ENTWURF.

 

von Dr. Gustav Ramin, Maerz 1932                           

 

Die Absatzstockung der deutschen Wirtschaft laesst immer wieder die Frage auftreten, inwieweit unser Geld- und Kreditsystem die Ursache dieser Stockung sind. Eine Unzahl von Vorschlaegen zur Verbesserung des Geld- und Kreditsystems beunruhigt die Wirtschaft und fuehrt in der Hauptsache zu Versuchen, das geltende Wertmass, naemlich die Reichsmark, durch Herabwertung oder durch Inflation zu verschlechtern. Eine Veraenderung des Wertmasses wird aber niemals den Warenumsatz heben koennen, es sei denn, dass die Warenbesitzer sich gezwungen sehen, ihre Waren unter dem Wiederbeschaffungspreis abzugeben. Alle diese Vorschlaege bringen zwar dem Schuldner eine Entlastung von seinen Schulden, sie vermindern aber in noch groesserem Masse den Wert der zu verkaufenden Waren und verteuern und erschweren neue Kredite.

      Nicht das Wertmass bedarf einer Korrektur, sondern der Geldumlauf und das Kreditsystem. Die hier erforderlichen Korrekturen koennen vorgenommen werden, ohne dass an der grundlegenden Gesetzgebung wesentliche Aenderungen vorzunehmen waeren. Insbesondere genuegt das Notenbankgesetz vom 30. August 1924 sowie das Scheckgesetz vom 11.Maerz 1906 den Anforderungen, die an das Geld und Kreditsystem in der heutigen Lage zu stellen sind.

 

Par. 1 Absatz 1 des Bankgesetzes vom 30. August 1924 lautet wie folgt:

 

"Die Reichsbank ist eine von der Reichsregierung unabhaengige Bank, welche die Eigenschaft einer Juristischen Person besitzt und die Aufgabe hat, den Geldumlauf im gesamten Reichsgebiet zu regeln, die Zahlungsausgleichungen zu erreichtem und fuer die Nutzbarmachung verfuegbaren Kapitals zu sorgen."

 

      Damit sind der Reichsbank drei grosse Aufgaben von aeusserster Bedeutung fuer die deutsche Volkswirtschaft uebertragen worden.

 

 

      Die erste Aufgabe: "Den Geldumlauf im gesamten Reichsgebiete zu regeln."

 

      Zur Durchfuehrung dieser Aufgabe ist der Reichsbank gemaess Par. 2 des Bankgesetzes auf die Dauer von 50 Jahren das ausschliessliche Recht verliehen worden, Banknoten in Deutschland auszugeben.

      In seinem Kommentar zum Dankgesetz (Guttentag'sche Sammlung Nr. 26, Einleitung Seite 19) erlaeutert der fruehere Reichsbankpraesident Dr. Hjalmar Schacht diese Aufgebe wie folgt:

 

"Das Notenemissionsrecht dient noch seiner urspruenglichen und richtigen Zweckbestimmung der kurzfristigen Regelung des Geldumlaufs, es soll die Menge der umlaufenden Zahlungsmittel elastisch der jeweiligen normalen Zunahme oder Abnahme des Verkehrsbedarfes anpassen, aber ihre Noten nicht zu laengerfristigen oder dauernden Anlagezwecken herleihen und in den Verkehr bringen."

 

      Die weiteren wesentlichen Bestimmungen ueber das Notenemissionsrecht sind in the Par. 28 und 21 des Bankgesetzes enthalten und lauten wie folgt:

 

Par.28. "Die Bank ist verpflichtet, fuer den Betrag ihrer im Umlauf befindlichen Noten jederzeit zu halten:

 

a) Eine Deckung von mindestens 5% in Gold oder Devisen (Golddeckung); diese Deckung muss zu mindestens drei Vierteln aus Gold bestehen. Gold im Sinne dieser Vorschrift ist Barrengold, sowie in- und auslaendische Goldmuenzen, das Pfund fein zu 1392.- Reichsmark berechnet, soweit sie sich entweder in den Kassen der Bank oder zu ihrer jederzeitigen frei- en Verfuegung bei einer auslaendischen Zentralnotenbank befinden.

 

b) Fuer den Restbetrag diskontierte Wechsel oder Schecks, welche den in Par.21 aufgestellten Erfordernissen genuegen."

 

Die entsprechenden Bestimmungen des Par. 21 lauten:

 

"Die Bank ist befugt, folgende Geschaefte zu betreiben:

 

1) Gold und Silber in Barren und Muenzen, sowie Devisen zu kaufen und zu verkaufen;

2) Wechsel, welche eine Verfallszeit von hoechstens drei Monaten haben, und aus welchen drei als zahlungsfaehig bekannte Verpflichtete haften, zu diskontieren, zu kaufen und zu verkaufen. Von dem Erfordernis der dritten Unterschrift kann in den Faellen abgesehen werden, wo durch eine Nebensicherung oder in sonstiger Weise Sicherheit des Wechsels oder Schecks gewaehrleistet ist; der Betrag der so diskontierten Wechsel darf 33 vom Hundert des jeweiligen Gesamtbestandes der diskontierten Wechsel nicht uebersteigen. Die von der Bank diskontierten Wechsel sollen nur gute Handelswechsel sein."

 

In dem Kommentar zum Notenbankgesetz von Dr. Hjalmar Schacht wird zu Par. 21 Ziffer 2 auf Seite 142/143 folgendes ausgefuehrt:

 

"Im Hinblick auf die Zweckbestimmung der Notenbanken wird der bereits frueher angewendete Grundsatz, dass die von der Bank diskontierten Wechsel nur gute Handelswechsel sein sollen, im neuen Bankgesetz ausdruecklich festgelegt. Damit wird der Bank die Diskontierung anderer Wechsel, z.B. so genannter Finanz- und Kreditwechsel oder von Wechseln, die zu spekulativen Zwecken ausgestellt sind, untersagt."

 

Der Geldumlauf soll also gemaess diesen Bestimmungen dadurch erfolgen, dass die Reichsbank

 

1) Jedem Einlieferer von Gold eine entsprechende Menge von Banknoten aushaendigt, und

2) dass sie alle aus dem Warenverkehr in Inland und Ausland hervorgehenden kurzfristigen Forderungen (gute Handelswechsel, Devisen) zerstueckelt und durch Umtausch in Banknoten typisiert. Sie soll also unbequeme Zahlungsmittel, naemlich die Forderungen, in bequeme, fuer den Zahlungsverkehr besser brauchbare, naemlich die Banknoten, umwandeln. Bei Faelligkeit erhaelt sie die Banknoten wieder gegen Aushaendigung des diskontierten Wechsels zurueck.

 

Es waere nunmehr zu untersuchen, in welcher Weise zurzeit der Geldumlauf funktioniert.

 

a) Nach den letzten Veroeffentlichungen waren - abgesehen von den taeglich faelligen Verbindlichkeiten der Reichsbank - and Zahlungsmitteln ausgegeben:

 

In Millionen Mark

 

Reichsbanknoten .........   4.268

Rentenbankscheine .......     419

Privatnotenbanken .......     186

Scheidemuenzen ...........   1.456

------

zusammen:       6.329

 

Der Bestand der ausgegebenen baren Zahlungsmittel ist seit der Stabilisierung am 1. Januar 1924 kaum je so hoch gewesen wie in den letzten Monaten. Doch laufen diese baren Zahlungsmittel zurzeit zu etwa 1/4 nicht um. Die Reichsbank hat sich in der Julikrise ueber die Bestimmungen des Notenbankgesetzes hinweggesetzt und in grossem Umfange Finanzwechsel der Kreditanstalten diskontiert, um diesen die Auszahlungen an die Einleger zu ermoeglichen. Das auf die Finanzwechsel ausgegebene Geld unterlag natuerlich nicht dem Zwang der Rueckstroemung und wurde daher von den Einlegern und anderen gehamstert. Nach zuverlaessigen Schaetzungen ist der Betrag des gehamsterten Geldes auf rund 1,5 Milliarden zu beziffern. Dieser Betrag ist fuer den Warenumsatz zurzeit nicht vorhanden. Es ist gerade so, als waeren die betreffenden Zahlungsmittel ueberhaupt nicht ausgegeben. Der Warenverkehr kann also nur folgendermassen rechnen:

 

Ausgegebene Zahlungsmittel ............. 6.329 Milliarden

hiervon ab Hamstergeld ................. 1.5       "

----------------------

Rest      4.829 Milliarden

 

fuer den Warenverkehr verfuegbare Zahlungsmittel. Der Bestand an Zahlungsmitteln fuer den Warenverkehr ist in den letzten Jahren stets um 1 - 1 1/2% Milliarden hoeher gewesen. Es liegt also eine Verknappung der baren Zahlungsmittel seit der Julikrise vor.

 

b) Der Zusammenbruch der Kreditbanken hat zu einer scharfen Einschraenkung des fuer den Warenumsatz erforderlichen Kredites gefuehrt. Insbesondere ist die mittlere und die kleine Industrie hiervon betroffen worden. Die Kreditbanken waren durch ihre Notlage gezwungen, gerade den gesuendesten Teil der ausgegebenen Kredite einzuschraenken oder ueberhaupt zurueckzuziehen, naemlich die Warenumsatzkredite. Denn hier allein erfolgte die "Selbst-Liquidierung" der Kredite mit dem Ende der Warenbewegung, und deshalb musste der bei den Banken wirkende Zwang auf Einziehung der ausgeliehenen Gelder sich in erster Linie und hauptsaechlich bei den Umsatzkrediten auswirken. Die Banken sind also vielfach nicht mehr in der Lage, nach Abwicklung der laufenden Umsatzkredite neue Kredite zu bewilligen. Fuer Tausende von Unternehmern bedeutet dies im besten Falle Stilllegung, sehr haeufig aber Zahlungseinstellung und Konkurs. Es ist auch nicht damit zu rechnen, dass die Banken in absehbarer Zeit die Ausleihung von Geldern fuer die Bewilligung von Umsatzkrediten wieder aufnehmen koennen. Klar und eindeutig aeussert sich hierzu der Bericht der Reichskreditgesellschaft A.G.:

 

Deutschlands wirtschaftliche Lage an der Jahreswende 1931/32. (Seite 41.)

 

"Die Wirkung der Glaeubigerbank auf die Banken, und ihre Faehigkeit, Kredite zu gewaehren, reicht weit ueber die gegenwaertige Einengung der Kredit vermittelnden Taetigkeit der Banken hinaus. Den Banken sind nicht allein seit Anfang 1930 30% ihrer fremden Gelder entzogen worden, sie haben in diesem Jahre nicht allein 3 Milliarden Reichsmark an dos Ausland zurueckgezahlt, die wahrscheinlich nicht zurueckfliessen werden, die erhoehte Fluktuation der Einlagen und die ueber die tatsaechliche Fluktuationsbeschleunigung hinausdauernde Gefahr erhoehter Fluktuationen zwingt sie auch zu einer Erhoehung ihrer Barliquiditaet. Das bedeutet, dass die Banken kuenftig ihre Kreditfaehigkeit nicht in gleichem Masseausnutzen koennen, wie es in den letzten Jahren der Fall war. Sie werden von den Moeglichkeiten der Kreditvermittlung und Krediterteilung nicht den gleichen Gebrauch machen koennen, wie in den  vergangenen Jahren. Soweit der Warenverkehr der Kredite nicht eintraten kann, wird der direkte Kredit der Kaufleute untereinander an ihre Stelle treten muessen. Zu seiner Unterstuetzung wird vielleicht mehr als in den vergangenen Jahren der Wechsel herangezogen werden."

 

Die Reichskreditgesellschaft A.G. empfiehlt den Kaufleuten, nicht mehr auf die Gewaehrung von Umsatzkrediten durch die Banken zu rechnen, sondern sich untereinander direkt Kredit zu erteilen und zur Unterstuetzung dieser Krediterteilung mehr als frueher den Wechsel zu gebrauchen. Dieser Rat ist unter den gegebenen Unstaenden sicherlich gut, soweit wirklich nur die Kaufleute untereinander infrage kommen. Wie sollen aber Zahlungsmittel fuer Loehne, soziale Abgaben, Steuern usw. beschafft werden? Es ist unmoeglich, diese Ausgaben mit Wechseln zu bezahlen.

 

 

c) Die Diskontpolitik.

 

Die Zerstueckelung und Typisierung kurzfristiger Forderungen aus dem Warenverkehr ist der Reichsbank als eine oeffentlich-rechtliche Aufgabe uebertragen worden, d.h. als eine Aufgabe, die in erster Linie zum Wohl der gesamten Volkswirtschaft und erst in zweiter Linie zur Erzielung eines Gewinnes dienen soll. Die von der Reichsbank fuer ihre Taetigkeit erhobenen Gebuehren sollen also zunaechst decken:

 

die Unkosten der Umwandlung (Druck der Banknoten usw.).

die sonstigen Verwaltungskosten,

das Risiko eines Verlustes und

einen angemessenen Gewinn fuer die Anteilseigner.

 

Es gibt sehr viele Notenbanken, die die oben genannten Unkosten mit einem Diskontsatz von 2% bequem zu decken vermoegen. Die Reichsbank hat nun ihren Diskontsatz ueber diese Betraege hinaus erhoeht, um damit den von ihr gegebenen Kredit aus waehrungspolitischen Gruenden zu verteuern. Jede Erhoehung ueber den Mindestsatz des Diskonts hinaus hat den Zweck:

 

1) Den Umfang der Umwandlungen kurzfristiger Warenforderungen durch die Verteuerung zu verringern und damit den Warenverkehr, soweit er durch die Reichsbank finanziert wird, einzuschraenken; insbesondere sollen noch der ueblichen Lehre diese Massnahmen in Zeiten von Hochkonjunkturen erfolgen, um eine spekulative Ausdehnung des Kredit-Warenverkehrs zu verhindern.

2) Durch die Erhoehung des Diskontsatzes sollen auch die Banken dazu angeregt werden, hoehere Zinsen an ihre Einleger zu vergueten. Damit sollen sowohl die Kassenbestaende des Inlandes als auch verfuegbare Bestaende des Auslandes herangelockt werden, damit den Banken und hinter ihnen der Reichsbank wachsende Mittel fuer Ausleihungen zur Verfuegung stehen. Insbesondere wird dieses Mittel der Diskonterhoehung benutzt wenn auslaendische Einlagen abgezogen werden, um dieses Abziehen zu verhindern und damit den Goldvorrat der Reichsbank vor Verminderung zu schuetzen.

 

 

Die Diskontsaetze seit Bestehen der Reichsbank vom l. Januar 1876 bis Ende 1913 im Jahresdurchschnitt:

 

        %           %

1876 4,154  1886  3,279

1877 4,421  1887  3,406

1878 4,339  1888  3,324

1879 3,701  1889  3,676

1880 4,240  1890  4,517

1881 4,418  1891  3,776

1882 4,543  1892  3,203

1883 4,047  1893  4,069

1884 4,000  1894  3,117

1885 4,118  1895  3,139

        %           %

1896  3,656 1906  5,149

1897  3,806 1907  6,033

1898  4,267 1908  4,764

1899  5,036 1909  3,925

1900  5.333 1910  4,346

1901  4,099 1911  4,397

1902  3,123 1912  4,946

1903  3,837 1913  5,885

1904  4,222      

1905  3.817      

 

Im Durchschnitt der Zeit von 1876 bis 1913 betrug der Reichsbankdiskont 4,1665 %.

Seit der Stabilisierung vom 1. Januar 1924 ab wurde der Diskontsatz fast auf das Doppelte erhoeht. Zunaechst die Reichsbankdiskontsaetze vom 1. Januar 1924 bis jetzt:

 

1.1.24      - 25.2.25   = 10%

26.2.25     - 11.1.26   = 9%

12.1.26     - 26.3.26   = 8%

27.3.26     - 6.6.26    = 7%

7.6.26      - 5.7.26    = 6 1/2 %

6.7.26      - 10.1.27   = 6%

11.1.27     - 9.6.27    = 5%

10.6.27     - 3.10.27   = 6%

4.10.27     - 11.1.29   = 7%

12.1.29     - 24.4.29   = 6 1/2%

25.4.29     - 1.11.29   = 7 1/2%

2.11.29     - 13.1.30   = 7%

14.1.30     - 4.2.30    = 6 1/2%

5.2.30      - 7.3.130   = 6%

8.3.30      - 24.3.30   = 5 1/2%

25.3.30     - 19.5.30   = 5%

20.5.30     - 20.6.30   = 4 1/2%

21.6.30     - 8.10.30   = 4%

9.10.30     - 12.6.31   = 5%

13.6.31     - 15.7.31   = 7%

16.7.31     - 31.7.31   = 10%

1.8.31      - 11.8.31   = 15%

12.8.31     - 1.9.31    = 10%

2.9.31      - 9.12.31   = 8%

ab 10.12.1931           = 7%

 

Um die Geldverhaeltnisse vor dem Kriege mit denen seit 1924 vergleichen zu koennen, haben wir die Gueltigkeitsdauer der einzelnen Diskontsaetze in Prozentsaetzen der gesamten Dauer ausgedrueckt. (Fuer die Zeit vom 1. Januar 1876 bis zum 31 .Dezember 1913: 13.680 Tage, und fuer die Zeit vom 1. Januar 1924 bis zum 7. Maerz 1932: 2.947 Tage.)

In Prozentsaetzen dieser Gesamtdauer waren die einzelnen Diskontsaetze in Gueltigkeit:

 

Diskontsatz       1876 - 1913  1924 - 1932

 

3           22,20%          -

3 1/2       4,65%           -

4           39,52%          3,66%

4 1/2       5,32%           1,05%

5           16,11%          15,20%

5 1/2       5,17%           0,58%

6           5,58%           11,27%

6 1/2       0,15%           5,19%

7           0,42%           24,47%

7 1/2       0,48%           6,35%

8              -            5,87%

9              -            10,72%

10             -            15,27%

15             -            0,37%

 

 

Der durchschnittliche Diskontsatz vom 1. Januar 1924 bis Jetzt betrug 7,2053 % gegenueber 4,1665 % vor dem Kriege. Diskontsaetze, wie sie seit dem 1. Januar 1924 erhoben worden sind, wurden bisher nur in solchen Laendern fuer moeglich gehalten, deren wirtschaftlicher und politischer Zustand etwa dem der Balkanlaender entspricht.

 

Der Hauptzweck eines hohen Diskonts wurde letzten Endes nicht erreicht, naemlich die Heranlockung freien inlaendischen und auslaendischen Kapitals. Die wirtschaftliche Unsicherheit, die durch unsere Gesetzgebung ausgeloest wurde, verstaerkte vielmehr von Jahr zu Jahr die Kapitalflucht der deutschen Kapitalbesitzer. Die auslaendischen Kapitalbesitzer, insbesondere die auslaendischen Banken, liessen sich allerdings zeitweise verlocken, voruebergehend grosse Geldbetraege kurzfristig in Deutschland anzulegen. Hoechstwahrscheinlich handelt es sich aber bei diesen Anlagen der auslaendischen Banken um deutsches Fluchtkapital.

Aber diese Anlagen liessen sich auf die Dauer nicht festhalten, auch nicht bei hoechsten Diskontsaetzen. Der Zusammenbruch unseres Kreditsystems und damit der Zusammenbruch der Warenverteilung sind die unmittelbaren Folgen dieser verfehlten Zinssaetze. Auch der Gold- und Devisenvorrat der Reichsbank ist auf einen minimalen Betrag herabgesunken und wird nur durch eine Ausnahmegesetzgebung einigennassen erhalten.

Wenn es klar ist, dass ein hoher Diskontsatz heute der Reichsbank und der deutschen Wirtschaft neue Mittel nicht zufuehren kann, dann faellt Jeder Grund dafuer weg, fuer die Umwandlung kurzfristiger Kredite in kurzfristige Zahlungsmittel mehr zu verlangen, als den wirklichen Kosten und einem angemessenen Gewinn entspricht. Die Reichsbank hat aber im Jahre 1931 einen Gewinn erzielt, der so hoch ist wie ihr Grundkapital, waehrend die ganze Wirtschaft sich in Wirklichkeit gewissermassen in Konkurs befindet.

 

 

Die zweite Aufgabe : "Die Zahlungsausgleichungen zu erleichtern."

 

Der Kommentar von Dr. Hjalmar Schacht (Seite 64) erlaeutert diese Aufgabe wie folgt:

 

"Hier denkt der Gesetzgeber insbesondere an den Giro- und Abrechnungsverkehr sowie die sonstigen Artes des bargeldlosen Zahlungsverkehrs."

 

Die Reichsbank hat auch schon in frueheren Jahren die Foerderung des bargeldlosen Verkehrs als ihre Aufgabe betrachtet. So wurde unter ihrer taetigen Mitwirkung das Scheckgesetz vom Jahre 1908 erlassen und der Postscheckverkehr ob 1. Januar 1909 eingerichtet.

Die hauptsaechlichsten Traeger des bargeldlosen Zahlungsverkehrs im Gueterverkehr waren die Grossbanken, indem sie den Kaufleuten gegen Wechsel und andere Unterlagen Kredite einraeumten, ueber welche die Kaufleute zum Teil im Wege der Verrechnung mit denjenigen Glaeubigern verfuegten, die ihrerseits wieder Verpflichtungen bei der gleichen oder einer anderen Bank hatten. Ein grosser Teil des Zahlungsverkehrs erfolgte also ohne Inanspruchnahme von baren Zahlungsmitteln durch gegenseitige Kompensation. Man schaetzt den Umfang des unbaren Zahlungsverkehrs in normalen Zeiten auf etwa den fuenffachen Betrag des baren Zahlungsverkehrs.

 

Dem unbaren Zahlungsverkehr lag die vertragsmaessige Verpflichtung der Banken zugrunde, jederzeit die Guthaben in baren Zahlungsmitteln auszuzahlen. Da die Banken wegen ihrer Illiquiditaet hierzu nicht mehr in der Lage sind, koennen sie dem Warenverkehr durch Kreditbewilligung neue Guthaben nicht oder nicht mehr in ausreichendem Umfange einraeumen. Es sind also insoweit Kreditverkaeufe von Waren unmoeglich geworden. Die Einschrumpfung des Warenverkehrs, insbesondere seit der Julikrise, zeigt den Unfang und gleichzeitig die Folgen dieser Krediteinschraenkung.

Es ist zu befuerchten, dass der auf Kreditverkaeufen beruhende Teil des Warenverkehrs ueberhaupt zum Erliegen kommt, wenn nicht der unbare Zahlungsverkehr wieder aufgerichtet werden kann. Dies ist aber bei den nun einmal gegebenen Verhaeltnissen nur dadurch moeglich, dass die Vertragsgrundlage des unbaren Zahlungsverkehrs geaendert wird. Derjenige Kaufmann, der einen Kredit in Anspruch nimmt, darf nicht mehr das Recht haben, jederzeit die Umwandlung seines Guthabens in bare Zahlungsmittel zu verlangen. Praktisch wurde dies auch vor dem Kriege nur insoweit beansprucht, als der Kaufmann unbedingt bare Zahlungsmittel haben musste, in der Regel, um seine Arbeiter zu entlohnen und die sozialen Lasten und Steuern zu tragen. Jetzt wird es noetig sein, auch die Loehne, Steuern und sozialen Lasten unter Verzicht auf die Benutzung barer Zahlungsmittel im Verrechnungsverkehr erfolgen zu lassen. Dies ist moeglich durch eine entsprechende Ausgestaltung des Scheckverkehrs.

 

In der Bankenquete von 1908/1909 wurde es fuer ausserordentlich wichtig gehalten, dass der Gebrauch von baren Zahlungsmitteln durch eine moeglichst weitgehende Ausbildung des Scheck- und Ueberweisungsverkehrs vermindert wuerde. Man erblickte hierin einen Schutz vor Geldkrisen, die dadurch entstehen koennten, dass der Geldvorrat der Reichsbank und damit der Umlauf an Zahlungsmitteln sich verringern koennte. Doch machte in der Bankenquete Dr. Lexis, Professor der Staatswissenschaften an der Universitaet Goettingen, darauf aufmerksam, dass auch der bargeldlose Verkehr in Krisenzeiten schwere Gefahren mit sich bringen koenne. Er fuehrte aus: Bankenquete 1906, Stenographische Berichte. Die Verhandlungen der Gesamtkomission zu den Punkten I-V des Fragebogens, Seite 250/51. )

 

"Dann aber moechte ich doch noch auf einen anderen Punkt aufmerksam machen. Es ist meines Erachtens nicht wuenschenswert, dass der Scheckverkehr ueber die Grenzen des mittleren Geschaeftsverkehrs nach unten hinausgeht. Namentlich werde ich es durchaus nicht fuer wuenschenswert halten, wenn er sich in der Weise entwickelte, wie es in Amerika der Fall ist, wo auch die Arbeiter ihre Bankkonten haben und mit Schecks bezahlt werden und bezahlen. Demnach wuerde ich es auch gar nicht fuer erfreulich halten, dass die kleinen Beamten, Pensionaere, Rentner usw. ein regelrechtes Bankkonto haben und mit Schecks bezahlen. Fuer dieses private Publikum trifft dos nicht zu, was fuer die geschaeftlichen Girokunden der Bank gilt, welche auch in kritischen Zeiten ihre Bankkonten stehen lassen, weil sie des Giroverkehrs beduerfen. Dagegen die kleinen Privatleute, die kleineren Handwerker und die kleineren Beamten werden, wenn einmal eine Krisis in Aussicht steht, ihre Konten zurueckziehen. Dos haben wir in Amerika im schlimmsten Masse gesehen. Da hoerte der Scheckverkehr einfach von selbst auf, weil die kleinen Leute, die bis dahin mit Schecks bezahlt hatten, aengstlich wurden, die Banken bestuermten und die Depositen herausholten. Dadurch wurde damals momentan der ganze Geldumlauf lahm gelegt. So etwas kann immerhin auch in England vorkommen. Wenn man frueher von einem Run auf die Banken sprach, handelte es sich um einen Run zur Einloesung der Banknoten. Aber einen solchen gab es in Amerika nicht, die Nationalbanken sind nicht in dieser Weise ueberlaufen worden, und sie haben sich viel besser gehalten, wie die Trust-, Savings- und Depositenbanken, und vor allen Dingen sind die Noten der Nationalbanken immer noch wie bares Geld behandelt worden. Dos Disagio bei Zahlungen bezog sich nur auf Schecks, und das kam daher, weil die Guthaben zurueckgezogen waren.

Ich halte es also nicht fuer wuenschenswert, wenn der Scheck- und Depositenverkehr einen zu weiten Umfang annimmt in private Kreise hinein, und halte in vieler Beziehung die Zahlung mit Noten fuer zweckmaessiger. Ich bin aber andererseits doch durchaus fuer die moeglichste Ausdehnung und Entwicklung des Scheckverkehrs auf seinem richtigen Gebiete. Ich sehe darin auch ein sehr wesentliches Mittel, nicht nur den Goldvorrat der Reichsbank zu staerken, sondern ueberhaupt die Verwertung des Kapitals zu erleichtern. Denn darauf laeuft schliesslich die Sache hinaus, dass auf die bequemste Art das in Gestalt von Depositen bei den Banken stehende Kapital auch in den Zeiten, wo der Besitzer es nicht braucht, moeglichst vollstaendig anderweitig verwertet werden kann. Das ist meines Erachtens der Hauptvorteil, viel wichtiger als die blasse Ersparung von Metallumlaufsmitteln, und so stimme ich durchaus den Herren Vorrednern zu, dass, allerdings in der eben angedeuteten Beschraenkung auf die geschaeftlichen Kreise, auch mit Einschluss wohlhabender Rentner, die Geschaefte mit den Banken machen, auch der besser gestellten Beamten, aber unter moeglichster Ausschaltung der kleinen Leute, eine Erweiterung und Vertiefung des Scheckverkehrs durchaus wuenschenswert ist. Selbstverstaendlich verfehlt, wie dos schon mehrfach ausgedrueckt worden ist, jeder Scheck seinen Beruf, der nicht in die Verrechnung kommt, in den Clearing- und Ueberweisungsverkehr. Das einfache Abheben von Schecks ist kein Gewinn, sondern eher ein Schaden fuer die Zirkulation."

 

Tatsaechlich haben Erfahrungen in Amerika gezeigt, insbesondere in den Krisen 1893 und 1907, dass der Geldumlauf vollkommen lahm gelegt wurde, weil die Scheckinhaber ihre Guthaben in bar abriefen. Die Menschen waren buchstaeblich damals verhungert, wenn nicht Hals ueber Kopf Ersatzzahlungsmittel geschaffen worden waeren, um den Zusammenbruch des bargeldlosen Verkehrs abzugleichen.

 

Nach Abschluss der Bankenquete hat Lexis diesen Mangel des Scheckverkehrs theoretisch zu beheben gesucht. In seinem Werke "Allgemeine Volkswirtschaftslehre", erschienen bei Teubner, Leipzig, 1913, Seite 120, widmet Lexis dieser Frage ein eigenes Kapitel unter der Ueberschrift "Theoretisch moegliche Ausschaltung des Barverkehrs". Er fuehrt hier aus:

 

"Fuer die rein theoretische Betrachtung ist es denkbar, dass durch die volle Ausbildung des Schecksystems die Barzahlung ueberhaupt ausgeschaltet wuerde. Das Grundschema des Gueterumsatzes waere dann einfach folgendes: Eine Personengruppe A hat Waren an eine Gruppe C verkauft und ist mit Schecks auf die gemeinsame Bank bezahlt worden, deren Betraege ihnen bei dieser gutgeschrieben werden. Die A kaufen nun Waren bei der Gruppe B und zahlten ihrerseits mit Schecks auf ihr Guthaben, die Gruppe B kauft wieder gegen Schecks von den C, die nun ihr Bankguthaben wieder auffuellen koennen, womit der Kreislauf von neuem beginnt. Alle Schecks aber lauten auf Geld, und die Geldeinheit wuerde auch bei diesem System das allgemeine Wertmass bleiben.

 

Die Bank waere nur eine Anstalt fuer die Vermittlung des Gueterumlaufs, die Grundlage ihrer Operationen wuerde nicht etwa eine Summe in Schecks sein - denn die eingehenden Schecks wuerden ja sofort durch Ueberschreibung verschwinden - sondern durch die Gesamtsumme der als stets faellige Depositen gutgeschriebenen Forderungen der Konteninhaber gegeben sein. Der reale Wert dieser Forderungen aber wuerde durch die mittels der Schecks in Umlauf gesetzten Waren oder Wertpapiere dargestellt, deren realisierte Preise bei der Bank verbucht sind."

 

Weiterhin aeussert sich Lexis in dem Handwoerterbuch der Staatswissenschaften, III. Auflage, erschienen 1911, unter dem Stichwort "Scheck" wie folgt:

 

"Aber auch unter dieser Voraussetzung hat das Scheckzahlungssystem noch immer nicht seine volle wirtschaftliche Wirkungsfaehigkeit erhalten, solange die Guthaben der Aussteller lediglich auf Einzahlungen in Geld oder Banknoten und auf Schecks auf Grund solcher Einlagen beruhen, also den Banken nur eine Kassenfuehrung im engerem Sinne uebertragen ist. Erst wenn sich mit dem Kreditnehmen seitens der Bank auch das Kreditgeben durch Diskontierung von Wechseln und Gewaehrung von Lombarddarlehen verbindet, erlangt das Schecksystem die Bedeutung einer Organisation des Gueterumlaufs, die von der Mitwirkung des Geldes theoretisch gaenzlich unabhaengig ist, und bei der dieses nur noch die gewissermassen passive Rolle des Wertmasses behaelt, da die umgesetzten Werte gaenzlich auf die Geldeinheit als Mass bezogen werden. Der Scheckverkehr bewegt sich dann hauptsaechlich im Rahmen des Kontokorrentverkehrs mit Geschaeftsleuten. Der Betrag der fuer die Kontokorrentkunden diskontierten Wechsel wird ihnen nicht ausgezahlt, sondern ihrem Konto gutgeschrieben, und sie koennen nun darueber durch Schecks verfuegen. Ebenso koennen sie von der Bank Lombarddarlehen erhalten, die ihnen natuerlich als solche zur Lost geschrieben werden, aber andererseits als dem Scheckverkehr dienende Guthaben erscheinen. So werden auch im Giro- verkehr der Reichsbank, fuer den die Konteninhaber bekanntlich stets einen Aktivsaldo halten muessen, erteilte Lombarddarlehen wie angekaufte Wechsel dem Kontoinhaber sofort gutgeschrieben."

 

"Am wichtigsten ist vom Standpunkt der deutschen Verhaeltnisse die Diskontierung von Wechseln, die auf Grund von Warenverkaeufen gezogen sind und nun dem Verkaeufer eine Grundlage fuer die Ausstellung von Schecks gewaehren. Dieser erhaelt also unmittelbar durch den Verkauf seiner Ware seinerseits Kaufkraft, die er sofort zur Anschaffung anderer Waren, wie Rohstoffe oder Konsumtionsgueter verwenden kann. Tatsaechlich werden also wieder Waren gegen Waren eingetauscht, ohne jede Verwendung von Geld."

 

Die Frage, ob nicht durch einen Wechseldiskont durch Schecks eine preissteigernde - also inflatorische - Wirkung hervorgerufen werden koennte, hat Lexis in diesem gleichen Artikel ebenfalls beantwortet:

 

"Was die Wirkung des Schecks auf die Preisbildung betrifft, so verhaelt er sich vollkommen neutral, soweit er lediglich aus dem realen Warenverkehr hervorgeht. Er wirkt ja in letzter Linie auf Austausch von Waren gegen Waren, und dabei haben alle Beteiligten ein Interesse daran, dass die Masseinheit des Tauschwertes, der Wert der Geldeinheit, unveraendert bleibe. Wenn aber Schecks auf Grund von Finanzwechseln oder von nicht durch Waren sondern durch Wertpapiere gedeckten Lombarddarlehen gezogen werden, so stellen sie eine willkuerlich in den Gueteraustausch eingeschaltete kuenstliche Kaufkraft dar, die steigernd auf die Warenpreise wirkt, wenn sie ueber das gewoehnlich und durchschnittlich vorhandene Mass hinausgeht, wie es uebrigens auch bei einer unter aehnlichen Bedingungen erfolgenden Mehrausgabe von Banknoten der Fall ist."

 

Die theoretische Loesung, die Lexis zur Verbesserung des Scheckverkehrs gefunden hat, laesst sich ohne weiteres in die Praxis umsetzen, indem man Verrechnungsbanken errichtet, bei denen ein vertragliches Recht des Kunden auf Umwandlung in Banknoten ausgeschlossen ist.

 

Ein Kaufmann, der sich von einer solchen Verrechnungsbank einen Kredit geben laesst, wird ueber sein Guthaben nur zum Zwecke der Verrechnung verfuegen duerfen, und zwar nur durch einen Verrechnungsscheck. Auch jetzt sind solche Verrechnungsschecks durchaus ueblich. Die jetzigen Verrechnungsschecks koennen aber durch Gutschrift fuer den aus dem Scheck Berechtigten zu einem Guthaben werden, ueber das er durch Barabhebung von Banknoten verfuegen darf. Bei den Verrechnungsschecks der neuen Verrechnungsbanken waere aber das Recht zur Barabhebung ausgeschlossen, denn gerade das Recht zur Barabhebung im jetzigen Scheck- und Ueberweisungsverkehr hat diesen weitgehend zerstoert. Das neue Verrechnungssystem muss demgegenueber absolut run-sicher befestigt werden, damit es auch in Krisenzeiten unerschuettert bleibt.

 

Die Errichtung der Verrechnungsbanken wuerde also bedeuten (Zusatz fuer eine wahr- scheinlich ausgelassene Zeile: Unabhaengigkeit der Volkswirtschaft von dem Notenumlauf der Reichsbank. J.Z.) Die bisherige Zahlungsgemeinschaft unseres Bankwesens war von dem Notenumlauf der Reichsbank abhaengig, weil jederzeit die Umwandlung des unbaren Zahlungsverkehrs in einen baren verlangt werden konnte, und auch in Wirklichkeit verlangt worden ist. Neben der bisherigen Zahlungsgemeinschaft werden sich nun neue Zahlungsgemeinschaften bilden, die von dem Umfange des Notenumlaufs unabhaengig sind, weil sie die Bareinloesung ausschliessen. Diese Zahlungsgemeinschaften werden aber die Reichsmark als Wertmesser beibehalten. Sie werden weiter die Verpflichtung haben, alle Reichsmarkbetraege, die in ihren Besitz gelangen, zur Barabloesung von Verrechnungsguthaben zu benutzen, obwohl ihre Einzelmitglieder einen Anspruch auf Barauszahlung der Einzelguthaben nicht haben werden. Ja, die Auszahlung von Guthaben muesste eventuell auch gegen den Willen der Kontoinhaber stattfinden, wenn die Verrechnungsbank gesetzliche Zahlungsmittel bekommt, die sie anderweitig nicht anbringen kann.

Derartige private Zahlungsgemeinschaften (Verrechnungsbanken) sind in der Lage, die Umwandlung kurzfristiger Warenforderungen in Verrechnungsguthaben zu den Selbstkosten vorzunehmen, die mit hoechstens 2 1/2 % beziffert werden koennen. Sie haetten Warenwechsel (gute Handelswechsel) gegen Ausgabe von Schecks zu diskontieren, die durch Typisierung auch fuer Lohn- und Steuerzahlungen usw. brauchbar zu machen sind.

 

Selbstverstaendlich duerften die ausgegebenen Schecks einen Zwangskurs nur gegenueber dem Aussteller des Schecks haben, der sich verpflichten muesste, die von ihm ausgegebenen Schecks jederzeit bei Zahlungen mit 100% gegen sich gelten zu lassen, ebenso natuerlich Ueberweisungen von einem Guthaben bei der Verrechnungsbank auf sein Konto. Allen anderen Stellen gegenueber werde keinerlei Zwang zur Annahme bestehen, denn nur dadurch kann ein Misstrauen dieser Einrichtung verhindert werden, dass die Verrechnungsbanken selbst fuer die dauernde Vollwertigkeit ihrer Schecks einzutreten haben. Bei einem Missbrauch der Einrichtungen werden die Schecks sofort unter pari sinken und damit die Scheckeinrichtungen ausser Funktion setzen. Auch werde hierdurch jeder Moeglichkeit einer inflationistischen Ausnutzung des Schecksystems der Boden entzogen werden.

 

 

Die dritte Aufgabe: "Fuer die Nutzbarmachung verfuegbaren Kapitals zu sorgen."

 

Hierzu aeussert sich der Kommentar zum Bankgesetz vom 30.8.1924 (Dr. Hjalmar Schacht, Einleitung, Seite 20):

 

"Die vorliegende Bestimmung des Bankgesetzes wahrt der Reichsbank die bereits im alten Bankgesetz gegebenen Legitimation zu Anregungen und Massnahmen zwecks Organisation des Geld- und Kapitalmarktes nach einheitlichen grossen waehrungspolitischen Gesichtspunkten usw."

 

"Verfuegbares Kapital" ist in Deutschland in groesstem Masse vorhanden, naemlich die Arbeitskraft von Millionen von Arbeitslosen und Rohstoffe in groesstem Umfange. Ferner Fertigfabrikate, welche zum Unterhalt von jetzt brachliegenden Arbeitskraeften dienen koennen (wobei keineswegs nur an Industriearbeiter zu denken ist), welche aber jetzt unverkaeuflich in den Lagern ruhen und wohl gar noch Lombardzinsen kosten. Wenn dieses Kapital nutzbar gemacht werden soll, bedarf es in erster Linie einer Reparatur des Verteilungsapparates fuer die produzierten Gueter. Es erscheint nicht erforderlich, die Grundlagen des Verteilungsapparates, wie sie in dem Notenbankgesetz vom 30.8.1924 niedergelegt sind, grundlegend zu aendern. Unsere Loge waere auch nicht so schlimm wie sie ist, wenn das Notenbankgesetz nicht in entscheidenden Bestimmungen verletzt worden waere. (Anm. von J.Z.: Schacht war Reichsbankpraesident von 1923-1930 und, spaeter, wieder, unter den Nazis.) Da wir aber die nun einmal gegebenen Verhaeltnisse hinnehmen muessen, bleibt bei Aufrechterhaltung des Notenbankgesetzes nur ein Ausweg: naemlich die nach der bisherigen Gesetzgebung bereits gegebene Moeglichkeit auszunutzen, den bargeldlosen Zahlungsverkehr den Umstaenden entsprechend wieder aufzurichten und auch Lohnzahlungen sowie soziale Lasten und Steuern in diesen bargeldlosen Zahlungsverkehr einzubeziehen.

 

Damit wird fuer die Wirtschaft etwas ungeheuer Wichtiges erreicht: Der Warentausch zwischen Deutschen kann erfolgen, ohne Stoerungen durch kreditpolitische Massnahmen der Auslandsglaeubiger ausgesetzt zu werden.

Fuer die Reichsbank bedeutet dies: Sie kann ihren Kampf um die Aufrechterhaltung unseres Wertmasses, naemlich der Reichsmark, durchkaempfen, ohne durch die Notschreie der zusammenbrechenden Wirtschaft in die Gefahr einer Verschlechterung des Wertmasses durch Inflation oder Devalvation gedraengt zu werden.

Fuer unsere auswaertige Politik bedeutet dies: Ein Angriff auf den Gold- und Devisenvorrat der Reichsbank bei entscheidenden Verhandlungen mit dem Ausland kann schlimmsten Falles dazu fuehren, dass die Reichsbank ihre Gold- und Devisenvorraete herausgibt.

Der Gueterumlauf im Lande wuerde sich dann des bargeldlosen Verrechnungsverkehrs zu bedienen haben, so dass der von aussen ankommende Angriff ins Leere stossen wuerde.

 

Fuer den Warenverkaeufer bedeutet dies: Er kann seine Ware bei Anschluss an eine Verrechnungsbank billiger abgeben, weil er den beim Verkauf gegebenen Kredit billiger und sicherer als bisher in gangbare Zahlungsmittel umwandeln kann. Der Kaeufer wird stets diejenige Ware vorziehen, die er leichter und billiger auf Kredit erhaelt, gegenueber der gleichwertigen Ware eines anderen Verkaeufers, bei der er mit Kreditschwierigkeiten zu rechnen hat. So werden auch schon aus diesem Grunde deutsche Kaeufer deutsche Waren gegenueber auslaendischen Waren bevorzugen.

 

Die produzierende und konsumierende Wirtschaft hat an das Geld- und Kreditsystem nur diese Forderung zu stellen.

Ohne Kreditverkaeufe kann die Wirtschaft nicht leben. Forderungen aus Kreditverkaeufen muss sie schnell und billig in bequeme Zahlungsmittel umwandeln koennen, damit unmittelbar nach Verkauf eines Produktes die neue Produktion erfolgen kann. Dieser Rhythmus ist jetzt gestoert, insbesondere bei der mittleren und kleinen Industrie.

 

Wenn allerdings die Reichsbank in der Lage waere, mit solchen Diskontsaetzen zu arbeiten, wie sie in der Zeit vor dem Kriege ueblich waren, also etwa mit einem Durchschnittsdiskont von 4%, und wenn die Reichsbank weiterhin die Erklaerung abgeben kann, dass sie jeden wirklichen Warenwechsel zu diesem Satze in Reichsbanknoten umwandeln wird, dann ist es vielleicht nicht erforderlich, irgend welche weiteren Massnahmen zu ergreifen, es sei denn, dass sie aus aussenpolitischen Gruenden fuer zweckmaessig gehalten wuerden.

 

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Anmerkung von John Zube. 5/1/1983:

 

Fuer mich ist dieser Entwurf eine der besten kurzen Darstellungen von Grundsaetzen der Geldfreiheit und bedauere sehr, dass dieses Material und Aehnliches nicht schon vor 50 Jahren weitgehend veroeffentlicht wurde und dass ich auch jetzt noch nicht bald eine weite und vollstaendige Veroeffentlichung in Filmform und Uebersetzung in Hauptsprachen garantieren kann. Aber ich kann wenigstens einen Anfang damit machen.

 

Ich glaube dass Dr. Ramin hier ueberschaetzt hat : 1.) die Bedeutung relativ hoher Diskontsaetze im Verhaeltnis zur Verfuegbarkeit von Kredit ueberhaupt und 2.) die Kapazitaet der Reichsbank (wie jeder Zentralnotenbank) die ihr gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben zu erfuellen.

 

Spaetere Geldfreiheitsbeitraege von Ulrich von Beckerath und der Gruppe um ihn herum, bestritten die Existenzberechtigung der Reichsbank und der Reichsmark als ausschliessliches Notenzahlungsmittel und als ausschliessliches Wertmass und auch die Notwendigkeit der vollen oder teilweisen Notendeckung mit Gold, Silber oder Devisen und schlugen die Aufloesung dieses Schatzes vor. Nach Peace Plans Nr. 19 C waere er den Steuerzahlern zu erstatten. Ferner wurden spaeter und von anderen alle Arten von Noten und Gutscheinbanken vorgeschlagen, die alle zwangskursfreie Zahlungsmittel ausgeben sollten, die aber alle, im Wesentlichen, auch auf Verrechnung beruhen wuerden. Ramin gebrauchte, seiner Zeit und vielleicht auch seinen Vorurteilen entsprechend, nicht-radikal erscheinende Vorschlaege und eine nationalistisch erscheinende Sprache.

 

Anmerkung von John Zube, 19/1/83: Die anfaengliche Verknappung der Umlaufszahlungsmittel bei den Banken, waehrend einer Deflationskrise (durch Hortung aus irgendwelchen Gruenden, langfristige Anlage kurzfristiger Gelder, zusammen mit dem Emissionsmonopol und Zwangskurs - der eine Deflation nicht gleich anzeigt, wie ein freier Marktkurs es tun wuerde) fuehrt spaeter zu dem Paradox eines scheinbaren wirklichen Ueberschusses von kurzfristigen Geldern bei den Banken. Warum? Gelder die sonst langfristig angelegt werden wuerden, werden dann nur kurzfristig deponiert, um fluessig zu bleiben. Zur gleichen Zeit wollen dann aber Schuldner wenig kurzfristigen Kredit, in der Mitte einer Deflation, aufnehmen, weil sie es dann nicht wagen viele kurzfristige Lieferungsverpflichtungen fuer Geld aufzunehmen, die sie moeglicherweise oder wahrscheinlich nicht puenktlich erfuellen koennen. Wenn dann nur einzelne neue Notenbanken gesunde Handelswechsel mit Banknoten diskontierten und dabei sehr brauchbares aber auch hortbares Geld schaffen wuerde, so wuerden ihre Noten zum grossen Teil gehortet werden - weil sie so gut hortbar sind. Sie koennten daher ihren Zweck, den Umlauf wieder in Gang zu bringen, nicht leicht erfuellen. Anders waere es mit nicht-hortbaren Ladengutscheinen. Die stroemen mit Sicherheit zu den Schuldnern zurueck und zwar bald. Das ist voraussehbar und potentielle Schuldner werden daher nicht zoegern solche kurzfristigen Kredite zu beanspruchen. Ladengutscheine sind daher besser als Banknoten so einer sicheren und sofortigen Loesung einer Zahlungsmittelkrise. Ohne die Freiheit fuer ihre Ausgabe - und die Ausgabe aehnlicher freier Zahlungsmittel, wird ein Grad von Zahlungsmittelknappheit sogar noch waehrend einer Hochkonjunktur verbleiben. Jeder Bereich der Wirtschaft sollte stets frei sein sich selbst genuegend mit Zahlungs- und Verrechnungsmitteln zu versorgen.

 

 

 

 

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First published in: Ulrich von Beckerath: Zur Freiheit, zum Frieden und zur Gerechtigkeit; Gesammelte Briefe, Papiere, Notizen, Besprechungen. PEACE PLANS 428-467 (Mikrofiche), Berrima, Australia, 1983. Pages 329-336.