Was
will die Deutsche Verrechnungsbank?
Von H.
Rittershausen, Berlin, den 25.8.31.
Sie will den bargeldlosen
Gueteraustausch von Produzenten ueber die Verarbeitungs- und Vertriebsstellen
bis zum Konsumenten auf die billigste Weise vermitteln, d.h. sie will
ermoeglichen, dass der Verkaeufer seine Ware absetzt und dass der Kaeufer sie
erhaelt.
Ware, die auf dem Lager ruht, bringt niemandem Nutzen. Der
Produzent (Fabrikant, Landwirt etc.) oder Kaufmann hat zum mindesten einen
Gewinnausfall wenn er nicht verkaufen kann. Er hat im Allgemeinen sogar einen
nicht unbetraechtlichen Verlust, sofern es sich um verderbliche Waren handelt
oder auch, wenn er auf Kredit gekauft hat und nun die teuren Bankzinsen zahlen
muss.
Der Kaeufer dagegen, sei es Haendler oder zuletzt der
Konsument, kann sich nicht in den Genuss setzen, da es ihm an Mitteln fehlt,
gegen die er die Ware eintauschen kann.
Bargeld, das im allgemeinen den Warentausch vermittelt, ist z.
Zt. schwer zu beschaffen, da die Reichsbank, die es gegen Warenwechsel hergibt,
die Hereinnahme von Wechseln durch die Kreditrestriktion auf das aeusserste
beschraenkt hat, um den Notenumlauf so gering wie nur irgend moeglich zu
halten, da sie ferner den Zinssatz, zu dem sie Wechsel diskontiert, ganz
gewaltig heraufgesetzt hat. Dadurch ist es einmal ueberhaupt schwierig, Wechsel
unterzubringen und zweitens wird durch die enormen Zinssaetze die
Verdienstspanne fuer den Verkaeufer fast ganz ausgeschaltet oder aber die Ware
fuer den Kaeufer unangemessen verteuert.
Beides waere nicht noetig, da es sich ja nur um einen
Warentausch handelt. Es brauchte nur eine Stelle geschaffen zu werden, die
diesen Tausch ohne Zwischenschaltung von Bargeld vermittelt.
Und das will die Deutsche Verrechnungsbank.
Vorbedingung ist nur, dass sich Produzent, Verarbeitungs- und
Vertriebsstelle bis zum Konsumenten bereit finden, diese Vermittlung des
Guetertausches durch die Deutsche Verrechnungsbank vornehmen zu lassen und zu
diesem Zweck ein Konto bei dieser Bank zu unterhalten, ueber das der
Warentausch verrechnet wird.
Der Kaeufer beauftragt nun einfach die Deutsche
Verrechnungsbank von seinem Konto den Gegenwert der erstandenen Ware auf das
Konto des Verkaeufers zu uebertragen. Oder, was dasselbe bedeutet, er laesst
sich von der Bank Verrechnungsschecks geben, mit denen er seine Rechnung
begleicht. Der Verkaeufer reicht diese Schecks der Deutschen Verrechnungsbank
ein, die sie seinem Konto gutbringt und den betr. Betrag vom Konto des
Scheckausstellers abbucht.
Die Ware hat also gewissermassen nur durch einen Federstrich
den Besitzer gewechselt. Eine einfachere und billigere Art des
Gueteraustausches ist wohl kaum denkbar.
Ein anderes Beispiel: Der Fabrikant, Geschaeftsmann, Landwirt
etc. hat Loehne oder Gehaelter zu zahlen. Er laesst sich zu dem Zweck zu Lasten
seines Kontos von der Deutschen Verrechnungsbank Schecks aushaendigen, die er
seinen Angestellten, Arbeitern etc. uebergibt. Die Angestellten tragen die Schecks
zum Kaufmann, Baecker etc., tauschen dagegen die benoetigten Waren ein. Die
betr. Geschaefte senden die Schecks an die Deutsche Verrechnungsbank, die die
entsprechenden Betraege ihrem Konto gutschreibt.
Damit nun jeder Empfaenger auch sicher ist, dass der
betreffende Scheck gedeckt ist und bestimmt eingeloest wird, gibt die Deutsche
Verrechnungsbank nur Schecks aus, soweit ein Guthaben des Ausstellers vorhanden
ist. Der Scheckbetrag ist daher vorgedruckt, d.h. es werden nur so genannte
typisierte Schecks ausgegeben.
Diese typisierten Schecks lauten ueber RM. 100.-, 50.-, 20.-,
10.- und sind ausserdem noch, um Verwechslungen und Faelschungen zu erschweren,
je nach der Stueckelung verschieden gefaerbt. Der Kontoinhaber fordert je nach
Bedarf die gewuenschten Sorten an.
Der Text des Schecks lautet:
Die
Deutsche Verrechnungsbank, Berlin
wolle
gegen diesen Scheck aus meinem (unserem) Guthaben dem Inhaber Reichsmark
Hundert. --- durch Verrechnung
gutbringen.
Das heisst also, der betr.
Betrag darf nur verrechnet, von einem Konto auf ein anderes uebertragen werden,
nicht aber bar ausgezahlt werden. Es soll ja, wie anfangs betont wurde, nur der
bargeldlose Gueteraustausch durch die Deutsche Verrechnungsbank vermittelt
werden.
Guthaben, soweit sie nicht durch Uebertrag von einem
anderen Konto oder durch Einreichung von typisierten Verrechnungsschecks
entstehen, werden dadurch geschaffen, dass die Kunden Warenwechsel mit
hoechstens 3-monatiger Laufzeit einreichen, die ihnen die Deutsche
Verrechnungsbank unter Abzug der Diskontspesen gutschreibt bzw. in typisierte
Verrechnungsschecks umtauscht.
Der Diskontsatz ist zunaechst auf %% p.a. festgesetzt (waehrend
der Reichsbanksatz 10% betraegt, der noch durch die Provision der vermittelnden
Privatbanken um ein betraechtliches erhoeht wird). Es
ist beabsichtigt, den Zinssatz noch zu ermaessigen, sobald sie uebersehen
laesst, wie hoch sich die Unkosten der Deutschen Verrechnungsbank belaufen.
Die Wechselbezogenen benutzen die typisierten
Verrechnungsschecks, die sie durch Absatz der ihrerseits auf Wechsel gekauften
Waren erhalten, zur spaeteren Einloesung ihrer Akzepte, indem sie diese Schecks
an die Deutschs Verrechnungsbank zur Gutschrift auf ihr Konto einsenden.
Saemtliche Wechsel sind bei der Deutschen Verrechnungsbank zahlbar zu stellen.
Die Bezogenen haben daher nur zum Faelligkeitstage bei der Deutschen
Verrechnungsbank das noetige Guthaben anzuschaffen. Sie werden zur
Erleichterung nochmals 8 Tage vor dem Zahlungstermin durch die Deutsche
Verrechnungsbank an ihre Verpflichtung erinnert. Sie brauchen nun also nur bis
zu diesem Tage die erforderliche Summe in typisierten Verrechnungsschecks zu
sammeln und dann rechtzeitig einzusenden. Besser werden sie allerdings tun.
wenn sie jeden Scheck, den sie bekommen, sofort an die Deutsche
Verrechnungsbank weitergeben zur Gutschrift auf ihr Konto, da sie ja dadurch,
dass die Banken fuer Guthaben
2 1/2%
Zinsen p.a.
verguetet, ihre Diskontspesen
ganz betraechtlich verringern koennen. Im Interesse jedes einzelnen
Wechselkunden liegt es, dafuer zu sorgen, dass er moeglichst viel typisierte
Verrechnungsschecks einnimmt, da er ja sonst den an der Wechselsumme fehlenden
Betrag in bar aufzubringen hat.
Diese etwaigen Barbetraege, die zur Einloesung von
diskontierten Wechseln eingehen, darf die Deutsche Verrechnungsbank ihrerseits
nur zum Ankauf von typisierten Schecks verwenden.
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First published in: Ulrich von
Beckerath: Zur Freiheit, zum Frieden und zur Gerechtigkeit; Gesammelte Briefe,
Papiere, Notizen, Besprechungen. PEACE PLANS 428-439 (Mikrofiche), Berrima,
Australia, 1983. Pages 257-258.