Uebersetzung
aus "International Financial News Survey, Nummer vom 28.III.52. (Eine
halbamtliche, amerikanische Zeitschrift.)
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Der Freie Goldmarkt.
Die Goldhandelsfirma Samuel
Montagu & Co., London, schaetzt in ihrem Jahresbericht, dass im Jahre 1951
etwa 9 ½ Millionen Unzen ( 1 Troy Unze = 31,1 Gramm) Feingold auf den freien
Markt gelangt sind. Man glaubt, dass Europa etwa 40% davon aufgenommen hat, der
mittlere Orient etwa 30% und der Ferne Osten den Rest.
Im Jahre 1952 werden voraussichtlich weitere 4
Millionen Unzen vom freien Markt aufgenommen werden, nachdem die seit September
1951 veraenderte Goldpolitik des International Monetary Fund eine Moeglichkeit
des Uebergangs von Gold zum freien Markt geschaffen hat. Voraussetzung ist
allerdings, dass der freie Markt bereit ist, ein betraechtliches Aufgeld
gegenueber dem offiziellen Goldankaufspreis des Schatzamtes zu bezahlen
(naemlich 35 Papier-$ fuer eine Unze). Es ist wahrscheinlich, dass der
offizielle Ankaufspreis nicht bald geaendert werden wird, und dass die Menge
des gefoerderten Goldes betraechtlich sein wird. Darum wird erwartet, dass
waehrend der naechsten Zeit der Preis des Goldes am freien Markt eine
sinkende Tendenz haben wird. Andererseits aber ist zu bedenken, dass die
Nachfrage noch Gold in dem Masse steigen wird, als der Goldpreis sich einer
Grenze von 38 S pro Unze naehern wird. Im Publikum scheint noch immer die
Meinung vorzuherrschen, dass ein Ankauf von Gold zum Preise von 38 $ pro Unze
die beste Versicherung ist gegen kuenftige politische und oekonomische
Verschlechterungen. (Entnommen der "Times" vom 20.III.52.)
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Wer der Meinung ist, dass die seit langem
beobachtete Tendenz des Publikums in der ganzen Welt, Gold zu horten, eine
unerfreuliche, eigentlich zu bekaempfende Erscheinung ist, der sollte seine
Meinung doch mal begruenden. Blosse Glaubensbekenntnisse stehen in der
oekonomischen Wissenschaft sehr niedrig im Kurs.
Ferner: Wer gegen das Gold
a.) als Wertmesser,
b.) als Werttraeger,
c.) als nicht aufdraengbares Tauschmittel etwas
einzuwenden hat, der moege ebenfalls seine Gruende vortragen.
Viele verkennen folgendes:
Es handelt sich darum, das
Gold als monetaeren Herrscher zu entthronen und es zum Diener der
Volkswirtschaft zu machen, oder - - weniger pathetisch ausgedrueckt - - den
unter der Herrschaft der alten Goldwaehrungen bestandenen Rechtsanspruch der
Glaeubiger auf Goldmuenzen aufzuheben. Die Mittel hierzu sind u.a.:
a.) moeglichst weitgehende Anwendung der
Aufrechnung,
b.) Ausgestaltung der Aufrechnung so, dass sie
weitgehend dem Schuldnerschutz dient.
Ist das erreicht, so besteht
kein Grund mehr, sich die guten und seit vielen Jahrhunderten bewaehrten
Eigenschaften des Goldes nicht nutzbar zu machen.
Beckerath. 24.4.1952.
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First published in: Ulrich von
Beckerath: Zur Freiheit, zum Frieden und zur Gerechtigkeit; Gesammelte Briefe,
Papiere, Notizen, Besprechungen. PEACE PLANS 428-467 (Mikrofiche), Berrima,
Australia, 1983. Page 2235.