BERLINER
GESELLSCHAFT VON 1952 ZUR BEKAEMPFUNG DER URSACHEN DER ARBEITSLOSIGKEIT.
15.4.1953.
Ergebnis von Besprechungen mit
den Herren Kortmann und Lifka. Den Mitgliedern zur gefaelligen Kenntnisnahme.
Es waren Zweifel darueber
entstanden, ob ein Verrechnungswechsel (d.h. ein gewoehnlicher Wechsel mit dem
Aufdruck: "Nur zur Verrechnung") eingeklagt werden kann. Es wurden
folgende Bedenken geaeussert:
1.) Der Richter kann den
Wechselschuldner nicht zum Verrechnen zwingen, wenn der Schuldner entweder aus
Mangel an zum Einkauf geeigneter Ware oder aus Boeswilligkeit nicht verrechnet.
Es kann sein, dass der Schuldner eine Kassette mit sehr viel Bargeld dastehen
hat, er es aber ablehnt, den Wechsel mit Bargeld einzuloesen, sondern sich auf
die Aufschrift beruft: "Nur zur Verrechnung". Mit rechtlichen Mitteln
- - so wurde gemeint - - ist einem solchen Schuldner nicht beizubekonmen, wenn
es auch dem Wechselglaeubiger und dem Richter bekannt ist. dass der Schuldner
genuegend viel Bargeld besitzt, um den Wechsel in bar einzuloesen, und ihm eine
solche Einloesung auch wirtschaftlich zuzumuten ist.
2.) Zwar geht der Anspruch des
Glaeubigers durch die Unterlassung der Verrechnung nicht unter, aber der
Glaeubiger koennte nicht unter Inanspruchnahme der Privilegien des
Wechselgesetzes klagen; er muesste den Schuldner auf Schadensersatz verklagen
oder wegen ungerechtfertigter Bereicherung. Das Unterlassen der Verrechnung
durch das Verhalten des Schuldners bewirkt ja zweifellos einen Schaden des
Glaeubigers, zum mindesten in Hoehe der im Wechsel angegebenen Schuld.
Eine eingehende Erwaegung
dieser Bedenken fuehrte zu folgendem Ergebnis:
a.) Der Sinn des Aufdrucks:
"Nur zur Verrechnung" kann kein anderer sein als:
Wenn der
Schuldner den Glaeubiger befriedigt, so muss sich der Glaeubiger eine
Verrechnung gefallen lassen; er kann dann keine Barzahlung verlangen. Dieser
Sinn braucht nicht erst durch eine subtile Interpretation herausgebracht zu
werden, sie ergibt sich vielmehr ohne weiteres.
b.) Wenn der Schuldner den
Glaeubiger nicht durch Verrechnung befriedigt, so treten - - falls der
Glaeubiger klagen will - - die Bestimmungen des Wechselgesetzes ueber das
Einklagen von Wechseln in Kraft. Es wird dann der Wechsel nicht anders
behandelt als ein "Barwechsel". Insofern geht also die rechtliche
Wirkung des Aufdruckes "Nur zur Verrechnung" unter.
c.) Wenn aber im Laufe des
Wechselprozesses der Schuldner doch dem Glaeubiger eine Verrechnung anbietet,
so kann der Glaeubiger sie nicht ablehnen. Er kann aber gegebenenfalls einen
ihm durch den Verzug des Schuldners entstandenen Schaden in der im BGB
vorgesehenen Weise geltend machen.
d.) Eine Klage aus einem
Verrechnungswechsel koennte also auf Grund des Wechselgesetzes durchgefuehrt
werden, ohne dass es dazu neuer gesetzlicher Bestimmungen bedarf oder
besonderer Instruktionen des Justizsenators an die Richter. (Ob solche
Instruktionen nicht doch zweckmaessig waeren, ist eine Frage fuer sich.)
Der Schriftfuehrer:
U.v.Beckerath.
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First published in: Ulrich von
Beckerath: Zur Freiheit, zum Frieden und zur Gerechtigkeit; Gesammelte Briefe,
Papiere, Notizen, Besprechungen. PEACE PLANS 428-467 (Mikrofiche), Berrima,
Australia, 1983. Page 2422.