VERTEIDIGUNG DER LADENFUNDATION

 

Ulrich von Beckerath, 12.8.1933.

 

 

Zum Rundschreiben von Herrn Dr. Zander betr. Die Sitzung vom 10.8.33

 

 

      Dass Banknoten typisierte Wechsel sind, war einmal unsere gemeinschaftliche Ansicht. Rittershausen vertritt sie seit Jahren in seinen Publikationen und hatte damit stets unseren Beifall. Wenn man das aber gelten laesst, dann ist vom wirtschaftlichen Standpunkt aus der eigentliche Emittent der Wechselschuldner und nicht die Bank. Die Bank versichert den Wechsel und stueckelt ihn bequem, aber dos aendert doch nichts daran, dass der Wechselschuldner der eigentliche Emittent ist, und dass sein Wechsel es ist, der eigentlich kursiert.

      Besprechendes gilt fuer Pfandbriefe. Eigentlich sind Pfandbriefe Hypotheken scheine. Carmer und Suarez (auch als Redaktoren des Allg. Preuss. Landrechtes Ia) waren davon bei der Schaffung der Statuten der Schlesischen Landschaft so durchdrungen, dass sie auf jeden Pfandbrief die Bezeichnung des Grundstuecks setzten, welches primaer haftete. Man kann also ohne Uebertreibung sagen, dass der eigentliche Pfandbriefemittent der Hypotheken Schuldner ist.

      Man kann wirklich sagen, dass die Banknote vom Bankschuldner ausgeht, und auch dass der Pfandbrief vom Hypothekenschuldner ausgeht, der sich durch den Verkauf des Scheins Geld verschafft hat.

      In jedem Falle aber ist die Bank eigentlich nur Durchgangsstelle. Wenn man etwa dem Geldbeduerftigen erlaubte, sich durch Verkauf von kleingestueckelten Schuldscheinen Geld zu verschaffen, und wenn jeder dieser Schuldscheine bei einer guten Kreditversicherungsgesellschaft versichert waere, so wuerde genau das Gleiche erreicht werden, wie jetzt durch das Dazwischentreten der Bank. Niemand wuerde aber im Zweifel darueber sein, wer der eigentliche Schuldner ist.

Banken (Notenbanken und Hypothekenbanken) sind ihrer Natur nach nur Kreditversicherungs-Anstalten. Dass zwischen den Banken und den eigentlichen Emittenten noch ein besonderes Schuldverhaeltnis konstruiert wird, ist eine bureautechnische Vereinfachung.

 

Rittershausen und ich vertreten diese Gedankengaenge seit Jahren, Rittershausen erfreulicherweise auch in der Oeffentlichkeit, zurzeit als der einzige Schriftsteller wahrscheinlich nicht nur Deutschlands.

Die Herren, die bisher nicht mit mir einverstanden waren, werden es nun verstehen, dass mein Vorschlag:

Die Verrechnungschecks haben Zwangskurs auch gegenueber den Schuldnern der Bank (Ladenfundation), mir gerade als eine Anwendung des Prinzips erschien: Jedem Schuldner gegen- ueber hat seine faellige Schuld als Zahlungsmittel Zwangskurs zum Nennwert.

Wer allerdings die Schuld des Ladenbesitzers an die Bank als das Primare auffasst, der kann leicht zu dem Ergebnis kommen, dass mein Vorschlag auf eine ungerechtfertigte Einmischung in Privatverhaeltnisse hinauslaufe.

Um ein Gleichnis zu geben: Ich fasse die Unterschrift der Bank auf dem Schein gewissermassen als eine notarielle Beglaubigung auf, die das eigentliche Rechtsverhaeltnis gar nicht beruehrt.

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Ein weiteres Gleichnis: Man koennte sehr wohl dem kleinen Zeitungshaendler am Brandenburger Tor die Befugnis geben. Gutscheine zu emittieren, die in Zeitungen einloesbar sind. Angenommen, es gelaenge dem Haendler noch 50 gute Namen zu finden, die auf dem Schein fuer ihn "gutsagen", so wuerde wohl keiner von uns grundsaetzliche Bedenken hoben, abgesehen davon, dass das Verfahren offenbar unpraktisch waere. Aber, dass der Haendler den Schein zu pari annehmen muss und seine Garanten auch, daran ist doch kein Zweifel!

Nun haben wir aber die 50 Garanten!! Es sind die 50 Kunden der Verrechnungsbank!! Soll nun wirklich der Umstand, dass die 50 Mann gefunden sind, dem Zeitungshaendler das Privilegium geben, sein Schuldverhaeltnis vor der Oeffentlichkeit zu verschweigen? Ich bin gar nicht der Ansicht!

Man frage doch irgend einen Geschaeftsmann, dem die Sache klar ist l Er wird so sprechen: Dass ich das Privilegium der Gutschein-Emission nicht bekomme, ist mir verstaendlich. Man traut mir kleinem Krauter eben nicht! Aber wenn ich das Privilegium bekaeme, so waere das fuer mich hoechst wertvoll. Ganz selbstverstaendlich werde ich jeden von mir emittierten Schein gegen mich gelten lassen» Ja - ich wuerde sogar gern jeden Morgen ein neues Plakat aushaengen: So und so viel Scheine von mir kursieren noch!

Bestimmt wuerde der Geschaeftsmann so sprechen!! Nun sage ich ihm Mann - - dein Wunsch wird dir erfuellt! Du darfst emittieren!! Aber eine Kontrollstelle, genannt Verrechnungsbank, die musst du dir auf die Nase setzen lassen. Im UEbrigen bleibt alles, wie es ist, du musst die Schecks annehmen und auch ein Plakat aushaengen. Wir wollen gar nicht so weit gehen, dir vorzuschreiben, dass du taeglich die Summe der ausstehenden Gutscheine bekannt machen musst. Wir begnuegen uns damit dir vorzuschreiben, die Schecks anzunehmen, solange eben welche ausstehen, und nur bekennt zu machen: Noch kursieren Schecks von mir. Die Bekanntmachung geschieht einfach durch das Plakat: Hier werden Schecks der X-Bank in Zahlung genommen.

      Und nun meint jemand im Ernst, der Geschaeftsmann werde sagen: Nee -- eine solche Erleichterung akzeptiere ich nicht!! Wenn schon mal ’ne Bank dazwischen steht, dam soll auch die Tatsache, dass ich Schecks emittiert habe, cachiert werden. Zum Teufel mit der Ladenfundation!! Mach ich nicht!!!!!

                             !!!!!!!

Ich bin also keineswegs ueber die bisher aufgestellten Grundsaetze hinausgegangen. Meine Forderung besagt auch nicht, dass ein Dritter, naemlich der Scheckinhaber, Einblick in das Schuldverhaeltnis zwischen Bank und Ladenbesitzer nehmen darf, ich sage vielmehr, dass die Bank als Dritter Einblick in das Schuldverhaeltnis zwischen Ladenbesitzer und Scheckinhaber nimmt, um beide zu schuetzen und den Kaufmann zu kontrollieren.

 

Dass meine Forderung unsern bisherigen Grundsaetzen keineswegs widerspricht, sondern ganz unmittelbar daraus folgt ergibt sich noch aus der Konstruktion des Eisenbahngeldes von Dr. Zander. Dass es auch ginge, wenn man eine Bank einschaltet, hoben wir oefters besprochen. Ja, es ginge auch noch, wenn die Bank als einzigen Kunden die Bahn haette, in Wirklichkeit also nur die Aufsichtsinstanz der Bahn waere. Nun wuerde aber aus den Darlegungen von Dr. Zander folgen, dass die Bahn noch der Einschaltung der Bank nicht mehr verpflichtet sein soll, bekennt zu machen: Hier werden Schecks der Bank X angenommen. Natuerlich ginge das nicht!

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Dass andere Schuldverhaeltnisse als die im Entwurf IV behandelten fuer die OEffentlichkeit als geheim zu gelten haben, brauchte ich keineswegs "zuzugeben", habe es vielmehr gerade festgestellt und damit den Einwand zurueckgewiesen, dass man evtl. sogar gegen Schulden aufrechnen koennte, die man zu kennen gar nicht befugt ist.

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Auf Seite 2, Mitte, ist gesagt, dass der Wert der Scheine (Noten, Papiergeld, Schecks) durch den Rueckstrom begruendet sei. Hiergegen habe ich schon einmal vor ein paar Wochen protestiert. Der Wert der Scheine ist ganz   wesentlich noch durch etwas anderes begruendet, naemlich durch die Moeglichkeit der Schaffung von Steuerguthaben beim Papiergeld und durch die Ladenfundation bei den Schecks. Es ist also noch eine Auffang-Organisation da! Ja - man kenn schon sagen: Es ist noch eine Deckung da, naemlich die kuenftig zahlbaren Steuern des Einzelnen und die unverkauften Waren in den Laeden. Diese Deckung muss auch da sein, da der Rueckstrom - - wie alles Menschliche - - ja mal nicht funktionieren koennte!

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Auf Seite 2, unten ist gesagt, dass ich fuer Verrechnungsschecks die Aufdraengbarkeit gefordert haette. Diese Ausdrucksweise kann sehr leicht missverstanden werden. Ich habe nur gefordert, dass beim Versagen von frueher usuell gewesenen Zahlungsmitteln von Schuldnern und von Glaeubigern eine Verrechnung muss gefordert werden koennen. Wie das allerdings ohne Schecks zu machen waere, weiss ich im Augenblick nicht, vielleicht geht* s aber wirklich auch ohne Scheine.

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Seite 3, Zeile 4 des Rundschreibens.

Die Reichsbank kann eine Verrechnungsbank in unserm Sinne werden. Noch den Bedingungen unserer Verrechnungsbanken kenn jeder ihrer Schuldner auch vorzeitig zurueckzahlen und erhaelt dabei den vollen Diskont - - pro rote temporis - - angerechnet. Dass muss sein, damit die Ladenfundation funktioniert. Ich weiss nicht, ob die Reichsbank sich in jedem Falle von ihren Schuldnern die Darlehen auch vorzeitig zurueckzahlen laesst.

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Seite 3, vorletzte Zeile. Disagio-Scheine koennen nicht als usuell angesehen werden.

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Seite 4, Zeile 4.

Ein beachtenswerter Vorschlag. Mir scheint, dass er einige der aufgetauchten Schwierigkeiten loest.

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Bth. 12.8.33

 

 

 

 

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First published in: Ulrich von Beckerath: Zur Freiheit, zum Frieden und zur Gerechtigkeit; Gesammelte Briefe, Papiere, Notizen, Besprechungen. PEACE PLANS 428-467 (Mikrofiche), Berrima, Australia, 1983. Pages 759-760.