Aus: Besprechung von Dr.Georg Reddewig: "Anpassung und Lenkung der Waehrung in Deutschland".

 

 

... ein (Speziell Entwurf IV.) so ist durch den freien Kurs immer genau so viel Bargeld im Verkehr, wie gebraucht wird. nicht eine Million weniger, nicht eine Million mehr.

 

27.) "Die Festlegung der Umlaufsgeschwindigkeit".  S. 51.

Es ist gut, sich auch einmal klar zu machen, wie es mit der U. unter der Herrschaft der Vier Gesetzentwuerfe waere. Nehmen wir gleich mal einen Fall an, der bei Zwangskursgeld ganz drakonische "Massnahmen" der Regierung herausfordern wuerde.

 

      Stadt Berlin. An Goldmarkt haben die Noten der Scheckbank X seit Tagen ein Disagio von - - sagen wir 10% gegenueber Goldmuenzen. Alle Welt fragt sich: Weshalb benutzen die Schuldner der Bank nicht die gute Gelegenheit, die Disagio-Noten zu erwerben und sie der Bank zu pari in Zahlung zu geben? Warum lassen sich die Schuldner die Gelegenheit entgehen, 10% binnen einer Stunde zu verdienen? Hat gar die Bank langfristige Kredite gegeben?? Das waere des Teufels!  Dann waere es ja erklaerlich, weshalb keine Schuldner da sind, die an sofortiger, fuer sie vorteilhafter Rueckzahlung ein Interesse haben. Wer weiss!? Gewiss ist: Eine Anzahl der Bank verschuldeter Laeden muss die Noten zu pari nehmen, gleichgueltig, zu welchem Kurs sie gehandelt werden. Auch eine Anzahl Unternehmen muss die Noten zu pari nehmen. Die Unternehmer sind ja auch verschuldet. Die Adressen sind bei der Bank zu erfahren. Ausserdem haengt bei jedem Schuldner ein Plakat im Fenster. Also, schleunigst hin, und die Noten (typisierten Verrechnungsschecks) in Ware umgesetzt.

      Ein paar Stunden spaeter sind die Laeden, welche die Noten annehmen muessen, leer gekauft. Das Publikum fragt den Geschaeftsinhaber: Wie ist ein Disagio moeglich?? Warum hast du nicht selbst die Noten aufgekauft und damit deine Schulden bezahlt???? Der Mann antwortet schlicht und einfach: Gute Leute - - mit welchem Kaufmittel sollte ich die Noten aufkaufen? Ich hatte einfach kein Geld! Daraus erwaechst mir ja gar kein Vorwurf! Ihr aber habt eure Waren, seid zufrieden und geht nach Hause! Es ist alles ehrlich zugegangen!

      Die Noten sind jetzt mitsamt ihrem Disagio vom Markt verschwunden. Die in Frage kommenden Ladeninhaber haben einen Boom erlebt, und sind nicht ungehalten. Die Bank kriegt noch am gleichen Tage die in den Laeden vereinnahmten Noten zurueck, damit die Ladeninhaber Bankzinsen sparen. Der Bank ist das schnuppe; umso rascher ist sie von neuem emissionsfaehig.

      Die Nachricht von alledem kommt in die Zeitungen. Es ergibt sich, dass ein paar ueberaengstliche sich irgendwie haben bange machen lassen, haben die Noten zu 90% des Goldwertes verkauft und aergern sich jetzt sehr. Aber, das ist beim freien Kurs nun mal so: unberechtigtes Misstrauen wird mit einer Geldstrafe belegt gleich dem Disagio, das der Misstrauische zahlt - - ohne staatliche Intervention - - allein als natuerliche Auswirkung wirtschaftlicher Urteilslosigkeit.

      Das allgemeine Preisniveau bleibt unveraendert. Bei freiem Kurs gibt's als Folge von Ueberemissionen - - wenn sie stattfinden - - keine Preissteigerungen, sondern nur ein Disagio der Noten, dann allerdings ein berechtigtes. Der Bankier aber, der die Ueberemission vorgenommen hat, wird wegen Betrugs bestraft. Er hat seine Pflicht verletzt, dafuer zu sorgen, dass jeder Noteninhaber zu jeder Zeit bei den Schuldnern der Bank die Note gegen Ware oder Dienstleistungen umtauschen kann. Nicht fuer so etwas zu sorgen, und Noten in den Verkehr zu bringen, die im vorstehenden Sinne nicht "gedeckt" sind, das ist Ueberemission im Sinne der Vier Gesetzentwuerfe. (Die Bestimmung betr. die "Schuldnerfundation" steht nicht im Gesetz; sie sollte in die Ausfuehrungsbestimmungen hinein. Es ist nicht dazu gekommen.)

 

Dass eine Versicherung gegen Fehl-Dispositionen im Emissionsbankwesen moeglich ist, das hat sich in den USA gezeigt. Eine solche Versicherung wuerde auch in Deutschland das Risiko des Publikums auf Null reduzieren.

Welch ein Unterschied in alledem im Vergleich zu einer staatlichen Emissionsbank. Erhalten deren Noten ein Disagio, so wird die Boerse geschlossen, der Goldhandel verboten, und ein Gesetz kommt heraus: "Wer oeffentlich und vor einer Menschenmenge die Noten diskreditiert, etc. - Zuchthaus bis zu X Jahren - - etc."

Bei freiem Kurs privater, typisierter Verrechnungsschecks passiert nicht mehr, als wenn einer die Fahrscheine der Strecke Frankfurt-Hamburg diskreditieren wollte. Jeder sagt: Na - - so'n Schaf! Aber, wenn der Kerl mir einen Fahrschein billiger verkaufen will, als die Bahn ihn verkauft, und der Schein ist echt - - immer her damit!

Als im Juli 1870 die Noten der Preussischen Bank ein Disagio von ca. 10% bekamen, da verlor der Bankpraesident Dechend nicht etwa die Nerven, sondern er berief die Berliner Kaufleute zu einer Versammlung zusammen. Da erklaerte er ihnen: Ihr seid mir alle verschuldet! Kurzfristig!! Wenn ihr Kerls also vereinnahmte Noten sofort an mich weiter leitet, so kann das kein Schaden fuer euch sein. Sofort haengt ihr Plakate in eure Schaufenster: Hier werden Banknoten zu pari angenommen! Wer das nicht tut, der kriegt nie wieder einen Wechsel diskontiert! Am naechsten Tage hingen ueberall die Plakate. und das Disagio war verschwunden.

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28.) Seite 57. Die Art der Schaetzung ist ganz sachgemaess, und wenn es wirklich  ...

 

 

 

 

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First published in: Ulrich von Beckerath: Zur Freiheit, zum Frieden und zur Gerechtigkeit; Gesammelte Briefe, Papiere, Notizen, Besprechungen. PEACE PLANS 428-467 (Mikrofiche), Berrima, Australia, 1983. Page 1662.