26.1.1952.

U. V. Beckerath,

(1) Berlin-Friedenau,

Schmargendorfer Strasse 21, III.

Amerikanischer Sektor.

 

Herrn David.

 

Zu den Ausfuehrungen des "Argentarius" ueber die Neigung kleiner Notenbanken zu schwindeln und die bei ihnen bestehende Gefahr, bankrott zu gehen, moechte ich folgendes bemerken.

 

      Von jeher hat man es als selbstverstaendlich angesehen, dass eine Privatnotenbank einen genuegend grossen Einloesungsfonds fuer ihre Noten bereit liegen haben muesse. Was hier als "genuegend gross" anzusehen sei, das war strittig. Die meisten meinten, ein Fonds etwa in Hoehe von 1/3 der ausstehenden Noten sei genug. Die Gesetzgebung alter Zeiten stand durchweg auf dem Standpunkt, dass eine Notenbank, welche ihre Noten nicht mehr in bar einloesen kann, als bankrott angesehen werden muss. Hieran uebt nun Greene eine gruendliche und einsichtsvolle Kritik. ("Mutual Banking", 1849 - jetzt durch eine in Bombay gedruckte Ausgabe wieder zugaengig.)

      Greene sagt: Die ganze Einloesungsidee ist 100%-iger Nonsense. Wenn die Bank ihren Schuldnern die Verpflichtung auferlegt, die Noten zu jeder Zeit wie Metallgeld anzunehmen und ihnen gleichzeitig das Recht gibt, mit den Noten zu jeder Zeit Abzahlungen auf ihre Schulden bei der Bank zu machen, so muessen die Noten trotz fehlender Einloesung bestaendig auf pari stehen. (Das Ganze von Rittershausen sehr passend als "Ladenfundation" bezeichnet.) Greene beruft sich ausserdem auf die Erfahrung. Er ruft den Waehrungs-Skriblern zu: Aber, wie urteilt denn das Publikum ueber die Noten der angeblich "bankrotten" Banken??? Beim Publikum stehen die Noten auf pari - - sagt Greene - - und zirkulieren ohne Schwierigkeit. Also ist in der ganzen Einloesungsidee und in den Grundsaetzen, eine Notenbank nur wegen Nichteinloesung ihrer Noten als bankrott zu erklaeren, irgendein Denkfehler. Der Denkfehler besteht aber in der Nicht-Beruecksichtigung der Tatsache, dass man ja mit den Noten Schulden an die Bank zu pari bezahlen kann, auch wenn sie im freien Verkehr ein Disagio erleiden.

 

Argentarius hat einfach nachgeschrieben, was frueher die Kritiker der "bankrotten" Notenbanken publiziert hatten. Auch Argentarius bemerkte nicht, dass die Notenbanken (es handelt sich in erster Linie um amerikanische) oekonomisch gar nicht bankrott waren. Die Banken hatten Guthaben bei Laeden etc. (auch Bauern) in Hoehe der ausstehenden Noten, und allmaehlich wurden diese Guthaben realisiert. Von alledem weiss Argentarius nichts. A. kennt das Darlehensgeschaeft der Depositenbanken, nicht aber das der alten Privat-Notenbanken.

 

Auch Greene hat nicht genuegend hervorgehoben, dass Notenbanken keinen langfristigen Kredit geben duerfen, wenn die "Ladenfundation" immer funktionieren soll. Wenn ein Ladenbesitzer sich z.B. mit einem Notenbankdarlehen ein neues Haus im Werte von 50.000 Gold-$ baut, sein Lager aber nur etwa 10 000 Gold-$ wert ist, und es tritt ein "run" ein, so kaufen dem Ladenbesitzer zwar die ersten sich Meldenden das Lager leer und geben ihm dafuer Noten im Betrage von 10.000$. Die dann noch Kommenden aber finden keinen Waren-Einloesungsfonds vor, denn an das Haus kommen sie natuerlich nicht heran. Wenn aber das Notenbankdarlehen nur fuer Waren gewoehnlicher Art gegeben wurde, dann passiert bei einem "run" weiter nichts, als dass die der Bank verschuldeten Laeden binnen wenigen Stunden ihr Lager verkauft haben und dabei fast reich werden! Bei Bareinloesungspflicht aber ist ein "run" fast das Schlimmste, was einer Bank passieren kann. Da kommen die Noteninhaber naemlich zu ihr und nicht zu den Bank Schuldnern, wo ja "Einloesungsgut" in Menge vorhanden ist.

 

Bth.

 

 

 

 

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First published in: Ulrich von Beckerath: Zur Freiheit, zum Frieden und zur Gerechtigkeit; Gesammelte Briefe, Papiere, Notizen, Besprechungen. PEACE PLANS 428-467 (Mikrofiche), Berrima, Australia, 1983. Page 2158.