. Nach
dem Kriege konnte der Güterumschlag also kaum
einen höheren Gesamtkredit, als
(unter Berücksichtigung der Geldentwertung) von
10 Milliarden R M, zu-
60
lassen, wovon etwa 5 Milliarden auf die Großbanken entfallen konnten. Alles, was darüber hinausging, mußte also illiquide angelegt sein.
Nachweis der lange vorhandenen Illiquidität. — Schon aus diesem Indizienbeweis, zu dem man ge-zwungen ist, weil es direkte Ziffern über die Zusammensetzung der Debitoren nicht gibt, ergibt sich also, daß die Hälfte der Großbankkredite und auch die Hälfte der als kurzfristige Vorschüsse in den Bilanzen der übrigen Kreditanstalten aufgeführten Kredite, zusammen über 10 Milliarden RM., in illiquiden, wesentlich langfristigen Industrieanlagen festgelegt sein mußten. Diese Berechnung hat inzwischen eine ebenso völlige wie traurige Rechtfertigung durch die Tatsachen erfahren.
Unterentwicklung des Effektenwesens als Spiegelbild der Überentwieklung des Depositenwesens. — Die langfristige Festlegung täglich fälliger Depositen geschah auf Kosten derjenigen Finanzierungsmittel, de-nen eigentlich die langfristige Finanzierung allein zukommt. Das Institut für Konjunkturforschung (2. Beilage zum Wochenbericht vom 23. September 1931) hat darüber eindrucksvolle Ziffern veröffentlicht. Während die Gesamtverschuldung in Deutschland 1913 117,5 Milliarden M. betrug, von denen 99,9 langfristig und nur 17,6 Milliarden kurzfristiger Natur waren, standen 1930 58,6 Milliarden Reichsmark Langkrediten nicht weniger als 31,2 Milliarden Kurzkredite gegenüber. Das Verhältnis der kurzfristigen Kredite zu den langfristigen ist also von 17 % auf über 54 % gestiegen. Die gewaltige Überentwicklung des De-
61
positenwesens, die sich
darin unwiderleglich offenbart, findet ihre Parallele in der Unterentwicklung
des Effektenwesens, indem die
Effektenfinanzierung von 85 % der Gesamtfinanzierung auf etwa 65 %
zurück-gegangen ist. Eines schlagenderen Beweises für die Mängel unseres
heutigen Depositensystems bedarf es nicht; wir werden daher nicht davon
ablassen, die so oft übersehene fundamentale Veränderung unseres Kreditwesens
im Vergleich zur Vorkriegszeit zu der zweiten Grundlage unserer Kritik zu
machen.
Das deutsche Bankwesen als verkapptes
Hypothekenbanksystem. — Das deutsche Bankwesen ist also, von der
Öffentlichkeit unbemerkt, im Verlaufe der letzten fünf Jahre zu einem verkappten
Hypothekenbank-system geworden. Was wir seit Jahren in Polen und in den
Balkanstaaten mit Erstaunen und Entsetzen beob-achten konnten, was ich schon
1930 als warnendes Beispiel aufgezeigt hatte, ist nun auch in Deutschland zur
Tatsache geworden:
"Ein drastisches Beispiel von der Wichtigkeit des Umsatzkredits
liefern die gegenwärtigen Zustände in Polen.
Hier ist es immer noch gang und gäbe, mit Wechseln bis herunter zu zwei Zloty
(etwa 1,50 M.) im Detailhandel zu zahlen. Die Zinssätze für Wechseldiskont betragen 24 bis
48 %, da die Bank Polski mit illiquidem Wechselmaterial übersättigt ist. Sie
kann kaum noch diskontieren, weil sie ihre gesamten Mittel für Prolongationen
braucht. Lohngelder sind schwer erhältlich, der reibungslose Austausch der
Güter vermittels des Geldes ist stellenweise zur Unmöglichkeit geworden. Hier ist das Extrem erreicht: Die Notenbank
ist sozusagen zur Hypothekenbank geworden,
62
die langfristig ausgeliehen hat; es
fehlt also eine eigentliche Notenbank im schottischen Sinne, die den Austausch
organisieren könnte 1)."
Wenn die Depositengroßbanken eine Art verkappter
Hypothekenbanken geworden sind, indem sie vorwiegend langfristige Kredite
verwalten, so treiben sie zugleich eine Art unlauteren Wettbewerbs gegen die
eigentlichen Hypothekenbanken. Sie wollen die Vorteile des langfristigen Kredits einheimsen, ohne sich der
Lasten dieses Geschäfts zu unterziehen, ohne sich all den Beschränkungen zu unterwerfen, die etwa das Hypothekenbankgesetz
für langfristige Kreditgewährungen vorgeschrieben hat: Fristengleichheit zwischen Aktiv- und Passivgeschäft,
Mittelbeschaffung durch unkündbare Pfandbriefe,
nicht aber durch jederzeit fällige Depositen usw. —
Restriktive Folgen des Systems der unerfüllbaren
Verträge. — Diese langfristige Betätigung der deutschen Großbanken (wiewohl
in der Rechtsform kurzfristiger Vorschüsse) hat einem System der
Vertrags-brüche Tür und Tor geöffnet, indem man im Notfall niemals erfüllen
konnte. Rechtsformen und Anstalten (eben das Effektenwesen und die
Pfandbriefinstitute) standen zur Verfügung, die dasselbe langfristige Geschäft
in voller Vertragstreue bis heute verwalten konnten, weil sie nie mehr versprochen
haben, als sie halten konn-ten: Wohl
laufende Zinszahlung, aber Rückzahlung erst bei Fälligkeit. Aber sie
wurden viel zu wenig benutzt. (jz14)
Die unhaltbare und verlustbringende
_____________________________
1)
Vgl. meine
(Arbeit? Oder: Mein Buch? – J.Z.) "Arbeitslosigkeit und Kapitalbildung,
zugleich ein bankpolitisches Programm...", S. 144.
63
Situation, in die dieses "verkappte Hypothekenbanksystem" geraten ist,
hat aber noch viel weitergehende Folgen:
Sie zwingt die Banken, sich fast
ausschließlich mit ihren alten
Krediten zu beschäftigen. Die Bank-direktoren sind durch soviel Sorgen vor
Verlust und Regreß mit diesen alten Posten verbunden, müssen fort-gesetzt mit
ihren Schuldnern konferieren, eilen von einer Sitzung zur Rettung des Kredits
A in weitere Sitzungen zur Rettung der Kredite B, C, D usw., daß ihnen für neue Geschäfte weder Zeit
noch Neigung verbleibt.
"Sie sind daher
bemüht, alle neuen Geschäfte, und
seien sie auch noch so gesund, zu
vermeiden; ebenso wie ein Kranker nicht gewillt ist, Spaziergänge zu
machen. Die normale Funktion der täglich neuen Kreditgewährung zu Zwecken des
täglich laufenden Güterumsatzes der Wirtschaft wird daher nur unzulänglich oder
gar nicht wahrgenommen. Es fehlt also
eigentlich ein Umsatzkredit- und Notenbanksystem, das immer neben dem Hypothekenbanksystem
vorhanden sein muß. Dieser Mangel dokumentiert sich heute durch die überhöhten Zinssätze, die zu der
wirklichen Rentabilität der Wirtschaft in keinem Verhältnis stehen 1)
2)."
Versuche,
die irrtümliche Bankpolitik als normales und richtiges System hin-
_____________________________
1) Vgl. meinen Aufsatz "Wege der deutschen Wirtschaftspolitik", in der Europ. Revue, November 1931.
2) Man beachte auch die überaus bedenkliche Ziffer: Senkung der Großbank-Kreditoren von fast 12 auf 7 ½ Milliarden im Jahre 1931, die beweist, daß der echte Umsatzkredit heute sehr vernachlässigt wird, denn er allein konnte eingeschränkt bzw. auf die Reichsbank übertragen werden, während die illiquiden Ausleihungen unverminderbar sind (die Debitoren blieben gleichzeitig fast unverändert). Vgl. auch S. 154. Die Großbanken sind also auch danach weitgehend Trusts geworden.
64
zustellen. — Die Ungesundheit dieses Zustandes einzugestehen, würde ein hohes Mass
von Selbsterkenntnis und Bekennermut auf seiten Derer voraussetzen, die diese
Lage herbeigeführt haben. Da dieser Mut fehlt und man nicht gewillt ist, die
persönlichen Konsequenzen zu ziehen, hat man nicht ohne Erfolg versucht, diese verfehlte Bankpolitik als
richtig, normal und selbstverständlich hinzustellen und diejenigen als
Utopisten zu bezeichnen, die eine andere Führung der Bankgeschäfte überhaupt
für möglich, geschweige denn für notwendig erklären. Diese von Interessenten
warm unterstützte bankpolitische Irrlehre tritt in einer extremen und in einer
maßvollen Fassung auf; wir werden uns darauf beschränken, die maßvolle Fassung
an Hand des Berichts der National City
Bank of New York vom November 1931 kurz zu streifen. Diese zweitgrößte Bank
der Welt gibt erfreulicherweise die tiefgreifende Veränderung im Bankgeschäft schon in der Überschrift zu:
"Changed Trends in Banking" (S. 167). Wir lesen da:
"Von besonderer Bedeutung ist in den letzten Jahren die Tendenz des
Bankkredits gewesen, die Form von Krediten und Effektenanlagen anzunehmen, die
nicht rediskontierbar sind. ... Der
Prozentsatz des rediskontfähigen Wechselmaterials im Verhältnis zu den
gesamten Aktiven bei den National-Banken ist vom 30. Juni
1923 bis zum 30. Juni 1931 von 16,5 auf 7,8 % gefallen ... Die Veränderungen in den Effektenanlagen waren ähnlich fern von Liquidität ..."
Nun folgt aber der Versuch, diese Politik zu verteidigen:
"Zum grossen Teile stand es nicht in der Macht der Banken, diese Verminderung des rediskontfähigen Materials zu verhindern (has been outside of their control). Die
65
verfügbare Menge solcher sich selbst liquidierenden Wechsel, die auf Warenumsätzen
beruhen, sank in dem Maße, wie die
Firmen mehr zur Finanzierung durch Obligationenausgabe übergingen und damit
Bankkredite zurückzahlten, und sank weiter in Verfolg der Depression. ... Aus
solchen Gründen bilden die letzten Jahre eine Periode sinkender Liquidität. ...
Unzweifelhaft war der einzige Grund,
warum die Provinzbanken nichts gegen diese Lage getan haben, der, daß sie
nichts tun konnten, denn der
Preissturz der Baumwolle auf 5 Cts. und des Weizens auf 30 Cts. war ein
unlösbares Problem für sie. ... So besteht an vielen Plätzen ein eingefrorener Zustand des Bankkredits,
womit lediglich (!) gesagt sein soll, daß ein übergroßer Teil ihrer an sich
gesunden Aktiven nicht über Nacht in Kasse verwandelt werden kann. ... Die Schwäche der Situation infolge des Mangels an Liquidität ist besonders
offenkundig geworden durch die Unfähigkeit
auch der solventen Banken, gesunde Kreditnachfrage ausreichend zu befriedigen,
da sie sich auf ihre Aktiva nicht genügend flüssige Mittel beschaffen konnten,
und durch die Effektenverkäufe der Banken, die zu immer weiteren Entwertungen
und Verlusten führten..."
Kritik dieser Irrlehren. — Hiergegen ist zu sagen, daß eine richtig geleitete Bank in dem Augenblick, in dem sie selbstliquidierende Anlagen in Umsatzvorschüssen nicht mehr finden kann, ihren Einlegern erklären muß, daß sie keine liquide Verwendung mehr für Gelder hat. Sie tut das, indem sie ihren Depositenzinssatz soweit herabsetzt, bis der Zustrom weiterer Depositen unterbleibt. Sie macht dann scheinbar den "gewaltigen Aufschwung" nicht mit,
66
den die falsch geleiteten
Banken um sie herum erleben, aber sie bleibt inmitten der folgenden Krise
gesund und erwirbt ein Vertrauen durch ihre Vorsicht, dessen Vorteile diese
scheinbaren Nachteile weit überwiegen werden.
Man wird mir entgegenhalten,
daß damit das Problem ja nicht gelöst sei, indem diese Gelder doch irgendwie
Anlage finden müssen. Das ist richtig; die Deponenten der Banken werden sich
dann eben zu entscheiden haben, ob sie ihr Geld zinslos bei der Bank stehen
lassen wollen, oder ob sie Effekten kaufen, auf die jeder-zeitige Abrufbarkeit
also verzichten, dafür aber eine gute Verzinsung haben wollen.
Die Erfahrung hat
gezeigt, daß sie für alle entbehrlichen Beträge den letzteren Weg vorziehen
werden. Volkswirtschaftlich bleibt dann alles beim alten, nur kaufen nicht die
Banken die Effekten 1), sondern die
Bankkunden; oder für deutsche Verhältnisse abgewandelt: es sind nicht die
Banken, die industrielle Anlage-Kapitalien aus kurzfristigen Mitteln
finanzieren, sondern es ist das breite
Publikum, das diese Kapitalien durch seinen unmittelbaren Wertpapierbesitz finanziert. (jz15)
Das Rückversicherungsprinzip im Bankwesen.
— Die Folgen dieser andern Bankpolitik sind sehr weitreichende: Der direkte
Effektenbesitz der Bankkunden bedeutet dasselbe für die Banken, was die
Rück-versicherung für das Versicherungsgewerbe bedeutet 2): Alle großen
Delkredere- und Liquiditäts-
_____________________________
1) Die Mittel der amerikanischen Banken sind zu 67 % in Effekten und Effektenbeleihungen festgelegt, vgl. op. cit. S. 135.
2)
Vgl. mein
demnächst erscheinendes Buch "Bankpolitik", Jena, Gustav Fischer.(J.Z.: Erschien dieses Buch wirklich damals noch oder erst
nach dem 2. Weltkriege? – J.Z., 28.6.05.)
67
Risiken, die für Banken
und Versicherungsgesellschaften gleichermaßen untragbar sind, werden den Kunden
direkt aufgeladen; keine unerfüllbaren
Terminverpflichtungen brauchen übernommen zu werden, niemand braucht zu er-
klären, er wolle täglich zurückzahlen, er könne es aber nicht, da er die Gelder
langfristig angelegt habe; und, was das wichtigste ist, eine durchgreifend Zinssenkung resultiert aus einer solchen
Ablehnung nicht fristgerecht anleg-barer Gelder: Die Banken haben nur begrenzte
Anlagemöglichkeit; sie werden durch die Konkurrenz gezwungen, zu zwei oder drei
Prozent zu diskontieren, und sie können das, weil sie Passivzinsen überhaupt
nicht bezahlen; ihr Diskont sinkt also zu einer Manipulationsgebühr herab für
den so sehr wichtigen Umtauschakt, von dem die Rede war. (jz16) Dieses niedrige Diskontniveau senkt aber
zwangsläufig den Landeszinssatz für langfristig Gelder auf 5 - 4 %, ja auf
3 ½ %, so daß dann Hypotheken und langfristige Anleihen zu billigen Sätzen
erhältlich sind. Damit ist aber das Problem der Zusammenbringung der
arbeitslosen Menschenmassen und der unverkäuflichen Konsumgütermassen gelöst
denn dies ist, wie wir feststellten, in weitem Maß nur ein Problem des Zinses (7), der Rentabilität.
Widerlegung der Rechtfertigungsversuche.
— Es ist also gar nicht einzusehen
warum die Entwicklung, von der die National City Bank spricht, zwangsläufig gewesen sein soll
Allerdings würde der richtig eingestellte Bankier - und erfreulicherweise gibt
es in den Vereinigten Staaten noch eine große Anzahl von solchen — in den
ersten Jahren gewisse Nachteile zu erdulden gehabt haben, indem er an
Geschäftsumfang hinter der kurz-
68
sichtigen Konkurrenz zurückgeblieben wäre. Aber ist das nicht überall der Fall, wo die Konkurrenz Dummheiten macht? Ist es notwendig, daß ich nachspringe, wenn einige Leute neben mir ins Wasser springen? —
Und was das "unlösbare"
Problem des Preissturzes von Baumwolle, Weizen usw. angeht, das die Banken
angeblich unschuldig an den Rand des Abgrundes gebracht hat: Seit wann ist es
Aufgabe der Banken, Waren zu lombardieren? Haben die amerikanischen Banken etwa
an den Warenvorschüssen verloren,
die nur die Finan-zierung schon verkaufter Ware, also von Verkaufserlösen, bedeuteten? Haben sie nicht
vielmehr an immer wachsenden Beleihungen unverkaufter,
ja unverkäuflicher Ware verloren, die, wie alle größeren Lombardtransaktionen,
doch nur der spekulativen Hochhaltung
der Preise dienten, aber niemals dem
Umtausch unbequemer Verkaufs-erlöse in bequemere Zahlungsmittel? Der Preissturz
hätte nie diese ungeheuren Ausmaße annehmen können, wenn man nicht eine viel zu
große Produktion aufgebaut hätte, die nur rentabel schien, weil die an sich
unverwertbaren Waren einen glatten "Absatz" in den Lombardspeichern
fanden; und die Banken würden heute gesund dastehen, wenn sie nicht diese
Weizen- und Baumwollspekulationen mit anvertrauten Depositengeldern
unterstützt hätten, anstatt derartiges denjenigen kapitalkräftigen Spekulanten
zu überlassen, die gerne Geld verlieren wollten. Die Banken sind also keineswegs Opfer einer Preisentwicklung
geworden, für die sie nicht konnten, sondern sie haben auch im Lombardkredit
die gesunden Grundsätze des Bankgeschäfts verlassen und da -
69
durch diese Preisentwicklung selbst herbeigeführt, die sie jetzt in ihrer Existenz bedroht.
Das Vorbild des französischen Banksystems.
— Der Versuch, eine bankpolitische Irrlehre zu rechtfer-tigen, muß also als fehlgeschlagen gelten. Das zeigt sich
noch klarer bei der Betrachtung des französischen
Banksystems, das ein Vorbild für
uns sein muß, weil es als einzigstes bis 1931 die Vereinigung der produzierten
Waren mit den vorhandenen Menschenmassen geleistet, die Arbeitslosigkeit also
im wesentlichen vermieden, seine Gesundheit behauptet und ein niedriges
Zinsniveau gesichert hat 1). In Frankreich gibt es keine großen Sparkassen und
öffentlich-rechtlichen Banken mit kurzfristigem Geschäft; die Depositen
konzentrieren sich also viel mehr als in Deutschland bei den vier
Depositengroßbanken 2). Und trotzdem belaufen sich die Depositen und Kreditoren
insgesamt nur auf rund 6 Milliarden Reichsmark, das ist unter Berücksichtigung
der gesunkenen Kaufkraft des Geldes weniger als vor dem Kriege, aber auch nur einhalb soviel, wie der Depositenbestand
der deutschen Banken für kurzfristigen Kredit i. J. 1930, selbst wenn man
die geringe Bevölkerungszahl veranschlagt. Die französischen
Depositengroßbanken müssen demnach ihre Ausleihungen
tatsächlich auf die Finanzierung des Güterumschlages beschränkt haben; sie
erfreuen
_____________________________
1)
Vgl. meine
Schrift "Arbeitslosigkeit und Kapitalbildung", Jena 1930, S. 127:
"Frankreich als Beispiel: Ein Land ohne Arbeitslosigkeit."
2)
Crédit
70
sich einer glänzenden Liquidität und haben ihre gesamte Stoßkraft verfügbar, nicht um
Rettungsaktionen an alten eingefrorenen Krediten zu versuchen, sonderm um durch
Umtausch unbequemer Zahlungsmittel in bequeme den gesunden, täglich sich
erneuernden Güterumschlag billigst zu finanzieren. Hier liegt wahrscheinlich
die Wurzel des erstaunlichen Phänomens,
daß Frankeich unter den großen Industrieländern der Welt das einzigste ist,
das von Arbeitslosigkeit und Krise
relativ verschont geblieben ist.
Beispielgebende Zins- und Depositenpolitik
der französischen Depositengrossbanken. — Dieser für unsere Begriffe
niedrige Depositenbestand erklärt sich daraus, daß man in Frankeich schon vor
Jahren die Abhän-gigkeit vom ausländischen Zinsniveau abgeschüttelt und das Zinsniveau auf dem gekennzeichneten Wege
stärk-stens gesenkt hat. Heute wie vor dem Kriege werden von den
französischen Großbanken praktisch keine Zinsen vergütet, denn wenn selbst hier
und da ½ - 1 % Kreditzinsen gezahlt
werden, so belastet man doch stets am Ende des Halbjahres soviel Provisionen
und Spesen, daß die Konten als praktisch zinslos angesehen werden können. In Frankreich ist also jeder Sparer gezwungen, Pfandbriefe und andere Effekten zu kaufen,
wenn er Zinsertrag von seinen Ersparnissen zu haben wünscht. Die krankhafte Überentwicklung des verzinslichen
Depositenwesens ist also in Frankreich nicht vorhanden: Wer überhaupt Zinsen
haben will, muß sein Bankguthaben in Effekten ver-wandeln; so sind die gesamten
Bankdepositen des Landes nicht größer, als der Bedarf an
71
echtem Umschlagskredit. Alle echten Ersparnisse werden sozusagen
zwangsläung in Effekten angelegt, so daß ein großes Angebot echten
langfristigen Sparkapitals bemerkbar ist. Die
ungesunde schwebende Verschuldung besteht nicht, die Rückversicherung der
Banken durch den direkten Effektenbesitz der Kleinkapitalisten ist verwirklicht. Die Hauptsache aber scheint uns
zu sein, daß solchermaßen eine vorzügliche
Bankenliquidität gesichert ist, die den Kreditinstituten im neuen
Umtauschgeschäft, in der Finanzierung des täglichen Warenumsatzes der Wirtschaft
eine bei uns nicht mehr bekannte Schlagkraft verleiht.
Ungesunde Überspannung des Depositenwesens
auch in der Krise von 1857. — Die ungesunde Über-spannung des Depositenwesens,
die wir hier als den zweiten Hauptfehler des deutschen Kreditsystems
gebrand-markt haben, hat schon in früheren Krisen ihre zerstörende Kraft
bewiesen, wie man besonders an der Krise
von 1857 sehen kann, die die furchtbarste in der neueren Geschichte gewesen
ist und erstaunliche Parallelen zu der gegenwärtigen in Fülle bietet. Kein
Geringerer als Albert Schäffle schrieb 1858 im Resümée seiner Untersuchungen
über diese Krise (Wien 1858):
" ... Im Bankwesen hat sich vielmehr als das gefährlichste Element das
festverzinsliche, zu gewagter Anlage in Diskont und Darlehn treibende Depositum
von kurzer Kündigung erwiesen. Nicht als imaginäres, sondern als höchst reelles
Kapital entflieht es den Banken gerade in der Not, sobald der leiseste Hauch des
Mißtrauens weht. Die in der letzten Krisis vorgekommenen Bankruns sind fast
ausschließlich von Depositengläubigern ausgeführt worden. Für England z. B.
verweisen wir in
72
dieser Beziehung auf die Aussagen des englischen Schatzkanzlers. Schon vor
Ausbruch der Krisis haben wir in diesen Blättern auf das verzinsliche Depositum
hingewiesen als auf das gefährlichste, weil unzuverlässigste Element der
Bankmittel. ... Der Schatzkanzler erkannte den faulsten Fleck des overbanking in den jeden Augenblick kündbaren (on call)
verzinslichen Depositen. ... Er hatte ohne Zweifel recht, wenn er mit allem
Nachdruck darauf hinwies, daß nicht in der Currency (dem Geld- und
Notenumlauf), sondern in der neueren, fast schwindligen Entwicklung des
Depositenwesens und in den leichtsinnigen Krediten, welche mit den so flüssig gemachten Kapitalien
gewährt wurden, also in der Mißverwaltung des eigentlichen Bankgeschäfts, die
Hauptmittel der Überreizung des Spekulationsgeistes liegen ..." —
Schade nur, daß der heutige englische Schatzkanzler den
gegenteiligen Standpunkt einnimmt, daß er die Gold-währung aufgibt, wo doch
nicht das Gold krank ist, sondern das Depositenwesen, dessen Umfang in England
wieder die schwindlige Höhe des dreifachen dessen erreicht hat, was zur Bewerkstelligung
des einfachen Güter-umschlags nötig ist! 1) (jz17)
Das Notenmonopol als letzte Ursache der
Überentwicklung des Depositenwesens. — Die Rück-bildung
des Depositenwesens sowohl der Banken als auch der Sparkassen wird also einer
der wichtigsten Punkte der deutschen Bankreform sein müssen. Das Mittel dazu wird man aber nicht in der
Gesetzgebung sehen müssen, wie man in dieser papierfreudigen Zeit allezeit
zuerst anzunehmen geneigt sein wird. Nicht etwa ein gesetzliches Verbot oder eine gesetzliche
Beschränkung der Annahme verzinslicher
_____________________________
1)
Rund 38
Milliarden RM. Bankbilanzsumme Ende 1931.
73
Depositen, sondern der Rückgriff auf die letzten Ursachen der
Zinsübersteigerung, infolge deren erst sich das Depositenwesen so
übermäßig entwickeln kann, ist nötig, wenn man die geeignete Therapie finden
will.
Kehren wir zu unserer
anfänglichen Betrachtung zurück, die das Bankwesen aus dem
Kompensationsprinzip des Wechsels und die Bankprinzipien aus dem System freier
Notenausgabe im Sinne eines freien Umtauschs vorhandener Kaufpreisforderungen
in Lohngelder zu entwickeln versuchte, so ergibt sich, daß bei einem derart freien umsatzorientierten
Banksystem diese Höhe der Diskontsätze unmöglich ist. Ohne Zwangskurs und Notenmonopol
ist diejenige Überhöhung der Zinssätze nicht
vorstellbar, auf deren Boden das Depositenwesen allein so unsinnig wuchern
konnte. Denn
wenn die Banken zu teuer diskontieren würden, so würden sich beim Fehlen des
Noten-monopols sehr bald Diskontkompanien bilden, die diesen einfachen
Umtauschdienst billiger anbieten würden, und wenn die kranken Banken nicht
weiter könnten und sich eine hohe Verdienstspanne schaffen wollten, um ihre
Verluste abschreiben zu können, so würden gesunde Banken da sein, die diese
kranken Banken unterbieten und dadurch stürzen würden, zum Heil der Wirtschaft,
zum Unglück einiger Interessenten.
Man hat jahrzehntelang
das Notenmonopol bekämpft aus dem Gesichtspunkt heraus, daß es die Zinssätze
verteuert und dadurch den Güterumschlag erschwert. (8) Diese Vorstellung bedarf nach den heutigen Erfahrungen der
Revision. Nicht die Verteuerung des
Pfundes Butter um vielleicht einen halben Pfennig ist entscheidend, sondern die Wirkung des
monopolisti-
74
schen hohen Diskonts, daß er die Banken in die Lage setzt, hohe
Zinsen oder überhaupt Zinsen auf Depositen zu zahlen, wodurch den Banken
Gelder zufließen, die nur langfristig angelegt, aber doch kurzfristig
geschuldet werden, wodurch die Banken zu
ungesunden Finanzierungstrusts werden; wodurch die Rückversicherung der
Banken mittels des direkten Effektenbesitzes der Kundschaft verhindert wird.
Das Notenmonopol ist
daher die letzte Ursache der Überentwicklung des Depositenwesens, (9) die der großen deutschen
Banktradition so fern liegt; hier werden sich die Bemühungen zu konzentrieren
haben, die heute nötig sind, um dieses System abzubauen, um zu gesunden Zuständen
zurückzukehren. (jz18)
Nicht neue Eingriffe in den Geld- und Kapitalmarkt, sondern Lockerungen der vorhandenen Zwangs-regelungen und Monopole sind nötig. — Man hört jetzt so oft, daß der Geld- und Kapitalmarkt der einzigste von Kartellierungen und staatlichen Monopolierungen noch freie Wirtschaftsbereich sei; man fordert daher, man solle doch alle Eingriffe in diesen einzigen Markt mit natürlicher Preisbildung unterlassen, insbesondere also Zins-senkungsaktionen. So erklärte eine bedeutende Handelszeitung am 27. Oktober 1931:
"Freie Preise, die sich auf der Basis eines unbeschränkten Wettbewerbs
gebildet haben, künstlich senken zu wollen, das wäre das Gegenteil der
Wirtschaftspolitik, die nach jahrelangen Eingriffen des Staates und pri-vater
Organisationen als wünschenswert erscheint. Geld-
und Kapitalmarkt sind aber heute noch die Stellen der Wirtschaft, wo An-
75
gebot und Nachfrage sich am freiesten
entfalten können, wo die Preise, also die Zinssätze, die Lage am
deutlichsten widerspiegeln."
Diese Argumentation mutet weltfremd an; auch abgesehen vom Zinskartell der Banken war der Kapitalmarkt schon bis 1929 zu mehr als 50 % staatlich reglementiert, indem die Mündelsicherheits- und die Anlegungs-vorschriften der großen Kapitalsammelbecken mehr als die Hälfte der deutschen Kapitalbildung beherrschten 1); inzwischen mag diese Ziffer auf über 80 % gestiegen sein. Und der Geldmarkt ist nie frei gewesen, sondern steht im Zeichen eines Notenbankmonopols, dessen direkte Wirkungen zwar gering, (jz19) dessen indirekte Wirkun-gen aber riesengroß sind, wie wir gezeigt haben. So sind allerdings diejenigen Maßnahmen falsch, die den Zins durch Zwangskonvertierung der Anleihen senken wollen, die dadurch mehr als eine bessere Lastenverteilung erreichen wollen. Wohl aber sind, wie auf andern Kartellgebieten, so auch hier Maßnahmen ins Auge zu fassen, die die freie Wirtschaft und damit ein unbeeinflußtes niedriges Preisniveau für gesunde Kredite wiederherstellen können.
Abkehr vom Zwangskursregime bedeutet Rückkehr zu absoluter Vertragstreue. — Entscheidend bleibt, daß die absolute Vertragstreue das Leitmotiv für den Neubau des deutschen Kreditsystems werden muß. Das deutsche Bankwesen und mit ihm seine Glieder, die deutsche Volkswirtschaft, werden nicht eher zur Gesundheit
_____________________________
1)
Vgl. den
Nachweis in meinem Buche "Die Reform der Mündelsicherheitsbestimmungen und
der industrielle Anlagekredit. Zugleich ein Beitrag
zum Erwerbslosenproblem".
76
zurückkehren, als bis wieder absolute Fristenstrenge und Vertragserfüllung eingeführt und organisatorisch gesi-chert sind. Prinzipiell dürfen keine Bankpassiva geduldet werden, hinsichtlich derer die Bank mit der Vorstellung spielt:
"Es geht ja vorläufig alles gut, man braucht doch nicht mit dem schlimmsten
Fall zu rechnen ... zur Not muß der Staat eingreifen."
Diese Vertragstreue wird
in der gesündesten Weise wiederhergestellt sein, wenn wir aus dem Regime des
mit Zwangskurs ausgestatteten immer inflationistischen Bankpapiergeldes
zurückkehren zu der umsatzorientierten Zahlungsgemeinschaft, die private und
einlösbare (jz20) Zahlungsmittel benutzt; wenn wir vom, Notenmonopol 1) mit
seinen verhängnisvollen indirekten Wirkungen, mit seinem hohen Zinsniveau, das
die Kapitalgüterindustrien lahmlegt und das Volk arbeitslos läßt, mit seiner
Abhängigkeit vom Auslande, die die nationale Politik unerträglich belastet, zurückkehren
zu einem freieren Regime der niedrigen Zinssätze, der Wirtschaftsbelebung und
der Unabhängigkeit, wie wir sie früher hatten.
_____________________________
1)
Es soll
keineswegs behauptet werden, daß das Notenmonopol in normalen Zeiten nicht
vorzüglich arbeiten könnte, insbesondere, wenn seine Beherrscher es so führen,
als ob freie Konkurrenz bestände. (jz21)
Aber wir wissen heute, daß unnormale Zeiten viel mehr "normal" zu
sein scheinen, als die ruhigen Jahre der Vorkriegszeit. Gerade in
diesen unruhigen Zeiten kommen die Fehler des Monopols besonders zur
Geltung, wenn das Zentralinstitut ohnehin politisch überlastet ist.
77 (78: leer. 79 & 80: Nur Titelblatt.)
ZWEITER TEIL
DER NEUBAU DES DEUTSCHEN
KREDITSYSTEMS
1. UMRISS UND AUFGABEN DES NEUEN
KREDITSYSTEMS
a) Der Umsatzkredit und die
Wiederherstellung des Güterkreislaufs.
Die Schaffung einer
gesunden Zahlungsgemeinschaft. — Inmitten der Illiquidität und
weitgehenden Funktionsunfähigkeit der Banken, inmitten des Systems des
Zwangskurses, der Abhängigkeit vom Auslande und der enormen Zinssätze, die die
Wirtschaft lähmen, gilt es, eine gesunde Zahlungsgemeinschaft zu schaffen, die
nichts als den einfachen Warenaustausch
durch den Umtausch von Verkaufserlösen in Lohngelder bezweckt, die daher
private und akzessorische Zahlungsmittel verwendet, mit denen eine Inflation
technisch unmöglich ist.
Träger dieser
Zahlungsgemeinschaft wird im einfachsten eine der dem Reich nahestehenden
Großfilial-banken sein müssen, etwa die Dresdner
Bank, die, durch eine Konsolidierungsaktion von allen bedenklichen und
illiquiden Debitoren befreit, als einzige völlig gesunde Depositen-Großbank
sehr bald eine führende Rolle im deutschen Kredit zu spielen vermöchte. Sie
würde sich auf die Kreditgewährung an die
wenigen völlig gesunden Un-ternehmungen zu beschränken haben, hier aber zu
einem ganz niedrigen Zinssatze von
weniger als 4 % diskontieren können und dadurch einen Ansporn zur
Sanierung und Herstellung gesunder Verhältnisse in der gesamten Wirtschaft
bieten. Eine offizielle Aufgabe des
Systems des Notenmonopols wäre
81
nicht erforderlich; (jz22) in konsequenter Verwirk-lichung der Prinzipien des
ersten Teils würde vielmehr eine schon von Lexis erörterten Ausdehnung des Bereichs des Scheckverkehrs
auf einen Teil des heutigen Banknotenverkehrs genügen, um die neue allein
gesunde Großbank von der Reichsbank
weitgehend unabhängig zu machen. Die erforderlichen Lohngelder könnten im
Rahmen des Scheckgesetzes durch eine besondere Art von einlösbaren (jz23)
Verrechnungsschecks ohne Mithilfe der Reichs-bank und unabhängig von ausländischen
Einflüssen beschafft werden, ohne daß die geringste Inflationsgefahr be-stünde,
da diese Schecks jederzeit auf Verlangen in Reichsbankgeld eingelöst werden
(jz24) und bei Mißbrauch in Disagio geraten müßten.
Ebensoweit wäre dieses System von dem herrschenden Deflationssystem entfernt, da Deflation nur bei Noten-monopol möglich ist, diese Einführung des Schecksystems aber eine hinreichende Auflockerung des Monopols bedeutet. (jz25) Die Frage der Quantität der zusätzlichen Emission, um die man sich jetzt schon seit Jahr und Tag streitet, wäre gelöst, weil die das Schecksystem betreibenden Banken sich auf die Finanzierung zusätzlicher Warenumsätze (10) beschränken müßten, um nicht in Konkurs zu geraten. Andere Maßstäbe gibt es nicht.
Der Reichsbank würde eine solche Entlastung nur
erwünscht sein, weil sie die unerträgliche
Überlastung am dringendsten spürt.
Die Einzelheiten dieses hier in wenigen Zügen entworfenen Planes werden im folgenden näher zu gestalten sein. Vorher wird es nötig, die Wirksamkeit der neuen Zahlungsgemeinschaft noch einmal grundsätzlich zu beleuchten, ohne Rücksicht auf die
82
technischen Einzelfragen,
ob Dresdner Bank, Danat-Bank oder Deutsche und Diskontogesellschaft, ob
Scheck-system oder Notensystem.
Beispiel des Umsatzkredits in der gesunden
Zahlungsgemeinschaft. — Daß eine derartige von dem Kundenkreis einer
guten Bank gebildete private
Zahlungsgemeinschaft den laufenden Konsumgüteraustausch
bewerkstelligen kann, ist wohl unbestritten und nach den Darlegungen des ersten Teils über die Entstehung des modernen
Kreditverkehrs wohl auch kaum zu bezweifeln. (jz26) Hier bei der Umsatzfinanzierung handelt es sich nur
darum, den Erlös der Güterproduktion der Unternehmungen und der Leistungen der
Angestellten und Arbeiter, die getauscht werden, im Wege eines
gemeinschaftlichen Zahlungs- und Verrechnungsverkehrs gegeneinander zu kompensieren.
Der Vorgang spielt sich
so ab, daß die Unternehmungen erst einmal mit eigenen Kapitalien produzieren und
die Arbeiter und Angestellten erst einmal aus früher erhaltenen Mitteln
vorleisten müssen, bis bei den einen
der Tag des effektiven Verkaufs gegen
Ziel und bei den andern der Löhnungstag herangekommen ist.
Vorher ist ein Bankkredit
unzulässig, weil er dann die Produktion ins Blaue hinein ohne
Verkaufsmöglichkeiten fördern würde.
Am Verkaufs- bzw. Löhnungstage beginnt die
Tätigkeit der Bank; denn an
diesem Tage erhält der Firmeninhaber nur Debitoren oder Kundenwechsel als
Bezahlung für seine Ware, die beide zur Lohnzahlung ungeeignet sind, während
der Angestellte und Arbeiter sofortige
Zahlung erhalten muß. Sache der Bank ist es nun, die Kunden-wechsel zu
diskontieren bzw. die neuentstandenen Kaufpreis-
83
forderungen im Wege des
Kontokorrentkredits in Lohngelder, umzutauschen. Um diese Auszahlung leisten zu
können, braucht die Bank keine Kredite zu kündigen und auch nicht die
Reichsbank zu beanspruchen, sondern nur eigene Noten auszuzahlen oder
typisierte Schecks des Firmeninhabers gegen sich gelten zu lassen.
Gibt sie eigene Noten, so tauscht sie bekanntlich nur den unpassend gestückelten und in
seiner Bonität schwer nachprüfbaren Wechsel bzw. den Debitor, der zudem noch
nicht fällig ist, in einen typisierten,
versicherten und sofort fälligen Wechsel um, die sog. Banknote, die ja in
den angelsächsischen Ländern noch heute als Wechsel gilt 1).
Der Firmeninhaber zahlt
diese Noten als Löhne und Unkosten usw. aus, wodurch sie zu Einkommen in den
Hän-den derer werden, denen er sie gibt. Sie werden im Verlaufe der nächsten
Lohnperiode zu 90 % in den Läden usw. der Umgebung ausgegeben deren Inhaber sie am nächsten Tage zur Bank bringen, um mit dem so erworbenen Guthaben an ihr
Lieferanten zu zahlen. Nach etwa 10 - 12 Tagen is also der Umlauf dieser Noten oder Schecks abgeschlossen; sie werden aber nicht zur Bezahlung etwa in
gesetzlichen Zahlungsmitteln vorgelegt, sondern zwecks Erwerb eines
Giroguthabens bei dieser oder einer andern Bank. Dieses Giroguthaben wird
weitere etwa 14 Tage lang hin und her überwiesen, bis über die lange Kette der
Lieferanten und Unterlieferanten die Bezahlung an den ursprünglichen
Kreditnehmer erfolgt.
Die Kreditfrist muß nun
so bemessen sein, daß dann auch der Bankkredit fällig wird. Die Bank, die die ersten
10 Tage der
_____________________________
1)
Vgl. Teil I
S. 28 ff.
84
Kreditdauer aus dem Notenumlauf finanziert hatte, hat also die letzten 14 Tage hindurch den Kredit aus Mitteln ihrer erhöhten Giroguthaben weitergewährt. Nun mit der Rückzahlung des Kredits sinken auch die
Giroguthaben wieder auf ihren alten Stand; der Kredit ist, ohne Gold oder
andere gesetzliche Zahlungsmittel zu beanspruchen, durch Kompensation ausgeglichen; die bequemen Zahlungsmittel (erst
die Noten, später die Giroguthaben) sind in die unbequemen Wechsel oder
Kontokorrentdebitoren zurückgetauscht worden, die zugleich durch Zahlung
erloschen sind. (jz27)
So etwa sieht das Muster
eines gesunden, antiinflationistischen Kompensationsverkehrs aus, der nicht schöpfe-rischen Kredit erzeugen, sondern nur die Verbindung zwischen zwei schon vorhandenen Werten herstellen
will. (jz28) Dieses Muster ist nichts Neues; Ad. Smith hat es genau
beschrieben, und in der Neuzeit ist es in allen gesunden Ländern verwirklicht
gewesen; sogar das Recht der freien Notenausgabe unter einem Normativgesetz
besteht noch heute außer in Schottland in Kanada,
worauf noch eingegangen werden wird. — (jz29)
b) Das Schecksystem als Mittel zur
Entlastung der Reichsbank.
Freie Banknotenausgabe oder Schecksystem? — Diese einlösbaren Noten, die z. B. auch die Dresdner oder eine andere Bank ausgeben könnte, blicken auf eine große Geschichte zurück, haben aber verschiedene Nachteile, die sie dem nun zu erörternden Schecksystem gegenüber unterlegen erscheinen lassen. Einmal ist der deutschen Denkgewohnheit die
85
Vorstellung einer Banknote, die nicht von der Reichsbank ausgestellt ist, zumal in Norddeutschland bedenklich neu und ungewohnt. Es wäre besser, wenn man an eine andere wohlbekannte und bei den Großbanken schon immer im Gebrauch befindliche Erscheinung anknüpfen könnte, etwa den Scheck.
Sodann hat man mit Recht
eingewandt, daß die gegenwärtigen Bankleiter so wenig zum achtsamen Gebrauch
der Banknote erzogen sind, daß sie womöglich alte schlechte Positionen durch
Notenausgabe zu prolongieren versuchen würden und was dergleichen Mißbräuche mehr sind.
Wenn das auch bei dem
sofortigen Rückfluß gar nicht möglich ist, der bei jeder Verwendung der Noten
zu andern als Löhnungszwecken sich schon
am nächsten Tage unangenehm
bemerkbar machen würde, und wenn auch die betreffende Großbank des Reichs, etwa
die Dresdner, vorher von allen Schlacken gereinigt würde, so ist der Einwand
dann beachtlich, wenn man ein Schecksystem
hat, das derartige Mißbräuche eigentlich
technisch ausschließt.
Die Auflockerung des Notenmonopols, die hier vorgeschlagen wird, erweckt nach den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte nicht mehr viel Erstaunen. So sagt von Mises (II, S. 406):
"Es geht nicht länger an, das Problem der Bankfreiheit als vollkommen
erledigt zu betrachten, wie man es wohl seit Jahrzehnten getan hat. Böse
Erfahrungen mit Banknoten, die wertlos geworden waren, weil sie nicht eingelöst
(11) wurden, haben zur Beschränkung
des Notenausgaberechts auf einige wenige privi-legierte Anstalten geführt.
Doch die Erfahrungen, die man mit der staatlichen Reglementierung des
Notenbankwesens gemacht hat, sind unvergleichlich ungünstiger, als es die
waren, die man mit der Bankfreiheit
gemacht
86
hat. Was bedeuten alle Zusammenbrüche von Noten- und Girobanken, die die
Geschichte kennt, wenn man sie dem Ausgang des deutschen Notenbankwesens
gegenüberhält? Alles, was gegen das System der Bankfreiheit vorgebracht wurde,
verblaßt gegenüber dem, was heute . . . einzuwenden ist."
Das Schecksystem. — Augenblicklich dem Notensystem überlegen ist das Schecksystem 1). Der Fabrikant holt die Lohngelder nicht in Form von Banknoten, sondern er läßt sich einige Packen Scheckformulare von der Bank geben, die sich von den sonst bei derselben Bank üblichen nur dadurch unterscheiden, daß auf ihnen der Betrag in runden Ziffern von 5, 10, 20, 50 RM. usw. sowie die Inhaberklausel bereits vorgedruckt sind. Die Schecks sind zur Verrechnung gestellt. Sie werden dem Bankkunden schon bei Abholung auf Konto belastet, obwohl sie zu diesem Zeitpunkte noch einfache Papierstücke sind, denen das wesentlichste fehlt: die Unterschrift des Ausstellers. Diese darf in keiner Weise vorgedruckt sein. Der Geschäftsinhaber läßt diese Formulare von den zeichnungsberechtigten Beamten seiner Lohnabteilung unterzeichnen, wodurch sie erst zu gezogenen Schecks werden. Sie kommen dann in die Lohntüten und werden von den Arbeitern genau so zu Zahlungen in den Läden usw. benutzt wie die Papierscheine, die sie an den vorhergehenden Wochen
_____________________________
1)
Vgl. die alte
Darstellung von E. Jaffé; sowie neben den unten zitierten Autoren L. Ehrhard
("Ein Notweg" im Tagebuch v. 1. 8. 31). Kriterium für den Wert all dieser Vorschläge muß
sein, ob sich die Autoren über das Wesen des Zwangskurses klar waren oder
nicht; fordern sie Zwangskurs, so sind sie inflationistisch.
87
erhalten haben. Die Typisierung, die das Akzept der Bank ersetzt, sichert die unbedingte Zahlung.
Ein Mißbrauch dieser Einrichtung
durch Spekulanten scheint schwer vorstellbar. Denn was würde der
Spekulant sagen, der von dem Bankier nicht einen Packen Banknoten erhielte,
sondern Schecks, die er ziehen soll, wo er doch schon
Scheckblocks besitzt? Die Bank würde
sich bei der Ausgabe solcher Scheckformulare genau über die Folgen klar sein,
denn sie weiß, wann üblicherweise Schecks zur Zahlung zurückkommen; keinerlei
mythische Vorstellungen von "Banknotenumlauf" usw. würden die
Klarheit ihres Verantwortungsgefühls benebeln.
Die Einlösungsfrage würde gelöst sein, denn diese Verrechnungsschecks würden genau wie alle andern Schecks in Reichsbankgiro, oder -Noten, den heutigen gesetzlichen Zahlungsmitteln, einlösbar sein. An den öf-fentlichen Kassen würden diese Schecks wie alle andern Schecks nur "Eingang vorbehalten" angenommen. Eine Schwierigkeit daraus, daß diese Schecks nicht gesetzliche Zahlungsmittel sind, würde ebensowenig entstehen, wie bei den Rentenbankscheinen, die auch nicht gesetzliches Zahlungsmittel sind, die also auch keinen Zwangskurs haben.
Überhaupt ist der Ausdruck "gesetzliches
Zahlungsmittel" (= Zwangskurs) irreführend,
denn der Mangel dieser Eigenschaft macht die Zahlungsmittel nicht zu
ungesetzlichen. Es müßte vielmehr heißen:
"Auch bei
Unterwertigkeit zum Nennwerte aufzwingbare Zahlungsmittel";
damit wäre der
inflationistische Character der Sache in seiner Nacktheit enthüllt. (jz30)
Die Frage des Notenmonopols
würde gar nicht auftauchen, denn eine Verfeinerung des
88
bargeldlosen Verkehrs kann
nicht gegen das Notenmonopol verstoßen.
Wenn sich einzelne
Fabrikanten gegen die Mühe der Unterzeichnung der Formulare wehren, wenn
einzelne Ladenbesitzer die Schecks nicht nehmen wollen, obwohl garantiert ist,
daß typisierte Schecks nur ausgegeben werden, wenn Deckung vorhanden ist 1), so
mögen sie sich auf den Verkehr mit der Reichsbank beschränken, wenn sie dabei
besser fahren; niemand soll gezwungen
werden. Auf keinen Fall dürfen
diese Schecks vom Reich garantiert oder zum gesetzlichen
Zahlungsmittel erklärt werden; alsdann würden sie nicht mehr im Hinblick
auf ihre Umtauschfunktion, sondern wegen ihres Charakters als Zwangspapiergeld
genommen werden; die ihnen anhaftende Bremse, daß sie bei Mißbrauch in Disagio
kommen, ist dann unwirksam, und von diesem Augenblick an wären derartige
Zahlungsmittel inflationistische Zwangsnoten.
Ins Disagio kommen, würde bedeuten, daß die Schecks nur noch zu 95 oder
90 % angenommen werden, was ihre sofortige Benutzung zu Zahlungen an die Bank
veranlaßt, wobei sich alsbald zeigt, ob die Bank Mißbrauch getrie-ben hat und schließen muß, oder nicht.
_____________________________
1) Etwaige juristische Unklarheiten würden unschwer zu beseitigen sein, wenn der Wille des Gesetzgebers vorhanden ist, durchzugreifen. Wahrscheinlich müßte das Scheckgesetz insoweit abgeändert werden, als typisierte Schecks den akzeptierten gleichgestellt würden und vom Minister genehmigt werien könnten; und insoweit, als die Vorlegungsfrist hier auf 35 Tage ausgedehnt würde (5 Tage mehr als eine Gehaltsperiode).Hiermit erweist der Scheck nochmals seine Überlegenheit, denn durch den Ablauf der Frist wäre die Thesaurierung von Schecks unmöglich, die heute das Banknotenwesen überall bedroht. — Außerdem müßte wahr-scheinlich das Gesetz vom 17. Juli 1922 und die VO. vom 17. Okt. 1931 betr. das Notgeld aufgehoben oder durchlöchert werden. (12)
89
Eine geschichtliche Erfahrung. — Hören wir nun, was U. v. Beckerath - Berlin in dem Dezember-Bericht der Deutschen Festmarkbank in Berlin sagt. Er schlägt u. a. folgende Änderung des Bankgesetzes vor:
Artikel 3 des Gesetzes vom 1. Juni 1909, welcher die Reichsbanknoten zum
gesetzlichen Zahlungsmittel erklärte, wird aufgehoben. Der § 2 des Bankgesetzes
vom 14. März 1875 wird wiederhergestellt, welcher lautete:
"Eine Verpflichtung zur Annahme von Banknoten
bei Zahlungen, welche gesetzlich in Geld zu leisten sind, findet nicht statt
und kann auch für Staatskassen durch Landesgesetz nicht begründet werden."
Der Beginn seiner Begründung lautet wie folgt:
"Wenn man den § 2 des Reichsbankgesetzes vom 14. März 1875 durchliest,
so fragt man sich natürlich erstaunt: Wie kommt es, daß unsere Vorfähren eine
scheinbar so notwendige Bestimmung wie den Annahmezwang ausdrücklich ablehnten,
ja sogar den Bundesstaaten Deutschlands ausdrücklich verboten, innerhalb ihres
Gebietes einen Annahmezwang einzuführen? Die für unsere Vorfahren sehr
ehrende, für uns aber blamable Antwort
lautet: sie wußten, daß ein Zahlungsmittel ohne Annahmezwang beim schlechtesten
Willen nicht inflationiert werden kann. Uns Heutigen ist diese Erkenntnis
verlorengegangen. Man kann einen Band moderner Volkswirtschaftslehre nach dem
andern durchlesen, ohne auch nur eine Spur dieser Erkenntnis zu finden, die
doch schon vor hundert Jahren ganz allgemein und auch in den 70er Jahren noch
Gemeingut nicht nur der Volkswirtschaftslehre, sondern auch der Praktiker war.
90
Eine Reihe schlimmer Inflationen hatte die Erkenntnis vom Zusammenhang
zwischen Annahmezwang und Inflationsgefahr in weite Kreise des Volkes getragen.
Die Regierungen mußten im 19. Jahrhundert mit der Aufklärung des Volkes über
jenen Zusammenhang rechnen. Hierfür ein Beispiel: Als in Österreich durch
Kaiserliches Patent vom 1. Juni 1816 eine österreichische Nationalbank gegründet
wurde, da mußte der Kaiser versprechen, daß diese Nationalbank nicht dazu
mißbraucht werden sollte, Noten mit Zwangskurs auszugeben. Der Verkehr würde
sich sonst wohl geweigert haben, die Noten zu nehmen.
In § 1 der Statuten der österreichischen Nationalbank
heißt es daher:
'Es soll von nun an nie mehr die Anfertigung eines neuen Papiergeldes mit
Zwangswert und Zwangsumlauf oder irgendeine Vermehrung des gegenwärtig im
Umlauf befindlichen statthaben.' ..." 1)
Die Urteile eines Bankiers and eines Gelehrten. — Der Bankier Dr. G. Ramin, Berlin-Nikolassee, hat am 30. September 1931 in der Deutschen Bergwerkszeitung einen derartigen Vorschlag veröffentlicht, der leider mißverstanden worden ist, weil man glaubte, es handelte sich um die zusätzliche Ausgabe von Zwangskursnoten, also um Inflation, während doch feststeht, daß Dr. Ramin nur akzessorische, daher anti-inflationistische Zahlungsmittel schaffen wollte. Diese können nur das Vakuum ausfüllen, das eingetreten ist, indem gerade gesunde neue Umschlagskredite nicht mehr gewährt werden, weil die gesunden Firmen die einzigen Opfer sind, an denen sich ein Debitorenabbau vollziehen
_____________________________
1) Über die Unmöglichkeit der Inflation bei Abwesenheit des Annahmezwanges
vgl. den besonderen Teil unten S. 139.
91
läßt, wenn die kranken
Firmen sich unfähig zeigen, zu zahlen oder mit Konkursandrohungen weitere
Kredite er-pressen. Ramin bezieht sich zuerst auf Prof. Lexis, den langjährigen Berater der Reichsbank, der diesen Fragen
in seiner "Allg. Volkswirtschaftslehre"
(1913), S. 120 ff., ein Kapitel widmete. Lexis sagt unter der Überschrift "Theoretisch
mögliche Ausschaltung des Barverkehrs" u. a. folgendes:
"Für die rein theoretische Betrachtung ist es denkbar, daß durch die volle
Ausbildung des Schecksystems die Barzahlung überhaupt ausgeschaltet würde. Das
Grundschema des Güterumsatzes wäre dann einfach folgendes: Eine Personengruppe
A. hat Waren an eine Gruppe C. verkauft und ist mit Schecks auf die gemeinsame
Bank bezahlt worden, deren Beträge ihnen bei dieser gutgeschrieben werden. Die
A. kaufen nun Waren bei der Gruppe B. und zahlen ihrerseits mit Schecks auf ihr
Guthaben, die Gruppe B. kauft wieder gegen Schecks von den C, die nun ihr
Bankguthaben wieder auffüllen können, soweit der Kreislauf von neuem beginnt.
Alle Schecks aber lauten auf Geld, und die Geldeinheit würde auch bei diesem
System das allgemeine Wertmaß bleiben. Die Bank wäre nur eine Anstalt für die
Vermittlung des Güterumlaufs, die Grundlage ihrer Operationen würde nicht etwa
eine Summe in Schecks sein — denn die eingehenden Schecks würden ja sofort
durch Überschreibung verschwinden —, sondern durch die Gesamtsumme der als
stets fällige Depositen
gutgeschriebenen Forderungen der Konteninhaber gegeben sein. Der reale Wert
dieser Förderungen aber würde durch die mittels der Schecks in Umlauf gesetzten
Waren oder Wertpapiere dargestellt, deren realisierte Preise bei der Bank verbucht
sind."
92
Ramin fährt dann selbst
fort:
"Das von Lexis gewählte Grundschema des Güterumsatzes wollen wir wie
folgt ausdrücken:
Der Bauer A. verkauft Roggen an den Müller C. Er erhält dafür einen Wechsel
und tauscht ihn bei der Bank um gegen Schecks auf diese gemeinsame Bank. Der
Bauer A. kauft nun Brot bei dem Bäcker B, und bezahlt seinerseits mit den
erhaltenen Schecks. Der Bäcker B. kauft das Mehl von dem Müller C. wieder gegen
die vom Bauer erhaltenen Schecks. Der Müller aber bringt die Schecks zur Bank,
und diese kompensiert sie gegen seinen Wechsel. Dann ist der Kreislauf geschlossen, ohne daß bares Geld erforderlich
war.
Dieses Schema liegt auch folgendem Verfahren zugrunde:
Der Fabrikant verkauft Waren gegen Dreimonatswechsel.
Er reicht diese Wechsel bei einer Bank ein, die ihm hierfür Verrechnungsschecks
gibt, die auf bestimmte Beträge typisiert sind, also z. B. auf 5, 10, 20 RM.
usw. lauten. Im übrigen würde ein derartiger Scheck wie jeder andere
Verrechnungsscheck aussehen.
Mit diesen Schecks zahlt der Fabrikant die Löhne
an die Arbeiter. Die Arbeiter kaufen mit den Schecks
ihren Bedarf in den Läden. Der Ladeninhaber bezahlt damit zunächst
Forderungen, die sein Lieferant gegen ihn hat. Sind solche Forderungen im Augenblick
nicht vorhanden, so reicht er die Schecks bei der bezogenen Bank ein und
begründet sich damit ein Guthaben, über welches er später seinerseits wieder
durch Verrechnungsscheck verfügen kann. Dann muß der Lieferant wiederum über eine gemeinsame Bank eine
Verrechnungsmöglichkeit mit dem Aussteller des Schecks oder mit seinen
weiteren Liefe-
93
ranten haben, oder aber die Möglichkeit, sein so erworbenes Guthaben
seinerseits weiter zu Lohnzah- lungen
zu benützen. Zuletzt landen die Schecks beim Wechselschuldner oder bei dem
Fabrikanten, welcher die Schecks den Arbeitern gab.
Bei diesem Verfahren ist aber die Einlösung des Schecks in Reichsbanknoten
auszuschließen, damit es richtig funktioniert. (13) (jz31) (14)
Im Grunde
genommen ist auch dieses Verfahren nichts anderes als das, was der bisherige
Überweisungs- und Scheckverkehr schon leistet. Neu ist an diesem Gedankengang
nur, daß auch der Arbeitnehmer, der in der Regel über kein Bankkonto verfügt,
auf diese Weise in den Scheckverkehr einbezogen wird. Und auch diese Tatsache ist an sich nicht neu,
denn in Amerika werden stets, besonders aber in Krisenzeiten, Schecks zu
Lohnzahlungen verwandt. Wir bringen nachstehend die Abbildung (den Text! –
J.Z.) eines derartigen (15)
amerikanischen Schecks.
|
The
Loomis & Harl. Mfg. Co. Chattanorge
….. 19 th. 1893. (month? - J.Z.) On demand
at any time after ninety days from
……………… |
94
Schecks, die zu Lohnzahlungen dienen, sollten von
der gemeinsamen Bank nur gegen
Einreichung von wirklichen Warenwechseln ausgegeben werden. Die Zirkulation
derartiger Schecks bedarf besonderer Aufmerksamkeit, damit der Arbeiter mit der
Verwendung dieser Schecks möglichst wenig
Schwierigkeiten hat. Es empfiehlt sich daher, Bankeinrichtungen zu schaffen,
die sich nur mit dieser Aufgabe zu beschäftigen haben, zumal sonst auch die
Gefahr besteht, daß durch die Vermischung von Kreditgewährungen auf anderer
Grundlage als auf Grund von Warenwechseln Mißstände auftreten könnten.
Die Durchführung dieses so geschilderten Scheckverkehrs
ist nur eine banktechnische Aufgabe,
die theoretisch schon von
Lexis gelöst wurde. Ihre praktische Lösung ist nicht ohne Schwierigkeiten,
doch keineswegs unmöglich, wie das amerikanische Beispiel zeigt. Sie
verschafft der Reichsbank eine erhebliche
Entlastung, was von dieser schon seit Jahrzehnten angestrebt wurde, wie wir
aus der Stel-lungnahme des Reichsbankpräsidenten Koch ersehen haben. Die
Reichsbank bleibt dabei weiterhin Hüterin unserer Währung. Die von ihr
garantierte Maßeinheit, nämlich die Reichsmark, bildet auch die Grundlage für
diese Ausweitung des Scheckverkehrs. (jz32)
Die deutsche Volkswirtschaft hat sich bisher den unerhörten Luxus geleistet, fast zwei Drittel ihrer Produktionskosten durch Barzahlungen
zu finanzieren. Aber die Zeit hierfür ist vorbei. Es ist eine Lebensfrage geworden, daß wir die
Hilfsmittel der Banktechnik, die wir für ein Drittel der Produktion bereits an-
95
wenden, auch für die übrigen zwei Drittel nutzbar machen."
Verfeinerung des Scheckverkehrs zwecks Lockerung
und Entlastung des Notenmonopols. — So erweist sich die Benutzung der Möglichkeiten des Scheckverkehrs als ein Mittel, das weit
einfacherer und sicherer zur legalen
und billigen Abwicklung des Zahlungsverkehrs zwischen den Kunden der Bank
führt als die Banknote. Er hilft zu
seinem Teile mit, den Kompensationsverkehr innerhalb der Konsumgütersphäre
durchzuführen, unab-hängig vom Auslande und vom Kredit der überlasteten Reichsbank.
Zur Milderung der Schäden des Monopolsystems lehnen wir daher die Einführung freier Banknoten
ab und ziehen die Ausdehnung des traditionellen und bewährten Scheck- und
Giroverkehrs vor. (jz33)
e) Der Anlagekredit und die
Kapitalbildung.
Beispiel des langfristigen Kredits und der Kapitalbildung in der gesunden Zahlungsgemeinschaft. — Hiermit ist aber die Aufgabe einer gesunden Zahlungsgemeinschaft noch nicht erschöpft. Neben der Konsum-gütersphäre steht die Kapitalgütersphäre; außer dem Austausch der Fertigfabrikate gibt es noch die Kapitalbildung, d.h. die Verwendung der für den laufenden Unterhalt der Bevölkerung nicht benötigten Arbeitskräfte zur Her-stellung langlebiger Güter, als (jz34) der Fabriken, Wohnungen usw., und die Entlohnung dieser Arbeits-kräfte durch die überschüssigen Konsumgüter. Hier liegen die Dinge wesentlich verwickelter, denn hier scheint zuerst keine einfache Kompensation zwischen vorhandenen Gütern vorzuliegen. Die Lösung
96
dieser Frage kann an
dieser Stelle nur kurz angedeutet werden 1). (jz35)
Das Wesen der Kapitalbildung. —
Wesentlich, für die Kapitalbildung ist, daß ein Land schon mit einem Teil
seiner Arbeitskräfte so viel Konsumgüter herstellt,
daß alle Arbeitskräfte davon leben
können 2) (jz36). Das ist heute in Deutschland der Fall. Man kann dann die in der Konsumgüterproduktion nicht benötigten Arbeiter ebenso
ernähren wie die andern, ohne daß sie sich mit der Nahrungsmittelbeschaffung
abzugeben brauchen. Dieser Teil der Arbeitskräfte ist
also verfügbar, um die langlebigen Güter, Maschinen, Häuser, Wege, Brücken
usw. herzustellen, deren der Einzelne und die Gesamtheit
bedarf.
Gegenüberstellung von Konsumgüterkreislauf und
Kapitalgüterkreislauf. — Beim
Konsumgüterkreis-lauf mittels des Umsatzkredits tauscht A seine Produkte
gegen die Fabrikate von B; beide kompensieren die Erlöse ihrer Verkäufe und konsumieren,
nichts bleibt übrig.
Beim Kapitalgüterkreislauf mittels des Anlagekredits gibt A seine Produkte hin, ohne direkt eine Gegenleistung in andern Verbrauchsgütern zu erhalten; es bleibt ihm nur eine Kaufpreisforderung, die er aber nicht zum Erwerb von Konsumgütern verwendet. Bestimmte Arbeiter konsumieren A's Produkte und bauen dafür ein Haus, eine Brücke; zwischen ihnen und dem Bauunternehmer ist der Tausch doppelseitig und unterscheidet sich in nichts von dem normalen Konsum-
_____________________________
1)
Vgl. meine
Abhandlung: Arbeitslosigkeit und Kapitalbildung, zugleich ein bankpolitisches
Programm zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise, Jena 1930.
2)
Vgl.
insbesondere die Theorie Böhm-Bawerks.
97
gütertausch: Leistung
gegen Ware. Aber der Vorgang zwischen dem Bauunternehmer, der A's Produkte
nahm, um seine Arbeiter damit zu entlöhnen, und A ist keineswegs nur als ein
einseitiger und unentgeltlicher zu beurteilen: A erhält als Gegenleistung ein Sparguthaben oder ein Wertpapier, mit
dem er teilnimmt an dem Ertrage des Hauses oder der Brücke; er tauscht also Ware gegen Sparkapital. Am Schluß bleibt
ein Sparguthaben und ein zinstragendes Haus (bzw. Brücke) übrig.
Arten der Kapitalbildnng. — Welche Rolle spielt der Bankkredit nun bei diesem Vorgang der Kapital-bildung?
Hier ist zwischen der normalen Kapitalbildung zu
unterscheiden, bei der Jahr um Jahr die gleiche Anzahl von Arbeitskräften in
der Kapitalgüterindustrie tätig ist (unveränderte Sparrate), und der infolge
von Rationalisie-rungen usw. stark
steigenden Kapitalbildung, wie wir sie in Deutschland von 1927 an gehabt
haben (steigende Sparrate).
Weiter ist zwischen
latenter und effektiver Kapitalbildung zu unterscheiden:
Verwendet man nämlich die
immer neu in der Konsumgüterindustrie freiwerdenden Arbeitskräfte (16) nicht sofort in der
Kapitalgüterindustrie, so bleibt die zusätzliche Kapitalbildung "latent": es herrscht Arbeitslosigkeit und Warenüberschuß,
also eine bestimmte Art Krise, die
wir heute nur allzu genau kennen. Aufgabe des Bankkredits ist es, diese latente
Kapitalbildung in effektive umzuwandeln,
den Zustand scheinbaren Kapitalmangels also in einen Zustand starker
Kapitalbildung umzuwandeln. (17)
Bei gleichbleibender Sparrate erst
Spardepositen, dann daraus Übergangs-
98
kredit, schließlieh Anlagekredit. — Bei der
normalen Kapitalbildung ist die Tätigkeit
der Banken überaus einfach:
A bezieht Einkommen, etwa in Form von Banknoten oder Schecks. Er verbraucht es aber nicht ganz, sondern zahlt einen Teil auf seinem Bankkonto als Sparguthaben ein.
Die Bank leiht diesen Betrag einem Bauunternehmer,
dem sie zu Löhnungszwecken dieselben Noten gibt, die A gerade eingezahlt
hatte, oder typisierte Scheckformulare im gleichen Betrage (Übergangskredit).
Die Arbeiter kaufen sich
damit die Konsumgüter, die A unverbraucht gelassen hatte.
Das Schema ist also
bisher nicht anders, als beim Konsumgüterkreislauf, denn es findet auch hier nur ein Konsumgüterkreislauf statt!
Jetzt aber tritt eine
Änderung ein: Bei Fälligwerden tritt keine
Kompensation ein, indem die Posten in den Büchern der Bank gleichzeitig gegeneinander
aufgerechnet werden und erlöschen, wodurch die Kreditoren- oder Deposi-tensumme
der Bank wieder auf den Betrag sinkt, der vor
Beginn des Spiels schon da war; sondern es
tritt eine wirkliche Akkumulation ein: Die Bankpassiva bleiben erhöht um die
Spareinlage, und zwar für dauernd. Zugleich
bleiben die Aktiva der Bank erhöht um den zusätzlichen Bankkredit, der wiederum
durch das neugebaute Haus gedeckt ist. Hieraus könnte
die Bank noch beliebig viele Jahre den Kredit fortgewähren bzw. ihn langfristig darleihen, bis er durch die jährlichen
Annuitäten in üblicher Weise getilgt wird. Aber die Bank würde den Sparer schwerlich bewegen können, seine
Ersparnisse unkündbar bei ihr anzulegen,
und solange das Sparguthaben jederzeit kündbar ist, wird jede Anlage in Häusern, sei es in juris-
99
tisch kurzfristiger oder
langfristiger Form, zu einer Bedrohung der Liquidität der Bank, wie wir in dem Abschnitt
über die Übertreibung des Depositenwesens gesehen haben. Die Bank muß also den
Sparer "schlecht behandeln", indem sie ihm möglichst wenig Zinsen
zahlt, und ihn dadurch veranlassen, sein Sparguthaben in ein unkündbares Wertpapier umzuwandeln (in
Aktien, Obligationen, Pfandbriefe usw., also Anlagekredit). Dies hat aber mit
dem eigentlichen Tauschvorgang nichts mehr zu tun. — Wesentlich ist, daß beim Anlagekredit und der normalen Kapitalbildung
auch nur ein Konsumgüterkreislauf stattfindet, aber nicht mit Kompensation,
sondern mit Akkumu-lation der Bankguthaben am Schluß, weil der Gegenwert nicht
verzehrt worden, sondern in dauerhafter Form übrig geblieben ist.
Bei steigender Sparrate erst Umtauschkredit, dann
Spardepositen und daraus Anlagekredit. — Der Fall der stark ansteigenden bzw. der latenten Kapitalbildung, der
nunmehr zu erörtern ist, ist für den gegenwärtigen Wiederaufbau des deutschen
Kreditsystems besonders wichtig, weil
wir gegenwärtig fast überhaupt keine effektive Kapitalbildung haben (jz37), mit
der man der völlig darniederliegenden Kapitalgüterindustrie unter die Arme
greifen könnte, sondern, wie die großen Arbeitslosenziffern beweisen, nur eine riesige latente Kapitalbildung,
also nur die Möglichkeit einer
großen innerbetrieblichen Kapitalbildung. Schon der Beginn der
Kapitalbildung ist hier ein ganz anderer, weil kein
Sparer A da ist, der Geld bei der
100
Bank einzahlt, das die
Bank nun im Umtauschwege weiterverleihen
könnte. Vorhanden ist vielmehr nur
eine große Anzahl unbeschäftigter Arbeiter, und eine Menge unverkäuflicher
Konsumgüter oder doch eine große unausge-nutzte
Produktionskapazität zur Erzeugung solcher.
Wir wissen nun, daß die
innerbetriebliche Kapitalbildung sehr stark ansteigt, wenn sich der Beschäftigungsgrad verbessert, wenn
also die Produktionskapazität besser ausgenutzt wird. Es
tritt dann eine Kostendegression ein,
die sich sehr bald auch in einem starken Ansteigen der Bankguthaben bzw. einer Tilgung der Bankschulden der Unternehmungen zeigt. Die Betriebsausgaben
sind nämlich bei voller Beschäftigung nicht wesentlich höher, als bei einer
Beschäftigung von 50 %, die heute in Deutschland fast überall noch unterschritten
wird. Die Betriebs-einnahmen sind
aber bei 100 % Beschäftigung doppelt so hoch, als bei 50 % Beschäftigungsgrad. Von der Bank aus gesehen, verdoppeln sich also die Eingänge auf der
Habenseite der Konten all dieser Fabrikanten, während die Sollposten (Löhne
usw.) fast unverändert bleiben. Hier, an
dieser Stelle, entstehen also die zusätzlichen
"Spar"depositen,
die nicht wieder kompensiert werden und verschwinden, sondern genau so
akkumuliert bei der Bank verbleiben, wie das Sparguthaben des A im andern
Falle. Aus ihnen kann die Bank also
wieder den Baukredit prolongieren, den sie vorher
gewährt hatte (um erst einmal diesen Mechanismus der Kostendegression in Gang
zu setzen), und zwar solange, wie es ihre Liquidität erlaubt, d.h. bis er in
Effekten konsolidiert wird.
101
Die Bank bringt die Kapitalbildung aus Kostendegression in Gang. — Wie bringt die Bank aber diesen Mechanismus der Kostendegression in Gang? Indem sie Wechsel und Kredite, auf der Grundlage von Forderungen aus verkauften Lokomotiven, Häusern und Brücken genau so behandelt, wie Wechsel, die sich auf verkaufte Lebensmittel oder Kleider beziehen.
Es gibt zwei Arten von
Waren, Konsumgüter und Kapitalgüter, und es ist gleich, auf welche Art von Waren sich ein "Warenwechsel"
bezieht.
Mit dieser Definition des
Warenwechsels befinden wir uns durchaus
auf klassischem Boden; bis zu den Äuße-rungen Schachts in der Reichsbankenquete
von 1929 hat wohl niemand behauptet, daß,Warenwechsel immer Konsumgüterwechsel
sein müßten 1).
Die Bank einer gesunden Zahlungsgemeinschaft wird, wie
wir wissen, für ihren Kundenkreis sehr bald ein ganz niedriges Diskontniveau
hergestellt haben. Es wird daher sehr bald wieder Neigung vorhanden sein,
lang-lebige Güter herzustellen, die ja dann wieder sehr rentabel sind. Werden
der Bank Wechsel auf bestellte Loko-motiven, Häuser, Brücken usw. eingereicht,
die sonst gut sind, so wird sie diese
_____________________________
1)
Ich selbst
habe noch 1930 in meinem Buche "Arbeitlosigkeit und Kapitalbildung"
den Fehler gemacht, die Diskontierung von Produktionsmittelwechseln als etwas besonderes hinzustellen, das notwendig sei, obwohl es über
die klassischen Bankprinzipien hinausgehe. Ich habe mich damit
Mißverständnissen ausgesetzt, die ich leicht hätte vermeiden können; um so
mehr, als die ursprünglich die ganze erste Hälfte des Buches einnehmende
Dar-stellung der einlösbaren Banknote,
die dagegen eingetauscht werden sollte, der Kürzung zum Opfer fiel, so daß man
mir irrigerweise die Gefahren der Ausgabe uneinlöslichen Zwangsgeldes
vorhielt, die ich gar nicht erwogen hatte.
102
wie alle andern
Warenwechsel in Lohngelder umtauschen. Eine Finanzierung der nicht aus Löhnen bestehenden andern Hälfte der Baukosten durch die
Bank ist nicht nötig, da die Lieferanten die Materialien auf Ziel liefern und
dazu den Kredit ihrer Bankverbindung
in Anspruch nehmen, die gleichermaßen verfährt. Die Verausgabung dieser
Lohngelder und die Erteilung dieser Materialbestellungen verbessern nun Mark für Mark den Beschäftigungsgrad der Lieferanten
und Unterlieferanten der Lebensmittel, Rohstoffe usw. Auf den sämtlichen Bankkonten all dieser langen Ketten von Lieferanten
und Unterlieferanten sammeln sich innerhalb eben derselben drei bis vier
Wochen, die der Umlauf der Zahlungsmittel dauert, die erhöhten Salden auf den
Konten an. Diese erhöhten Depositen verkörpern die erzielte zusätzliche
Kapitalbildung, aus der dann weiter die Finanzierung der langlebigen Güter
erfolgt, wie üblich.
Hiermit fällt zugleich
Licht auf das noch im Dunkel liegende Problem, wie es in Konjunkturaufschwung
macht, daß er sich selbst finanziert, daß bei Belebung der Konjunktur plötzlich
die Kapitalien reichlich da sind, die man bis dahin so dringend vermißt hatte.
Es ist wahrscheinlich die volkswirtschaftliche Kostendegression, die zum
größten Teile den Konjunkturaufschwung finanziert. (jz38)
Längere Kreditfrist bei Anlagekrediten zulässig. — Schon bei Ende des Zahlungskreislaufs, also nach etwa vier Wochen oder drei Monaten, sind also die echten Sparkapitalien bei den Banken angesammelt, die man braucht. Bei dieser Kreditart kann die Kreditfrist also ruhig einige Wochen
103
oder Monate länger erstreckt werden, weil die betreffenden Giromittel nicht wie beim Umsatzkredit nach 3 - 4 Wochen durch Kompensation verschwinden. Immerhin stehen den Banken die nötigen Mittel nur quantitativ ausreichend zur Verfügung; ihre qualitativ falsche Form (die jederzeitige Kündbarkeit), legt den Banken nahe, sich nach baldiger Konsolidierung umzusehen.
Inwieweit sind Prolongationszusagen zulässig? — Von seiten der Leiter der Zentralnotenbanken wird häufig die praktisch höchst wichtige Frage aufgeworfen, ob z. B. die Reichsbank eine mehrfache Prolongationszusage geben dürfe, wenn an sie herangetreten wird, um durch irgendeine besondere Kreditaktion die Kapitalgüterindustrie anzukurbeln. Die Antwort ergibt sich aus dem Gesagten: In Frage können Prolongations-zusagen nur bei langlebigen Gütern kommen. Der Notenumlauf der Reichsbank wird immer wenige Wochen nach Ausgabe des Umtauschkredits auf den alten Betrag zurücksinken. Die Gesamtheit der deutschen Bankkreditoren einschließlich der Giroguthaben bei der Reichsbank wird am Tage des Rückflusses der Noten um gerade soviel steigen. Wieviel von der Steigerung der Kreditoren auf die Reichsbankgiroguthaben und wieviel auf die Kreditoren der Depositenbanken entfallen wird, hängt von den Umständen ab; wenn die Banknoten nach zwei Wochen zurückgeflossen sind, so wird die Steigerung in den folgenden Wochen wegen des starken Anteils der Reichsbank am Überweisungsverkehr vorwiegend auf die Reichsbank entfallen, danach aber mehr auf die Aktienbanken. Infolge der Depositenakkumulation durch Kostendegression stehen den Banken die er-
104
forderlichen Kreditmittel
automatisch zur Verfügung. Eine Prolongationszusage scheint danach überflüssig und muß kritisch betrachtet werden; wenn sie gegeben wird, dürfte
sie nie zur Erhöhung des Notenumlaufs, sondern nur zur Steigerung der
Giroguthaben bzw. zur
Erhaltung der vorher gestiegenen
Giroguthaben bei der Reichsbank führen, andernfalls liegt Mißbrauch vor. Im Falle der Gewährung wird man sich bei der
Prolongation auf die halbe Summe beschränken können, weil die neuentstandenen
Sparguthaben sich nach 2 - 3 Monaten wohl mindestens zur Hälfte bei den
Depositenbanken befinden werden.
Die Grenzen für diese Anlagekreditgewährung.
— Die Grenzen für diesen Umtauschkredit für Anlage-zwecke sind
volkswirtschaftlich in dem Vorrat an Arbeitslosen und Konsumgütern sowie in der
vollen Ausnutzung des Produktionsapparats (Degressionsschwelle) gegeben; dazu kommen zwei unübersteigbare bankmäßige Gren-zen: das Umtauschprinzip und
die Einlösbarkeit. Solange die akzessorischen
Schecks der Bank nicht ins Disagio kommen, kann keine
Übertreibung, keine Überinvestion oder Inflationsgefahr vorliegen. Mit Zwangskursnoten, die gesetzliches
Zahlungsmittel sind, wie die Noten der Reichsbank, kann viel leichter Mißbrauch
getrieben werden. (jz39)
Abgrenzung gegen die schulmäßige und gegen
die MacLeod-Hahnsche Kredittheorie. — Es scheint notwendig, den Platz
dieser Anschauungen innerhalb der allgemeinen Kredittheorie genauer
festzustellen.
Bei der ersten Art der Kapitalbildung 1) genügt
der
_____________________________
1) Mit konstanter Sparrate.
105
schulmäßige Grundsatz,
daß eine Bank eine Anstalt zum Aufnehmen
und zum Ausleihen von Geld ist.
Bei der zweiten Art der Kapitalbildung 1) leiht die Bank scheinbar Summen aus, die sie noch gar nicht in Form von Depositen hereinbekommen hat; sie überschreitet also die ihr durch ihre Depositen gezogenen Grenzen. Trotzdem ist sie weit davon entfernt, eine Anstalt zur Erzeugung von Kredit zu sein wie die MacLeod-Hahnsche Definition der Bank lautet. Eine Bank, die einen vorher noch nicht dagewesenen Kredit neu einräumt, über den durch Scheckziehung verfügt werden kann, treibt immer Inflation (jz40). Sie wird dafür durch Konkurs bestraft, es sei denn, daß Annahmepflicht besteht. Alle derartige Kreditschöpfung ist vom Übel. Die Bank, von der wir sprechen, tut etwas grundsätzlich anderes:
Sie wandelt eine schon vorhandene 2) Kaufpreisforderung
zu Löhnungszwecken in eine bequemere Kreditform um, sie schafft also nicht eine
Forderung, sondern sie wandelt um,
wie der legale Warenumschlag das verlangt 3). Die Bank ist also keine Anstalt zum Aufnehmen und Ausleihen von
Geld,
_____________________________
1) Bei steigender Sparrate.
2) Darum betont J. M. Keynes immer, daß es auf actual real investment ankomme, nicht auf zusätzliche Kredite. Nur aus neuem real investment ergeben sich neue Forderungen; alle andern Verwendungsarten zusätzlicher Kredite sind Waren- und Effektenspekulationen oder sogar Verlustdeckung.
3) Diese Umwandlungstheorie gilt auch von den Hypothekenbanken, die Individualhypotheken in typisierte und versicherte Hypotheken (sog. Pfandbriefe) umwandeln. Bis 1850 waren die landschaftlichen Pfand- briefe bekanntlich noch grundbuchlich einzeln eingetragene Hypotheken. Vgl. mein Buch "Hypothekenbankwesen" (im Druck, Verlag der Bankwissenschaft, Berlin). (jz41)
106
auch nicht zur Erzeugung
von Kredit, sondern eine Einrichtung zur
Umwandlung schon vorhandenen Warenkredits 1).
Bedeutung des Filialsystems als eines
Ersatzes für den Kapitalmarkt. — Voraussetzung für eine derartige
Betätigung etwa der Dresdner Bank im Anlagekreditgeschäft ist ein großes Filialsystem, das es möglich
macht, einen großen Teil all der sich über ganz Deutschland erstreckenden
Zahlungs- und Kapitalbildungsvorgänge, die sich aus einer solchen Ankurbelung
ergeben, auf ihren Konten zu vereinigen, damit die zusätzlichen Depositen nicht
zu sehr den andern und kranken Banken zuströmen. In
normalen Zeiten sorgt der Geld- und Kapitalmarkt für den Ausgleich, der aber
heute nicht funktioniert. Immerhin
kann volkswirtschaftlich nichts "verschwinden"; das dargelegte
Prinzip wird durch die Zerrissenheit der Wirtschaft in Tausende von
Einzelfirmen nicht berührt, und Schwierigkeiten werden sich von dieser Seite
aus überaus wenige zeigen.
Die gesunde Zahlungsgemeinschaft ist der
heute zu lösenden Aufgabe gewachsen. — Wir fassen also zusammen, daß eine solche gesunde Zahlungsgemeinschaft
nicht nur den Umsatzkredit, sondern auch
den Anlagekredit und die gegenwärtige deutsche Kapitalbildungslage mit Hilfe
_____________________________
1)
Die in
Umwandlung echter Warenforderungen, aber über die Depositen hinaus gewährten
Kredite sind identisch mit meinen "Antizipationskrediten",
die bei steigender Sparrate notwendig sind, und mit denen allein die latente
Kapitalbildung unserer schweren Krisenperiode zur effektiven umgewandelt werden
kann.
107
ihres Schecksystems glatt bewältigen könnte. Sie würde auch
hier nur Warenwechsel in bequemere Zahlungs-mittel zu Lohnzahlungszwecken
umzutauschen brauchen, und der Umlauf dieser akzessorischen Zahlungsmittel
würde genau die echte Kapitalbildung in Gestalt von Bankdepositen liefern, die
bei dem einfacheren Fall der gleichmäßigen Kapitalbildung von Anfang an
dagewesen war. Die Bank hätte nur dieselben einfachen Prinzipien des Umtauschs
zu befolgen, die für alle ihre Umsatzkredite ebenso gelten: das Warenwechselprinzip
und die Beachtung der Einlösungspflicht. Beide Kreditarten würden sich
bankmäßig höchstens durch die verschiedene Länge der erlaubten Kreditfristen
unterscheiden.
108
2. EINE DER
HEUTIGEN GROSSFILIAL-BANKEN ALS SCHECKBANK
Der Mangel einer Reservestellung hinter den
Großbanken. — In der gegenwärtigen Bankenkrise macht sich, wie
allgemein anerkannt wird, die übermäßige
Zentralisation unseres Bankwesens störend bemerkbar. Hätten wir ein freies Bank- und Notenbankwesen ohne Monopol und
Zwangskurs, so wäre in normalen Zeiten für den wirtschaftlich nicht erzogenen
Staatsbürger eine geringe Erschwerung des Barverkehrs zu beobachten, indem
verschiedene Arten von Zahlungsmitteln umliefen, die nicht gesetzliches
Zahlungsmittel wären; wie das bis 1909 im Deutschen Reiche der Fall war. Diese (jz42) unmerkliche Erschwerung würde aber
hundertfach aufge-wogen durch die Leistungen
eines solchen dezentralisierten Systems in Krisenzeiten. Banken, die kurzfristige Gelder langfristig ausgeliehen haben, würden
dann einfach in Konkurs gehen; die
leichtsinnigen Gläubiger würden illiquidisiert sein oder
sogar Verluste erleiden. Jede
vernünftige Regierung würde sich weigern, solchen Banken ein Moratorium zu gewähren.
Stillhalteverhandlungen gäbe es nicht,
sondern nur Konkursversammlungen einiger Banken, durch die der gesamte Kredit
eines Landes nicht berührt würde.
Die Währung könnte niemals beschädigt werden, solange die Regierung sich trotz des Rates der aus diesen Banken stammenden "Fachleute" weigern würde, die Zahlungsmittel derartiger Banken als gesetzliche Zahlungsmittel anzuerkennen, ihnen also 100 % Zahlkraft zuzusprechen, wo sie vielleicht ein Disagio von 20 % haben müßten. Aber
109
auch Deflation gäbe es dann nicht. Wenn diese kranken
Banken die gesunden Kredite zurückzögen und dem legalen Handel keinen Umtauschkredit
mehr gäben, um ihren Gläubigern Rückzahlung leisten zu können, indem die
eingefrorenen Debitoren erfahrungsgemäß zur Rückzahlung unfähig sind, so
würden andere gut geleitete Banken da sein, die diesen guten Kunden ihre
Dienste zu niedrigen Sätzen anbieten würden. So wäre immer nur Mangel an Mitteln
für ungesunde Kredite, nie aber Mangel an Mitteln für gesunde Kredite, während es heute umgekehrt ist: Schlechte
Firmen, die mit Zahlungseinstellung und noch ganz anderen Sachen drohen, haben
Kredit, während einfache Warenwechsel nur zu 7 – 10 % oder gar nicht
diskontiert werden, wenn das Kreditpauschale der betreibenden Bank bei der
Reichsbank erschöpft ist.
Dieser Mangel einer Reservestellung hinter der
Front der deutschen Großbanken in Verbindung mit dem Zwangskurs ist es dann
gewesen, der die Regierung im Juli gezwungen hat, die Banken zu stützen.
Welche schlimmen Folgen ein solcher Schritt hat, haben wir inzwischen zu sehen
bekommen; trotzdem konnte die Regierung nichts anderes tun, weil sonst die
gesamte Wirtschaft an einem Tage ohne Bankverkehr dagestanden hätte, also keine
Löhne und Gehälter mehr hätten zahlen können, was das Ende des wirtschaftlichen
Lebens bedeutet hätte.
Es scheint notwendig, diesen Mangel und die verschärfte
Abhängigkeit der Regierung von den Banken und von den ausländischen
Finanzmächten, die die Geldgeber dieser Banken waren, zu vermindern.
Eine gesunde Reservefront im Kreditkriege muß geschaffen
werden, die fähig
110
ist, in Monaten oder Jahren die geschlagene
Armee, die heute noch vorn aushalten muß, zu ersetzen. (jz43)
Welche der Großbanken soll ausgewählt
werden? — Es könnte erwogen werden, in System freier Notenbanken unter
einem Regulativgesetz nach Art des Hypothekenbankgesetzes zuzulassen, wie es
etwa in Kanada besteht. Gegen diesen Vorschlag spricht, daß wir in Deutschland
keine Tradition auf diesem Gebiete mehr haben, so daß uns die Menschen und das
gesunde Urteil der öffentlichen Meinung fehlt, ohne die ein solches System nur
zu größten Mißbräuchen führen würde. (jz44) Dagegen
spricht auch, daß der Kapitalbildungsvorgang mit Hilfe der Kostendegression
sich in den oft weit entfernten Lieferfirmen vollzieht, so daß eine Bank ohne
Filialen im Nachteil ist (vgl. die riesige Ausdehnung des Filialsystems in
Kanada und Schottland).
In Frage kommt vielmehr nur die Ausnutzung der
Möglichkeiten des Scheckgesetzes, wie wir sie bereits hervorgehoben haben, wozu
keine Gesetzesänderung erforderlich ist, vielmehr nur eine Exemption der
betref-fenden Bank oder Banken von der Verordnung des Reichsfinanzministers vom
31. Oktober 931, die diese Ver-wendung von typisierten Schecks zu
Lohnzahlungszwecken verboten hat 1).
____________________________
1)
Diese
Verordnung, deren Urheber den Unterschied zwischen Zwangskurs und
Einlösungspflicht nicht gekannt zu haben scheinen (vgl. S. 135 f.), ist auf
Grund der 3. Notverordnung, Teil 5, Kapitel 9 erlassen. Sie hat, wie erst jetzt
offenbar wird, ihre eigentliche Begründung in dem wohl schon damals erwogenen
"Wagemann-Plan", hat doch, wie man hört, Prof. Wagemann bei ihrer
Schaffung mitgewirkt. Sollte der Wagemann-Plan, den der Verf. während des
Umbruchs dieser Schrift erhält, abgelehnt werden, so dürfte ihrer Aufhebung
oder Lockerung nichts mehr im Wege stehen. — Vgl. auch Fußnote S. 89.
111
Für den Betrieb dieses "Schecksystems"
erscheinen aber die heutigen Großbanken
durchaus geeignet, oder wenigstens eine von ihnen. Nachdem sich die Berliner
Handelsgesellschaft bereits vom Auslande diejenige Un-terstützung beschafft
hat, die zu. ihrer völligen Gesundung nötig ist, bleiben nur die noch rein privaten bzw. indirekt gestützten Großbanken und die beiden vom Reich direkt
gestützten Großbanken (die Darmstädter und Nationalbank und die Dresdner Bank)
übrig. Die Nicht-Berliner Großbanken, insbesondere die sehr gut
daste-hende Bayerische Hypotheken- und Wechselbank mit ihren 130 Nebenstellen,
bleiben am besten unerörtert, da hier nur die prinzipiellen Fragen zu
behandeln sind; derartige gesunde Institute bilden eine begrüßenswerte
Ergänzung des neuen Systems. Da die Initiative zu der
Neugestaltung und durchgreifenden Gesundung aber nicht von den rein privaten
Depositengroßbanken ausgehen wird und kann, bleibt
nur die Dresdner oder Danat-Bank als Fundament des neuen Kreditsystems übrig.
Die Danat-Bank
kann nicht in Frage kommen, weil sie die so
sehr hinderliche Reichsbürgschaft hat, die die auszugebenden Schecks gar zu leicht zu einer Art Staatspapiergeld von nicht privatem
Charakter machen könnte. Bisher scheint man überhaupt noch keinen Weg gefunden
zu haben, die Reichsgarantie wieder abzubauen, die sich übrigens nicht als
attraktiv erwiesen hat, da der Kreditorenabfluß weitergegangen ist. Es wird
also nichts anderes übrig bleiben, als den Rumpf
der Danat-Bank mit oder ohne Commerzbank in einen Investment-Trust zu
verwan-deln, der alle illiquiden und
112
bedenklichen Posten von
der Dresdner Bank übernimmt, und danach die
Dresdner Bank in den Mittelpunkt des Systems zu stellen. Die Filialen
und die Depositenkassen der
Danat-Bank können von der Dresdner Bank übernommen werden. Auf keinen Fall darf noch einmal ein Personalabbau durchgeführt werden.
Eine Bankstelle ist nicht mit einem
Polizeirevier oder Einwohnermeldeamt zu vergleichen, die man bezirksweise
organisiert, indem man ihre Kartotheken zusammenlegt. Das Bankgeschäft ist ein
so persönliches, der toten Organisation so fremdes Geschäft, daß man durch
derartige additive Maßnahnen in diesem schweren Augenblick das größte Unheil
heraufbeschwören würde. — Noch ein weiterer Grund spricht für die Wahl der
Dresdner Bank. Die Einbringung so großer bedenklicher Posten ist nur zu Lasten
der Danat-Bank möglich, die die Reichsgarantie hat, nicht umgekehrt, da
andernfalls sich die Gläubiger über Benachteiligung beschweren und das Reich
haftbar machen könnten. Dasselbe könnte nur durch Gründung eines neuen Trusts
erreicht werden, für den das Reich von neuem die Bürgschaft übernehmen müßte,
wozu wohl keine Neigung besteht.
Hiernach wäre die
Dresdner Bank ein völlig gesundes und liquides Großinternehmen von
überragender Stärke, das aus seiner Reservestellung heraustreten, die
Unabhängigkeit des deutchen Kredits verwirklichen und ein niedriges Zinsniveau
für gesunde Kredite herstellen könnte.
Die Übertragung der illiquiden Debitoren auf
eine Trust-Großbank. — Es ist vorgeschlagen worden, alle Großbanken in
Deutsch-
113
land zu einer Riesenbank zusammenzufassen,
indem man sich dabei wohl vorstellt, daß ein solches gewaltiges und
unentbehrliches Institut überhaupt nicht mehr zusammenbrechen könnte. Der
dahinterstehende Gedanke ist offen-bar, die Pression auf den Staat, eine
etwaige Überschuldung zu sozialisieren, recht wirksam zu gestalten. Wir hal-ten
diesen Gedanken für verfehlt, weil es im Bankwesen nur nach der
weitverbreiteten statistischen Laienansicht auf den Staat ankommt, während in
Wahrheit die Liquidität und Stoßkraft viel wichtiger ist; mit ihr allein kann
ein lahmgelegter Tauschverkehr wieder in Gang gebracht werden, nicht durch die
Hilfe der Beamten der Ministerien.
Nicht auf die
Gründung einer Riesenbank kommt es also an, die dann mit riesigen
Fehlkrediten belastet und zu fortgesetzten Restriktionen veranlaßt wäre,
sondern auf die Errichtung wenigstens eines
wirklich gesunden Instituts. Diese Entlastung
kranker Banken wird normalerweise durch den Zwangsvergleich erreicht, indem die Gläubiger dabei zum großen
Teile mit langfristigen Anrechten abgefunden werden, vermittels derer man die
illiquiden Posten mobilisiert. Wenn der Zwangsvergleich aus den erwähnten
Gründen nicht tunlich und der Staat ohnehin mit einer großen Bürgschaft
interessiert ist, so wird man zur Entlastung der betreffenden Großbank mit Staatshilfe schreiten müssen.
Das Beispiel Mussolinis an der Banca
Commerciale. — In Italien und
Schweden ist eine derartige
Entlastung schon vorgenommen worden; stellt sie doch den erprobten und allein
be-
114
währten Weg dar. In Österreich ist dieselbe Methode im Stadium der Erwägung. Besonders bedeutend und ein-drucksvoll ist die Entlastung der Banca Commerciale in Mailand, der weitaus größten italienischen Depositen-bank, die im November 1931 vorgenommen worden ist. Die offizielle Bekanntmachung vom 3. November 1931 besagt darüber das Folgende:
"Auf Grund von Vereinbarungen schreitet die Banca Commerciale zur
vollständigen Abstoßung ihres Besitzes an Industriewerten, der sich in den
Jahren ihrer lebhaften Beteiligung an der Stützung des Marktes und an der
allmählichen Anpassung an die Währungspolitik der Regierung gebildet hatte. Die
Mobilisierung erfolgt so, daß jede Gefahr eines Druckes auf den Markt
vermieden wird, und zwar durch eine verlustlose Abtretung und mit stabiler
Placierung an eine industrielle Finanzgesellschaft, deren Kapital von einer
Gruppe italienischer Industriegesellschaften übernommen wird. Die Finanzierung
des Übergangs ist auf lange Jahre gesichert. Zu gleicher Zeit wird eine
Erhöhung des Kapitals des Consorzio Mobiliare Finanziario vorgenommen, das die
Mehrheitsbeteiligung am Kapital der Banca Commerciale selbst besitzt. Die
jungen Aktien des Consorzio werden von den Mitgliedern des jetzigen besonderen
SyndikaTs für die Aktien der Banca Commerziale übernommen, das sich nach der
Abtretung des eigenen Besitzes an das Consorzio auflösen wird. Die für die
Durchführung dieser Geschäfte nötigen Mittel werden vom Consorzio ganz
selbständig außerhalb der Banca Commerciale beschafft. Die Bank verfügt dann
über liquide Mittel (Kassa und Guthaben bei Banken, Reports,
Wechselportefeuille, vom Staate
115
ausgegebene oder garantierte Titel), welche die Sichtschulden mit über 100
p. Ct. decken, und wird außer den erwähnten liquiden Beständen unter ihren Aktiven
nur noch Industrieobligationen, Bankge-bäude und Beteiligungen an italienischen
und ausländischen Banken haben."
Wegweisende New Yorker Bankumschichtungen.
— Wie der Börsen-Courier unter dem 5. Januar 1932 meldet, ist auch bei den New
Yorker Großbanken nunmehr der Trennungsprozeß nicht der Funktionen, wohl aber
zwischen den Banken und ihren für die Betätigung im Emissionsgeschäft
geschaffenen Tochtergesellschaften in Gang gekommen.
"Die definitive Trennung von Großbanken und ihren Securities Affiliates
ist jetzt von folgenden Groß-banken beschlossen bzw. bereits durchgeführt: Bank
of America und Chatham (Phenix) (Phönix? – J.Z.), Bankers Trust und Bank of
Manhattan Trust Co. ... Weitere Großbanken werden mit ähnlichen Schritten
folgen. Die definitive Stellungnahme der Chase National und der National City
ist allerdings noch nicht bekannt. Die Chase Bank hat einstweilen nur
mitgeteilt, daß ihre nächste Generalversammlung über eine Kapitalreduzierung
der Chase Securities Corp. abstimmen muß. Es sollen alle Wertpapiere bei diesem
Anlaß auf ihren Marktwert per Ende Dezember 1931 abgeschrieben werden. Die
Bank of Manhattan Trust Co. teilte mit, daß nach Abschreibung aller Wertpapiere
der International Manhattan Co. auf Marktwert das Kapital und Surplus nicht
berührt zu werden brauchte. Sie begründete die Auflösung damit, daß die Tendenz der öffentlichen Meinung
und wahrscheinlich demnächst auch der Gesetzgebung sehr stark gegen
116
die Beibehaltung dieser
Wertpapier-Tochtergesellschaften sein würde, deren bloße Existenz das
Ver-trauen des Publikums in die Bank nachteilig beeinflussen kann."
Die Danat-Bank als Trustgroßbank und
Zentralanstalt für langfristigen industriellen Kredit. — Bei der
Dresdner Bank handelt es sich nun nicht in erster Linie um
Effekten-Finanzierungen, die unter Debitoren verbucht sind, sondern um direkte
Kontokorrent- und Akzektkredite insbesondere an die Großindustrie, die
eingefroren sind. Wählt man als Investmenttrust für
diese eingefrorenen Bestände die Danat-Bank, so braucht man gar kein neues
Trust-Institut zu gründen, dem man wieder die Reichsgarantie verschaffen müßte,
sondern man braucht nur die Danat-Bank zu einer Zentrale für mittel- und
langfristigen Industriekredit zu machen, die ja seit Jahr und Tag von allen
Seiten verlangt wird. Ihr kurzfristiges Geschäft mit dem Personal
könnte dann langsam auf die Dresdner Bank übertragen werden, soweit es gesund
ist, und das langfristige Geschäft
beider Banken könnte bei der Danat-Bank konzentriert werden, um hier auf der
Aktiv- und Passivseite allmählich auch in die Rechtsform langfristiger Tilgungskredite
und langfristiger Industrie- und
Bankobligationen und Aktien überführt zu werden, wie sich das gehört. Ein
eigenartiges Geschick würde also die Danat-Bank zu der Crédit-Mobilier-Bestimmung
zurückführen, zu der sie gegründet worden ist, und zur Wiederherstellung der
Satzungsbestimmungen führen, die die Ausgabe langfristiger Obligationen
regelten. Eine solche große industrielle
Kreditanstalt für langfristige Finanzie-
117
rungen mit Staatsgarantie
würde in Europa kein Novum sein, hat doch sogar die für Staatseingriffe sonst
wenig interessierte französische Regierung den Crédit National, das Institut für die Finanzierung des französischen
Wiederaufbaus, zu einem solchen Institut gemacht. Der
deutschen Regierung wäre insbesondere die Sorge für die Staatsgarantie
abgenommen; der Trust-Bestand würde mehr und mehr durch reichsgarantierte Emissionen mobilisiert, und aus der unübersehbaren
Garantie für Hunderttausende von Konten mit täglich wechselnden Salden würde
eine klar übersehbare Bürgschaft für bestimmte Obligationenserien eines
Reichsinstituts werden, die durch einige Hunderte von langfristigen
Tilgungskrediten gedeckt wären. Auch
die Beteiligung der Industrie an der Danat-Bank Wäre dann sinnvoll; die
Industrie hätte dann selbst das Interesse, nicht das Reich auszubeuten, sondern
ein ge-sundes und angesehenes Kreditinstitut zu schaffen und großzuziehen,
das einmal hohe Bedeutung erlangen könnte.
Die Behandlung der Kreditoren. —
Wenn wir annehmen, daß die Ausleihungen der Großbanken heute etwa zur Hälfte
immobilisiert sind, wofür wir oben einiges Beweismaterial gebracht haben, so
würde die Bilanz-summe der Dresdner Bank unverändert bleiben, sobald man ihr
das gesunde, echte Umschlagsgeschäft der Danat-Bank hinzufügte und das
illiquide Geschäft wegnähme. Tatsächlich wird man aber mit einer Verkleinerung
der Bilanzsumme um ein Drittel rechnen müssen, da im zweiten Halbjahr 1931
gerade die liquide Masse beider Banken stärkstens gesunken und zu Rückzahlungen
benutzt worden ist.
Diejenigen Kreditoren, die man der Dresdner Bank dabei in
erster Linie abnehmen müßte, sind die Aus-
118
landskreditoren, denn es gilt ein Institut zu schaffen, das möglichst unabhängig von allen Stillhalteverhandlungen und allen Resten aus der verfehlten Vergangenheit ist. Möglicherweise kann man die Auslandsgläubiger bewegen, ihre Guthaben von der Dresdner Bank auf die Danat-Bank zu übertragen, da sie dort die Reichsbürgschaft haben, die ihnen bei der Dresdner Bank fehlt. Überaus bedauerlich ist es, daß die deutschen Devisenreserven so erschöpft sind, daß sie nicht gestatten, den relativ kleinen Posten der Devisenschulden der Dresdner Bank sofort zurückzuzahlen, um wenigstens ein einziges Institut befreit zu haben. Jedoch darf hieran das Sanierungswerk nicht scheitern; da sich die Stillhaltung doch sehr bald als unzulänglich erwiesen haben wird, darf man vor drastischen Maßnahmen nicht zurückschrecken, wenn die ausländischen Gläubiger sich auch bei der Reichsbürgschaft weigern, die Sanierung einer so wichtigen Bank zu dulden.
Die Inlandskreditoren würden durch eine geeignete Einlagenzinspolitik in Bewegung zu bringen sein. Nach einer Übergangszeit würde die Danat-Bank als Trust hohe Einlagenzinsen zahlen dürfen, die Dresdner Bank als Umsatzbank niedrige oder gar keine. Dabei würde die Danat-Bank langsam dazu übergehen müssen, ihrer Kundschaft eigene reichsgarantierte Trustobligationen und auch direkte Emissionen ihrer großindustriellen Kundschaft zu 6 % Verzinsung zu verkaufen, die man mit allen möglichen Vorzügen ausstatten könnte, eventuell sogar mit Steuerfreiheit, wie die Anleihe der Reichsbahn und die Emissionen des Crédit National in Paris. Sobald der Verkaufsvorgang flott in Gang kommt, könnte man auf die Einleger einen Druck
119
ausüben, indem man dann die Zinsen für die unerwünschten täglichen Depositen stark ermäßigt. Das würde um so mehr möglich sein, als sich in Deutschland bald eine Scheidung der Banken in zwei Gruppen herausbilden würde: die gesunden, die sehr wenig Zinsen zahlen, und die kranken, die sehr hohe Zinsen zahlen, aber die Rückzahlung nicht gewährleisten können, worauf im Schlußteil noch einzugehen sein wird. — Die Dresdner Bank ihrerseits würde sehr geringe oder gar keine Zinsen zu zahlen haben, weil sich die für den Umschlagskredit erforderlichen Mittel (Scheckumlauf und Depositen) durch den Umtauschvorgang von selbst einstellen, solange das Geschäft gesund bleibt. (jz45) Sie würde also die andere Art von Depositen, die man besser Spardepositen nennen würde, gar nicht in größerem Umfange brauchen. Wenn Kunden wegen der Zinslosigkeit ihrer Guthaben mit dem Abzug drohen würden, so würden die Depositenkassenvorsteher erklären können, daß sie niemand verhindern wollten, sein Geld von der einzig gesunden Großbank wegzunehmen. Sie würden aber darauf hinwirken können, daß die Kundenabwanderung in Richtung auf die Danatbank erfolgt, die, wie erwähnt, viele Vorteile bieten könnte.
Die Finanzierung
des illiquiden Trustbestandes bei der Danat-Bank würde also, wenn irgend
möglich, nicht mit Hilfe von irgendwelchen neuen Mitteln, sondern mit Hilfe
derselben Depositen erfolgen, aus denen die Positi-onen bis heute gehalten
werden, indem man versucht, durch eine neue Zins- und Sicherheitspolitik die
Geldgeber zum Verzicht auf sofortige Rückzahlung zu bewegen. Einen genaueren
Plan auszuarbeiten, der die zahllosen und großen Schwierigkeiten der
praktischen Durchführung überwindet, ist nicht Sache dieser prinzipiellen
Schrift.
120
Ein deutscher Crédit Lyonnais. — Die
Dresdner Bank würde somit eine qualitativ überragende Stellung im deutschen
Kredit erhalten. Sie wäre ein völlig gesundes und liquides Unternehmen, sie
würde unabhängig sein von den politischen Reparations- und
Stillhalteverhandlungen, sie wäre nicht gefesselt an den Notzinssatz der
Reichsbank, der durch den Charakter der Reichsbanknoten als Finanzwechselgeld
diktiert ist. Sie würde ihren Barmittelbedarf durch den Scheck- und
Giroverkehr befriedigen und zu dem Zwecke nur eine Abänderung der erwähnten
Ausführungsverordnung des Reichsfinanzministers über das Notgeld verlangen,
kaum noch die Er-mächtigung zur Akzeptierung von Schecks, die den Banken in der
Julikrise vorübergehend schon gewährt worden war. Diese
Vorrechte würden ihr von den beteiligten Reichsministerien ohne Schwierigkeit
verschafft werden, da sich ja das Vorzugsaktienkapital
von 300 Mill. in den Händen des Reichs befindet. Die Dresdner Bank würde mit ihrer Kundschaft eine
gesunde Zahlungsgemeinschaft bilden, sie würde langfristige oder illiquide
Kredite rück-sichtslos verweigern und auf strenge Regelung der Fristen achten.
Sie würde sich dadurch immer die Bareingänge, sei es in bar, sei es in Schecks
oder sei es in Devisen, sichern, die sie für ihren reinen Umschlagskredit
braucht. (jz46)
Die Dresdner Bank würde also in nicht ferner Zeit zu 4, 3
oder 2 % diskontieren können, da sie den Depositären keine Zinsen oder nur sehr
geringe vergüten würde und da sie keine verlorenen Debitoren hätte, die sie
aus einer überhöhten Verdienstspanne abschreiben müßte, auf Kosten und zum
Schaden der gesunden Firmen, mit welchem Argument man heute die enorme
Zinsspanne öffentlich zu verteidigen wagt.
121
Sie würde ihren Depositären, die mehr Zinsen verlangen, anheimstellen, zu den schlechten Banken abzuwandern, und einen Ansturm aller gesunden Kunden erleben, die sich in den Genuss so billiger Zinssätze zu setzen wünschten. Die gesunde Wirtschaft, der man auf dem Wege der Notverordnungen niemals billigen Umsatzkredit zu 4 % und niemals billigen neuen Anlagekredit zu 4 - 5 % verschaffen kann, würde den Umsatz- und Anlage-kredit bekommen, den sie braucht, ohne hinter den schlechten Firmen zurückstehen zu brauchen. Eine legale Ankurbelung ohne alle Zaubermittel, ohne Kampferspritzen und raffinierte Arzneien wäre herbeigeführt, wenn man es fertigbringt, einmal die einfachen Wege zu wählen, anstatt des komplizierten.
Die Dresdner Bank würde also vermöge ihrer Kraft
und ihres großen, auch landwirtschaftlichen Zweigstellensystems dieselbe Rolle
in Deutschland zu spielen geeignet sein, wie der Crédit Lyonnais in Frankreich, der übrigens seine überragende
Stellung ganz ähnlichen historischen Umständen verdankt (vgl. S. 127).
Abstellung tief sitzender Organisationsfehler. — Dazu würden freilich noch einige organisatorische Eingriffe nötig sein. Die organisatorischen Schäden, die sich bisher in den Großbanken gezeigt haben, müssen rückhaltlos ausgerottet werden, wenn man ein gesundes Fundament legen will.
Der schlimmste Schaden unserer Großbanken ist die
Beibehaltung von Privatbankier-Allüren auch in der Großbankorganisation, ohne
daß man persönlich haftete, wie der Privatbankier. Man betrachtete die eigene Großbank vielfach als ein Objekt,
das man nach Kräften ausschlach-
122
ete.
Der Außenstehende glaubte oft, daß jede der Großbanken eine umfangreiche
Abteilung zur Bearbeitung der Großkredite besitzt, die mit ersten Fachkräften,
Spezialisten für jede Branche und Kennern des Kostenwesens und der
Verkaufsorganisation all der großen Betriebe ausgerüstet ist, die die
Vielmillionenkredite erhielten. Er hätte vermuten können, daß diese
Spezialisten auf Grund ihrer Revisionen und ihrer laufenden Übersichten genau
über den täglichen Güterversand dieser Industriewerke, über den
Rechnungsausgang und -eingang Bescheid wissen, um danach genau den Betrag der
täglichen echten Umsatzkredite zu bemessen und nach entsprechenden
Gesichts-punkten den Anlagekreditbedarf zu ermitteln.
Kam man dann in die Großbank herein, so war das Staunen
groß: Niemand bekümmerte sich eigentlich sachverständig um die Großkredite, keiner wußte sie zu
beurteilen, man ging immer noch nach mittelalterlichen
"Bonitäts"-Schätzungen, als wenn es eine Betriebswirtschaftslehre,
geschweige denn eine Lehre von der Kredit-gewährung noch gar nicht gäbe. Es gab
vielmehr einige gewaltige Matadore, von denen jeder 40 - 60
Aufsichts-ratsposten verwaltete, die branchenmäßig auf die verschiedenen Herren
verteilt waren. Diese Leute gingen in der Verwaltung ihres Privatgeschäfts, d.
h. der zahlreichen Aufsichtsratsmandate,
völlig auf und eilten von einer Kreditverhandlung zur andern, von dem
telefonischen Ansuchen der einen Firma um Kredit zu dem der andern. Sie hatten
nur ihre Sekretärin als Hilfe und hielten sich an den Maschinenbuchhalter, der
im übrigen an festgesetzte Kreditpauschale gebunden war. Für die Organisation
der Bank blieb keinerlei Arbeitskraft übrig; sie überließ man schlecht bezahlten
Oberbeamten, die keinen Einblick haben konnten,
123
weil sie zu der
entscheidenden Personengruppe nicht gehörten, an den Verhandlungen nicht
teilnahmen und die Betriebe nie selbst gesehen hatten. Um ihr Privatgeschäft handelte es sich deshalb,
weil die Einnahmen aus dieser Betätigung, die Tantiemen, ihnen selbst zuflossen und nicht der Bank, obwohl sie keineswegs
wegen ihrer über-ragenden Leistungen, sondern nur wegen der Finanzkraft ihres
Instituts zu diesen Einnahmen gekommen waren. (jz47)
Keine Tantiemen mehr aus der Hand der
Vertragsgegner. — Wir haben also bis auf den heutigen Tag das
erstaunliche Bild vor uns, daß die
Direktoren ihre Bezahlung zum großen Teil nicht von ihrer Bank erhal-ten,
sondern von den Gegenkontrahenten der Bank 1). Der Kreditnehmer bezahlt mit Hilfe der Tantiemen die leitenden
Persönlichkeiten der Kreditgeber! Was im Anwaltsstande, ja in der gesamten
Wirtschaft und gerade in den guten Betrieben 2) als eine entehrende Zumutung
aufgefaßt wird, Geld zu nehmen von dem Gegner, mit dem man zu kämpfen hat, das
ist bei den obersten Zentren des deutschen Kredits die Regel. Man kritisiert jetzt häufig zu unrecht die Höhe der Spitzengehälter;
denn eine wirklich hervorragende Persönlichkeit ist
wegen ihrer Leistungen auch beim höchsten Gehalt billig, überhaupt materiell
kaum aufzuwiegen. Auch die Bezahlung
durch Tantiemen ist durchaus zu wünschen, damit ein Interesse am Gedeihen des
eigenen Unternehmens vorhanden ist. Was allein gerügt
_____________________________
1)
In einzelnen
Fällen soll die Tantiemeeinnahme aus den Mandaten doppelt so hoch gewesen sein
als das Gehalt. Daß die eine der Großbanken die Tantiemen poolt, was zum
mindesten ein Fortschritt ist, ist hoch anzuerkennen.
2) Vgl. die Verh. des Favagprozesses.
124
werden muß, ist die Bezahlung nicht nach Maßgabe
des Reingewinns der Bank, der man vorsteht, den man mitge-schaffen hat,
sondern nach Maßgabe des Gewinnes des Vertragsgegners. Welche Seelenstärke gehört dazu, um nicht ein
klein wenig gefügiger zu sein, wenn der gegenübersitzende Industrielle
erklärt, durch jene neue Investion, durch den erbetenen zusätzlichen Kredit
oder durch eine Fusion werde man in die Lage kommen, eine verdoppelte Tantieme
auszuschütten, oder wenn er sagt, man werde den Bankdirektor auch in den Aufsichtsrat wählen, der soviel
einbringe, wenn man dieses angeblich sehr gute Geschäft mache.
Eine Reichsregierung, die mit so eiserner Energie die Reinigung des Wirtschaftslebens anstrebt, kann unter gar keinen Umständen dieses durch immer mehr Prozesse bloßgestellte System in den reichseigenen Großbanken mitmachen. Sie wird ohne Frage die Mittel zu finden wissen, um hier ein Vorbild zu geben, das sie und viele hochangesehene Firmen immer hochgehalten haben 1). (18)
_____________________________
1)
Der Präsident
des Reichsverbandes der deutschen Industrie, Dr. Krupp von Bohlen-Halbach, erklärte am 27. November mit Rücksicht
auf die zutage getretenen Mißstände: "Der gesunde Sinn der deutschen
Kauf-mannschaft lehnt lerartige Machenschaften entschieden ab. Sie betrachtet
unbestechliche Ehrbarkeit als höchste Pflicht aller Berufsangehörigen und ist
nicht gewillt, ihren guten Namen durch Duldung laxer Moralbegriffe gefährden zu
lassen. ... Wir erachten is als unsere besondere Pflicht in dieser Zeit, alle
Kräfte an die Selbstreinigung der deutschen Wirtschaft zu wenden, und gegenüber
jedem, der vom Wege des ehrbaren Kaufmanns abreicht, eine scharfe
Trennungslinie zu ziehen ..."
125
Ein Brief des englischen Schatzkanzlers. — Daß wir uns durch die Rückkehr zu solchen Moralbe-griffen gerade im Auslande, wo man über unsere heutige Lage sehr genau Bescheid weiß, wieder Kredit und hohe Achtung verschaffen können, ist wohl unzweifelhaft. Wie sehr man dort klare geschäftliche Moralbegriffe zu schätzen weiß, ergibt sich aus dem Briefe Philipp Snowdens an die Zeitschrift "The Banker" anläßlich des Eintritts Mc. Kennas in den Aufsichtsrat der Canadian Pacific Railway. Er lautet:
"Der Generaldirektor einer großen Bank, die enge
Beziehungen zu Hunderttausenden von Geschäftsleuten hat, ist in einer einzigen
Stellung, und er sollte keine wirtschaftlichen Interessen haben, die
möglicherweise mit denen einiger Kunden seiner Bank in Widerstreit kommen
können. Es ist vor allen Dingen wesentlich, daß Gewerbetreibende, denen Kredit
das Blut ihres Unternehmens ist, das vollste Vertrauen besitzen, daß die Banken
frei von parteiischen Neigungen sind, daß sie in der Lage sind, ohne Zu- oder
Abneigung jedes Gesuch um ihre Hilfe nach seinem Wert behandeln zu können.
Das tatsächliche Monopol des britischen Gewerbekredits,
das jetzt in den fünf Großbanken zusammengefaßt ist, legt ihnen eine
furchtbare Verantwortung auf; und es ist von Lebenswichtigkeit, daß sie sich
als Treuhänder der nationalen gewerblichen Wohlfahrt betrachten. Der
Generaldirektor eines solch gewaltigen Konzerns hat gerade genug Arbeit und
Verantwortlichkeit, auch ohne daß er an anderen gewerblichen Unternehmungen
interessiert ist.
Die heilsame Regel, daß Staatsminister nicht dem
Aufsichtsrat von Aktiengesellschaften ange-hören sollen, weil ihre Pflichten
gegen die Allgemeinheit
126
mit ihren anderen Interessen in Widerstreit geraten möchten, ist ebenso
anwendbar zu solchen halböffentlichen Verbänden, wie eine Bank mit derart
weiter Verzweigung wie eine unserer fünf Großbanken."
Eine Finanzstudienabteilung. — Interessant ist es, die Analogie zwischen der heutigen Entwicklung und der Geschichte des Crédit Lyonnais zu verfolgen. Als Germain, der Schöpfer des Crédit Lyonnais, seine Tätigkeit inmitten völligen Vertrauensschwundes begann, weil alle damaligen Banken festgefahren waren, stellte er die Grundprinzipien der Geschäftsführung in seinem Institut auf, die er später mit so gewaltigem Erfolge verwirklicht hat, indem das französische Depositenbankwesen bis heute durch seine Tradition gesund geblieben ist. Er forderte nicht nur die absolute Beschränkung auf das kurzfristige Geschäft, die praktische Unverzinslichkeit der Depositen und die Vermittlung des langfristigen Kredits nur in Effektenform, sondern er schuf auch die Finanzstudienab-teilung, die das Institut berühmt gemacht hat. Man hat sie aus naheliegenden Gründen nicht mit übernommen, während man sonst so sehr viel von dieser vorbildlichen Großbankorganisation lernte. Hier wurden nach den modernsten Prinzipien die Großkredite bearbeitet, die nach Lage der Sache von einem Großbankdirektor un-möglich nebenbei mitverwaltet werden können. So wurden die Kräfte der leitenden Leute frei für die Organisation ihrer Bank, so mußte Organisatoren an die Spitze berufen werden, und nicht mehr Spekulanten.
Eine solche Abteilung wird auch bei der gesunden Großbank des Reichs gegründet werden müssen. Die Kreditgewährung wird nicht mehr eine Frage der
127
Konnexionen, sondern ein
ebenso nüchternes Problem werden müssen, wie etwa das Eisenbahnfrachtgeschäft. Die Aufsichtsräte werden von den besten Spezialisten besetzt werden,
die neben ihrem Fixum eine Tantieme entweder vom Gesamtgewinn der Bank oder von den Überschüssen
erhalten können, die von der Bank auf
den Konten dieser Kreditnehmer erzielt werden. Die Tantiemen fließen in die Kasse der Bank. So wird dem volkswirtschaftlich unerträglichen Zustande
ein Ende bereitet werden, daß viel zuviel Großkredite gewährt werden, obwohl
sie nach Abzug der Delkredere-Verluste
nicht etwa Gewinne für die Bank bringen, sondern Verluste, während die Ge-winne
an ganz anderer Stelle entstehen, nämlich bei den Persönlichkeiten, die die
Aufsichtsratsmandate bei sich vereinigen. Durch dieses System der Ausplünderung der Banken ist eine ungesunde
Konzernierung und Ver-trustung befördert worden, die nicht der Wirtschaft
diente, sondern nur der Hauswirtschaft einiger Leute; gleichzeitig ist der
mittleren und kleineren Industrie, die doppelt soviel Deutsche beschäftigt,
als die 66 Riesen-betriebe 1), der Kredit unzulässig verkürzt worden.
Ausschliesslichkeitsverhältnis. —
Hand in Hand mit dieser Reform müßte versucht werden, dem Un-wesen zu steuern,
daß ein Kreditnehmer, wenn er groß ist, bei vielen Banken gleichzeitig für
dieselben Zwecke Kredit entnehmen darf, ohne daß die einen Banken von den
anderen wissen. Solange dies System nicht beseitigt ist, kann eine Bank gar nicht wissen, wieviel Kredit sie geben darf. (20) Vielleicht gelingt es, durch eine
Besteue-rung oder ein anderes
_____________________________
1) Über 5000 Arbeiter, 1925, Reichsstatistik.
128
Mittel diesem Mißbrauch
beizukommen, der in das deutsche System der Arbeitsvereinigung im Bankwesen
nicht passt.
Beseitigung des Sicherheitsprinzips.
— Nicht nur in der Verwaltung der Großkredite, sondern in der gesamten
Kreditgewährung müßte ferner der Gedanke ausgerottet werden, als sei ein Kredit
gesund, für den Sicherheiten gestellt
werden.
Das Prinzip, dann Kredite
zu gewähren, wenn Sichereiten gestellt werden, ist ein Krebsschaden unserer
gesamten Wirtschaft. Es führt zu Fehlinvestionen, indem sinnlose Dinge gebaut
werden, wie etwa noch eine Automobilfabrik oder noch ein Stahlwerk, nur weil
Sicherheit gestellt wird, und es führt zur Verweigerung von Kredit an gesunde
aufstrebende Firmen, die zwar Ware umsetzen, aber keine hypothekarisch
beleihbaren Grundstücke haben. Heute, wo alle Sicherheiten sich als illusorisch
erwiesen haben, müßte diese Einsicht selbstverständlich sein.
Individualprinzip statt Pauschalprinzip im
Kreditgeschäft. — Natürlich sollen keine unsicheren Kredite gewährt
werden, vielmehr sollen die umsatzorientierten Kredite viel sicherer sein als
die sogenannten gesicherten. Das neue und alte Prinzip der zukünftigen
Kreditgewährung wird as Individualprinzip
sein müssen. Jeder Kredit wird nur im
Anschluß an ein bestimmtes Warenlieferungsgeschäft des Kunden zu gewähren
sein, nicht pauschal nach vorher
festgesetzten Limiten, die immer den
zurückgehenden Firmen zuviel und den aufstrebenden Firmen zuwenig geben.
Die fristgerechte Tilgung dieser vielen Einzelkredite im Kontokorrent (in
Analogie zum Diskont-kredit) läßt
129
sich auf dem Konto des Kunden vom Bankbuchhalter recht gut überwachen, indem die Rechnungen, die bevor-schußt worden sind, eines Tages eingehen müssen. So gewinnt zugleich die Bank eine genaue Kenntnis von der sehr wichtigen Bonität des Kundenkreises, den der Bankkunde seinerseits beliefert.
Man hat freilich letzthin in den Bankbuchhaltern
oft lediglich eine Art von lebendigen Buchhaltungsmaschinen gesehen, oder eine
Art von Monteuren, die ihrerseits Buchhaltungsmaschinen bedienten. Dabei hat
man die Funktionen des überaus wichtigen alten Buchhalters, der die Konten mit
all ihren Intimitäten genauestens kannte, Reitwechsel aufdeckte usw., häufig
auf einen "Kartenverwalter" übertragen, der Tausende von Karten
gleichzeitig verwaltete, also lediglich Registrator war und zu der Beobachtung
der Kredite gar nicht kam. Diese Fehlorganisation zeigt, welch mechanistischer
Geist bei derartigen schlechten Organisatoren herrschte, und wel-ches die
Folgen sind, wenn eine hohe Direktion auf Grund von betriebsfremden Einflüssen
ein Kreditpauschale festsetzt, so daß sich die Buchhaltung nur noch um die
Einhaltung dieses Limits bekümmern darf. (21)
Die Rückkehr zum
Individualprinzip wird von allen denjenigen für zu mühevoll und unmöglich
erklärt werden, denen das Bankwesen ein totes Gebiet geblieben ist. Seine
Belebung wird eine Befruchtung der
gesunden und aufstrebenden Mittelwirtschaft bedeuten und den Banken wenig
Verluste und viele Vorteile bringen.
130
3. DIE SICHERUNGEN
DES NEUEN SYSTEMS
Unbedingtes Festhalten am Goldstanard
notwendig. — Diese Hauptzüge der Reformen müßten um viele andere
erweitert werden, wenn hier die Details und nicht vielmehr nur das Prinzipielle
darzustellen wäre. Es sollen daher nicht kleinere Einwände behandelt werden,
sondern nur die einzige diesen Reinigungsabsichten völlig zuwiderlaufende
Behauptung, daß nämlich nicht das Missmanagement unserer Banken, sondern die
Goldwährung an der Geldkrise schuld sei. Sogar G. Cassel tritt jetzt für den Verzicht auf den Goldstandard ein. Eine
immer wachsende Gruppe von Gelehrten und Praktikern erklärt, "daß man nur
noch die Wahl zwischen Schuldabwertung und Geldabwertung" habe and sich
gegebenenfalls mit der letzteren befreunden müsse. Allgemein wird behauptet,
die Goldwährung habe in dieser Zeit ihr größtes Fiasko erlebt, sie habe versagt und müsse fallen gelassen
werden, damit die Wirtschaft gerettet werden könne. Die Frage, ob es wirklich
die Goldwährung war, die versagt hat, ist daher zu prüfen.
Das angebliche Fiasko der Goldwährung. —
Deutschland, England und verschiedene andere Länder haben kurzfristige
Kredite im Betrage von vielen Millionen Gramm Feingold aufgenommen und langfristig angelegt, in Häusern,
Maschinen usw., vielfach auch einfach, um schwer verkäufliche Waren nicht zu
schlechten Preisen absetzen zu müssen; wie z. B. England die brasilianische
131
Kaffee-Ernte in der Hoffnung auf bessere Preise lombardiert hat. Die Kredite sollen nun zurückgezahlt werden, entsprechend den eingegangenen Verpflichtungen. Ich spreche hier von "Deutschland", "England" — etc., obwohl das eigentlich nicht richtig ist. Nicht die Nationen, sondern einige wenige Leute, deren Namen keineswegs unbe-kannt sind, die haben die Kredite aufgenommen, und andere, deren Namen man ebenfalls kennt, haben die Kredite gegeben. Nicht der deutsche Kredit in der Welt ist also zerstört, sondern der Kredit einiger bedeutender deutscher Firmen, nicht Deutschland hat eine schwebende Devisenverschuldung, sondern einige Banken, die falsch dispo-niert haben. Geldnehmer und Geldgeber galten und gelten als die allergewiegtesten Praktiker, und mehrere gelten außerdem noch als Wissenschaftler. Diese Leute haben aber offenbar das allererste Grundgesetz des Bankwesens verletzt, welches lautet: Kurzfristiges Geld darf nicht langfristig angelegt werden. Geschieht es aber, so kann beim ehrlichsten Willen des Schuldners nicht kurzfristig zurückgezahlt werden.
Diese Schuldner sollen nun in Gold zurückzahlen.
Ja — wenn der Index nicht Gold gewesen wäre, sondern irgend etwas anderes,
Silber oder Eisen, Roggen oder Kohle, oder eine Kombination von beliebig viel
Sachwerten, so hätten die Schulden ja auch nicht zurückgezahlt werden können.
(jz48) Nun sagen die Herren: Irrtum, Irrtum! Wir sollen das Terminrisiko vernachlässigt haben? Nein, nein — aber daß wir Gold zahlen sollen, das ist die Ursache. (jz49) Abgesehen also von der Möglichkeit, ob es
einen noch beständigeren Wertmaßstab gibt als das Gold: Versagt hat in unserer
Zeit nicht die Goldwährung, sondern die Be-
132
fähigung (jz50) der
Kapitäne der Wirtschaft. Diese ziehen nun Nutzen aus der Tatsache, daß niemand
auf die unglaubhafte Vermutung zu kommen wagt, ein Kaufmann werde derartig
unklug sein, daß er kurzfristige Gelder langfristig anlegt, so daß allgemein
nach viel zu komplizierten Erklärungen gesucht wird.
Die augebliche Änderung des Goldwerts.—
Nun wird gesagt, der Wert des Goldes
habe sich so stark verändert, daß das Gold als Maßstab nicht mehr brauchbar sei.
Wer das einwendet, müßte erst darlegen, welchen besseren Maßstab er denn
vorzuschlagen hat, etwa sein Papier? Dazu ist die Tatsache der Wertänderung des
Goldes merkwürdigerweise nur in den Ländern festzustellen, in denen die Banken
in Schwierigkeiten sind, kaum aber in Frankreich. Welches sind denn die Gründe
für diese angebliche Wertänderung? Einmal hat man riesige Warenlager (Weizen,
Kaffee usw.) unter Verstoß gegen alle Bankprinzipien lombardiert und dadurch
Absatz fingiert, so daß diese Preise dann in der entgegengesetzten Richtung
extrem ausschlagen mußten. Sodann hat man alle Kreditmittel, besonders den
Notenumlauf, so einseitig auf die Durchhaltung alter Positionen konzentriert,
daß echter Umsatzkredit nicht mehr zu erhalten war. So wurde der Güterverkehr
lahmgelegt und die Märkte zerstört. Da die Waren nun unverkäuflich waren,
mußten die Preise fallen. Das liegt aber nicht am Gold. Dieser Preissturz hält
bei jedem anderen Maßstab an, wenn man auch beim Papier oder Index fortfährt,
den Güterumsatz zu stran-gulieren, um schlechte Kredite zu prolongieren. Den
Beweis haben wir 1923 erlebt, als die Goldpreise ebenfalls dem Nullpunkte nahe
waren, weil die damalige, heute wieder propagierte Papierwirtschaft den
Warenaustausch ebenso
133
strangulierte, wie die
heutige Missleitung der Banken, hatte doch die Reichsbank damals 98 % ihrer
Mittel dem Staat illiquide geliehen, und sollte doch damals der gesamte
Warenverkehr mit etwa 300 Millionen Mark Gold-wert Banknoten auskommen!
Krise der Köpfe, nicht des Goldes. —
Nicht das Gold ist also schlecht geworden,
sondern die Bankdirek-toren; sie haben den Unterschied zwischen Wechsel und
Hypothek nicht mehr verstanden. Es ist menschlich begreiflich, daß man nicht
sagt: Wir haben schuld, sondern
erklärt: Das Gold ist schuld, und die
Politik ist schuld, denn wenn das Volk nicht so aufgeregt wäre, so wäre es
noch lange nicht zum Run gekommen. Wir haben in allen Konkursversammlungen
immer wieder erlebt, daß der Gemeinschuldner sich rühmt, nur das Eingreifen der
Auf-sicht, des Staatsanwalts usw. habe die Ausführung seiner ausgezeichneten
kaufmännischen Dispositionen verhin-dert und dadurch den Bankerott
herbeigeführt. Die Bankiers, die so argumentieren, vergessen dabei, daß ein
Bankwesen, wenn es überhaupt diesen Namen verdienen will, so konstruiert sein
muß, daß politische Schwierigkeiten, Aufgeregtheit des Publikums usw. für es
ebenso belanglos sind wie etwa für das Eisenbahnwesen. Spekulanten, die das
Bankgeschäft für die Kunst halten, aus kurzfristigen Geldern langfristige zu
machen, verdienen den Namen von Bankleuten nicht.
Zentralbankleute
gegen Goldwährung. — Daß die Leichtigkeit, mit der sich Viele heute von der
Gold-währung abwenden, mit der Neigung zur Zentralbankidee zusammenhängt, die
fast immer zum Zwangskurs führt und damit eines Tages zur Infla-
134
ion, wurde bereits
erwähnt. Es ist überhaupt ein großer Fehler der Publizistik der
Nachkriegsjahre, daß man den Unterschied zwischen einlösbaren Banknoten und
uneinlöslichem Bankpapiergeld vergessen zu haben scheint, der vor dem Kriege
geläufig war, der als selbstverständlich galt und nie bestritten wurde, dessen
Beseitigung wissen-schaftlich bis heute nicht
einmal versucht worden ist, der eben nur
in Vergessenheit geriet, weil der Krieg mit seinem Inflationszeitalter 16
Jahre lang die Geldscheine aller Länder in uneinlösbare gesetzliche
Zahlungsmittel verwandelte.
Es muß erst noch
festgestellt werden, ob nicht die gesamte monetäre Konjunkturwissenschaft etwa
nur für den normalen Fall des uneinlösbaren Zwangsgeldes gilt; ist doch die
Kreditinflation, das Zentrum der monetären Konjunkturtheorie — von
Staatsinflation ganz zu schweigen — überhaupt nur bei uneinlöslichem Gelde
möglich 1) (jz51).
Die Begriffe "Währung" and
"Zwangskurs". — In dieser Schrift ist immer wieder von der
Unmöglich-keit die Rede gewesen, einlösbare Banknoten zu inflationieren. Dieser
Satz kann nur dann in seiner ganzen Wich-tigkeit verstanden werden, wenn man
einen Blick auf das Zentrum des Währungsbegriffs richtet.
Währung ist nicht
mehr als die gesetzliche Erklärung, daß die Wertmaß-Einheit soundso benannt
wird, etwa Reichsmark, und
gleich dem Werte von soundsoviel Gramm Feingold ist.
_____________________________
1)
Vgl. auch das
ausgezeichnete Buch von Carl Rosch: Kreditinflation und Wirtschaftskrisen, Jena
1927.
135
Die beste Parallele dafür ist das Längenmass , das Meter heißt und gleich der Länge eines Platinstabes ist, der in einem tiefen Keller von Paris aufbewahrt wird. Alle Metermaße der Welt, die länger oder kürzer sind als dieser Stab, sind falsch, sind also keine Meter. Alle Reichsmarknoten, die weniger oder mehr wert sind als die festgesetzte Zahl Gramm Gold, sind falsch und sind keine Reichsmark.
Es scheint bei dieser einfachen Lage unbegreiflich, wie überhaupt
Inflationen möglich sind. Auch das erklärt die Parallele mit dem Meter: Wenn
die Regierung etwa zur Stützung der Tuchbranche ein Gesetz macht, wonach alle
aus Fichtenholz gefertigten Meterstäbe gesetzliches Metermaß sind
("Zwangsmeter"), so beginnt die Inflation: der unehrliche Kaufmann
nämlich, der ein Stück von seinem Metermaß abschneidet, um mehr Geld für den
gleichen Ballen zu erhalten, kann daran nicht mehr verhindert werden: denn in
jedem Prozeß müßte das Gericht erkennen, daß das Stoffquantum richtig
zugemessen ist, weil gesetzliche Fichtenholzmeter verwandt worden sind. Diese
Mißwirtschaft würde keineswegs dadurch beseitigt werden, daß man das
Plantinmeter in Paris etwa zerbricht (den Goldstandard abschafft), sondern allein dadurch, daß man das Gesetz
aufhebt, das irgend-welchen andern Metermaßen außer dem einen Originalmeter
in Paris gesetzliche Maßkraft zuerkennt. (jz52)
Ebenso kann Inflation der Währung auch nur eintreten, wenn man irgendwelchen papierenen Zahlungs-mitteln den Charakter als gesetzliches Zahlungsmittel zuerkennt, wonach sie, wenn sie nur noch 90 wert sind, doch zu 100 genommen werden müssen, wenn man ihnen also Zwangskurs gibt (vgl. S. 88). Es
136
ist völlig unbegreiflich,
wie das Originalmeter in Paris dadurch sollte verändert werden können, daß
irgendeine Eisenhandlung falsche Metermaße verkauft. Ebenso ist es für mich völlig unverständlich, wie die deutsche Goldwährung
inflationiert werden könnte, wenn irgendeine Bank private Noten ausgibt, die
nur 90 oder 80 wert sind. Gewiß können Noteninhaber betrogen werden, aber
eine allgemeine Preissteigerung kann nicht eintreten. Solange
auf diesen Noten zugesichert ist, daß mindestens die Bank sie zu 100 % des
Goldmaßstabes in Zahlung nehmen wird, könnte das nur dazu führen, daß sich
jedermann beeilt, die Noten der Bank zur Zahlung vorzulegen, oder zur Zahlung
an die Bank zu benutzen. Kann die Bank dann nicht zahlen, so muß sie Konkurs
ansagen. Zerstört wird also, solange
kein Zwangskurs besteht, nur der gefälschte Meter oder die Note der mißleiteten
Bank, nicht aber der Goldstandard, nicht das Preisniveau der Waren. Das falsche
Zahlungsmittel wird entwertet, nicht aber werden die Waren aufgewertet. Die
Preise in Goldeinheiten bleiben dieselben.
Radikales Mittel gegen alle
Inflationsgefahren. — Die Reichsmark ist also gegenwärtig nur dadurch
in Gefahr, daß der Reichsbankpräsident, der ein schweres Erbe von seinem
Vorgänger übernommen hat, in der kurzen Zeit seiner Tätigkeit trotz unsäglicher
Anstrengungen die Fehler von 20 Jahren nicht wieder gutmachen konnte. (jz53)
Seine Noten sind seit 1909 gesetzliches Zahlungsmittel, was früher nur unter
Widerstreben für Sturmzeiten vorübergehend (jz54) zugelassen wurde, und sie
sind seit 1914 nur von Ende 1929 bis
137
Mitte 1931 einlösbar
gewesen. Diese vorübergehende Periode der Einlösbarkeit ist nicht als
vollwertig zu be-trachten, da die Reichsbanknoten auch in dieser Zeit
gesetzliches Zahlungsmittel waren; und sie konnte nur vor-übergehend sein, da
Luthers Vorgänger eine "geborgte Währung" zurückgelassen hatte,
indem er unter Verken-nung aller Bankregeln die gefährlichen kurzfristigen
Auslandskredite hereingelassen und die ungefährlichen und unkündbaren Anleihen
des Auslandes verboten hatte. Der Reichsbankpräsident
Luther, der eine hoffnungslose Situation vorfand und wohl als einzigster
auch theoretisch die Lage überblickt hat, hat mit aller Energie am Goldstandard
festgehalten (jz55); er wird vielleicht auch der erste sein, der der radikalsten Sicherung Schritt für Schritt
sich nähert, die überhaupt gedacht werden kann: Der Rückführung der Reichsbanknoten in die Einlösbarkeit und der
Aufhebung ihrer gesetzlichen Zahlkraft. Erst wenn das Schicksal der
Reichsbank von dem unsicheren Geschick so vieler schwacher Kredit-anstalten
gelöst wird, erst wenn nicht mehr sie
die Illiquidisierung auszuhalten haben wird, sondern die auch (jz56)
ausländischen Geldgeber jener Anstalten, wozu in dieser Schrift Wege angedeutet
werden sollen, erst dann wird man sich diesem Endziel wieder nähern können, womit
die von Luther immer erstrebte endgültige Sicherung des Goldstandards
erreicht wäre.
Inflation ist nur bei Zwangskurs möglich. — Dieser erste Grundsatz kann nicht genug betont werden. Alle akzessorischen Zahlungsmittel, die nicht gesetzliches Zahlungsmittel sind, können
138
bei Mißbrauch oder
Zuvielausgabe nur sich selbst ruinieren, niemals die gesetzliche Reichswährung,
heute also die Reichsbanknoten. Auch das Doppelwährungsproblem kann bei
derartigen akzessorischen Zahlungsmitteln nicht auftreten, da das Greshamsche
Gesetz sich ja gerade auf das Nebeneinander zweier uneinlösbarer
Zwangskurs-zahlungsmittel bezieht.
Mit nicht aufdrängbaren privaten Zahlungsmitteln kann man
ebensowenig inflationieren, wie man etwa mit unterwertigen Aktien den
Wert der Aktien des Aktienmarktes zerstören kann. Bringt ein Herr Lehmann
für 100 Mill. M. wertlose Aktien einer Lehmann-Aktiengesellschaft in Verkehr,
und findet er Käufer, so haben diese unglücklichen Käufer gewiß ihr Geld
verloren; es ist aber nicht einzusehen, wieso dadurch der Kurs der
Farben-Aktien beschädigt werden könnte. Vielmehr ist bei diesem Beispiel klar,
daß die Farbenaktie nur ruiniert wird, wenn die Regierung durch Gesetz den Lehmann-Aktien
Zwangskurs geben würde, wenn sie sie also, um im Bilde zu bleiben, für
lieferbar als Farbenaktien erklären würde. Dann würden die Farbenaktien allerdings stärkstens fallen und dann
würde auch das Greshamsche Gesetz in Tätigkeit treten, indem die alten echten
Farben-Aktien vom Markte verschwinden würden. Genau wie am Aktienmarkte kann
auch am Geldmarkte die Vermehrung der einlösbaren Goldsurrogate niemals das
Gold entwerten, was sich schon aus dem Beispiel des Metermaßes ergab.
Die Wissenschaft über die Unmöglichkeit der
Inflation bei Einlösbarkeit. — Über
die grundsätzliche Unmöglichkeit der Inflation bei Abwesenheit des
139
Annahmezwanges herrschte immer weitgehende Einhelligkeit; wir zitieren hier nur wenige der größten Vor-kriegsgelehrten und Mitschöpfer des ruhmreichen Vorkriegssystems. Fr. Knapp, der schon mehrfach zitiert wurde (S. 38, 40), erklart über die Unmöglichkeit der Inflation ohne Zwangskurs noch folgendes (4. Aufl., S. 161):
"Der andere landläufige Irrtum ist der, daß akzessorische
Geldarten, wie z. B. Taler oder Reichssilber- münzen
bei uns, in ihrer Herstellung beschränkt werden müßten, damit sie sich in ihrer
nominalen Gel- tung erhalten. Die
Talerprägung ist in der Tat gesperrt; die Prägung der Reichssilbermünzen ist an
be- stimmte Vorschriften in bezug
auf die Menge gebunden. Gesetzt, man hebe diese Beschränkungen auf — so
meinen viele, das habe einen Einfluß auf den Kurs dieser Stücke. Auch dies ist
vollkommen falsch. … Die einzige
Wirkung wäre, daß bei festgehaltener Einlösbarkeit ein großer Zudrang zur
Einlösung statt- finden würde; wäre
auch die Einlösung aufgehoben, so würden wesentlich diese Stücke zu
epizentrischen Zahlungen benutzt,
so daß die Staatskassen vor lauter akzessorischem Gehle nicht mehr wüßten, wie
sie es aufspeichern sollen. Das ist
eine große Verlegenheit für den Staat, aber für den Kurs der Taler folgt daraus
gar nichts. ... Die Menge des
akzessorischen Geldes kann also dem Staat (Anm.: und bei Banknoten der Emissionsbank) manche Verlegenheit
bereiten, aber von ihr hängt weder die Geltung ab, noch unterwühlt die Menge an sich bereits die Stellung
desjenigen Geldes, das bis dahin valutarisch war."
FriedrichKnapp sagt weiter auf S. 126 seiner 4. Auflage:
"Für die Banknoten besteht also — bei Ein-
140
lösbarkeit — eine Kursregelung gegenüber dem staatlich emittierten Gelde,
die an Hylodromie erinnert, aber es wird nicht einem bestimmten Metall ein
fester Preis gesichert, wie bei der Hylodromie, sondern es wird die Festigkeit
des Kurses der Banknote gegenüber dem staatlich emittierten Gelde zuwege
gebracht."
Eine Seite vorher heisst
es:
"Hiernach gewinnt es den Anschein, als wenn wir die Einlösbarkeit der Banknote in ihrer Wichtigkeit bedeutend unterschätzen, während doch alle (!) Ökonomisten mit Recht hierauf den höchsten Wert legen ..."
Während Budge,
ebenfalls einer der angesehensten neueren Geldtheoretiker, das Problem in dem
bisher allein vorliegenden ersten Bande seiner Theorie nur streift, kommt von Mises, der neben Knapp am meisten
anerkannte Theoretiker, zu folgenden Feststellungen (1924, S. 331):
"Daraus folgt, daß eine Stelle, die Geldsurrogate ausgibt, niemals
mehr davon in Verkehr zu setzen vermag, als dem Bedürfnisse ihrer Kunden für
den Verkehr untereinander entspricht. Jeder darüber hinaus-gehende Betrag wird
aus dem Verkehr zur Ausgabestelle zurückströmen, die ihn gegen Geld umtauschen muß, will sie nicht das Vertrauen
erschüttern, das die Grundlage ihres ganzen Geschäfts bildet. ..."
Leider hat Mises nicht
die Konsequenz gezogen, sein inflationierbares Zwangskursgeld aufgegeben und
die nicht inflationierbaren einlösbaren privaten Zahlungsmittel in den
Mittelpunkt seiner Betrachtungen gestellt; was doch nahegelegen hätte. Auch
dieser Gegner des Etatismus verzichtet also nicht auf das staatliche Privileg
des An-nahmezwanges. (22)
141
Ad.
Wagner sagt in seinem System der
Zettelbankpolitik, Handbuch des Zettelbankwesens, 1873, das noch heute
unübertroffen ist, S. 36 folgendes:
"Fehlt ihm (dem uneigentlichen Papiergelde) zugleich die
Einlösbarkeit, so wird es strenggenommen zum eigentlichen Papiergelde — eine
besonders bedenkliche Folge, wenn dieselbe sich in normalen Zeiten bei einer
Beschränkung auf eine kleine Menge Papiergeld sich auch nicht sofort in einer
Ent-wertung des Papiergeldes zeigt ... Wo Staatspapiergeld trotz seiner
Bedenklichkeiten einmal eingeführt ist, ist die Einlösbarkeit unbedingt zu
fordern (23) and möglichst zu
erleichtern, der Zwangskurs aber noch mehr wie bei der Banknote zu vermeiden.
Denn noch leichter wird dann der verhängnisvolle Schritt zur eigentlichen
Papiergeldwirtschaft durch gesetzliche Aufhebung der Einlösbarkeit oder bloße
tatsächliche Einstellung der letzteren gemacht werden."
Ähnlich spricht er sich
über die französischen Verhältnisse nach 1870 S. 542 - 43 aus.
Ad. Weber, Allgemeine Vwl., II.,
"Die Bedeutung der Einlösungspflicht beruht nur darauf, daß sie ein
weiteres Mittel ist, um die Vermehrung der Banknoten über eine gewisse Grenze
hinaus zu verhindern."
In meisterhafter Weise äußert sich J. - G. Courcelle-Seneuil, der große französische Bankklassiker,
in seinem Werk La Banque Libre, S. 65. Es würde jedoch zu weit führen, diesen und viele andere Autoren zu
der wohl hinreichend geklärten Frage wörtlich zu zitieren. So möge es genügen, noch Lexis aufzuführen, der nicht nur Berater
der Reichsbank,
142
sondern auch das unumstrittene Haupt der deutschen Geld- und Banktheorie der Vorkriegszeit war, durch dessen Eintreten Knapp überhaupt erst volle Anerkennung fand. Lexis ging, wie Knapp, ebenfalls davon aus, daß eine Inflationierung nur solcher Zahlungsmittel möglich ist, für die eine gesetzliche Annahmepflicht besteht. Trotzdem hat er sich mit der Frage beschäftigt, ob nicht ein Wechseldiskont durch Schecks eine preissteigernde Wirkung hervorrufen könne (vgl. Hwb. d. St. 3. Aufl., Art. "Scheck"); seine Äußerungen darüber sind klassisch zu nennen:
"Was die Wirkung des Schecks auf die Preisbildung betrifft, so
verhält er sich vollkommen neutral, soweit er lediglich aus dem realen Warenverkehr
hervorgeht. Er wirkt ja in letzter Linie auf Austausch von Waren gegen Waren,
und dabei haben alle Beteiligten ein Interesse daran, daß die Maßeinheit des
Tauschwertes, der Wert der Geldeinheit, unverändert bleibe. Wenn aber Schecks
auf Grund von Finanzwechseln oder von nicht durch Waren, sondern durch
Wertpapiere gedeckten Lombarddarlehen gezogen werden, so stellen sie eine
willkürlich in den Güteraustausch eingeschaltete künstliche Kaufkraft dar, die
steigernd auf die Warenpreise wirkt, wenn sie über das gewöhnlich und
durchschnittlich vorhandene Maß hinausgeht, wie es übrigens auch bei einer
unter ähnlichen Bedingungen erfolgenden Mehrausgabe von Banknoten der Fall
ist."
Auch nach Lexis füllen also derartige akzessorische Noten
oder Schecks nur einen Raum aus, den die Reichsbank nicht mehr versorgen
konnte, oder sie verdrängen Reichsbanknoten, wenn sie billiger sind, wodurch
die Reichsbank in der von ihr selbst drin-
143
gend erwünschten Weise,
entlastet wird, so daß des Golddeckungsprozentsatz sich hebt.
In der Geschichte ist keine einzige Inflation nachweisbar,
solange die Einlösbarkeit bestand; die Gegner dieser Ansicht werden
aufgefordert, nicht bei Mutmaßungen zu verbleiben, sondern eine Inflation zu
nennen, die sich ohne Annahmepflicht ereignete. (24)
Die Quantitätstheorie. — Man wird hiergegen vielleicht sagen, daß doch
eine Vermehrung der Zah-lungsmittelmenge verlangt wird, und daß eine solche
Vermehrung eben Inflation bedeutet. Diese primitive Quan-titätstheorie ist
aber von der Wissenschaft längst aufgegeben. Man weiß, daß nicht nur die einfache
Quantität, sondern auch die Umlaufsgeschwindigkeit und das Umlaufsvolumen zu berücksichtigen sind.
Nur bei gleich-bleibendem Güterumlauf
bedeutet Zahlungsmittelvermehrung Inflation; steigert sich aber der Güterumsatz
und erfolgt die Zahlungsmittelvermehrung pari passu mit dieser Steigerung, und
wird dafür gesorgt, daß die zusätz-lichen Zahlungsmittel zurückströmen, sobald
die zusätzlichen Güter in den Konsum übergegangen sind, so tritt gerade nach dieser verfeinerten Quantitätstheorie keine
Inflation ein.
Alle Projekte, die
einfach die Quantität der Zahlungsmittel vermehren wollen, laufen nun aber in
der Praxis auf Inflation hinaus, weil sich die Korrespondenz von Waren- und
Geldvermehrung ber Zwangskurs eben nicht kon-trollieren läßt. Bei Abwesenheit
der Annahmepflicht ist das anders. Niemand
wird behaupten wollen, daß ein Arbeitsloser, der an einer Straßenecke wertlose
Papierstücke mit der Aufschrift 100 M. verteilt, eine Inflation hervorruft. Derartige private Zahlungsmittel
haben eben nur dann einen Wert, wenn
144
sie nichts anderes als
die Kompensation vorhandener
Warenforderungen bezwecken, wie das Lexis dargestellt hat. Sie gestatten also
die Finanzierung des heute überall so dringend gewünschten zusätzlichen
Güterumlaufs, der "Ankurbelung",
ohne jede Inflationsgefahr; sie
bieten die einzige Möglichkeit, die
Wirtschaft gefahrlos im Rahmen der Quantitätstheorie zu beleben.
Wo liegt heute die Inflationsgefahr? — Es heißt also wohl die Dinge auf den Kopf
stellen, wenn man eine solche private Finanzierung zusätzlicher Warenumsätze als
inflationistisch hinstellt und an der alten
Kreditge-währung durch Schaffung verbotenen Finanzwechselgeldes (vgl. S. 44 f.)
mit Zwangskurs auf Grund von Pro-longationen kritiklos vorbeigeht. Allein richtig kann es doch bei dieser
Lage in, den umsatzorientierten Ver-kehr mit einlösbaren (jz57) Zahlungsmitteln
zu fördern und gegen die
"alte" engefrorene und inflationsgefährliche Zahlungsmittelmasse,
die in gefährlicher Weise thesauriert ist, ohne dass Rückflußbereitschaft
besteht, einzuschreiten, indem man
ihr den Zwangskurs nimmt und sie zur Einziehung bringt. Nur so kann die
Stellungnahme von Lexis u. A. verstanden werden, die nicht so naiv waren, wie
manche zu glauben scheinen.
Ein sehr unklares Denken
spricht aus der verbreiteten Erwägung, Inflation sei das unvermeidliche
Heilmittel, das solle man aber wenigstens offen sagen. Inflation ist nur ein
Zerstörungsmittel, das aber die Prolongation schlechter Engagements auf Kosten
des gesunden Umschlagsbedarfs ermöglicht und nur daher in einzelnen Teilen auch
der Wirtschaftspraxis Beifall finden, konnte.
Deflation ist nur bei Notenmonopol möglich.
— Ist die Rückkehr zur Einlösbarkeit (jz58)
145
also das einzigste
durchgreifende Mittel zur Sicherung der Währung gegen Inflation, so ist die Lockerung (jz59) des Notenmonopols das einzige durchgreifende Mittel zur Auffangung
und Beseitigung der Deflation.
Die Praxis hat längst
gelehrt, daß die Deflation eine ebenso furchbare Gefahr für die Wirtschaft ist,
wie die Inflation. Jedoch hat man sich lange Zeit auf die
"Gummiballtheorie" verlassen; man hat geglaubt, daß der Ball der
Konjunktur, wenn man ihn nur künstlich recht tief herunterdrücke, dann
unbedingt um so kräftiger wieder emporspringen müsse. Natürlich kann gar keine
Rede davon sein, daß die Deflation auf irgendeinem Niveau von selbst wieder zum
Stehen kommen müsse (jz60); die analogen Erfahrungen mit der Inflation lassen
vielmehr den besorgniserregenden Schluß zu, daß die Deflation mit einer ebenso
großen Zwangsläufigkeit noch jahrelang weitergeht. (jz61) Uns ist nur ein
Beispiel einer so großen und anhaltenden Deflation bekannt: die Geschichte des
spätrömischen Reichs, das ja tatsächlich durch anhaltende Deflation zu einer
Art Fellachenstaat herabgedrückt wurde. (jz62)
Man hat nun von vielen Seiten den Vorschlag gemacht, der
Deflation durch ein künstliches
"Inflatiönchen" das Wasser abzugraben. Vor diesem Vorschlage muß
gewarnt werden, denn wir alle waren in der Inflation ebenso arm wie jetzt, und
die Bewertung unserer Grundstücke, Effekten usw., d.h. aller unserer
Kreditunterlagen, war 1923 ebenso niedrig
wie im Winter 1931/32. Kein zwingender Schluß führt zu der Behauptung, daß wir
heute eine ganz andere Inflation
bekommen würden, bei der die Kreditunterlagen in Gold hoch bewertet würden, so daß ein Liquidierungsprozeß in Gang kommen
könnte. Gerade die wenig er-
146
freulichen
Erfahrungen, die England mit seiner Inflation macht,
unterstützen diese Warnung.
Solange uns bessere Erfahrungen fehlen, ist allein die
wissenschaftliche Feststellung gewiß, daß ein nichtmonopolisiertes System
privater Zahlungsgemeinschaften, die einander Konkurrenz machen, die Kreditnot
der gesunden Umsatzwirtschaft und die überhöhten Zinssätze unmöglich macht, die
wir heute haben, weil immer gesunde Banken bereit sein würden, die hohen
Zinssätze der kranken Banken zu unterbieten.
Das sicherste Mittel zur Abfangung der Deflation und zur Schaffung eines Diskontniveaus
von 2 - 4 % mit erweiterter, aber gesunder Zahlungsmittelversorgung ist die Milderung des Notenbankmonopols.
(jz63) Als man das Monopol der Reichsbank begründete, ging man von der Annahme aus, daß die Reichsbank stets
und unter allen Umständen in der Lage sein werde, den gesunden Bedarf zum
Umtausch von Warenvorschüssen in Lohngelder zu decken. Ohne diese Voraussetzung hätte man das Monopol
niemals bewilligt. Heute ist
sie nicht mehr gegeben; die Lockerung des Monopols drängt sich also auf, um so
mehr, als sie der Reichsbank gegenwärtig nur erwünscht sein dürfte.
Abkehr
vom Zwangskurs und Lockerung des Notenmonopols sind also die beiden großen und
klassischen Mittel zur Vermeidung der Scylla der Inflation und der Charybdis
der Deflation. Sie allein
versprechen Sicherheit, während alle
palliativen Maßnahmen auf kreditpolitischem und diskontpolitischem Gebiet
unter Beibehaltung des Zwangskurses und des Monopols einen nur ungewissen
Erfolg verheißen.
147
Die Sicherungen der kanadischen freien Banknoten. — Da hier die Lockerung des Notenmonopols empfohlen
worden ist, scheint es nötig, auf das Beispiel des kanadischen Bankwesens mit
seinen eigenartigen und wohl unerreichten Sicherungen hinzuweisen, obwohl die
Einführung solcher Maßnahmen für den einfachen Scheckverkehr in Deutschland
wohl nicht empfohlen werden kann. In Kanada kann jede Bank mit einem eingezahlten
Kapital von mehr als 500 000 Dollar eigene Noten bis zur Höhe ihres
eingezahlten Kapitals ausgeben, wenn sie sich den Bestimmungen eines Normativgesetzes unterwirft.
Deckungsvorschriften bestehen nicht, die Banken sind also nicht auf den
veralteten Diskontverkehr beschränkt, sondern können den Umtauschkredit auch im
Wege des Kontokorrentverkehrs gewähren. Die ausgegebenen Banknoten sind, um
Schädigungen des Publikums zu vermeiden, in vierfacher Weise gesichert:
1.
Durch das
Aktienkapital und das nicht eingezahlte Aktienkapital in der Höhe des eingezahlten,
d. h. durch eine zusätzliche Verpflichtung der Aktionäre in Höhe des
eingezahlten Kapitals.
2.
Durch ein gesetzliches
Vorzugsrecht der Banknoteninhaber im Konkurse.
3.
Durch eine
zentrale Notenversicherungskasse, die beim Finanzministerium besteht und einen
hohen Rücklagenfonds angesammelt hat; alle Notenbanken müssen an sie Prämien
zahlen.
4.
Durch eine
Verzinsungspflicht der Banknoten im Konkursfalle, die Noten gestürzter Banken
zu gern gekauften Anlagepapieren macht.
Daneben besteht eine sorgfältige Kontrolle und Revision
der Notenbanken. — Dank diesen Maßnahmen
148
hat in Kanada seit mehr
als fünfzig Jahren niemand einen Cent an Banknoten verloren.
Es braucht kaum erwähnt zu werden, daß auch gute Gesetze
Mißbrauche nicht ausschließen. Die Wis-senschaft und die wirtschaftliche
Bildung der breiten Volksschichten darf also nicht fehlen, wenn es sich um den
Aufbau eines gesunden Banksystems handelt.
149
4. DAS SPARKASSEN- UND
TRUSTSYSTEM
Immer wachsende Bedeutung des Anlagekredits. — Das Umsatzkreditsystem, das besonders in den Großfilialbanken seine Form gefunden hat, ist nur ein Zweig des Kredits. Gleichberechtigt daneben steht das Gebäude des langfristigen Anlagekredits.
Die immer
weitergetriebene Entwicklung der Technik hat die Menschheit dahin gebracht, daß
sie ihren einfachen Lebensunterhalt mit immer weniger Arbeitskräften
produzieren kann, so daß immer mehr Arbeitskräfte und Mittel freibleiben, die
zur Errichtung langlebiger Güter Verwendung finden können. So ist zu erwarten,
daß die Sphäre des Anlagekredits, die bisher von Praxis und Theorie etwas
stiefmütterlich behandelt worden ist, in Zukunft eine immer größere Bedeutung
erlangen wird, so daß sich die nächste Generation sehr stark mit den
dahingehörigen Problemen zu beschäftigen haben wird.
Völlige Verschiedenheit des Anlagekredits
vom Umsatzkredit. — Das Wesen des Umsatzkredits besteht in der
Bevorschussung verkaufter Waren, die in den Konsum übergehen sollen; er wird
daher aus dem Erlös dieser Waren
zurückgezahlt.
Der Anlagekredit dagegen
stellt eine Bevorschussung dauernder Anlagen dar, die nicht durch Verbrauch, sondern durch Gebrauch nutzbar gemacht werden;
genauer noch eine Bevorschussung zukünftiger Reinüberschüsse, die bei diesem
Gebrauch entstehen.
Er wird daher nicht aus
dem einmaligen Erlös getilgt, sondern im Laufe der Gebrauchsjahre aus den
jährlichen Überschüssen, wofür das
Annuitätensystem der gebräuchlichste Weg ist. So-
150
fortige Rückzahlung des
Anlagekredits ist also dem Wesen der Sache nach nicht möglich.
Völlige Verschiedenheit der Spardepositen
von den Girodepositen. — Wir haben gesehen, daß das eigentliche
Diskont- oder Scheckgeschäft (der Umtausch von Forderungen, die nicht ypisiert
sind, in typisierte und versicherte) sich von selbst finanziert (jz64), indem
der erste Teil der Kreditdauer durch den Umlauf der Banknoten oder Schecks
überbrückt wird, und der zweite Teil durch den Umlauf der Girodepositen bei den
Banken, die beide von den ursprünglichen Umtauschakt ausgehen.
Eine Bank, die nur dieses
Umtauschgeschäft betreibt, man könnte sie Scheckbank
nennen, braucht also überhaupt keine
Spardepositen, überhaupt keine Gelder, die von Kunden, der Anlage
unverbrauchter Einkommensteile halber, bei der Bank eingezahlt oder belassen
werden. (25)
Die
Regeln zur Anlage der Spardepositen, wie wir sie zum Unterschiede von den Girodepositen nennen wollen, sind
somit gänzlich andere, als die Regeln des Umtauschgeschäfts, von denen bereits
die Rede war. Sie gehen davon aus, daß es unmöglich
ist, eine wahrhaft kurzfristige und sich selbst liquidierende Anlage für solche
Gelder im volkswirtschaftlichen
Güteraustausch zu finden, da eben dieser sich selbst bereits ausreichend
finanziert und keinen weiteren Geldbedarf hat.
Daher bleibt für Spardepositen nur die Anlage in
langlebigen rentablen Gütern oder
den darauf bezüglichen Wert-papieren übrig. Entscheidend ist für die Sicherheit
einer solchen Anlage die Nachprüfung der
Rentabilitätsver-hältnisse, also etwas ganz anderes, als beim
Umsatzkredit.
151
Oft wird behauptet, daß der kurzfristige und der
langfristige Kredit doch nur graduell
voneinander verschieden seien. Demgegenüber muß daran erinnert werden, daß
beide Kreditarten nach allem, was darüber gesagt wurde, gänzlich voneinander verschieden sind, da die ihnen zugrunde
liegenden Substrate kaum ver-schiedener gedacht werden können, so daß sich für
beide Arten ganz verschiedene Verfahren ergeben.
Diese Verschiedenheit des Umsatz- vom Anlagekredit
erheischt die ebenso völlige begriffliche
Trennung der Girodepositen von den Spardepositen, auch dann, wenn beide
unter demselben Namen "Depositen" unter rechtlich gleichen
Bedingungen von den Banken hereingenommen werden.
Trotzdem Bejahung der deutschen
Arbeitsvereinigung im Bankwesen. — Man hat aus solchen Argumen-ten
gefolgert, die völlige organisatorische Trennung der
"Depositenbanken" von den "Spekulationsbanken" sei nötig.
Schon vor 30 Jahren hat der bekannte Münchener Gelehrte Geheimrat Adolf Weber
nachgewiesen, daß diese Trennung für die damaligen deutschen Verhältnisse
nachteilig sein müsse, und daß sie in England, wo sie angeb-lich bestand,
Schaden angerichtet habe, soweit sie überhaupt bestanden habe. Haben sich die
Verhältnisse heute geändert, oder hat man bei der durch Weber herbeigeführten
Entscheidung zu verbleiben?
Wir werden sehen, daß
sich zwar die Verhältnisse sehr stark verändert
haben, daß aber bei der (jz65) an der Arbeitsvereinigüng im deutschen Bankwesen
festzuhalten ist, indem nicht eine Beseitigung durch Arbeitsvereinigung,
sondern eine Rückbildung der inzwischen eingetretenen mißbräuchlichen Verände-rungen
notwendig ist.
152
Ursprünglicher
Sinn der Arbeitsvereinigung.
— Gegen die organisatorische Trennung beider Geschäfts-arten sprechen in erster
Linie folgende Erwägungen:
Es wird sehr häufig vorkommen, daß jemand, der
in den Besitz einer Banknote oder eines Schecks oder eines Giroguthabens gekommen
ist, erst später darüber verfügen möchte.
Sodann haben wir gesehen,
daß der erste Teil des Anlagekreditgeschäfts von dem Umsatzkreditgeschäft kaum unterschieden
ist, sogar soweit es sich um die steigende Sparrate handelt, soweit also auf
dem Umtauschwege die zusätzlich ersparten Konsumgüter in die Hände der
Konsumenten gebracht werden und die kapitalbildende Kostendegression durch
diesen Umlauf erst erzeugt wird.
Schließlich haben wir
gesehen, daß dieses Geschäft ein ausgedehntes Filialsystem erwünscht erscheinen
läßt, das durch den Anlagekredit allein nicht getragen werden könnte.
Dieser Sachlage war die deutsche Arbeitsvereinigung in
der Vorkriegszeit auch vollständig angepaßt. Die Kreditoren der Berliner
Großbanken beliefen sich damals auf nicht mehr als 4,6 Milliarden, und auch
einschließ-lich der seither mit diesen Großbanken fusionierten Institute auf
nicht mehr als 6 Milliarden. Hiermit wurde der gesamte volkswirtschaftliche
Güterumsatz bewältigt. Offenbar hätte man damals 12 Milliarden Kreditoren
unmög-lich in self-liquidating credits anlegen können, weil eben nicht mehr
Güterumschlag da war. Dieser Zustand ist aber inzwischen eingetreten, indem
diese selbe Ziffer bis 1930 auf rund 12 Milliarden Reichsmark angewachsen war,
wobei man die geringe Geldentwertung nicht in Rechnung stellen darf, da in der
Zwischenzeit ein
153
großes öffentliches
Bankwesen mit bedeutendem kurzfristigen Geschäft herangewachsen war, das diese
Ziffer noch weiter zuungunsten der Liquidität verschiebt. Man kann sich also
nicht wundern, wenn die für 1913 richtige Arbeitsvereinigung heute nicht mehr
funktioniert.
Größtes Bankproblem dieser Generation.
— Diese Depositensteigerung bei nicht vermehrter liquider Anlagemöglichkeit ist
heute eine internationale Bankenkrankheit größten Ausmaßes geworden, die in
unserer Zeit dieselbe Rolle spielt, wie die Wechselreiterei vor 80 Jahren in
der Krise von 1857. Sie hat außer Frankreich fast alle
Länder ergriffen und wütet fürchterlich. Für Deutschland und
Verzerrung des ursprünglichen Sinns der Arbeitsvereinigung. — Die
Banken muß-
154
ten nach den bisherigen
Vorstellungen diese Depositen irgendwie anlegen und kamen so immer mehr in
Anlage-kredite hinein, deren sofortige Rückzahlung unmöglich ist, weil sie dem
Wesen auch des gesunden Anlagekredits zuwiderläuft. So ist die damals gesunde Arbeitsvereinigung zu einem Zerrbild ihrer
selbst geworden:
Damals bedeutete sie die
Beschränkung der Banken auf den wirklichen Umtauschkredit, ob er nun dem Umsatz
oder der Kapitalbildung in dem erwähnten Sinne diente, und die Abstoßung aller
darüber hinausgehenden Deposi-ten auf das Feld der Effektenanlage: Fortgesetzt
boten die Depositenkassenvorsteher der Kundschaft Papiere an, die mehr Zinsen
brachten als die Einlagen, und die daher gern gekauft wurden. Mit diesen Effekten entledigten sich die Banken zugleich derjenigen
Debitoren, die zu Anlagekrediten geworden waren. Wir hatten also Arbeits-vereinigung, ohne daß die Festlegung von
kurzfristigen Mitteln in illiquiden Anlagen den minimalen Betrag etwa der
Hälfte des Aktienkapitals der Banken überschritt. Damals hatten wir also Arbeitsvereinigung ohne Illiquidität! Heute
dagegen bedeutete die Arbeitsvereinigung
die Festlegung kurzfristiger Mittel im größten Ausmaße; mindes-tens die
Hälfte, oft drei Fünftel der Depositen sind in dieser unerlaubten und schädlichen
Weise investiert. Heute scheint Arbeitsvereinigung
mit Illiquidität identisch zu sein.
Der Frage, was mit den kurzfristig unanlegbaren Spardepositen geschehen soll, wird man also energisch
zu Leibe gehen müssen, wenn man die Wiederkehr der heutigen Krise für dauernd
vermeiden will. (jz66)
155
Das gesunde Depositenwesen der Depositenbanken. — Wir hatten erwähnt, daß die niedrigen
Diskont-sätze eines wohlorganisierten Notenbankwesens diese übersteigerte
Entwicklung des Depositenwesens unmöglich machen, weil sie in ihrer
Rückwirkung auf die Einlagenzinssätze die Anlage in Bankdepositen weniger
attraktiv als die in Effekten machen. Wir hatten eine Auflockerung des Notenmonopols gefordert, um diesem
heilsamen Effekt möglichst schnell wieder Geltung zu verschaffen. Wir hatten verlangt, daß
die Depositengroßbanken solcherart zu den Geschäftsprinzipien der
Vorkriegszeit zurückkehren sollten, die den großartigen Aufschwung Deutschlands
in der Vorkriegszeit ermöglicht, wenn nicht gar hervorgerufen hatten.
Hiermit ist das Prinzip der Depositenpolitik der
Depositenbanken gegeben: Sie müssen sich
auf die An-nahme von Girodepositen beschränken und eine solche Zinspolitik
führen, daß die Spardepositen, die ihnen zu-strömen, immer wieder in die Effektenanlage
verwiesen werden 1). (jz67)
Das Depositenwesen der Sparkassen. — Viel schwieriger sind die Grundzüge der
zukünftigen Sparkas-senorganisation zu ermitteln. Sie hat vor dem Kriege zu 97
% ihre meist täglichen Spargelder langfristig festge-legt, und zwar in
Hypotheken und Effekten. Die Sparkassen haben also bewußt versprochen, was sie
nicht halten konnten: tägliche Rückzahlung,
_____________________________
1)
Welche
Verwirrung daraus entsteht, daß ein Schriftsteller die grundsätzliche
Verwerflichkeit der An-nahme von Spardepositen mit täglicher oder kurzer
Kündigungsfrist verkennt, ergibt sich aus den Darle-gungen von Bagehot, Lombardstreet, über die
Liquidität, die heute noch als klassisch gelten, zitiert werden und doch
gänzlich irrig sind.
156
während sie doch
langfristig ausgeliehen hatten. Diese
Politik war vor dem Kriege noch eher zu entschuldigen als heute, weil
damals ein Markt für Hypothekenbriefe vorhanden war und weil die Wohlhabenheit
der Kommunen auch der Liquidität der Sparkassen einen andern Rückhalt bot als
heute. Sie war nicht das Resultat eines planvollen Handelns gewesen, sondern
das Ergebnis der geschichtlichen Entwicklung, indem die Sparkassen
charitativen Ursprungs waren, also ursprünglich Anstalten zur Beförderung des
Spartriebs der untersten Be-völkerungsschichten. Hier hatte man an die
kaufmännische Überlegung der Depositäre nicht appellieren können, hier war es
auf Liquidität nicht angekommen, weil man eben gern Opfer bringen wollte, um
diesen pädagogischen Zweck zu fördern. Außerdem hatte man geglaubt, es werde
sich um sehr geringe Beträge handeln.
Die
ungeheure Entwicklung der Sparkassen, die besonders in Deutschland richtige Banken geworden sind, hat diese
Überlegungen über den Haufen gerannt. Was mit dem Depositenwesen der Banken
eingetreten ist, hat sich schon viel früher bei dem Depositenwesen der
Sparkassen gezeigt: es ist durch
Überent-wicklung (26) gefährlich und darum krank geworden.
Pacta sunt servanda. —
Selbstverständlich ist, daß inmitten der großen Reinigungsbewegung, die die
deut-sche Wirtschaft heute durchzieht, die inbedingte Vertragstreue wieder zum
Prinzip des Handels gemacht werden muß. Die eigenartige Tatsache, daß die
Banken und Sparkassen durch eine scheinbar rein quantitative Bewegung, den immer weiteren "Aufschwung"
des Depositenwesens nun
157
auch qualitativ vor völlig neue Probleme gestellt worden sind, darf nicht länger unbeachtet bleiben. Es muß strikt darauf gesehen werden, daß nur Verpflichtungen übernommen werden, die wirklich eingehalten werden können.
Soweit noch kurze Gelder
angenommen werden, muß deren kurze Anlage sichergestellt und möglich sein;
darüber hinaus ist eine Form zu finden, die es gestattet, den Hauptteil der
Sparkassendepositen als grundsätzlich
langfristig anzusehen, wobei den Bedürfnissen des Publikums nach
sofortiger Rückzahlung in dringenden Fällen Rechnung zu tragen ist. Nur diese langfristigen Gelder sind wie
bisher langfristig anzulegen. Ganz
gewiß muß die langfristige Anlage kurzer Gelder auch auf dem Gebiete des
Sparkassenwesens durch zwingende organisatorische Maßnahmen für die Zukunft
unmöglich gemacht werden.
Man muß sich völlig
darüber klar sein, daß die Zusicherung jederzeitiger Rückzahlung der Guthaben
nach den jetzigen Erfahrungen an Unlauterkeit grenzen und einen schlechten
Eindruck machen würde, denn sie will einen Irrtum erregen, um Vorteil daraus zu
ziehen. Keine Bank, die ehrlich sein will, darf sich auf die baldige
Rück-zahlung einlassen, wenn sie Gelder anders anlegt als im Diskontgeschäft
bzw. im Umtauschgeschäft. (jz68)
Das Geschäft der Sparkassen soll dadurch nicht etwa dem
beiderseits kurzfristigen Geschäft der Groß-banken angeähnelt werden, worauf
die bisherigen Versuche der Erhöhung der Sparkassenliquidität leider
hin-auslaufen, sondern es soll das Aktivgeschäft
unverändert bleiben, während im
Passivgeschäft das Versprechen täglicher Rückzahlung beseitigt und durch eine
Verpflichtungsart ersetzt werden
158
soll, die man wirklich jederzeit unbedingt
erfüllen kann. Die andere
Liquiditätspolitik ist schon deswegen utopisch, weil nicht soviel Güter
umgesetzt werden, wie zur Unterbringung so vieler Umschlagskredite nötig wäre.
Wie hat man bisher kurzfristige Depositen
zurückgezahlt, die langfristig angelegt waren? — Bisher hat man die
Rückzahlungen abgehobener Depositen ganz einfach
aus dem Zugang von neuen Depositen geleistet. Man hat nie Kredite
gekündigt, um die zurückgezahlten Beträge an die Einleger auszuzahlen.
Langfristige Kredite können bekanntlich nur aus den Reinerträgen der damit
erstellten Gegenstände in Jahresraten getilgt werden; die
Kündigung, ja auch der Gerichtsvollzieher ist gegen diese einfache Tatsache
machtlos, wie wir ja in diesen Jahren gesehen haben, wo alle Hoffnungen auf
Kreditkündigungen sich als trügerisch erwiesen. Es war also ganz einfach der Zugang an Neuersparnissen,
mit dem man in der Praxis schon immer
die Rückzahlungen geleistet hat 1). Dieses System mußte versagen, sobald die
Krise eintrat, sobald die Abhebungen größer wurden als die Zugänge.
Das angelsächsische Prinzip als Vorbild.
— Das deutsche Sparkassensystem ist also falsch organisiert, wenn es auch in
der Praxis bis 1930 auszahlen konnte, weil der Zugang neuer Depositen die
Rückzahlung der alten erlaubte. Es funktionierte nicht, weil bei ihm das Fristenprinzip beachtet war, sondern trotz dessen Nichtachtung.
_____________________________
1) Man werfe einen Blick auf die Artikelüberschriften in den Zeitungen, z. B.: "Im Oktober noch 283 Mill. Auszahlungsüberschuss. — Beruhigung im November." ...
159
Die angelsächsischen Sparkassen haben währenddem
ein Prinzip gefunden und erprobt, das als ein neues Finanzprinzip erster Ordnung zu gelten hat, und das sich wohl
eines Tages die Welt erobern wird. Das englische und amerikanische Sparkassenwesen
ist fast ganz in Form der sogenannten "Building-Societies" bzw.
"Building and Loan Societies" organisiert, mit denen unsere
Bausparkassen bisher nicht viel mehr als den Namen gemein (gemeinsam? – J.Z.)
haben. Den Grundsatz dieser Kassen formulierte U. v. Beckerath, der
bedeutendste der deut-schen Bausparkassensachverständigen, sehr drastisch mit
folgenden Worten:
"Auszahlung sofort, wenn Geld da ist; der Reihe
nach, wenn keins da ist!"
Hat man dieses Prinzip, so kann man unbesorgt
alles Geld in langfristige Anlagen stecken, in Häuser, Gaswerke,
Industriebauten, Kanäle, Exporte usw., ohne daß es zum Vertragsbruch der Bank
kommt, ohne daß die Bank versprochen hat, was sie nicht halten kann. Damit ist nämlich das Richtige an der
Praxis der deutschen Sparkassen zum Prinzip erhoben: Die Rückzahlung aus den
Zugängen und den Tilgungsraten, aber unbelastet von einer täglichen
Verpflichtung, die unerfüllbar ist.
Normalerweise zahlen diese Kassen ebenso pünktlich zurück, wie normalerweise die deutschen Sparkassen es konnten. Die Halifax Building Society, die größte der Welt mit etwa einer Milliarde Depositen (in deutschem Gelde), hat seit ihrer Gründung im Jahre 1853 noch nicht ein einziges Mal einen Sparer einen einzigen Tag auf sein Geld warten lassen, auch nicht in Krisenzeiten; zahlt sie doch monatlich über 20 Mill. Mark gekündigter Guthaben zurück. Aber sie hat immer wieder darauf hingewiesen, daß
160
sie die jederzeitige Rückzahlung
nicht garantiert und nicht garantieren kann, und ihre Sparer wußten das. Andere
Kassen haben häufig von der Klausel Gebrauch gemacht, ohne daß man gemeint hat,
die Kasse sei zahlungsun-fähig, ohne daß ein Run begann, abgesehen natürlich
von Fällen wirklicher Verluste. Jeder Kunde einer englischen oder
amerikanischen Kasse weiß: eigentlich ist meine Anlage eine langfristige, aber
die eingehenden Gelder dienen in erster Linie dazu, uns Deponenten liquide zu
halten. (jz69)
Ein langbewährtes System. — Daß
dieses von einigen Praktikern vielleicht mißachtete System nicht als
"Theorie" abzutun ist, beweisen die Zahlen. Nach deutschem Geld sind
heute in England etwa 8 Milliarden so angelegt, und in den Vereinigten Staaten
über 30 Milliarden Mark (Deutsche Sparkassen rund 10 Milliarden Mark). Eine
deutsche Kasse, i.e. "Deutschland" Bauspar AG., hat diese Grundsätze
in ihre Bedingungen einge-baut, deren § 5 (Tarif E) wie folgt lautet:
"Rückzahlung des Sparguthabens:
1.
Die
Sparguthaben können im Rahmen der Bedingungen dieses Paragraphen abgerufen
werden. Die Auszahlung erfolgt 4 Wochen nach Eingang des Abrufs, soweit nicht
durch die Bestimmungen unter Nr. 3 und 4 eine längere Wartezeit bedingt ist.
2.
Die
"Deutschland" ist verpflichtet, monatlich mindestens einen Betrag
gleich der Hälfte der im Monat eingezahlten Sparbeiträge und Tilgungsraten für
etwa in dem Monat gekündigte Sparguthaben zur Rückzahlung in dem betreffenden
Monat zur Verfügung zu halten.
3.
Die
"Deutschland" ist erforderlichenfalls berechtigt, Rückzahlungen auch
in Raten vorzuneh-
161
men. An den einzelnen Sparer braucht die "Deutschland" nicht
mehr als höchstens 1000 M. im Monat zurückzuzahlen.
4.
Die
Kündigungen von Spareinlagen werden in einer besonderen Liste — Liste E 3 — in der
Reihenfolge des Eingangs der Kündigungsanträge (eingeschriebener Brief)
geführt und in der Reihenfolge der Eintragungen bei Auszahlungen
berücksichtigt.
5.
Kündigungen
von Teilen des Sparguthabens sind zulässig, das Bausparbuch ist aber in jedem
Falle zur Abänderung einzureichen. Bei
der Kündigung des Restes oder der Gesamtheit der Spareinlagen wird das einzureichende Bausparbuch einbehalten."
Dieses System ist nicht nur in den Satzungen und in den Erfahrungen der angelsächsischen Sparkassen (andere Sparkassen als Building Societles gibt es kaum) eingehend geregelt 1), sondern auch überaus häufig Gegenstand der Gesetzgebung gewesen, was einzelnen deutschen Fachleuten entgangen zu sein scheint. Schon die alten englischen Gesetze bestimmten, daß sich solche Anstalten zu keinerlei täglichen oder Termin-Rückzahlung verpflichten dürften, eine Bestimmung, die bei näherer Überlegung eine sehr große Tragweite hat. Das vollkommenste Gesetz in den angelsächsischen Ländern ist
_____________________________
1)
So liest man
in dem Werk "Selling Building and Loan by Mail", Cincinnati, Ohio,
1927, über die Frage der Rückzahlungen folgendes:
"As a
general rule, applications for withdrawal will be paid at any time; but to
protect the interests of all members, investors and borrowers alike, and to
avoid the sacrifice of the securities of the association, notice of desire to
withdraw funds may at time be required, and the applications (are? – J.Z.) paid in the order notices
are filed, as fast as the receipts of the association will pay them."
162
auf diesem Gebiete wohl
das Califonische Bausparkassengesetz vom
5. Mai 1931, dessen Sektion 6 Absatz 1 folgendes bestimmt: Wenn der
insgesamt gekündigte Betrag weniger als drei Prozent von allen Passiven der
Kasse ausmacht, so ist Auszahlung ohne weiteres gestattet, eine bestimmte
Auszahlungsordnung also nicht vorgeschrie-ben. Wenn Kündigungen zwischen drei
und fünfzehn Prozent betragen, dann muß die Kasse der Reihe nach auszahlen.
Wenn der gekündigte Betrag mehr als 15 % beträgt, so muß die Kasse "pro
rata" auszahlen, d.h. im Verhältnis der gekündigte Beträge zu den
wirklichen Eingängen, und zwar hat sie vierteljährlich eine Auszahlung
vorzunehmen.
So steht nichts im Wege, ja es ist dringend zu fordern, daß derartige Bestimmungen, wenn nötig auf gesetzlichem Wege, im gesamten deutschen Sparkassenwesen eingeführt werden. Man würde damit nur die Praxis zum Gesetz erheben, würde zum Prinzip der Vertragstreue übergehen, würde den Sparern ehrlich erklären: Alle eure Gelder sind richtig angelegt fördern, nichts ist gestohlen oder veruntreut. Ihr seht aber selbst, daß man aus langfristigen Anlagen keine sofortige Rückzahlung leisten kann. Wartet also!
Was sich hinter dem Schlagwort: "Erst
Wiederherstellung des Vertrauens" verbirgt. — Wie wenig die Hauptaufgabe der deutchen
Sparkassen, die absolute Fristenkorrespondenz im Sparkassengeschäft zu sichern
und dadurch das Vertrauen des
Publikums wiederzugewinnen, bisher gewürdigt wird, ergibt sich aus den immer
wiederkehrenden Äußerungen der höchsten deutschen Sparassenvertreter.
Präsident Dr. Kleiner vom Deutschen
Sparkassen- und Giroverband, der durchaus die herr-
163
schende, ja die alleinige und bisher unbestrittene Ansicht wiedergibt, erklärte beispielsweise in einem Neu-jahrsartikel in der DAZ. unter der Überschrift: "Die erste nationale Aufgabe: Wiederherstellung des Vertrauens" am 1. Januar 1932: Die Sparkassen ...
"wurden aufs stärkste von der allgemeinen Vertrauenskrise erfaßt ... (27) Damit ist schon gesagt, daß die
Sparkassen dieser von außen her kommenden lawinenartigen Bewegung von sich aus
allein unter keinen Umständen Herr werden konnten. Auch wenn ihre Liquidität um einige Prozent höher gewesen wäre, sie
hätte nicht ausgereicht, den offenen und später latenten Run allein zu
überwinden. Dazu wäre keine Sparkasse der Welt, natürlich auch keine Bank
imstande gewesen." (jz70)
Wir erlauben uns, bei
diesen unhaltbaren Behauptungen ein großes Fragezeichen zu machen; hoffentlich
wird die Zukunft keine Gelegenheit geben, durch die praktische Erfahrung
unwiderleglich festzustellen, ob die von dem Chef des deutschen
Sparkassenwesens vertretenen Prinzipien, die mit unserm Prinzip der Vertragstreue
und der Liquidität in Widerspruch stehen, die Sparkassenorganisation zur
Gesundung oder in den Abgrund führen.
Entlastung der Staatskasse von Stützungen.
— Der unerträgliche Zustand muß aufhören, daß Länder, Reich und Reichsbank mit
Stützungsgesuchen bestürmt werden und sich in der Not noch um Hunderte von
Mil-lionen illiquidisieren, daß insbesondere die Reichsbank sich selbst am Gift
der Illiquidität infiziert, nur damit die im übrigen sehr wertvollen
Sparkassen, die aber falsche oder wenigstens überholte Satzungen haben, ihre
Fehler fortsetzen können.
164
Sehr wichtig ist dabei noch, daß auch das Problem der Milliardenverluste unserer
Sparkassen an den Kur-sen ihrer
Wertpapiere dadurch gleichzeitig gelöst
wird. Ein entsprechender Teil der Deponenten muß eben warten, bis diese Papiere
fällig oder kündbar werden; am Rückzahlungsage ist das Disagio verschwunden,
weil die Tilgung zu pari erfolgt. So bleiben den Sparkassen die
Milliardenverluste erspart, die man gewiß wieder versuchen würde, beim Reich zu
sozialisieren.
Bejahung des Sparkassenwesens. — Wir sind also nicht der Ansicht, daß wir nach
französischem Muster auf ein Sparkassenwesen so gut wie ganz verzichten und
die ganze Schicht auch der kleinen und kleinsten Kapi-talbesitzer auf die
Effektenanlage verweisen können. Dieses System hat den Fehler, daß man den
Kleinbesitzer von Papieren allzu leicht schlecht bedienen kann, daß dieser
Kleinbesitzer in Krisenzeiten hypernervös wird und eine Atmosphäre der Unruhe
in der gesamten Wirtschaftspolitik verbreitet, und daß es eine scheinbare
Liquidität vortäuscht (durch die Verkäuflichkeiten der Börse), die in
Krisenzeiten wegen der Kursverluste für den kleinen Mann gar nicht vorhanden
ist. Wir bejahen vielmehr das Prinzip des deutschen Sparkassenwesens, auch dem
börsenunkundigen Kleinsparer eine gut verzinsliche Anlagemöglichkeit zu bieten,
halten es nur nicht für zulässig, hierbei eine unbedingte tägliche Rückzahlung
zu versprechen, die sich doch nicht halten läßt.
Neue Prinzipien der Effektenbesteuerung.
— Man kann aber mit dem Effektenbesitz der Sparkassen nicht auskommen, wenn man
die fortgesetze Liquidehaltung des gesamten Banksystems
165
garantieren will. So
bedarf der ganze Effektenbesitz in
Zukunft einer pfleglichen Behandlung. Das gilt insbe-sondere gegenüber der
Besteuerung. Man hat die Besteuerung der mobilen Werte seit einem Menschenalter
ganz einseitig unter dem Gesichtspunkt des Ressentiments gegen eine bestimmte
Art schmarotzender Koupon-abschneider betrachtet, in der Vorstellung, es
handele sich lediglich um eine Frage der Lastenverteilung innerhalb der
Steuerzahlerschaft. In Wirklichkeit ist die Effektenbesteuerung mit der
fundamentalen Frage der Liquidität des gesamten Kreditsystems fast identisch.
Wenn sich die Deutsche Reichsbahngesellschaft rühmen kann, daß ihre 4 ½ %
steuerfreie Anleihe von 1931 ebensoviel Reinertrag bringe wie eine gewöhnliche
9 % ige Anleihe, so erklärt sie damit doch nur, daß bei normaler Besteuerung
zwischen dem 4 ½ %igen Netto-Ertrag einer Kapitalanlage in 8- oder 9 %igen
Papieren und dem 4 ½ %igen Ertrag der
Bankdepositen keine Ertragsdifferenz besteht. Die Kapi-talbesitzer spüren also
keinerlei Anreiz, ihre Spardepositen
bei den Banken, die diese doch nur in Verlegenheit bringen, in Effekten
umzuwandeln. Der ganze kunstvolle wirtschaftliche Apparat, auf dem die finanzielle
Stärke unserer Vorkriegswirtschaft beruhte, ist also durch eine derart grobfingrige Besteuerung
zerdrückt Der laufende Liquidierungsprozeß der Banken und der gesamten
Wirtschaft vermittels der Börse und der Effektenanlage wird durch eine so
simple Besteuerung zum Stocken gebracht. An die Stelle einer gesunden Verdauung
der dauernd neugeschaffenen Kapitalgüter tritt eine Verdauungsstörung der Volkswirtschaft, die sich jedesmal
statistisch durch die Überentwicklung des Depositenwesens und die Unterentwicklung
des Effekten-
166
wesens feststellen läßt.
Eine solche Besteuerungsart ist ist eine permanente
Kriegserklärung gegen die Arbeiter-schaft, die Masse der Erwerbslosen und den
Mittelstand, denn sie wirkt wie ein mißleitetes Notenmonopol, sie hält die
Zinsen und die Arbeitslosigkeit hoch, weil sie die schädlichen Depositen auf
Kosten der ungefährlichen Effekten fördert.
Dieser Mangel an Liquidität bringt mit der Zeit den
gesamten Unternehmungsgeist, insbesondere der Ban-ken, zum Erliegen. Die großen
Verluste, die bei so rückläufiger Beschäftigung auftreten, nehmen dann den
Ban-ken, die ja nicht mehr rückversichert sind, die Lust, irgendwelche
Neukredite zu geben. So müssen die breiten Massen der Arbeitnehmerschaft das
kleinliche Ressentiment ihrer Führer büßen. In dem Wahn, den Kapitalisten
ordentlich etwas abzunehmen, macht man die Wirtschaft magenkrank und das Volk
arbeitslos. Auch auf dem Ge-biete der Beteuerung müssen also durchgreifende
Entschlüsse gefaßt werden, wenn man nicht den normalen Vor-gang der Umschuldung
von den Depositen in die Effekten, der das Ziel jeder richtigen Bankreform ist,
weiterhin unmöglich machen will, um dann für je 100 Millionen Steuereinnahmen
1000 Millionen Staatsausgaben an Er-werbslosenunterstützung zu opfern.
Direkter Effektenbesitz des Publikums als
die fehlende Rückversicherung des Banksystems. — Der Effektenbesitzer
bedarf also in Zukunft einer pfleglichen Behandlung, nicht weil er als
"Reicher" privilegiert werden soll, sondern weil man ihn als Risikoträger nicht ersetzen kann,
weil er zudem gar zu leicht ins Ausland geht, worauf er sich rächt, indem er
sein früheres Land mit der "unsichtbaren Besatzung" des kurz-
167
fristigen Kredits versklavt. (jz71) Er soll also mithelfen, den Depositengroßbanken die langfristigen Debitoren abzunehmen, die bei gesunder Börse fortgesetzt von den Schuldnern der Großbanken herausgegeben und mit Hilfe der Bankfilialen vertrieben werden müssen; die langfristigen Posten, die nach unserer Analyse immer aus dem echten Umtauschgeschäft der Banken entstehen, besonders, wenn die Sparrate steigt. Eine solche Verstärkung des Kapitalbildungsvorganges ist aber in den kommenden Jahrzehnten in großem Ausmaße zu erwarten, da uns die Technik in revolutionärer Weise immer weiter mit arbeitssparenden Methoden überschüttet.
Welche Mittel im einzelnen zu ergreifen sind, um den
Effektenbesitz zu fördern und zu popularisieren, braucht hier nicht näher
dargestellt zu werden 1). Auch die Aktienrechtsreform, die Reform der
Mündelsicherheits- und Anlegungsvorschriften, die Zulassung von Investments
Trusts und insbesondere die pflegliche Behandlung des Hypothekenbankwesens,
des einzigen gesund und fristenrichtig arbeitenden Bestandteils unserer
Kreditorganisa-tion, werden hier eine besondere Rolle zu spielen haben. Sicher
ist auch auf dem Gebiet der Aufklärung noch man-ches zu tun, sind doch die
Vorteile des Effektenbesitzes für einen bestimmten Umfang der
Vermögensverwaltung dann besonders offenbar, wenn die Zusagen der Sparkassen
durch Erfahrung und Gesetzgebung auf ihr richtiges Maß zurückgeführt werden.
_____________________________
1.
1) Wie
schlecht placiert infolge der bisherigen Behandlung der Effektenbesitzer die
deutschen Effekten sind, ergibt sich aus einer Veröffentlichung des
Konjunkturinstituts vom Sept. 1931, wonach von 24 Milliarden Nominalkapital der
deutschen Aktiengesellschaften volle 17 Milliarden gebunden, d. h. im Besitze
von Unternehmern und Unternehmungen, sind, welche diesen Besitz zur Ausübung
der Herrschaft halten.
168
Diese Popularisierung des Effektenbesitzes hat, um es zu wiederholen, volkswirtschaftlich den unersetzlichen Vor-teil, dass die Banken an ihr eine Rückversicherung gegen Illiquidität und Verlust haben. So wie ein Versicherungs-system nicht ohne Rückversicherung gedeihen kann, so kann ein Banksystem nur dann gedeihen, wenn es alle für die Bank ungeeigneten Posten auf einen Dritten, einen Rückversicherer, überträgt. Dieser Rückversicherer der Banken kann nur in Gestalt der breiten Masse der Effektenbesitzer gefunden werden. Der direkte Effektenbesitz des Publikums ist daher eine der Säulen, mit denen das Banksystem eines Landes steht und fällt.
169
SCHLUSS
GESAMTÜBERBLICK UND
AUSWIRKUNGEN DES NEUEN SYSTEMS
Der Krieg hat viereinhalb Jahre gedauert, die Inflation
hat viereinhalb Jahr gedauert und auch die Deflation wird wohl vier und einhalb
Jahr dauern. Die Völker brauchen anscheinend so lange Zeit, bis sie das Problem
be-griffen, die unentrinnbare Zwangsläufigkeit les Prozesses eingesehen, alle
verfehlten Mittel und Rezepte durch-probiert, die belasteten Persönlichkeiten
verbraucht und die Empfänglichkeit zum Neuen und Einfachen der Lö-sung in sich
bereitet haben. Von den viereinhalb Jahren der Deflation sind über die Hälfte
bereits vergangen. Die falschen Rezepte;
Lohnsenkung, Preissenkung, Reparationen, Deflationsdruck, Zentralisation liegen
hinter uns; nur ganz wenige stehen überhaupt noch zur Verfügung, unter ihnen die
Aufgabe des Goldstandards, bei dem aber das englische Beispiel hoffentlich
abschreckend genug gewirkt hat.
So werden die Köpfe noch im Jahre 1932 frei werden
für die Erörterung der wesentlichen Fragen. Allzu schwere Mißgriffe sind dabei nicht zu befürchten, weil es falsche
Mittel einfach kaum noch gibt und weil die richtigen durch die Entwicklung fast
erzwungen werden. (jz72)
Fassen wir noch einmal einige der Hauptergebnisse
zusammen:
Unser Kreditsystem hat
sich vor dem Kriege dadurch ausgezeichnet, daß sich um den starren Kern des
umlau-fenden Goldgeldes ein elastischer Gürtel von einlösbaren (jz73), Banknoten legte so daß die legalen
Bedürfnisse (jz74) der Wirtschaft nach Umschlags-
170
kredit stets leicht zu
befriedigen (jz75), waren. Heute ist ein starrer Kern von uneinlösbarem
Bankpapiergeld an die Stelle des Goldkerns getreten; kein elastischer Gürtel ergänzt das System; starr und unbeweglich
steht die be-engte und bedrängte Reichsbank gezwungenermaßen dem Warenumsatz
gegenüber, der sich ausdehnen möchte, dem es aber an Kreditverkehrsmitteln
gebricht. Die Aufgabe ist also, um den starren Kern der heutigen gesetz-lichen
Zahlungsmittel herum wieder einen elastischen Spielraum zu schaffen. Das kann
nur durch die Ausdehnung des Scheckverkehrs auf einen Teil des bisherigen
Barverkehrs geschehen; denn nur der Scheckverkehr ist so ein-gebürgert und mit
Hilfe der Typisierung auch so leistungsfähig, daß seine Ausdehnung kein
Experiment, sondern nur das Weiterschreiten auf bewährten Pfaden bedeutet.
Wir stehen also wieder vor einer ähnlichen Lage, wie am Ende der Inflation:
Damals konnte die Schwungkraft der immer weiterrasenden Inflation nur gebremst
werden durch die Schaffung einer neuen
Art Geldes, die als inflationssicher galt; wenn auch ohne es zu sein; heute wird die Schwungkraft der
Deflation vielleicht auch nur durch die Einführung eines neuen Zahlungsmittels
aufgefangen werden können, das aber diesmal nicht
nur deflationssicher, sondern auch absolut inflationssicher sein muß.
Damals wurde die Gründung
der Rentenbank als der
Emissionsanstalt dieser neuen Zahlungsmittel vorgeschlagen, heute wird an dieser Stelle die Dresdner Bank als Emissionsstelle des
neuen Zahlungsmittels empfohlen. Die Rentenmark erwies sich später als
überflüssig (jz76), ihre Emissionsstelle befindet sich in Liquidation durch die
Reichsbank; welches Schicksal die Dresdner Bank als Scheckbank haben wird,
deren Zahlungsmittel im Gegensatz zu denen der Ren-
171
tenbank ein klassisches
und wohldurchdachtes ist, wird die Zukunft erweisen.
Die legale
Ankurbelung ohne Phantasiemittel, die sich nur so trotz der
unbefriedigenden Lage der Reichs-bank erreichen läßt, würde wesentlich
gefördert werden, wenn das Reich
gleichzeitig mit der Privatwirtschaft eine freiere
Ausgabenwirtschaft ohne Steuererhöhungen eintreten ließe, so wie sie durch
die Emission eines begrenzten Betrages von Staatspapiergeld
möglich wird, das keinem Annahmezwang und keinem Zwangskurs unterliegt, an
allen öffentlichen Kassen zum Nennwerte in Zahlung genommen wird und daher
inflationssicher ist 1). Man kann nicht über ein Drittel der jährlichen
Güterproduktion durch Steuern aus dem Verkehr ziehen, ohne für die
Bewerk-stelligung der dazu nötigen Zahlungsvorgänge Sorge zu tragen; auch darf
man die neue Scheckbank nicht in Ver-bindung mit dem Staatskredit bringen. Das
einlösbare Papiergeld des Staates (jz77) würde also nur den Zweck haben, die
Steuereingänge während des Eintreibungsprozesses vor der deflationistischen
Einsperrung auf öffentlichen Bankkonten zu bewahren, die heute nicht mehr
ertragen werden kann. Darüber hinaus
wäre auf unbedingte Etatausgleichung zu halten.
Das in dieser Schrift umrissene gesunde Kreditsystem würde die gesunden Teile der Wirtschaft aus der verhängnisvollen Umklammerung durch die kranken Teile befreien.
Es würde der Wirkung der
Papiergeldtheorien und der Papiergeldsysteme ein Ende bereiten, die in den
vergange-nen Inflationsjahrzehnten groß geworden sind, und die Rückkehr zu dem
erprobten einlösbaren Zahlungsmittel der Vorkriegszeit bedeuten, auf
_____________________________
1) Vgl. Ad. Wagner über Staatspapiergeld oben S. 142. (28)
172
dem die gewaltige
finanzielle Stärke des Vorkriegsdeutschland begründet war. Die Einlösbarkeit und die Abwe-senheit des Annahmezwanges würde es vor
jeder Inflationsgefahr so wirksam sichern, wie kein Zwangskursgeld durch
schärfste Restriktionen gegen Inflation gesichert werden kann.
Der Übergang zum System
der typisierten Verrechnungsschecks würde gleichzeitig die Auflockerung des erstarr-ten Notenmonopols der Reichsank bedeuten,
ohne welche die Auffangung einer so
großen Deflation nicht möglich sein wird; ist doch Deflation nur bei
Überspannung des Notenmonopols möglich.
Die inflations- und
deflationssicheren Zahlungsmittel würden nur
der gesunden Wirtschaft zur Verfügung stehen, dieser aber in ausreichender
Menge und zu billigsten Zinsätzen.
Das niedrige Zinsniveau,
das so hergestellt werden kann, unter Befreiung der Abhängigkeit vom Auslande,
würde es ermöglichen, die unermesslichen
unverwertbaren Warenmengen und Produktionskapazitäten und die Millionen von
Arbeitslosen wieder zu produktiver und rentabler Arbeit zusammenzubringen,
die nach dem gegenwärtigen System verderben bzw. verhungern müssen.
Das auf diesem Zahlungsmittel beruhende neue und sanierte
Banksystem würde in einer voll liquiden
und aktiven Grossfilialbank von überragender Stärke und Organisation gipfeln,
die bei richtiger Leitung sehr bald in die Rolle eines deutschen Crédit Lyonnais einrücken würde. Die andern Banken würden
sich ihm anschließen, so-weit sie lebensfähig sind, oder sie würden als
Investment Trusts der Abwicklung oder Umwandlung verfallen, so-weit sie der
Konkurrenz des neuen
173
Großinstituts mit seinen
niedrigen Zinsbedingungen nicht gewachsen sind.
Keine Besteuerung der gesunden Betriebe durch
Zinsspannen von bis zu 7 % zur Subventionierung der schlechten Kreditnehmer und ihrer Banken wäre mehr möglich, weil gesunde
Konkurrenz am Markte wäre.
Die immer mehr zur entscheidenden Frage werdende Kreditversorgung der lebensfähigen Teile der deutschen Wirtschaft würde durch das letzte und große Mittel der Selbsthilfe der Geschäftswelt verwirklicht, indem der Wechsel und der Scheck und mit ihm der direkte Kredit der Kaufleute untereinander an die Stelle der Bankkredite treten würden, die in den nächsten Jahren bestimmt nicht in der gewohnten Weise zur Verfügung stehen 1). Diese Selbsthilfe würde nicht in chaotischer Weise, sondern von der überragenden Großfilialbank selbst organi-
_____________________________
1)
In dem
Halbjahresbericht der Reichskreditgesellschaft AG. vom Januar 1932 finden wir
dieselbe Meinung ausgedrückt (S. 41):
"Die Wirkung der Gläubigerpanik auf die Banken und ihre Fähigkeit,
Kredit zu gewähren, reicht weit über die
gegenwärtige Einengung der kreditvermittelnden Tätigkeit der Banken
hinaus. Den Banken ... sind 30 % ihrer fremden Gelder entzogen worden .... sie haben 3 Milliarden an das Ausland
zurückgezahlt ... die erhöhte Fluktuation der Einlagen ... zwingt sie auch zu
einer Erhöhung der Liquidität. ... Die Banken ... werden daher von der Möglichkeit der
Kreditvermittlung und Krediterteilung nicht den gleichen Gebrauch machen
können, wie in den vergangenen Jahren. Soweit der Warenverkehr der Kredite nicht entraten kann, wird der direkte Kredit der Kaufleute
untereinander an ihre Stelle treten müssen. Zu seiner Unterstützung wird
vielleicht mehr als in den vergangenen Jahren der Wechsel herangezogen
werden." —
Man kann nur hinzufügen: Und auch der Scheck, und auch der typisierte
Scheck, wenn die Reichsbank, die Anstalt zur Typisierung von Wechseln in
Banknoten, nicht mehr voll funktionsfähig ist.
174
siert sein, so daß für
sachgemäßes Funktionieren jede Garantie bestände.
Das Problem der Dezentralisierung
unseres Kreditwesens, mit welchem zugleich über die große Frage der
Opferung oder Wiedergesundung der gesamten deutschen Provinz und des flachem
Landes entschieden wird, wäre zum ersten Male wirkam in Angriff genommen:
An die Stelle der durch den Zwangskurs zusammengehaltenen
unübersehbaren Zahlungsmittel-Ozeane
würde eine Anzahl von gut kontrollierbaren Geld-Seen
treten; Mißgriffe im Zahlungsmittelwesen würden nicht mehr die ganze
Volkswirtschaft vergiften, ihr Ursprung würde nicht mehr unauffindbar sein und
der Kritik sich entziehen; sondern in dem Nebeneinander abgegrenzter (nicht
regionaler) Bassins würden immer nur
einige krank werden, immer nur ein
Bassin würde überlaufen oder sich entleeren, immer würde nur die
verantwortliche Bank die Zeche zu bezahlen haben, nicht aber die Gesamtheit.
Organisation, die einzige
Herrin der Massenerscheinungen, würde an die Stelle des Chaos und der Willkür
treten, die in Deutschland seit 1914 gleichbedeutend gewesen sind mit einer
kreditpolitischen Auszehrung der mittleren Industrie, des Kleingewerbes und der
Landwirtschaft.
Dieses Kreditsystem würde einen gesunden Unterbau finden
in einem Sparkassenwesen, das wieder
auf absoluter Vertragstreue und Liquidität aufgebaut wäre, und in einem Effektenwesen, das die Liquiditäts- und
Delkredere-Risiken, die in den Banken nicht kompensierbar sind, auf die breite
Masse der Effektenbesitzer über-trägt, hierdurch volle Aktivität und Liquidität
der Banken und volle Beschäftigung des volkswirtschaftlichen Apparats
sicherstellend.
175
Die Reichsbank
wäre damit entlastet, sie könnte ihren Notenumlauf beträchtlich vermindern, die
Deckung verbessern (jz78) und die Banknoten als alleiniges gesetzliches Zahlungsmittel
so sehr verknappen, daß eine Abwehr der internationalen, z.T. politischen
Angriffe möglich wäre, ohne daß die Wirtschaft dabei zugrunde gerichtet würde,
denn die Reservefront hinter dem abgekämpften heutigen Bankwesen wäre bereit.
(jz79) Sollte man vom Auslande aus die letzten Karten ausspielen und die
Zentralnotenbankkredite der Reichsbank zu-rückfordern, und sollten auch
gesetzliehe Zahlungsverbote nicht helfen können, so müßte zum letzen
Verteidi-gungsmittel der Goldmeßwährung gegriffen werden, zur Aufhebung der
Vorschriften, die die Reichsbanknoten seit 1909 zum gesetzlichen Zahlungsmittel
mit Annahmezwang bestimmen.
Dieser unter den heutigen
Umständen schwere Schritt würde leichter wiegen als die kampflose Aufgabe des
Goldstandards, als die Überantwortung der gesamten Wirtschaft an ein
Ungewisses und spekulatives Geschick.
Unberührt von den
Reparationskämpfen wäre dann die Stabilität der deutschen
Verrechnungs-Zahlungsmittel gesichert, und die Gefahr wäre auf den Bereich der
Reichsbanknoten lokalisiert, die dann auch nicht mehr in-flationiert werden,
sondern nur noch wegen Disagio zurückfließen könnten.
Die
Abhängigkeit des deutschen Kreditsystems vom Auslande, die die Ursache unseres überhöhten Zins-niveaus
und damit des Absatzmangels und der Arbeitslosigkeit ist, würde damit gebrochen
sein. Die Zahlungs-mittel würden wieder bloße Verkehrsmittel, der Kredit ein
bloßes Werkzeug des Absatzes sein; eine gesunde private Zahlungsgemeinschaft,
wie sie in Form der sanierten Großbank mit ihren Hunderten von Niederlassungen
und Millionen
176
von Kunden und
Scheckinhabern geschaffen sein würde, hätte die Unabhängigkeit des deutschen
Bank und Kreditsystems von politischen Eingriffen des Auslandes verwirklicht.
Damit wäre das Ende
des Stillhaltungsproblems gekommen. Die französische These wäre
erwirklicht, indem die Firmen, die sich
mit kurzfristigen Auslandskrediten übernommen haben, sich mit ihren
Gläubigern einzeln auseinandersetzen müßten; der negative französische Gedanke
wäre durch den positiven der Schaffung eines gesunden Zahlungssystems ergänzt,
das die kranken Institute entbehrlich macht und ersetzt. Der franzö-sischen
These wäre ein deutscher Sinn gegeben, wie er gerade von einflußreichen
deutschen Industriellenkreisen gewünscht und befürwortet wird: der Sinn der Reinigung nicht nur, sondern auch der Sinn
der Befreiung, die allein Wege in eine bessere Zukunft eröffnet.
Auch die Reparationsfrage
wäre auf ihren Ursprung zurückgeführt, denn bei einlösbaren privaten Zah-lungsmitteln können nie mehr
Reparationen gezahlt werden, als Devisen bei voller Bankenliquidität angeboten
werden, wirkt doch die Einlösbarkeit als Transferschutz, wie dargelegt wurde.
Die Reparationsgläubiger würden sich daran erinnern müssen, daß sie Zahlung
verlangt und gleichzeitig die Zollmauern immer mehr erhöht haben, daß sie die
Erlöse der deutschen Exporte erst um die 26prozentige Abgabe, die
gutgeschrieben, dann um die oft drei Viertel des Warenwerts ausmachenden Zölle
gekürzt haben, die eigenartigerweise nicht als Reparationen gutgeschrieben
wurden, so daß uns nur der geringe Rest zur Bezahlung der Rohstoffeinfuhr und
der weiteren Reparationen übrigblieb; die Reparationsgläubiger werden sich auch
daran zu erinnern haben, daß sie die Kapital-
177
anlagen deutscher Bürger
im Auslande, die man allein auf 20 Milliarden GM schätzte, beschlagnahmt haben,
daß sie dazu Barzahlungen, Lieferungen und Abtretungen im Werte von weiteren
40 Milliarden Goldmark erhalten haben, während sie unser Kreditsystem durch die
kurzfristigen Darlehn gefährdeten und unsere Wirtschaft durch die
Zinsüberhöhung lahmlegten, die aus dieser unverständigen Ablehnung von Warenzahlungen
durch Zollmauern folgte.
Sie werden sich vor die
von Dr. Brüning berührte Notwendigkeit gestellt sehen, das Reparationskapitel zu schließen, und zwar gerade aus dem
Gesichtspunkt der Heiligkeit der Verträge, da bereits mehr bezahlt ist, als an
Reparationen für die besetzten französischen Gebiete jemals aufgewendet worden
ist. Sie werden aber auch erken-nen, daß in Europa erst dann wieder Ruhe
eintreten wird, wenn die erregten Massen Deutschlands wieder Arbeit und Brot
haben, und daß es sich bezahlt macht, dafür formelle Opfer zu bringen.
Solche Erklärungen können von Deutschland abgegeben
werden, wenn das Kreditsystem unabhängig
vom Auslande organisiert ist, wie oben im einzelnen dargelegt wurde. Denn die Strippe der kurzfristigen Kredite,
mit der man alle deutschen Regierungen der Nachkriegszeit bei allen Konferenzen
doch zur Unterschrift gezwungen hat, indem die Sachverständigen auf die
bedrohlichen Folgen der Nichtunterzeichnung hinwiesen, ist dann durch-schnitten, wenn sie nicht schon jetzt gerissen ist.
An dem Tage, wo wir nicht mehr auf BIZ-Kredite und andere politische Druckmittel
angewiesen sind, um unseren Zahlungsverkehr aufrechtzuerhalten, wird das Ende der ver-hängnisvollen Abhängigkeit
der deutschen Politik vom Auslande gekommen sein. Die Regierungen
178
werden dann nicht mehr
versuchen müssen, eine unnationale und erzwungene Politik dem Volke munderecht
zu machen, ohne auch nur die Gründe nennen zu dürfen, da ja schon dann ein
Sturm auf die Banken hätte losgehen können, sondern sie werden zu einer souveränen Außenpolitik gelangen. (jz80)
Schon die verhältnismäßige Ruhe, mit der man Brünings Reparationserklärungen
aufgenommen hat, beweist, daß die alten Pressionsmittel versagen. Das letzte
Druckmittel ist, daß wir kein unabhängiges Banksystem und keine private
Zahlüngsgememschaft haben; sind diese hergestellt, so ist die Selbständigkeit
Deutschlands wieder da.
Dabei wird man sich darüber klar sein müssen, daß diese neue Bankpolitik im Gegensatz steht zu jedem
Imperialismus, daß ihr die Maßlosigkeit und das Machtprinzip abgeht, weil
solche zu fern gesteckten Ziele eine private Zahlungsgemeinschaft in
Schwierigkeiten bringen würden.
Sie wird den inneren Markt mit derselben Sorgfalt
pflegen, wie man bisher den Export gepflegt hat; sie wird den deutschen
Arbeitern ebensoviel Kredit geben, wie man bisher den überseeischen Negern
unter dem Namen von Exportkrediten gegeben hat, obwohl doch diese Erlöse, wenn
sie selbst hereinkamen, durch Zölle und Repara-tionen auf die Hälfte vermindert
wurden und oft nicht ausreichten, die dabei verwendeten ausländischen Rohstoffe
wieder zu importieren.
Die Befürchtung, die
Befreiung der deutschen Politik würde zu imperialistischen Experimenten führen,
scheint daher nicht begründet; zum mindesten würde ein solcher Imperialismus
durch das hier geforderte Kreditsystem sehr erschwert werden.
Freilich würde die hier vorgeschlagene Bank- und
Kreditpolitik eine Abkehr von den
subjekti-
179
vistischen Prinzipien des Liberalismus bedeuten. (jz81) Diese Abkehr brauchte aber
keineswegs als eine Hinnei-gung zum Staatssozialismus, zum Bolschewismus oder
zum Faschismus aufgefaßt zu werden, wie die Darstellung wohl zweifelsfrei
ergeben hat, sondern eher als eine Wiederbelebung
der großen Tradition des deutschen Kameralismus.
Nicht Erlangung von
möglichst viel Lust unter Aufwand von möglichst wenig Unlust ist dieser
Auffassung das Ziel der Wirtschaft, sondern die organisatorische Beherrschung
der wirtschaftlichen Vorgänge des Lebens, nicht im Wege von Staatseingriffen,
sondern vermittels von Normativgesetzen, die den freien Verkehr von privaten Wirtschafts-
und Zahlungsgemeinschaften untereinander und miteinander regeln; mit dem
Ziele, den einfachen Produktions- und Konsumvorgang, dessen Bewältigung dem
Liberalismus nicht gelingt (jz82) und nicht gelingen kann, weil es sich um
kein Problem des Individuums handelt (jz83), laufend zu erhalten, schließlich
zu beherrschen und dadurch Freiheit für wertvolle Lebensinhalte zu schaffen. (29)
**********************
180
ANMERKUNGEN
von John Zube
zu Rittershausen: Der Neubau des Deutschen
Kreditsystems
in der Mikrofiche-Ausgabe in PEACE PLANS Nr. 315
1981
Im obigen Text sind die Nummern dieser
Anmerkungen im Fettdruck wiedergegeben.
1.) S. 29 : Nicht die Waren die jetzt oder in Kürze
produziert werden sondern nur die Waren die bereits produziert und verkauft
sind, die bereits auf dem Wege zum Verbraucher sind und in der Zwischenzeit
durch gute Handelswechsels etc. repräsentiert werden, können als eine gute und
reale Banknotendeckung dienen.
2.) S. 29 : Diese
Kurzfassung ist hier nicht sachgemäss: Geldforderungen aus Warenverkäufen sind
gemeint.
3.) S. 38 : Klarer wäre
es zu sagen statt "auf dem Kredit des Staates" : "auf der
Steuerfundation ".
4.) S. 41: Deutschland
hatte den Krieg gegen Frankreich 1870/1 ohne Zwangskurs geführt und gewonnen
und dann zwei Weltkriege mit Zwangskurs geführt und verloren. Aber wie
bedeutend der Zwangskurs in dieser Hinsicht auch immer sein mag, er ist nicht
immer ausschlaggebend: Russland führte den 1904/5 Krieg gegen Japan ohne
Zwangskurs und verlor.
183
5.) S. 45: Wenn so etwas
passieren kann dann sind Zentralnotenbankverfassungen offenbar wertlos. Gesetze
können nicht gegen Inflation sichern. Sie können die Freiheit nicht ersetzen.
6) S. 51: Das Zinsniveau
war auch künstlich überhöht durch die Deflation, die wiederum auf dem
Notenmonopol beruhte.
7.) S. 48): Nicht
"des Zinses" sondern der Zahlungsmittelversorgung! Wenn diese
schlecht ist, dann ist auch der Zins hoch - aber nur als Folge! Z.B. die
inflationäre Zinserhöhung und die deflationäre Zinserhöhung durch
Zahlungsmittelverknappung. Vergleiche S.
74, Mitte.
8.) S. 74: Während ich
Rittershausens neue Ergänzung der traditionellen Kritik nicht bestreite: die
langfristige Anlage kurzer Depositen kann, ebenso wie der Rechtsanspruch der
Gläubiger auf Bargeld oder Monopolgeld, zu sehr plötzlichen und scharfen Krisen
führen, halte ich dennoch für die schlimmste Folge des Notenmonopols den
resultierenden unvollkommenen Güteraustausch: Nicht dass die Butter etwas mehr
kostet, sondern dass nicht so viel Butter produziert und konsumiert wird wie im
Zustande der Geldfreiheit möglich sein würde. Darin und nicht in einer kleinen
Butterpreiserhöhung liegt die schlimmste Folge.
184
9.) S. 75: Hier hätte er
wenigstens hinzusetzen sollen: "abgesehen von seinen deflationären
Folgen". Wenn Kündi-gungs- und Anlagetermine den Summen und Zeiten nach
balanziert sind, dann kann und sollte Zins gezahlt wer-den. Banken die das
nicht tun verdienen kein Vertrauen und halten sich wohl hauptsächlich nur
Leichtsinn, Unwis-senheit, Staatsgarantien - und ihre Monopolstellung.
10.) S. 82: Die
zusätzlichen Warenumsätze sind beschränkt durch die Einlösungsverpflichtung,
auf die er in diesem Buch anscheinend und meistens immer noch nicht verzichten
will.
11.) S. 84: Hier hätte er
hinzusetzen sollen: "oder durch Rückstromsicherung auf ihrem Nennwerte
gehalten".
12.) S. 89 :
Handschriftliche Fussnote von (???) in meinem Exemplar: "Ramin will die
übliche "Einlösung" ausschliessen."
13.) S. 94: Wenigstens in
diesem Falle ist er gegen metallische Einlösung!
14.) S. 94: Restschuld
oder fällige Restschuld, nur?
185
15.) S. 94: Das folgende
Beispiel enthält immer noch die Einlösungsverpflichtung, die er oben, auf
derselben Seite, ablehnt!
16.) S. 98: Gab es jemals
zuviel Konsumgüter???
17.) Die Arbeitslosigkeit
als Folge des Zahlungsmittelmangels wurde in einem Aufsatz von Rittershausen
be-schrieben der in Peace Plans 41 übersetzt ist. Siehe: www.reinventingmoney.com Die hier angedeutete Kapitalbildungstheorie
ist von ihm in "Arbeitslosigkeit und Kapitalbildung" ausgearbeitet
worden, ein Werk dass hier ebenfalls reproduziert werden wird - falls der
Verleger es mir erlaubt.
18.) S. 102: Das geht
nicht, wie Beckerath und später auch Rittershausen lehrte. Es würde nur eine
Art von
Assignaten produzieren. Solche Kapitalgüterwerte dürfen nicht in
Lohnzahlungsmittel umgewandelt werden – weil die Arbeiter damit nicht solche
Kapitalgüter kaufen werden and den vorhandenen Konsumgütern dadurch ein
übergrosses, auf Kapitalgütern beruhendes, Geldangebot gegenüberstehen würde.
19.) S. 125: Derartige
Missbräuche sind, so so glaube ich, auf die Dauer nur bei Monopolbanken
möglich.
186
20.) S.128: Vielleicht
wäre eine hohe Vertragsstrafe hier eine ausreichende Lösung.
21.) S. 130: Wie hoch
sind diese Verluste beim Pauschalsystem, im Vergleich zum individualistischen
Kreditsystem, einzuschätzen?
22.) S. 141: Annahmezwang
ist nicht dasselbe wie Zwangskurs. Zwangskurs besteht aus Annahmezwang und
Zwangswert!
(Für lange Zeit habe auch
ich diese Begriffe nicht genügend unterschieden, obwohl ich darüber, seit 1952
U. v. Beckerath zum Lehrer hatte, der mich schon bei seinem ersten Besuch
fragte, was ich über Zwangskurs wisse. – Garnichts, war, wahrscheinlich, meine
Antwort und damit begann meine erste Lektion von ihm. Aber auch der beste
Lehrer – der er für mich war – kann nicht das Auffassungsvermögen seines
Schülers überschreiten. – Zu-faellig hatte auch mein Vater, ebenfalls als 19-jähriger,
Ulrich von Beckerath kennengelernt. Leider aber hatter er von B. nicht alle der
guten Ideen übernommen, die B. zu verbreiten suchte – und dass geschah – oder
geschah nicht - trotzdem mein Vater ebenfalls und jahrzehntelang ein
Ideensammler war. Aber, trotz Stirner, wurde er doch von einigen "fixen
Ideen" lebenslaenglich eingefangen und dadurch gegen bessere Ideen mehr
oder weniger schon immunisiert. Und diese fixen Ideen von ihm waren gewiss
nicht immer die besten, ganz im Gegenteil! Deshalb hatte er wohl auch oft
bereut, dass er mir meinen ersten Besuch bei U. v. Beckerath empfohlen hatte.
Eine weitere Empfehlung von ihm brauchte ich nicht. Beckerath's zahlreiche
sozialreformerische Ideen, hunderte!, zogen mich wie ein starker Magnet an.B.
konnte auch die meisten von ihnen sehr gut begruenden und alle meine Fragen und
Zweifel zufriedenstellend beantworten. Gegen solche "Angriffe" bin
ich, gern, ganz hilflos! Mit Rittershausen habe ich nur etwas korrespondiert
und ihn nur einmal in Koeln besuchen koennen, und das war schon nach seinem
Schlaganfall. Aber damals konnte ich doch,in seiner reichen Bibliothek, viel
und frei kopieren, mit Zustimmung und Hilfe von R. und seiner Frau, die uns,
meinem Juengsten und mir, veruebergehend waehrend dieser Arbeit eine Unterkunft
zur Verfuegung stellten. R. wollte, dass ich einige seiner Schriften ins
Englische uebersetze, z.B. sein Fischer Lexikon: Wirtschaft. Dazu fuehlte ich
mich aber damals und auch jetzt noch
nicht faehig. Seine Buecher brauchen bessere Uebersetzer als mich. – Leider ist
jetzt sein literarischer Nachlass in der Koelner Universitaets-bibliothek mehr
oder weniger gegen Kopien verschlossen und nicht einmal ausreichend
katalogisiert worden. - J.Z., 28.6.05.)
23.) S. 142: Für gesundes
Staatspapiergeld (wenn man etwas das auf Zwangssteuern beruht überhaupt als
gesund ansehen kann) sind nur Steuerfundation und freier Marktkurs und
Annahmeverweigerungsrecht im allgemeinen Verkehr, unerlässliche
Voraussetzungen!
24.) S. 144: Er springt
hier von Einlösbarkeit zur Annahme"pflicht", während er beide
Faktoren und Einflüsse auseinanderhalten sollte.
Wohl keine Inflation aber wohl eine Deflation kann dann geschehen, wenn ein
Notenmonopol besteht oder Unwissenheit, wie man sich in seiner Abwesenheit
selbst helfen könnte. Insbesondere der mit der Einlö-
sungspflicht zusammenhängende Rechtsanspruch des Gläubigers auf Bargeld kann
sich katastrophal auf den normalen Verrechnungsverkehr auswirken wenn davon
plötzlich u. übermässig Gebrauch gemacht wird.
187
25.) S. 151: Eine
Einlösungspflicht ist daher ebenfalls unnötig, wenigstens in diesem Fall.
26.) S.157: Es war
insofern keine "Überentwicklung" als diese Depositenmittel entweder
nicht ausreichten die nötigen Umsatzzahlungsmittel zu verschaffen, oder falsch
angelegt wurden: langfristig, während sie jederzeit oder kurzfristig fällig
waren.
27.) S. 164: Es handelte
sich nicht um eine "Vertrauenskrise" - sondern um völlig berechtigtes
Mißtrauen!
28.) S. 172: Wagner besteht
an dieser Stelle immer noch auf Einlösungspflicht als wesentlich!
29.) S. 181/2: Die
Philosophie des letzten Absatzes erscheint mir in mehreren Punkten mehr als
zweifelhaft, vermindert aber nicht den Wert der obigen Gedanken über
Geldfreiheit, so unvollkommen sie auch immer noch sind.
Die obigen Anmerkungen -
zusammen mit den handschriftlichen Fragezeichen - sind die Reste meiner Notizen
beim ersten Lesen: dieses Buches, mit Bleistift, im Buche selbst. So weit wie
möglich habe ich diese Notizen fuer die Mikroficheausgabe ausradiert, oder, wo
ich sie noch für nötig halte, durch Tinte ersetzt.
188
30.) Separate Notiz zu S.
106/7: Wenn kein Notenmonopol mehr besteht dann sind Depositen bald völlig
unnötig für kurzfristige Kreditumwandlung, die dann durch
Handelswechseldiskontierung etc. geschieht, nach dem "banking
principle". Sie sind dann nur Sparguthaben die dem mittel- und langfristigen
Kreditbedarf dienen sollten. Für kurzfristige Depositen wird dann
wahrscheinlich keine Bank mehr Zinsen zahlen sondern eher eine
Aufbewah-rungsgebühr verlangen.
31.) S. 72: Wenn
Ersparnisse die deponiert werden für die Diskontierung von Wechseln etc. nicht
nötig sind, weil dass mit Banknoten nach dem Rückstromprinzip getan werden
könnte, dann sollten diese Ersparnisse dafür nicht "verschwendet"
werden. Sie sollten eher produktiv und zu höheren Zinsen angelegt werden, zu
dem Ausmass als der Kontoinhaber bereit ist, z.B. für Teile seines
Kontobestandes Bankobligationen mit bestimmter Laufzeit anzu-nehmen, die ihm
ein höheres Zinseinkommen geben können. Unter Bankfreiheit wird der Kunde auch
einen gerin-geren Bedarf für eine hohe Kassenhaltung und ein höheres Bankkonto
haben.
189
32.) Vielleicht hätte
Rittershausen auf Seite 131 und an anderen Stellen zusetzen sollen dass die
rechtlich kurzfristigen Depositen von Leuten gegeben wurden die befürchten
mussten, nach den Erfahrungen der Kriegs- und Infla-tionszeit, bei langfristigen
Anlagen allzuviel durch eine neue, mögliche und mehr oder weniger
wahrscheinliche Inflation zu verlieren.
Geldfreiheit würde zur Währungsstabilisierung führen (die Annahme
unzuverlässiger Wertzeichen würde verwei-gert werden, i.e. sie würden aus dem
Verkehr getrieben werden) und dann würden die Sparer auch wieder bereit sein
ihre Gelder langfristig anzulegen.
Dadurch wird Wertbeständigkeit auch eine Voraussetzung für ein gesundes
Depositenwesen.
33.) Nach Ulrich von
Beckerath, der für viele Jahre privater Konsultant der Deutschen Bausparkassen
war, war das auf S. 163 erwähnte Californische Bausparkassengesetz vom 5.Mai
1931sehr gut und das von 1950 brachte nur Verschlechterungen.
J.Z.
März 1981, mit einigen kleinen Korrekturen: 28.6.05.
190
Einige Bemerkungen
von Ulrich von Beckerath
zu:
"Neubau des deutschen
Kreditsystems."
Die angegebenen Seitenzahlen scheinen sich nicht auf
das gedruckte Buch sondern auf die Seiten
seines Manuskriptentwurfs zu beziehen:
Seite 30. Waren die Depositen bei den alten schottischen Banken durchweg
unverzinslich? Theoretisch hätten sie
ja verzinslich sein können. Bei den neuen Scheckbanken von 1933 werden sie
vielleicht durchweg verzinslich sein.
Seite 30. Man muss auch bedenken, dass Noten von weniger
als 5 £ in England fast immer und in Schottland wenigstens einmal verboten
waren. Da kamen also die Notenbanken für Lohnzahlungen nicht in Betracht. Es
gibt ein Buch "History of the 5 £ Note", weiss nicht von wem.
(J.Z.: Wer kennt und hat
dieses Buch? – J.Z., 28.6.05.)
Seite 25. Sollte nicht unterschieden werden zwischen:
a) Run von Noteninhabern,
b) Run von Bankkunden,
die täglich fällige Guthaben unterhalten,
c) Übermässige
Kündigungen seitens der anderen Kunden mit 1 Mon., 2 Mon. etc.?
191
Seite 24. Hier ist doch Einlösungspflicht offenbar in dem Sinne gemeint: Umtausch gegen Metall. Telephonisch meinten Sie, dass Sie die Einlösungspflicht auch auf die Pflicht (begrifflich) ausdehnen wollen, die Note als Zahlungsmittel gegen sich selbst gelten zu lassen. Die Stelle scheint mir zu beweisen, dass das sprachlich nicht unbedenklich ist. 2 Arten!
Seite 24. Bei Silber kann man — weil das Publikum nicht
gern an paar Pfund Silber in der Tasche trägt — auch bis zu einem gewissen
Grade inflationieren, während die Einlösungspflicht aufrecht erhalten bleibt. (1873 Deutsch-land.) Die Überleitung der
Einlösungspflicht zum Zwangskurs scheint mir etwas unvermittelt.
Seite 19, u. F a e 1 1 i
g sind die Noten nicht sofort; nur
verwertbar.
Seite 12. lieber:
"einen neuen und doch sicheren Weg".
_________________________________________________________________________________________
Die folgende Notiz von
Beckerath bezieht sich wahrscheinlich auch auf Seite 69 dieses Manuskriptes :
"Zu prüfen wäre, ob
die von Adam Smith geforderte Rückzahlung in Raten (Wochenraten) die Dauer des
Kredits zu verlängern erlaubt."
_________________________________________________________________________________________
(Verlagsanzeige auf dem hinteren
Umschlag – J.Z.)
Vom selben Verfasser ist
im Verlage von Georg Stilke
Berlin NW 7, bereits
früher erschienen:
Am Tage nach dem Zusammenbruch
Eine
wirtschaftspolitische Studie
77 Seiten. Berlin 1931.
Geheftet RM. 1.50
________________
Vom gleichen Verfasser
sind im Verlage von
Gustav Fischer in Jena erschienen:
Die Reform der
Mündelsicherheitsbestimmungen
und der industrielle Anlagekredit
Zugleich ein Beitrag zum
Erwerbslosenproblem
VI und 90 S. Jena 1929.
Preis RM. 3.60
Arbeitslosigkeit und Kapitalbildung
Zugleich ein bankpolitisdies Programm
zur Bekämpfung der
Wirtschaftskrise
XI und 154 S. Jena 1930.
Preis RM. 7.50
_______________
Im Verlage der
Bankwissenschaft, Berlin, befindet im Druck:
Hypothekenbankwesen
ca. 90 S.
(J.Z.: Dieses
letzte Buch besitze ich nicht, sondern nur die anscheinend vorangegangene
Veröffentlichung in drei Teilen, in BANKWISSENSCHAFT, Berlin, von denen der 3.
Teil in der Ausgabe vom 20. 7. 1931 erschien.
Leider fehlt
mir vom 1. Teil noch S. 125. – Für die Buchausgabe, die noch von Rittershausen
verbessert sein könnte, und auch für
die fehlende Seite, biete ich einige meiner Mikrofiche-Ausgaben oder einige
meiner digitisierten Texte an, derm ersten, der sie mir offeriert. – J.Zube, jzube@acenet.com.au
27.6.05.)
(S. 181)
***********************************
weitere Anmerkungen
von John Zube
zu Rittershausen: Der Neubau des Deutschen
Kreditsystems
2005 - digitalisierte Version
mit ‚jz’-gekennzeichnete Fußnoten
jz1: (J.Z.:
Immer die Wertbestaendigkeit von langfristigen Anlagen vorausgesetzt! – J.Z.,
28.6.05.)
jz2: (JZ: In diesem
frühen Buch hing R. anscheinend immer noch der matallischen Einlösungstheorie
an, statt der Goldrechenwährung. Die letztere verspricht nur die Einlösung in
oder Annahme für Güter und Dienstleistun-gen, die in Goldgewichtseinheiten ausgezeichnet
sind, und ebenfalls Annahme zum nominellen Goldwert bei der Bezahlung von
anderen Schulden, die in Goldgewichtseinheiten gemessen sind. Diese
nicht-metallische "Einlösung" oder Annahme zum Nennwert gilt nur für
die Ausgeber solcher Noten und, durch Vertrag, für ihre Schuldner. Ihnen
gegenüber haben ihre Scheine Zwangskurs, d.h., Annahmezwang und Zwangswert. Im
freien allgemeinen Verkehr aber nicht. Ein freier Goldmarkt, freie Ausmünzung
und freier Umlauf von Goldmünzen gehören zu den Voraussetzungen einer
Goldrechenwährung. Ebenso die Abschaffung des Rechtsanspruchs der Gläubiger auf
Zahlung in Goldmünzen. Er kann dann nur Bezahlung mit anderen Zahlungsmitteln
verlangen, die insgesamt den Goldwert der Schuld haben. – Aber der Schuldner bleibt frei mit
Goldmuenzen zu zahlen, wenn er so zahlen kann und will. - J.Z., 24.6.05.)
jz3: (J.Z.: Hier besteht
er nicht auf der metallischen Einloesung als eine vermeintliche Notwendigkeit,
sondern sieht nur den verrechneten Waren- und Dienstleistungsumsatz und die
Annahmebereitschaft fuer die dafuer ausge-gebenen Verrechnungsmittel, in Form
von gestueckelten Handelswechseln, als noetig und wesentlich an. An anderen
Stellen aber besteht er dennoch auf der metallischen Einloesung, vielleicht nur
um diesem auch unter Akademikern populaeren Vorurteil
Rechnung zu tragen. – J.Z., 28.6.05.)
jz4: (? - J.Z.: Die Noten
haben einen freien Kurs, der sehr weitgehend publiziert ist. Bei Überausgabe oder
Verdacht einer Verschlechterung, würde sich ein Disagio bilden. Wenn es
verbleibt, würde sich der Ausgeber als Emit-tent unmöglich machen und
vielleicht in den Bankrott getrieben werden. Ein an sich unbegründetes Disagio
würde schnell wieder durch den Rückfluss der Noten an die verschwinden, die
diese Noten zu ihrem Nominal-wert annehmen müssen: Der Ausgeber und seine
Schuldner. Ein grosser Missbrauch ist daher auch bei schlech-tem Willen und
grosser Unwissenheit nicht möglich. Noten, die nicht zu pari stehen, im
allgemeinen Verkehr, und die ein potentiellen Annehmer nicht vollgültig zur
Bezahlung seiner Schulden an den Ausgeber benutzen kann, würden einfach
abgelehnt werden. Also viel mehr wirkt hier als nur die Gutwilligkeit der
Bankiers. Ihr Selbstinteresse ist auch eingeschlossen. – J.Z., 24.6.05.)
jz5: (? – unechte! –
J.Z.)
jz6: (J.Z.:
Da jetzt Warenwechsel nicht mehr üblich sind, wären entsprechende andere
Forderungen aus Waren-verkäufen zu diskontieren. – J.Z., 25.6.05.)
jz7: (J.Z.:
Ebenso, wie die Kriegssprache und ihre Ausdruecke, wurden auch die Kriegsideen
weitgehend in den "Frieden" uebernommen. – J.Z., 28.6.05.)
jz8: (J.Z.: Eher:
Zwangswert!)
jz9: (J.Z.: "Wir
Deutsche" konnten es nie, nur unsere Regierungen konnten es, denn nur bei
ihnen lag das Entschei-dungs-"Recht" über Krieg und Frieden und nur
sie hatten die Macht ihren Willen in dieser Hinsicht zu erzwin-gen – und dieses
"Recht" und diese Macht wird auch heute noch nicht genügend
angezweifelt und kritisiert. – J.Z., 25.6.05.)
jz10: (? – J.Z.: Auch sie
wurden durch die Inflation geschädigt! – J.Z.)
jz11: (? – J.Z.: Weder
Devisen noch Gold als Deckung und zur Aufrechterhaltung einer Währung nötig! –
J.Z., 25.6.05.)
jz12 (? – J.Z.: Nur
gesetzliche Verbote stehen z.B. der Gründung neuer Notenbanken im Wege, die nur
gesunden Umsatzkredit mit ihren Noten vermitteln würden. – J.Z., 25.6.05.)
jz13: (J.Z.: Selbst dafuer sind kurzfristige Spargelder ebensowenig noetig wie Gold-
oder Silbermuenzen, wie sich aus der oben eroerterten Diskontierung gesunder
Forderungen aus Warenlieferung mit Hilfe von Banknoten ergibt, die nur eine
Zerstueckelung solcher kurzen
Forderungen in zum voruebergehenden Umlauf geeignete Form darstellen. – J.Z.,
28.6.05.)
jz14: (J.Z.:
Vielleicht weil eine neue Inflation befürchtet wurde und man sich deshalb und
so nicht langfristig fest-legen wollte. – J.Z., 25.6.05.)
jz15: (J.Z.:
Wertbestaendigkeit vorausgesetzt. Es war aber noch nicht vergessen, dass z.B.
die meisten Millionäre Deutschlands aus der Zeit vor der grossen Inflation von
1914-1923 danach keine Millionaere mehr waren, weil auch sie sich in nominalen
Wertpapieren festgelegt hatten. – J.Z., 28.6.05.)
jz16: (J.Z.: Wenn sie
immer noch metallische Einlösung versprechen, für alle ihre Umsatzkreditnoten,
obwohl die meist schon verrechnet werden, dann müssten sie doch für dieses metallische und so festgelegte Kapital einen Zins
anrechnen. Leider schlug Ri. in diesem Buch immer noch eine solche Einlösung
vor, statt eine "Einlösung" nur durch Annahme by Schuldzahlungen und
bei Zahlungen für Waren und Dienstleistungen, immer zu ihrem nomi-nellen Gold
oder Silberwert. Schliesslich kann man Gold und Silver ja auch nicht essen.
Edelmetall stellt hier nur eine angeblich nötige oder nützliche zusätzliche Sicherheit dar. Eine andere
Einlösungsmöglichkeit, für Depositen, die nicht
kurzfristig genug angelegt sind, bei fehlender Liquidität der Bank, wäre die
Übergabe der Papiere, die die mittel- und langfristigen Kredite der Bank
darstellen. Wenn der Depositen-Vertrag der Bank mit ihren Depositen-Einlegern
das ganz klar macht, dann kann sie auch dadurch einen gefährlichen
"run" auf die Bank vermeiden. Wenn die Banken so verfahren würden,
dann würde dadurch ihren Kunden auch nahegelegt, die Anlage in Wert-papieren
entweder selbst vorzunehmen oder
einem von ihnen gewählten "investment
trust" anzuvertrauen. Ansonsten könnten diejenigen, die etwas Bargeld
bei einer Bank sicher haben wollen, sich der dortigen Tresor-möglichkeiten
bedienen. Dort könnten sie ihre eigene Bargeldreserve aufbewahren, natürlich
ohne dafür Zins zu erhalten, aber doch verhältnis-mässig sicher wenigstens vor privaten Dieben und Räubern. – Es wurde
mehrfach geschaetzt, dass fuer Zeiten ohne hohe Steuern und zahlreiche
Regulierungen der Diskont-Zinssatz fuer die Diskontierung gesunder
Handelswechsel und entsprechender Papiere durch freien Wettbewerb selbst auf
die eigenen Verwaltungskosten und Versicherungspraemien herabsinken koennte,
was zu jährlichen Zinssaetzen fuer diese Zwecke von vielleicht nur ½ bis 1
½ % fuehren koennte. Das Risiko bei der Diskontierung blosser Finanz-wechsel
waere natürlich viel höher und in vielen Fällen überhaupt nicht tragbar.
– Wenn die Ausgabe von umsatzfördernden Zahlungsmitteln unter voelliger
Bankfreiheit zum grossen Teile auch von Emittenten wie oöertlichen
Ladengemeinschaften übernommen werden würde, dann könnten und würden diese vielleicht den Zinssatz fuer die
Diskontierung der kurzfristigen Schuldurkunden ihrer Mitglieder, nämlich der
Ladenbesitzer und Kaufhäuser, gar auf Null heruntersetzen können, wenigstens
für alle, die ihre kurzfristigen Schulden gegenüber ihrer Emissionsstelle
rechtzeitig abtragen. Aber für verspätete Rückzahlungen, gewissermassen als
Vertragsstrafe, könnten dann sehr hohe Zinssaetze erhoben werden. Man vergleiche
wie heute viele Verkäufer ihre Waren für längere Zeit sogar in zinslosen
Krediten anbieten, sich dafür aus ihrer Verdienstspanne schadlos haltend. Das
geschieht natürlich zu grossem Ausmasse nur unter dem Deflationsdruck der mit
dem heutigen Gelddespotismus verbunden ist. – Wie hoch oder wie niedrig der
Diskontsatz für "real bills" in Zukunft unter voller
Wirtschafts-freiheit, einschliesslich voller Bankfreiheit sein kann und wird,
wird nur der dann folgende freie Wettbewerb entscheiden können. - J.Z.,
25.6.05.)
jz17: (J.Z.:
Nach dem richtigen "banking principle", der
Handelswechseldiskontierung oder der "real bills doctrine", ohne den
metallischen Einloesungsfimmel, sind fuer die blosse Umsatzfinanzierung auch
die kurzfristigen Depositen ueberhaupt nicht noetig! Ganz freier Wettbewerb
wuerde das beweisen.– J.Z., 28.6.05.)
jz18: (J.Z.:
Nach dem 2. Weltkrieg trat Rittershausen nicht nur fuer einen "Abbau"
der Preiskontrolle ein, sondern, wie Leonard E. Read, spaeter, fuer ihre
sofortige totale Abschaffung. Die graduelle Verminderung jedes Protektio-nismus
fuehrt gewoehnlich zu seiner Lebensverlaengerung und nicht zum Freihandel. Jede
Art der Staatseinmischung in die Wirtschaft sollte radikal abgeschafft werden –
wenigstens in den entsprechenden freiwilligen Gemeinschaften. – J.Z., 28.6.05.)
jz19: (? – J.Z.)
jz20: (? : verrechenbare!
– J.Z.)
jz21: (??? – J.Z.: Es ist
seiner Natur nach unrechtmässig und fehlerhaft. – J.Z., 25.6.05.)
jz22: (J.Z.:
Offenbar wollte Ri. hier nicht zu sehr anecken! – J.Z., 25.6.05.)
jz23: ( ?- J.Z.)
jz24: ( ?- J.Z.)
jz25: ( ?- J.Z.)
jz26: (J.Z.:
Ich bezweifle, dass eine einzige
Noten- oder Scheckbank dieser Art für ein ganzes Land wie Deutschland genügen würde. Zu Zeiten als die
Notenausgabe noch verhältnismässig frei war gab es oft Notenbanken für nur ca.
2 000, 20,000 oder 200,000 Einwohner. In Deutschland würden sich wahrscheinlich
einige Dutzend Notenbanken halten können – und insgesamt viel besser arbeiten
als nur eine Notenbank für den Umsatzkredit. Die üblichen Vorteile der
Dezentralisation würden auch hier vorliegen. Wahrscheinlich würde jeweils nicht
mehr als eine dieser Notenbanken grosse Fehler machen – und selbst dann wären
nur ihre Kunden geschädigt, nicht das ganze Land. Aber so radikale und
provozierende Vorschläge wollte Ri. damals wohl nicht machen. Immer hübsch
vorsichtig aufs Glatteis gehen! Er schlug nur vor was unter damaligen
Verhältnissen vielleicht durchsetzbar gewesen wäre, den populären und auch den
überwiegenden akademischen Vorurteilen entsprechend. – J.Z., 25.6.05.)
jz27: (J.Z.: Wenn
Goldmünzen oder Staatspapiergeld dafür nicht nöetig sind, wie er hier zugibt,
dann sollte man auch Einlösung in ihnen nicht versprechen oder als vermeintlich
notwendig erwaehnen, wie das R. mehrfach noch in diesem Buche getan hat. –
J.Z., 28.6.05.)
jz28: (J.Z.:
Der vermeintlich "schöpferische" Kredit ist nicht
"schöpferisch" sondern betruegerisch und, letztlich, zerstoerend, wie
Rittershausen in diesem Buche sehr gut gezeigt hat. Die gerechtfertigte
Opposition gegen solche "Schoepfungen" ist, leider, ohne jede
Rechtfertigung, nur weil da ein voruebergehendes "Mehr" auf der
Geldseite beobachtet wurde, während das "Mehr" des Güterumsatzes
ignoriert wurde, auch auf gesunde Verrechnungs-zahlungsmittel und
Verrechnungsmethoden ausgedehnt worden, als ob auch sie nur blosses
"fiat-money" wären. Nicht einmal der Unterschied zwischen blossem
Zwangskursgeld und Freikursgeld wurde beachtet, sondern nur die schon lange
beseitigte metallische Einlösung durch den Emittenten. Fixe Ideen herschen
immer noch in der Welt, auch unter vielen Wissenschaftlern. Ohne genügende Unterscheidungen kommt man an
Wahrheiten nicht genügend heran. – J.Z.,, 28.6.05.)
jz29: (J.Z.:
Meines Wissens war es genuegend frei auch schon damals nicht mehr! –
J.Z., 25.6.05.)
jz30: (J.Z.: Aber gerade
zum Nachdenken soll der Aufdruck auf
den Noten: "gesetzliches Zahlungsmittel" oder "legal
tender" ja nicht anregen sondern er soll zu dem mit dem Staatspapiergeld
allzuüblichen grossen Betrug
beitragen, wie so viele andere politische Schlagworte in den
"Demokratien", die auf viele Arten immer noch ganz despotisch regiert
werden. – J.Z., 28.6.05.)
jz31: (J.Z.:
Hier war Dr. G. Ramin einen bedeutenden Schritt den Ansichten von von Dr. H.
Rittershausen voraus oder wagte es einfach sich noch radikaler auszudrücken. –
J.Z., 25.6.05.) Auch muß sich jeder, der einen solchen Scheckkredit in Anspruch
nimmt, verpflichten, jederzeit Schecks der gemeinsamen Bank wenigstens bis zu
dem Betrage in Zahlung zu nehmen, der seiner Restschuld gegenüber der Bank
entspricht.
jz32: (J.Z.: Wie diese
"Hüterin" "unserer" "Währung" sie immer wieder
verschlechtert, d.h. "nicht
während" macht, das haben wir ja seitdem mehrfach erlebt. Sollten wir
irgendeiner Zentralnotenbank daraufhin in Zukunft weiterhin Vertrauen schenken,
ganz unverdient? – Aber damals wollten sich weder Rittershausen noch Ramin die
Reichsbank zu ihrem Feinde machen. - J.Z., 25.6.05.)
jz33: (J.Z.:
Ich meine, dass beide – und auch andere Geldfreiheitsmethoden und Institutionen
so viel wie möglich gebraucht werden sollten. Aber ein so weitgehender
Vorschlag ist eben noch schwerer durchzusetzen, obwohl er dadurch auch einige
wenige weitere Anhänger haben würde. –
Der erste Schrift wird vielleicht doch sein müssen, erst einmal das
Austrittsrecht aus dem Staat durchzusetzen, auch für Einzelne und, jedenfalls,
für alle Gruppen, Gesellschaften und Gemeinschaften von Freiwilligen. - J.Z.,
25.6.05.)
jz34: (wie? – J.Z.)
jz35: (J.Z.:
Im Grunde genommen ist auch diese Frage verhältnismässig einfach, nämlich, so
einfach wie die Kapital-anlage von Bargeld oder Giroguthaben heute ist durch
ihre Besitzer. Sie müssen sich mit ihrem Geld entsprechende Wertpapiere oder
"fixed deposits" kaufen, nur müssen sie dabei die alternativen
Zahlungsmittel als Geld zur ihrer Bezahlung gebrauchen und die Rückzahlung
geschieht auch in diesen alternativen Zahlungsmitteln. Nur der Gebrauch von
alternativen Zahlungsmitteln dabei entspricht nicht der gewöhnlichen Denkweise
und Praxis. – J.Z., 25. 6. 05.)
jz36: (J.Z.: Oder dass
sie andere Güter produzieren oder Dienstleistungen verkaufen, mit denen sie
sich die benötigten Konsumgüter vom Auslande eintauschen oder, indirekt, einkaufen
können, im Prinzip wieder nur durch eine Verrechnung, so leicht gemacht wie
möglich. – Wir leben heute weitgehend von Konsumgütern die in vielen
verschiedenen Ländern produziert wurden, während unsere Produkte und
Dienstleistungen auch zum grossen Teil weltweit verbraucht und gebraucht
werden. - J.Z., 25.6.05.)
jz37: (J.Z.:
Wahrscheinlich auch ein Resultat der weiterbestehenden Angst vor der
Möglichkeit einer weiteren Inflation! – J.Z., 25.6.05.)
jz38: (J.Z.:
Bei solchen Einsichten war es für R. wahrscheinlich hilfreich, dass er auch als
Buchhalter oder Prokurist und, später, als Betriebswirtschaftler arbeitete und
lehrte. Für etwas ausserhalb der Wirtschaft stehende Leute wie mich sind solche
Einsichten nicht leicht zu gewinnen. Ich habe schon das wenige, das ich mal
über Buchhaltung gelernt hatte, fast ganz vergessen. – J.Z., 25.6.05.)
jz39: (J.Z.:
Bei Paristand ist offenbar eine Einlösung nicht nötig. Erscheint aber ein
Disagio, so zeigt dies die Grenze für die Emission an, auch ohne metallische
Einlösung. Nur noch Schuldner des Ausgebers werden dann solche Zahlungsmittel
annehmen oder gar suchen und kaufen, um dadurch ihre Schuldenlast zu
vermindern. Andere werden die Annahme verweigern und der Ausgeber wird sich
hüten Noten mit Disagio auszugeben, die er gleich wieder zu 100 % annehmen
müsste. – J.Z., 26.6.05.)
jz40: (J.Z: Auch ohne
Zwangskurs? Höchstens kann sie ihre eigenen Zahlungsmittel entwerten aber die
Waren und Dienstleistungspreise, in wertbeständigen Einheiten ausgedrückt,
würden dadurch nicht inflationiert.
– J.Z., 26.5.05.)
jz41: (J.Z.:
Ich besitze dieses Buch leider nicht sondern nur eine unvollständige
Photokopie, in drei Teilen, aus der "Bankwissenschaft" wovon der 3.
Teil in Heft 8, 8. Jahrgang, Berlin, 20. 7. 1931 erschien. Vom 2. Teil fehlt
mir S. 125. Für die fehlende Seite und die Buchausgabe würde ich gern, im
Austausch, einige meiner digitisierten Texte oder einige meiner
Mikrofiche senden. – Ich nehme an, dass Prof. Rittershausen für die
Buchausgabe den Text noch etwas weiter verbessert hatte. - J.Z., 26.6.05, jzube@acenet.com.au
)
jz42: (fast! – J.Z.)
jz43: (J.Z.:
Wenigstens im letzten Kriegsjahr, 1918, war Rittershausen im ersten auch
Soldate. Er sprach noch oft in seinen Schriften in der militärischen
Terminologie. – J.Z., 26.6.05.)
jz44: (J.Z.:
Genauso wie z.B. die Preiskontrolle und die Schutzzölle wäre auch hier der
aufgezwungene Despotismus sofort und vollständig aufzuheben, aber das nur für
alle Leute und Gemeinschaften, die ihn ablehnen. Dann würden die neuen
Freiheitsmöglichkeiten selbst schnellstens Schule machen und weitere Fehler auf
ein Minimum be-schränken. Auch hier ist die Freiheit nicht zu befürchten,
sondern nur der Widerstand derjenigen, die die Freiheit fürchten. Um diesen
Widerstand zu reduzieren wären alle solche Reformen ganz auf freiwillige
Gemeinschaften, hier freiwillige Zahlungs- und Währungsgemeinschaften etc., zu
beschränken. Den Ängstlichen und Vorurteils-vollen wäre also ihr vermeintlicher
Schutz nicht wegzunehmen. Sie würden von den Freiheitsmöglichkeiten nur dann
und nur zu dem Ausmasse und Schritt für Schritt Gebrauch machen, unter
Gleichgesinnen, als sie die Frei-heitsmöglichkeiten, oft nur ganz allmählich,
durch die Beobachtung der Erfolge der Pionier-Gruppen um sich herum sehen und
verstehen würden. Andere würden einfach, auch ohne volles Verständnis, kopieren
was immer und ganz offensichtlich gut arbeitet, ohne sich um die Prinzipien und
Theorien zu kümmern, ebenso wie sie eine hoch entwickelte Technik täglich
gebrauchen ohne sie voll zu verstehen. Es handelt sich ja auch hier nur um eine
Zahlungsmittel-, Währungs-, Verrechnungs- und Kredittechnik. – J.Z., 26.6.05.)
jz45: (J.Z.:
Also auch hier haelt er den von ihm sonst verlangten metallischen
Einloesungsfonds fuer ueberfluessig, waehrend er auf eine solchen Einloesung
and anderen Stellen besteht! – J.Z., 28.6.05.
jz46: (J.Z.:
Hier denkt er schon wieder an Einlösungsgeld oder Depositen statt nur an die
eigenen Verrechnungsscheine fuer das Diskontgesschaeft. Er hatte dieses Buch
wohl zu eilig geschrieben, ohne genuegende Revision. – J.Z., 28.6.05.)
jz47: (J.Z.:
Nach den Billionenverlusten, die in den Massenmedien berichtet werden, ist es
in dieser Hinsicht auch heute noch nicht anders. – J.Z., 26.6.05.)
jz48: (J.Z.:
Andere Sachwerte als Edelmetalle können fast im Übermass geliefert werden, wenn
auch nicht immer und vollständig sofort oder kurzfristig. Gerade während einer Deflationskrise
sind die haltbaren Sachwerte gewöhnlich übermässig gross. – J.Z., 26.6.05.)
jz49: (J.Z.:
Das Terminrisiko und die Art der Rückzahlung sollten auseinandergehalten
werden. Mit ihren Waren und Dienstleistungen sind die meisten Schuldner immer
noch auf kürzere bis längere Zeit leistungsfähig. Ihre Rück-zahlungsraten wären
dieser Leistungsfähigkeit entsprechend zu vereinbaren. – J.Z., 26.6.05.)
jz50: (J.Z.: Fähigkeit?
Sachkenntnis? – J.Z.)
jz51: (J.Z.:
Nicht die Einlösbarkeit in Goldmünzen
ist wichtig sondern die Einlösbarkeit in
Waren, Dienstleistungen und Schuldquittungen, alle in Goldgewichtseinheiten
ausgezeichnet. Dadurch wird Unabhängigkeit von einem Goldschatz für die
potentiellen Emittenten erreicht, nur diejenigen ausgenommen, die keine anderen
Güter, Dienstleistungen oder Schuldquittungen anzubieten haben oder wollen.
Im freien Wettbewerb
unter Emittenten für Umsatzzahlungsmittel werden diejenigen, die keinen
Goldschatz zu halten brauchen und, abgesehen von Geschäftsräumen, Büromaschinen
usw und Personal auch kein bares Be-triebskapital oder Sparkapital brauchen, um
Umsatzkredite gewähren zu können, bald marktbeherrschend werden. Es ist daher
nicht die Einlösbarkeit in Edelmetall die primär wichtig ist, sondern die
Abwesenheit des Zwangs-kurses.
Um es noch einmal und
etwas anders zu betonen: Die Verrechnung braucht überhaupt keine metallische
Einlösung für ihre Zahlungsmittel und Zahlungsmethoden – sondern nur einen
guten Wertmassstab, wie z.B. die Gold-gewichtseinheit, um ihre Verrechnungs-Zahlungsmittel
meist auf dem Paristand zu erhalten oder nahe daran, und letzteres auch das nur
vorübergehend. – J.Z., 26.5.05.)
jz52: (J.Z.:
Und all denjenigen, die für alle praktischen Zwecke nahe genug an die Länge
dieses Originalmeters herankommen! Da viele Leute genügend genaue Metermasse
besitzen könnten die Betrüger schnell festgestellt werden, auch ohne den
Originalmeter in Paris zum Vergleich immer heranziehen zu müssen. – J.Z.,
26.6.05.)
jz53: (J.Z.:
Hatte er das auch nur versucht? Hatte er gewusst, wie er das hätte machen
können oder sollen? Hatte er wenigstens ganz ehrliche und vernünftige
Vorschläge gemacht? – Mit ihnen hätte die Reform sehr schnell geschehen können,
wie es später z.B. durch die "Vier Gesetzentwürfe" beabsichtigt
wurde. - J.Z., 26.6.05.)
jz54: (J.Z.: ? Selbst in
der Weimarer Republik und in der Westdeutschen Republik wurden
der monetäre Despotismus fortgeführt und er besteht noch immer! – J.Z.,
26.6.05.)
jz55: (J.Z.: Aber nicht
in der Form der Goldrechenwährung! – J.Z., 26.6.05.)
jz56: (auch die? – J.Z.)
jz57: (? J.Z.: Mit in
Gütern & Dienstleistungen etc. zu ihrem Nominalwert einlösbaren! – J.Z.,
27.6.05.)
jz58: (? J.Z.: Mit in
Gütern & Dienstleistungen etc. zu ihrem Nominalwert einlösbaren! – J.Z.,
27.6.05.)
jz59: (Aufhebung! – J.Z.)
jz60: (J.Z.:
Mal wird das gehortete Geld ja doch
wieder zu Zahlungen benutzt werden, besonders wenn viele Preise, auch für
Kapitalien, schon sehr tief gefallen sind. Spätestens die Erben werden es
wieder ausgeben. Die dann aus
Notpreisen bald schnell zu normalen Preisen steigenden Preise werden aber gerade dann und dadurch zur schnellen
Verwendung der gehorteten Noten anreizen. Insofern ist die Analogie mit dem
Gummiball nicht schlecht, für akute und relativ kurze und scharfe Deflationen,
die auch weitgehend bemerkt werden. Aber sie müsste ergänzt werden durch die
Möglichkeiten der Emissionsfreiheit, die die Wirtschaft unabhängig macht vom Umfange der gehorteten Noten, und auch durch
die Gutschein- und "ticket-money" Theorie und Praxis, die ihren
Geldzeichen keine unbeschränkte Lebens- oder Geltungsdauer gibt, sondern ihnen,
wie den früheren guten Handelswechseln, nur eine beschränkte Laufzeit
zugesteht, eine Periode die der Warenbewegung vom Verkäufer zum letzten
Verbraucher entspricht. – J.Z., 27.6.05.)
jz61: (J.Z.: Unter der
ausschliesslichen Metallwährung und dem staatlichen Papiergeldmonopol,
abgesehen von Hilfsmitteln wie Wechseln unter Kaufleuten und anderer Verrechnung,
konnte sie sogar nicht nur für Jahre und Jahrzehnte sondern für Jahrhunderte,
ja sogar für Jahrtausende andauern, unverstanden und unerklärt und solche
Zeiten gelten deshalb auch heute noch weitgehend als "normal", selbst
unter den meisten "Gelehrten". – J.Z., 27.6.05.
jz62: (J.Z.: Vielleicht
wird mal jemand, aus vielen allzu verstreuten Hinweisen, die Geschichte der
lange andauernden Deflationen schreiben, für die die Geschichte von
Notgeldausgaben auch viele Symptome bringen würde. – Die Manuskripte von Ulrich
von Beckerath über Arbeitslosigkeit in alter Zeit und Notgeldausgaben sind
leider durch einen Bombenangriff im November 1943 in Berlin verbrannt. Wenn man
das Elend von tausenden von Millionen von Arbeitslosen und anderen Deflationsopfern
- über die vielen Jahrzehnte seitdem – und über die ganze Welt verbreitet,
bedenkt, dann könnte man die Konsequenz der Zerstörung dieser Manuskripte als
schlimmer bewerten als die sonstigen zivilen Opfer von Bombenangriffen auf
Berlin. – Aber selbst unter den heutigen Umständen besteht immer noch keine
Garantie, dass so wenige Schriften auch genügend veröffentlicht, diskutiert,
verstanden und beachtet werden. In den Sozialwissenschaften sind der Dummheit
und den Vorurteilen und Irrtümern immer noch keine Grenzen gezogen, oder,
vielmehr, können sie den schon etwas aufgeklärten immer noch territorial
aufgezwungen werden. - J.Z., 27.6.05.)
jz63: (J.Z.:
Wirtschaftshemmende Monopole sollten nicht nur gemildert, sondern ganz
abgeschafft werden. – J.Z., 27.6.05.)
jz64: (J.Z.:
Also: Metallische Deckung und
Einlösung sind dafür nicht nötig! –
J.Z., 27.6.05.)
jz65: (J.Z.:
"bei der" ist hier wohl auszustreichen. Der Setzer hatte vielleicht
eine Verbesserung des Manuskriptes nicht richtig gelesen. – J.Z., 27.6.05.)
jz66: (J.Z.: "für
die Dauer" oder nur "dauernd"? – J.Z.)
jz67: (J.Z.:
Voraussetzung dafür ist natürlich die Wertbeständigkeit langfristiger
Kapitalanlagen, die Erhaltung der Kaufkraft des Wertmasses, die aber nach der
Meinung und den Erfahrungen vieler Sparer unter der Zwangskurs-papierwährung
nicht mehr gegeben war. Deshalb wollten sie zum grossen Teil ihre Ersparnisse
nur kurzfristig bei den Banken anlegen. – J.Z., 27.6.05.)
jz68: (J.Z.:
Was sie jederzeit versprechen kann ist nur die Rückzahlung zu dem Ausmasse, als sie flüssige Mittel besitzt oder sie erhält.
Hier könnten Wartelisten helfen und Auszahlung in Raten, immer den flüssigen
Mitteln der Bank oder Sparkasse entsprechend. Ansonsten könnten den Einlegern
entsprechende Wertpapiere zur Verfügung gestellt werden, statt der
Auszahlungen, die sie dann auf dem Kapitalmarkt verkaufen könnten. Leistungen,
die man nicht immer leisten kann sollten nie als jederzeitiges Anrecht
zugesprochen werden. Dass Versprechen die nicht immer haltbar sind dennoch gewohnheitsmässig
gemacht werden und von Volkswirtschaftlern nicht einstimmig verdammt werden -
ist kein gutes Zeichen. Dasselbe gilt für feste Zinssätze. Sie sollten so weit
wie möglich durch variable Zinssätze ersetzt werden, die nur Beteiligungen an
den erreichten Gewinnen darstellen, ebenso wie Dividenden. – Siehe den
folgenden Paragraph. - J.Z., 27.6.05.)
jz69: (J.Z.:
Nicht nur Politiker und Liebende machen Versprechen die sie weder erfüllen
können noch wollen. – J.Z., 27.6.05.)
jz70: (J.Z.:
Wie hoch werden oft diejenigen belohnt, die solchen Unsinn als der Weisheit
letzten Schluss verkünden? – J.Z., 27.6.05.)
jz71: (J.Z.: Nach einer
Bemerkung von U. v. Beckerath war ein grosser Teil der kurzfristigen
"Auslandsgelder", die falscherweise von den deutschen Banken
langfristig angelegt worden waren, in Wirklichkeit nur deutsches
Flucht-kapital, dessen Eigentümer der deutschen Währung und Besteuerungrate
nicht mehr vertrauten, sondern es, des-halb, im Auslande, wenigstens
vorübergehend, angelegt hatten. Daraufhin wurde es dann, von den dortigen
Anla-geinstitutionen, die auch nur wenige kurzfristige Anlagemöglichkeiten
hatten, ausgerechnet in Deutschland wieder angelegt, aber nur in der Form von
ausländischem Geld und weil, falscherweise, die deutschen Institutionen bereit
waren kurzfristige Anlagen anzunehmen und hoch zu vergüten, was sie nur durch
ihre risikante langfristigen Anlagen dieser Gelder und nur vorübergehend tun
konnten. Statistische Übersichten darüber gib es, wahrschein-lich, garnicht.
Aber Beckerath wusste, vermutlich, durch seine Berufstätigkeit und seine
Kontakte, von vielen solcher inländischen
Kapitalbesitzern. – J.Z., 27.6.05.)
jz72: (J.Z.:
Leider ist das nicht immer genügend der Fall. Regierungen sind sehr
erfindungsreich in einer Hinsicht, nämlich, durch weitere Zwangsmassnahmen eine
durch vergangene unrechtmässige und unvernünftige gesetzliche Massnahmen schon
bestehende schlechte Situation noch weiter zu verschlechtern, und das oft für
sehr lange Zeiten. – Sie sind auch fast ganz unfähig zum Lernen aus
geschichtlichen Erfahrungen und so wiederholen sie dieselben unrechtmässigen
und falschen Handlungen immer wieder. - J.Z., 27.6.05.)
jz73: (? - J.Z.)
jz74: (? - J.Z.)
jz75: (? - J.Z.)
jz76: (? – J.Z.)
jz77: (J.Z.:
Es brauchte dort nur zu seinem nominalen
Goldgewichtswert angenommen zu
werden, um seinen Pariwert mit seinem Nominalwert auch im allgemeinen Verkehr
zu erhalten. Denn solange noch nicht alle Steuerschulden bezahlt sind würden
sich bei Disagio die Steuerschuldner auf solche Zahlungsmittel stürzen, um
damit sofort ihre fälligen Steuern zum Nennwert dieses Papiergeldes zahlen zu
können und, vielleicht sogar, Steuervorauszahlungen so zu machen! – J.Z.,
27.6.05.)
jz78: (J.Z.:
Eine überflüssige "Deckung" braucht nur abgeschafft und nicht
verbessert zu werden. – J.Z., 27.6.05.)
jz79: (J.Z.:
Kein privilegiertes Zahlungsmittel sollte mehr geduldet werden! Volle
Vertragsfreiheit auch auf diesem Gebiet! – Zahlungsmittel sollten nicht
verknappt werden, sondern in dem Ausmasse zur ausreichend zur Verfü-gung
gestellt werden, im freien Wertbewerb, zu dem sie gebraucht werden. Alle
darüber hinaus angebotenen sollten und würden in der Regel abgelehnt werden. -
J.Z., 27.6.05.)
jz80: (J.Z.:
Auch in dieser Hinsicht sollte keine der Regierungen mehr "souverän"
sein dürfen, besonders seitdem sie ABC Massenmordwaffen besitzen und,
fortwaehrend, durch ausschliessliche Territorialansprüche immer wieder Kriege
heraufbeschwören. – J.Z., 27.6.05.)
jz81: (? - J.Z.)
jz82: (J.Z.: Dem unvollständigen
oder gar etatistischen "modernen" Liberalismus. – J.Z., 27.6.05.)
jz83: (? - J.Z.)